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Nr. 183. Ndonnemenk-kecklngungen: OonncmeiüS> Preis pränumermid« i vierteljährl. SSO SKI, nionatl. 1,10 SKt, wöchentlich 28 Pfg. frei ins Haus, Einzelne Nummer 6 Pfg. Sonntags- »Ummer mit illustrierter Sonntags- Beilage.Die Neue Well" 10 Pfg, Post- Abonnement: 1,10 Marl pro Monate Eingetragen in die Post-ZeitungS- Preisliste. Unter Kreuzband für Deutschland und Oesterreich > Ungarn S Marl, für da? übrige Ausland S Mark pro Monat 31. Jahrg. CiMillnt täglich«tBtr montags. Vevlinev VolkSblÄkk. Bk Inkrtions-GeblUjf betrügt für die fechSgefpaltene Kolonel - zeile oder deren Raum 10 Pfg, für politische und gewerlschasMche BereinS- und BersammlungS-Anzeigen 2S Pfg. »Kleine Bnzeigen", das erste(feU- gedruckte) Wort 10 Pfg, jedes weiter, Wort 5 Pfg. Worte über 15 Buchstaden zühlen für zwei Worte, Inserate für die nächste Nummer müssen bi« 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn, und Festtagen bis 8 Uhr dormsttagS geöffnet Telegramm. Adresse: nSoiUMcmslint Btffla". Zentralorgan der roziatdemokratifcben Partei Deutfcblande. Redaktion: Süll. 68, Lindenstrasse 69. akernsprecher: Amt?V. Nr. 198». Sonnabend, den 6. August 1904. Expedition: SRI. 63» Lindenetrasee 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984. Koloniale Mißstände. Ein neuer Arenbcrg? Seit Jahren wird in der von Dr, Meineke in Berlin heraus- gegebenen»Kolonialen Zeitschrift' die jetzige deutsche Kolonialpolitil zum Gegenstande einer zumeist sehr abfälligen Kritil gemacht. Nicht als ob ihre Urheber, wie wir. dem ganzen neudeutschen Kolonialschwindel, der unsrem Volke unsinnige Opfer an Gut und Blut zu Nutz und Frommen weniger grosser Kapitalisten, einer Handvoll Ehrgeiziger oder auch ehrlicher Enthusiasten mit und ohne Portepee und verlotterter Söhne einflußreicher,hochgestellter' Familien auferlegt: nein. Dr. Meineke und seine Leute sind be geisterte Kolonial s ch w ä r m e r, bemühen sich eifrigst. Kapital und Menschen in die deutschen Kolonien einzuführen und wollen lediglich ein andres System der kolonialen Verwaltung durchsetzen. Deshalb hat ihre Kritik besondere Bedeutung, daß die Kolonialvertreter vor ihr sich nicht durch die übliche, törichte Ausflucht drücken können, daß die Kritik von vorurteilsvollen Gegnern der Kolonialpolitik ausgehe. In einem Artikel der letzten Nummer derKolonialen Zeitschrift' werden nun über die Rechtspflege in den Kolonien ganz außer- ordentliche Dinge behauptet. Der Verfasser A. Herfurth beginnt mit dieser allgemeinen Einführung: In unseren Kolonien vermag sich ein sonst ganz braver Mann mit Leichtigkeit gewichtige Anklagen zuzuziehen. Sehr verpönt ist dort eine freimütige Aeußerung über vor- handene Mißstände. In Acht und Bann wird erklärt, Iver darüber nach der Heimat berichtet... Nicht selten ereignet rS sich auch, daß aus persönlicher Ranküne Leute vernichtet werden sollen, nachdem man, wie es in den Kolonien heißt, Material gegen sie gesammelt hat.' Diese allgemeinen Sätze will der Verfassers des Artikels durch ein Beispiel aus Südwestafrika bekräftigen und beweisen. Er thut das an der Hand von Gerichtsurteilen, die gegen einen gewissen Groeneveld ergangen sind. Dieser Groeneveld wurde am öl). März 1903 vom Bezirksgericht zu KeetmanShoop wegen Ver» gehenS gegen§ 4 der Verordnung, betreffend die Einführung von Feuerwaffen, zu 6 Monaten Gefängnis und 1000 Mark Geldstrafe .sowie zur Tragung der Kosten verurteilt. Groeneveld hatte an Hottentotten Gewehre verkauft, wie behauptet wird: mit G e m e h m i g u n g des Distriktschefs, der auch für die Gewehre je Hv Mark Steuer verlangt habe. Groeneveld legte gegen das Urteil Berufung ein; eS wurde aufgehoben und er in einem neuen Ver- fahren wegen des Vergehens nur zu 4S0 Mark Geldstrafe und in die Kosten vemrteilt. Am 27. Mai 1903 stand Groeneveld schon wieder vor den Schranken des Bezirksgerichts in KeetmanShoop , diesmal der Ver- leitung zum Meineide angeklagt. Er würde zu drei Jahren Zuchthaus sowie zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre verurteilt. Die von ihm eingelegte Berufung hatte den Erfolg, daß dieses Urteil aufgehoben wurde; die Berufungsinstanz kam zu einem Freispruch und legte die Kosten des Verfahrens dem Staate auf. Nun, ein Irrtum ist bei jedem Gerichte möglich, und dazu haben wir Berufungsgerichte, daß sie die Fehler der unteren Instanzen verbessern. Man wird also an diesem einen Fall nichts Ab- sonderliches finden. Aber er blieb nicht der einzige! Am 30. Mai 1903, drei Tage nach dem eben besprochenen Urteile, fällte dasselbe Bc- zirksgericht in KeetmanShoop schon wieder einen Spruch gegen Groeneveld: er wurde wegen gewerbs- und gewohnheitsmäßiger Hehlerei zu zwei Jahren Zuchthaus sowie zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren ver­urteilt, auch.wurde auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt. Ueber den der Verurteilung zu Grunde liegenden Thatbestand wird mitgeteilt, Groeneveld habe an den Proviantmeister in Bethanien L'/z Sack Reis l offenbar schon früher) gegeben,die dieser aus Er- sparniffen zurückerstattete'. Diese Geschichte klingt dunkel. Was ist das für eine Wirtschast, daß sich ein Proviantmeister 2,J3 Sack Reis »besorgt" und sie dannaus Ersparnissen" zurückerstattet? So etwas muß wohl zum System kolonialer Verwaltung gehören, denn die«Koloniale Zeitschrist" bemerkt dazu wörtlich:Der Distriktschef, Lieutenant von Stempel hatte dem Proviantmeister, da ihm dessen Fehlbettag be- kcmnt war, ausdrücklich erlaubt, bei guter Wirtschaft den Beständen Reis für sich zu entnehmen.' Hört I hört l Die höchst eigenartigen BudgetierungSkunststücke. mit denen das Kolonialamt des Herrn Stübel in den Verhandlungen des Reichstags in diesem Frühjahr brillierte, scheinen draußen rasch verständnisvolle Nachahmung ge- funden zu haben. Man darf begierig darauf sein zu erfahren, ob sich solche Machenschaften, solcheManschercien", in den Kolonien auch noch auf andre Dinge als auf 2>/, Sack Reis erstrecken I Doch sei dem für jetzt wie ihm wolle; Groeneveld legte gegen das Urteil Berufung ein und erreichte, daß das Urteil aufgehoben wurde und man ihn nur wegen einfacher Hehlerei zu zwei Monaten Gefängnis verurteilte. Zwei Jahre Zuchthaus zwei Monate Gefängnis. Aber damit waren feine Beziehungen zu der kolonialen Justiz noch nicht zu Ende. Am 27. Juni 1903 wurde er, immer vor dem Gerichte in KeetmanShoop , wegen Betrugsversuchs zu drei Monaten Gefängnis und in die Kosten verurteilt. Durch Berufung gelang eS ihm, auch dieses Unheil abzuwenden; das Urteil wurde aufgehoben und er wurde freigesprochen, die Kosten wurden der Staatskasse auferlegt. So war er denn in einem Vierteljahre vom Bezirksgericht zu KeetmanShoop zu 1000 M. Geldstrafe, neun Monaten Gefängnis und fünf Jahren Zuchthaus verurteilt worden, von denen die Berufungsinstanz nur 450 M. Geld- strafe und zwei Monate Gefängnis aufrecht erhielt. Das wirft ein höchst sonderbares Licht auf die koloniale Rechtspflege. Aber was man sich darüber auch für Gedanken macht, es wird überboten durch das, was dieKoloniale Zeitschrift' als den Grund zu diesen drakonischen Verfolgungen in dem Satze behauptet:Alles das, weil er über die Ermordung eines Negers, nachdem eine Beschwerde an die Behörde fruchtlos verlaufen war, der Presse Nachricht gegeben hatte, die aber ebenfalls keine Notiz davon nahm". Mit andren Worten wird hier den Behörden in Keetmans- hoop vorgeworfen, daß sie einen unbequemen Menschen vernichten wollten. Ein Mord ist geschehen. Groeneveld wendet sich an die Behörde; er wird abgewiesen; er wendet sich an die Presse, die seine Meldung totschweigt: darauf wird er in einemViertel- jähr aus den verschiedensten Anlässen viermal vor Gericht gestellt. Hier haben wir Aufllärung zu verlangen über folgende Punkte: 1. Wer ist ermordet worden? 2. Wer war der Mörder? 3. An welche Behörde wandte sich Groeneveld mit seiner»Be- schwerde"? 4. Warum blieb sie fruchtlos? 5. Welcher Zeitung meldete Groeneveld den Vorfall? 6. Warum unterdrückte sie die Meldung? Der nächste, der Auskunft darüber gehen muß, ist der Verfasser des Artikels in derKolonialen Zeitschrift', Herr A. Herfurth, Schriftflihrer der Vermittlungscentrale für koloniale Arbeit und Kapital. Aber die Regierung sollte nicht warten, bis Herr Herrfurth spricht, sie muß sofort untersuchen, wie die Dinge liegen. Der Kampf, der in Südwestaftika tobt, ist mit zurückzuführen auf die Schändlichkeiten, die der Mörderprinz Arenberg verübte; hat es noch mehr Arcnbergs gegeben? Bestehl eine Verschwörung zur Unterdrückung von Nach- richten über koloniale Schensäligkeiten? Heraus mit der Sprache! Ueber die Kämpfe bei Lianjang liegen heute Nachrichten, die sich auf n e u e r e Vorgänge bezögen, nicht vor. Der sonst so geschwätzige russische Telegraph hat sich über die Vorgänge des 4. und 5. August völlig ausgeschwiegen. Fast könnte man daraus schließen, daß es etwas Günstiges nicht zu melden, wohl aber Ungünstiges zu verschweigen giebt. Dagegen wird jetzt russisch- offiziös näheres über Kämpfe am 31. Juli gemeldet. Das betreffende Telegramm lautet: Petersburg , 4. August. Ein Telegramm des Generallieutenants S a ch a r 0 w an den Generalstab vom 3. August besagt: Nach den von General Sassulitsch über die Kämpfe vom 31. Juli gemeldeten Einzelheiten begann der Kamps für die Russen außerordent- l i ch g ü n st i g; die Russen waren an Artillerie überlegen. Nachmittags mutzte sich jedoch der rechte Flügel zurückziehen, da er umgangen war, nachdem die Japaner durch Längsfeuer aus den äußersten linken Batterien große Verluste beigebracht hatten; sechs zerstörte Geschütze mußten zurückgelassen werden. Um die Auf- merksamkeit der Japaner vom rechten Flügel abzulenken, erhielt Oberst Popowitsch Lipowatz um 5 Uhr nachmittags Befehl, ohne Gepäck zum Angriff vorzugehen; gleichzeitig richteten die Batterien ein heftiges Feuer auf die von den Japanern eingenommenen Bergkuppen, dessen Wirkung furchtbar war. Einem mit großer Tapferkeit ausgeführten Bajonettangriff der russischen Schützenketten hielten die Japaner nicht stand und räumten unter großen Verlusten drei von ihnen besetzte Bcrgkuppen. Um 7 Uhr abends wurde Befehl gegeben zum Rückzug auf Haitscheng. Die russischen Berluste in den Kämpfen am 30. und 31. Juli be- tragen nach den bisherigen Feststellungen an Toten und Verwundeten etwa 290 Offiziere und mehr als 1000 Untermilitärs. Daß neue japanische Nachrichten nicht vorliegen, erklärt sich ohne weiteres aus den größeren Schwierigkeiten, Nachrichten nach Tokio gelangen zu lassen. Bemerkenswert ist eine Nachricht, die dem Verl . Tagebl." aus Tokio über das Resultat der Kämpfe vom 31. Juli und 1. August zugeht: Tokio , 3. Angust, vormittags. Erst jetzt wird hier der große Erfolg unserer Kämpfe am 31. Juli und 1. August in seinem ganzen Umfange bekannt. Nach den Direktiven des Marschalls O y a m a griffen alle drei Armeen an und schlugen sich mit glänzender Tapferkeit an beiden Tagen. Die Armee des Centtums unter Nodzu hielt die ihr bei Schimutschöng gegenüberstehenden Kräfte der russischen Mitte; wahrscheinlich das zweite russische Corps unter Alexejew II, fest. Tie Armee Okus drückte unter weiterer Umfassung dcS russischen rechten Flügels daS Corps SarubajewS weiter ans Haitscheng zurück. Die Kavallerie LkuS geht bereits auf der Straße Jnkou- Niutschwang den Russen in den Rücken. Unterdessen führte Kuroki die verstärkte 1. Armee zur gleich- zeitigen Umfassung des russischen linken Flügels vor und warf diesen ttotz der heldenmütigsten Gegenwehr, bei der sein tapferer Führer, der General Graf Keller inmitten seiner von uns schwer bedrohten Artillerie den Heldentod starb, völlig über den Haufen. Hier fochten die besten russischen Regimenter, Dragomirowscher Schule, die frisch eingetroffenen Regimenter des X. Armeeeorps, verstärkt durch Teile des XVII. Moskauer Armeecorps. Sie wurden bis auf die Höhen von Liaujang zurückgeworfen und an- scheinend dort aufgenommen von frischen russischen Truppen. Kurokis Kavallerie soll bereits die Straße Liaujang-Mukden überschritten haben. Zahl- reiche Gefangene und auch Trophäen sind in unseren Händen. Unsere Berluste sollen nahe an 2000 Mann betragen, die Russen dürften über das Dreifache verloren haben, da sie wieder in dicht massierten Formen fochten, die den Anforderungen des heutigen Gefechts nicht entsprechen. Die Lage in Port Arthur. DaS russische Kriegsmini st erium hat, wie der Petersburger Korrespondent desDaily Telegraph " dem Bureau Lassan" zufolge meldet, Nachrichten erhalten, welche besagen, daß keine unmittelbare Gefahr bevorsteht, daß Port Arthur fällt, ob- gleich dieRussenbeidenletztenKämpfenumdie Festung megrereTausend Mann verloren haben. Die Mel- düngen, daß die Japaner die Haupt sächlich st enbefe st igten Stellungen genommen hätten, werden als voll- ständig grundlos bezeichnet. Die Stellungen im Norden und Nordwesten werden von den Russen gehalten, die den Japanern bei deren jüngsten Angriffen furchtbare Verluste beibrachten. Die Japaner werden für zu s ch w a ch gehalten, um den Angriff in der nächsten Zeit erneuern zu können.(?), « Ueber einen Artilleriekampf mit modernen Geschützen schreibt ein Arzt der Zoegeschen Kolonne: Es ist was Grausiges um die Wirkung dieser Geschosse. Ein platzendes Schrapnell überschüttet eine Strecke von 200 Metern mit Kugeln und bei Wafangou haben die Japaner in 2V, Stunden am 2. Juni auf die 3. und 4. Batterie 20 000 Schrapnells geschossen. Kein Wunder, daß die Geschütze ge- nommen wurden I Da könnt ihr einen Begriff von dem Spektakel bekommen, den wir dort in nächster Nähe genossen haben. Die reine Hölle muß es sein, da noch zu arbeiten und ein solches Feuer zu er- widern. So haben diese Batterien denn auch nur den Moment, wo die Japaner von neuem laden mußten, dazu benutzen können, zu ant- Worten. Die übrige Zeit hat alles an die Laufgräben gedrückt da- gesessen und ernst und bleich vor sich hingestarrt. Als Feuerwerk genommen, ist der Anblick von großartiger Wucht und Schönheit und wäre ein Genuß, wenn dies entsetzliche Heulen und Pfeifen nicht wäre, daS einen hindert, sich objektiv an dem gewaltigen Schauspiel zu freuen. Man wird dabei von einem unerträglichen Druck be- herrscht und echter, rechter Präkordialangst, wie viele sagen. In solchen Augenblicken sieht man an den Soldaten, toelche Erleichterung der Glaube an eine höhere Rlacht gewährt, die diesen nächsten Vor- gang leitet thatsächlich verhält sich der gemeine Soldat wunderbar gleichgültig der greifbarsten Gefahr gegenüber, obgleich andrerseits unter ihnen die Panik eine stärkere ist. Ein Feuerwerker hat sich während der Schlacht und nachdem er das Geschütz stundenlang un- verletzt bedient hat, mit seinem eigenen Revolver erschossen. Er hat es nicht mehr ertragen können und eine halbe Stunde darauf ist der Rückzug befohlen worden! Einige vereinzelte Fälle von Kriegs- pfychose sind beobachtet worden fast alle haben mit Selbstmord- versuch ihren Anfang genommen. Unsere Soldaten aber sind von so bewunderungswürdigem Humor und einer Genügsamkeit, die jeder Beschreibung spottet; zerlumpt, durchnäßt und hungrig finden sie noch Zeit und Lust, sich einer über den andern lustig zu machen und schlechte Witze zu reißen. Sie haben nur leider alle zu viel Gepäck zu schleppen zu schwere Stiefel und oft zu wenig im Magen. Die Japaner ttagen am Schlachttage nichts bei sich außer Flinte und Patronen und haben Schnürstiefel mit Gamaschen in den Bergen von unermeßlichem Wert. Und in die Ebene werden die nie gehen dazu sind sie in den Bergen zu sehr zu Hause. Darauf aber wird sehr gehofft._ politifchc Gebcrficbt. Berlin , den 5. August. Ein Aufruf für Finnland . Der dänische Litteraturhistoriker und Krittler GeorgBrandeS veröffentlichte am Montag inPolitiken ' einenF i n'it l a n d" über- fchriebenen Leitartikel, der sich hauptsächlich mit den Gewalwiaß- regeln gegen die drei Helsingforser Universitätslehrer Baron W r e d e, Professor H 0 m s n und Dr. E st l a n d e r befaßt. Sie hatten eine iit sehr loyaler, aber bestimmter Form gehaltene Eingabe an das Kanzleramt der kaiserlichen Alexander- Universität, zu Händen v. Pl eh w es. gerichtet, worin sie gegen die schändliche Behandlung protestierten, der diejenigen finnischen Studenten ausgesetzt waren, welche der verfassungswidrigen Heerordnung von 1901 nicht Folge leisteten. Die Studenten wurden wie Verbrecher verfolgt, ins Gefängnis geworfen und schließlich in Strafcompagnien außerhalb Finnlands gesteckt. Die Eingabe hatte zur Folge, daß die drei Universitätslehrer gewaltsam nach dem Innern Rußlands geführt wurden. Brandes erklärt nun, diese Beleidigung der UniversitätHelsingforS sei auch eine Beleidigimg für alle andre» Universitäten. Der Artikel schließt mit folgendem Aufruf: Was geschehen müßte, ist dies: Die studierende Jugend der drei nordischen Länder wid die Universitätslehrer dieser Länder sollten ihr Mitgefühl mit den Studenten und Lehrern der Universität HelsingforS aussprechen und Protest einlegen gegen die Gewalt und Mißhandlung, die gegen sie verübt wird. Dann darf man hoffen, daß die Bewegung sich weiter fortpflanzt, so daß die Universitäten andrer Länder, z u e r st und vor allem die Englands und Deutschlands , vielleicht auch die Frankreichs , sicherlich die Italiens , sich dem Protest an« schließen und er also weiter rollt über die Erde, immer mehr viel- stimmig. Daß eine solche Aeußerung der aufgeklärtesten Klasse von Männern Europas von dem Kanzler Plehwe nicht als etwaS angesehen wird, was er leicht nehmen kann, das hat er vollauf bewiesen, als er seiner Zeit selbst zur Feder griff, um hin­sichtlich der finnischen Frage Stead entgegenzutteten, und das ist außerdem hinreichend bewiesen durch die Sorge der russischen Re- gierung, sich durch gewisse französische Blätter einen Zufluchtsort in der öffentlichen Meinung Europas zu sichern. ES ist die Aufgabe, die russische Regierung dahin zu bringen, daß sie sich isoliert fühlt. Sie wird eS immer mehr. Frankreich steht im Begriff, im Interesse der SchiedS- gerichtssache Mitglieder der Parlamente aller Länder nach Paris eistzuladen. Der Anfang wurde mit Mitgliedern des englischen Parlaments gemacht, nun kommt die Reihe an die nordischen. Aber es giebt ein Land, an das keine Einladung ergehen kann, weil es kein Parlament hat; das ist Rußland . Frankreichs einziger Bundes- genösse daS Land, von dem selbst der Vorschlag zur Errichtung eines Schiedsgerichts ausging. ES ist ein ähnliches Gefühl des JsoliertseinS, das eS nun bei Rußlands leitenden Männern hervorzurufen gilt, das Gefühl, daß sie von Europas geistigem Adel außerhalb der Civilisatton gepellk werden. Diese Negierung hat Finnlands beste Mänoec