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Bracke: Streiks, teilweise wie allgemeine oder verallgemeinerte, find eine niedere, minder wirksame Waffe als die politiiche Aktion, Das müssen wir den Arbeitern sagen. Jeder Streik ist ferner desto erfolgreicher, je stärker die Arbeiterschaft zugleich politisch organisiert ist. In Amsterdam werden wir einen Gemütszustand vorfinden, der bei den verschiedenen socialistischen Parteien dadurch geschaffen ist. daß sie unter teilweiser politischer Entrechtung leiden. Die Deutschen diskutieren seit einiger Zeit über etwas, was sie vermeiden, General- streik zu nennen, lveil an dieses Wort der anarchistische Begriff ge- bunden ist. Die Deutschen sprechen vom Massenstreik, und zwar eventuell zum Zwecke der Wiederherstellung des allgemeinen Wahlrechts, Sie denken an den günstigen Ausgang des schwedischen Wahlrechtsstreiks. Aber dieser ist gelungen, weil er eine Ueberraschung für die Bourgeoisie war. Der Massenstreik kann nicht von vornherein organisiert werden, wenn er gelingen soll. Wie kann man also dazu kommen? Parvus und Kautsky haben daraus geantwortet: durch die politische Organisation. Auf diesen Standpunkt haben wir uns in Anisterdam zu stellen. Die politische Aktion ist die moderne Waffe, nicht der Streik. Lcfevre verteidigt die generalstreikfreundliche Resolution der Seine-Föderation. Er erinnert an die Einflutzlosigkeit der ehe- maligen P, O. F, sGuesdisten) in Paris gerade wegen ihrer Feind- schaft gegen den Generalstreik. Will man aber die politische Macht erlangen, so muß man in Paris stark sein, die Pariser Arbeiter für die Partei gewinnen. Chauvin-Paris : Wenn eS wahr ist, daß die P. O. F. aus der angegebenen Ursache in Paris schwach war, so schlage ich vor, den Generälstreik auf das Wahlprogramm zu setzen. Heiterkeit.) Die Delegierten der Provinz haben Euch ja gesagt: wo es mächtige Gewerkschaften giebt, da hört man nichts vom Generalstreik; wo der Generalstreik im Flor steht, da ist die Organisation schwach. Redner spricht energisch gegen jedes Zugeständnis an die General- streiklers. Wir, Gegner des Generalstreiks, sind die eifrigsten Förderer der Gewerkschaften. Ich selbst habe in Paris eine der stärksten Gewerkschaften(der Coiffeure) organisiert. Gäbe es in Paris starke Gewerkschaften, so würden die Geueralstreikler jeden Einfluß ver- lieren. In Frankreich ist und bleibt das Mittel der Revolution das befreiende Gewehr. Abg. Bouveri-Montceau bespricht abenteuerliche Versuche von zwei Generalstreiklern im Departement Saone-et-Loire . Redner verlangt eine klare Resolution, die den Genossen zur Richtschnur dienen könnte. Die Arbeiter von Montceau sind im Princip für den Generalstreik. Osmin-TroyeS spricht gegen den Generalstreik im Sinne von Guesde . Morizet: Es handelt sich um eine schwierige Frage. Die be- zügliche Enquete imMouvement Socialiste" bei den hervor- ragenden Vertretern des internationalen Socialismus hat Ant- Worten geliefert, die unbestimmt, unklar sind. Wie können hier ebenso wenig präcise Beschlüsse fassen. Was die Seine-Föderation verlangt, ist nur das: der Parteitag soll nicht in kategorischer Weise den Generalstreik verdammen. Lieber keine Resolution als eine brutale Verurteilimg des Generalstreiks. Redner empfiehlt die Ernennung einer Kommission. Lafargue schließt sich diesem Vorschlage an. Damit schließt die Debatte. Der Vorschlag wird angenommen und in die Kommission werden gewählt: Guesde , Lafargue , Lafont, Dubreuilh, Jourmond und De- laporte. Der Kongreß votiert noch: 1. eine Sympathie- Adresse an die russischen Socialisten, die italienische socialistische Partei und an die Arbeiter von Reuvilly, Cluses und Casamene; 2. einen Resolutions- entwurf betreffs der Kolonialpolitik, der eventuell dem Amsterdamer Kongreß �vorzulegen wäre, Schluß der BormittagSsitzung. Partei- I�ackrickten. Zum Amsterdamer Kongreß versendet das Internationale Bureau die folgenden Mitteilungen: Man kann sich Eintrittskarten für den Kongreß, die gültig sind für die ganze Kongreßwoche, bei den folgenden Adressen besorgen: I. A. Fortuyn, Korkstraat 34, A. B, Soep , Langebrugsteeg 2, I. I. Bos, Kinkelstraat 38, BureauHet Volk", Geldersche Kade 117. Vom 14, August, 5 Uhr abends ab wird die Ausgabe dieser Karte nicht mehr erfolgen. Der Eintrittspreis beträgt ein Frank für Mitglieder der socialistischen Parteien und der Gewerkschaften, fünf Frank für andre Besucher. Vom 14. August ab sind Eintrittskarten für einen Tag sowie für die Woche ini Kongretzsaal zu erhalten. Der Preis der Tageskarte beträgt 20 Centimes für Mit­glieder der socialistischen Parteien und der Gelverkschaften, ein Frank für andre Besucher. Der Kongreß wird am Sonntag, den 14. August, vormittags 10 Uhr eröffnet werden. Nach der Eröffnung finden die Zusammenkünfte der einzelnen Nationalitäten statt zwecks Prüfung der Mandate. Nachmittags 3 Uhr wird eine große Volks- Versammlung unter freiem Himmel stattfinden unter Mitwirkung mehrerer answärttger Redner, Abends 8 Uhr werden die Dele- gierten durch die Amsterdamer Vereinigung der socialistischen Partei begrüßt im Garten des Kongreßsaales sConccrt Gebouw). Sonnabend, den 20. August, wird der Kongreß mittags ge- schloffen; nach dem Essen wird eine von der socialistischen Partei Hollands arrangierte Dampferfahrt auf dem Znidersee veranstaltet; die Delegierten werden zeittg genug zurückkehren, um die Abendzüge zu erreichen. Die Delegierten finden am 12. und 13. August von 9 Uhr vor- mittags bis Uhr abends ein Erftindigungsbureau im Hotel Meester, Prins Hendrikstratze, gegenüber dem Hanptbahnhof. DaS Internationale Bureau in Brüssel hat die au? den der- schiedenen Ländern eingesandten Resolutionen und ihre Begründungen sowie die Berichte über die Thätigkeit des Bureaus seit dem Pariser Kongreß von 1900 in einem besonderen Heft von 156 Seiten Stärke gesammelt und so für die Arbeiten des Kongresses eine sehr wert- volle Vorbereittmg geleistet. Zum Bremer Parteitage nahmen die Genossen deS Saarreviers in einer Parteiversaminlung in St. Johann folgende Resolution an: Die öffentliche Parteiversammlung des Saarreviers erwartet vom Bremer Parteitag intensive, praktische Arbeit in Bezug auf taktische und organisatorische Fragen. Insbesondere spricht sie die Hoffnung aus, daß die Socialpolitik eingehend gewürdigt wird und persönliche Auseinandersetzungen der Art und in dem Umfang wie dies auf dem Dresdener Parteitage der Fall war. vermieden werden, da sie der Würde der Partei nicht entsprechen und von unfern Gegnern in rückständigen Gebieten in der erfolgreichsten Weise gegen uns ausgenützt werden. Genosse Schippe! veröffentlicht in der Nr. 184 der Chemnitzer Volksstimme" den Schluß seiner Arttkel zur Handelspolitik. In dem Schlnßartikel sagt Schippe! unter anderm: Verschiedene Parteiblätter haben es wirklich fertig gebracht, ihre jüngstePolemik" auf der Voraussetzung aufzubauen, ich sei Anhänger der Agrarschutzzölle.... Es ist mir niemals auch nur im Traume eingefallen, Agrar- schntzzöllner zu sein oder etwa gar die Partei für Agrarschutzzölle gewinnen zu wollen."... Wir werden in der nächsten Nummer mit der ausführlichen Behandlung der Angelegenheit beginnen. Polizeiwidrig. Zum KuegervereinSfeft in Langenbielau war eine Ans- forderung ergangen, die Häuser des Ortes zweckentsprechend zu schmücken. Die Parteigenossen des Ortes als gute Lokalpatrioten leisteten dieser Aufforderung Folge, indem sie an' dem Hanse, worin sich die Geschäftsräume des Parteiblattes befinden, ein Transparent anbrachten mit folgender zweckentsprechenden Inschrift: Heer und Kriegsmarine kosten dem deutschen Volke jetzt jährlich über eine Milliarde Mark oder pro fünftöpfige Familie rund 95 Mark. Diese Summe wird meist durch indirekte Abgaben auf Lebens- mittel und Verbrauchsgegenstände aufgebracht. Diese wahrheitsgemäßen Angaben wurden für polizeiwidrig gehalten und die Polizei kam und entfernte die Inschrift. Wo die Polizei das Recht dazu herleitet, vermögen wir nicht zu erkennen, Zum internationalen KongreH. Mehrere bekanntere Parteigenossen haben sich über die Fragen geäußert, die den internationalen Kongreß beschäftigen werden. So hat Bernstein in denSocialistischen Monatsheften" über die Fragen der Taktik in internationaler Beziehung geschrieben und ebenso Kautsky in derNeuen Zeit". Kautsky hat bei dev Gelegenheit einen Brief von Engels an Turati veröffentlicht, den jener im Jahre 1834 als Antwort auf Turatis Anfrage um Rat wegen des Verhaltens der italienischen Partei in der damals zu erwartenden politischen Krise geschrieben hat. In diesem Briefe, der seiner Zeit in dem italienischen ParteiblatteCritica Sociale " veröffentlicht worden ist, giebt Engels der Ansicht Ausdruck, daß wir bürgerliche Radikale, wenn sie revolutionär auftreten, sehr wohl zu unterstützen verpflichtet sein könnten, aber immer nur vor- übergehend, unter scharfer Betonung unsrer Selbständigkeit und dessen,� was uns von diesen Parteien trennt. Dann verweist Engels darauf, daß die siegreiche bürgerliche Opposition uns die Teilnahme an der Regierung anbieten könnte. Da sie uns aber immer nur in der Minorität halten werde, liege darin die größte Gefahr wegen der Mitverantwortlichkeit für alle Handlungen der Bourgeois- regierung, während die revolutionäre Energie der Arbeiterklasse gerade durch solche Teilnahme an der Regierung vollständig gelähmt werde. Zun, Schluß sagt Engels: In alledem gebe ich bloß meine persönliche Meinung ab, weil Sie mich darum fragten, und auch die nur mit großem Bedenken. Was die allgemeine Taktik betrifft, so habe ich deren Wirksamkeit während meines ganzen Lebens erprobt und sie hat in keinem einzigen Falle versagt. Aber ihre Anwendung auf die besonderen Verhältnisse Italiens ist eine andre Sache. Das muß an Ort und Stelle entschieden werden von jenen, die mitten in den Ereignissen stehen." In der W i e n e rArbeiterzeitung" schreibt Victor Adler über den Amsterdamer Kongreß. In Anbetracht des Um- standes, daß unser Wiener Parteiblatt nur sehr wenigen unsrer Leser zugänglich ist, wird es erwünscht sein, wenn wir die Ansichten des Führers unsrer österreichischen Bruderpartei etwas ausführlicher wiedergeben. Adler weist darauf hin. daß es ganz selbstverständlich in Amsterdam zu Auseinandersetzungen über die in den Parteien verschiedener Länder bestehenden Differenzen kommen mutz, und schreibt dann: Wir werden also unsre große, principielle Debatte haben. Nur wäre es wünschenswert, sich im vornherein darüber klar zu sein, was sie ergeben kann. Sie kann und wird hoffentlich aufzeigen, daß die große Mehrzahl der Socialisten aller Länder von der Tendenz, die wir kurz mit dem undefinierbaren, aber doch ganz be- zeichnendem Worte Revisionismus nennen wollen, unberührt geblieben ist oder die Anwandlung, ihr zu verfallen, überwunden hat. Sie wird aber vielleicht zugleich aufzeigen, daß in jedem Lande auf einer gewissen Entwicklungsstufe des proletarischen Klassenkampfes diese gegensätzliche Tendenzen zu Tage treten, sie also wohl auf einem unserm Kampfe immanenten, notwendigen Gegensatze be- ruhen: auf dem Gegensatze zwischen der principiellen Bekämpfung des Klassenstaates und der Notwendigkeit, diesen Kampf zu führen auf dem Boden dieses selben Klassenstaates mit den Mitteln, die er selbst uns in die Hand giebt oder die ihm zu entreißen uns gelingt. Dieser Gegensatz wird um so deutlicher, je größer die Einflußsphäre des Proletariats wird, je mehr sich gewissermaßen die Gefechtslinie des Klassenkampfes entwickelt. Daß es dabei zu Irrtümern, Miß- griffen, ja verhängnisvollen Fehlern kommen kann, haben der traurige Verlauf und das schmähliche Ende des Experiments Mille- rand gezeigt, das den einzigen Vorteil hat, daß wir für eine Weile wohl mit Debatten über Ministerialismus verschont bleiben dürften, Daß im Zusammenhang mit dieser Episode das Schlagwort von der Kooperation der Klassen" aufgekommen ist und dem Klassenkampf entgegengestellt wurde, daran wird der Internationale Kongreß wohl mit der gebührenden Verachtung für diese alberne Posse vor- beigehen. Aber eine ernstere Thatsache als gelegentliche Abwege oder gar die Exzesse von Gauklern und Marodeuren scheint uns die zu sein, daß unsres Erachtens jeder, auch der principiell festeste, radikalste Socialist sein Stück Revisionismus in der Brust trägt, wofern er am Klassenkampf konkret, verantwortlich und praktisch teilnimmt und nicht etwa sich nur damit beschäftigt, die lebendige Erscheinung in die abstratte Formel zwängen zu wollen. Diesen Revisionismus in uns allen zu besiege», die Verführung zur Plattheit der Routine, zur Kurzsichtigkeit der Augenblickspolitik zu überwinden, dazu kann uns in der That der Internationale Kongreß ein wenig helfen, wenn er das, was das Beste, Tiefste, Entscheidendste in unserm Bewußtsein und in unfern Ueberzeugungen ist, das Wissen um Wurzel und Ziel unsres Kampfes, kurz das principiellste, revolutio- näre Element als oberste Richtschnur alles unsres Handelns und aller unsrer Entscheidungen aufstellt. Wenn der Amsterdamer Kongreß das thut, wird er damitinter - nationale Regeln der Taktik" ausgestellt haben? Ja und nein. Ja, weil er das Bewußtsein von jenen Grundsätzen erneuert und vertieft haben wird, die über aller Taktik stehen; nein, weil er die Art der Umsetzung dieser Grundsätze in die Praxis, ihre Anwendung auf die Taktik und auf ihre Einzelfälle nicht vorgeschrieben haben wird. Freilich meinen wir, der Kongreß sollte es vermeiden, die Aufstellung von taftischen Regeln in diesem engeren Sinne auch nur zu versuchen. Auf jedem Schritte dazu müßte er in die Gefahr kommen, entweder Vorschriften zu geben, die zu enge sind, als daß sie die Vielgestaltigkeit der Thatsachen auf dem internationalen Kampffelde umfassen könnten, oder zu weit, als daß sie etwas andres wären als Allgemeinheiten, dj » nichts und niemand zu binden vermöchten. Der Internationale Kongreß kann, soll und wird hoffentlich unsre Einsicht vermehren, er kann unsre Engergie und Siegeszuversicht steigern, er kann uns anfeuern oder warnen, aber er ist außer stände, uns zu dirigieren. Unsres Erachtcns ist der Antrag des Parti Ouvricr de France*) aber auch gar nicht in diesem engen und beengenden Sinne gemeint. Für diese unsre Meinung spricht vor allem der Umstand, daß der Antrag die Namen von Genossen trägt, die mit der Geschichte der Internationale enge verbunden sind und die ganz genau wissen, was sie zu leisten vermag und was außerhalb ihres Bereiches liegt. Außerdem ist aber gerade die Beziehung auf die Dresdener Reso- lution ein Fingerzeig dafür, daß es sich ihnen mehr um Feststellung von Grundsätzen als von taktischen Regeln handelt. Daß diese Rc- solution in der ihr in Dresden gegebenen Form für einen Inter - nationalen Kongreß nicht geeignet ist, liegt auf der Hand. Sie entspricht vollständig den konkreten Bedürfnissen der deutschen Socialdemokratie in dem gegebenen Moment; sie knüpft an die Vice- Präsidentenepisode an und wendet sich dann gegen Bestrebungen, die sie den deutschen Revisionisten zuschreibt. Ob sie das mit Recht ') Die Dresdener Resolution in Amsterdam anzunehmen. Red. d.Vorw." oder Unrecht, in mehr oder weniger glücklicher Form thut, wolle» wir an dieser Stelle nicht erörtern, aber Thatsache ist, daß die deutschen Revisionisten sehr energisch erklärt haben, daß ihnen diese Bestrebungen fern liegen, und es ist wenig wahrscheinlich, daß die Revisionisten andrer Länder das Porträt als getroffen anerkennen werden. Wie dem aber auch sein mag, die Resolution, die das große Verdienst hat, in dem entscheidenden politischen Moment nach dem Dreimillionensiege die unveränderte principielle Haltung der deutschen Socialdemokratie mit der notwendigen Entschiedenheit festgestellt zu haben, enthält keineswegs konkreteRegeln" für die Taktik, sondern sie beruft sich auf die im Programm niedergelegten Grundsätze der Partei und verwahrt sich gegen Verleugnung des Klassenkampfes, gegen Vertuschung der Klassengegensätze. An einer einzigen Stelle von ihrem letzten Absatz, der das Gegenwarts- Programm betrifft und der von niemand in Frage gestellt wird, sprechen wir nicht, an einer einzigen Stelle berührt die Dresdener Resolution eine konkrete und strittige Frage der Tattik indem sie ausspricht, daß die Socialdemokratie einen Anteil an der Regierungs- gewalt innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft nicht erstreben kann. An dieser Stelle aber beruft sich die Dresdener Resolution auf die Resolution Kautsky des Pariser Kongresses vom Jahre 1900. Nun haben aber für die ganz vortreffliche Resolution Kautsky , die in Dresden gewissermaßen feierlich erneuert wurde, in Paris Jaures und die Seinen gestimmt, während die Gruppen Guesde und Vaillant sehr energisch gegen sie sprachen und stimmten. Es ist nun höchst erfreulich, daß diese beiden nun zum Parti Ouvrier de France vereinigten Gruppen durch den Antrag, die Dresdener Resolution zur internationalen Regel zu erheben, bekundet zu haben scheinen, daß sie nunmehr gleichfalls auf dem Boden der Majorität des Pariser Kongresses, auf dem Boden der Kautskyschen Resolution stehen. Aber zu den Vorzügen dieser Resolution gehört wesentlich, und das ist hier für uns entscheidend, daß auch sie ausdrücklich eine internationale Regel der Taktik nicht geben will. Sie sagt:Ob und wann in einem bestimmten Falle die politische Situation dieses gewagte Experi- ment des Eintritts eines Socialisten in ein Ministerium not­wendig macht, das ist eine Frage der Tattik und nicht des Princips. Darüber hat der Internationale Kongreß nicht zu entscheiden." Und seit vier Jahren hat sich die Schwierigkeit, taktische Fragen inter- national zu entscheiden, keineswegs vermindert." Hus Induftm und fjandd. OestcrreichischcS Ausfuhrverbot für Futtermittel. Nachdem die von einer Mißernte betroffenen beiden südlichen Donaustaaten Rumänien und Serbien ein Ausfuhrverbot für Mais und Heu erlassen haben, ist ihnen nun. wie schon in gestriger Nummer unter Letzte Nachrichten und Depeschen" gemeldet worden ist, auch Oesterreich-Ungarn mit einem Verbot gefolgt, das sich auf Gerste, Mais, Hafer, Pferdebohnen, Lupinen, Wicken, Kartoffeln, frische und getrocknete Futterkräuter wie: Klee , Heu und Stroh, Häcksel. Streuklee, Malzkeime, Oelkuchen, Schlempe, Treber und Rübenschnitzel erstteckt. Die Ausfuhr nach Deutschland wird durch dieses Verbot hart gettoffen, vornehmlich der Export von Gerste nach Deutschland , der im letzten Jahre 3 722 832 und in 1902 3 142 093 Doppelcentner betragen hat. Für die deutsche Bierbrauerei ist bekanntlich die dura, manche Vorzüge ausgezeichnete österreichische(mährische) Gerste ein kaum zu entbehrendes Produtt. Außerdem kommt besonders die Ausfuhr von Kartoffeln, Heu und Klee und Pferdebohnen in Betracht. An Kartoffeln erhielt im vorigen Jahre Deutschland 653 388 Doppelcentner von Oesterreich-Ungarn . an Pferdebohnen 271 586 Doppelcentner, an Heu und Klee 421 803 Doppelcentner. Handelsminister Möller aus Brackwede hat in der letzten Zeit manch bitteres Wort hören müssen. Die kapitalistische Presse, be- sonders soweit sie Fühlung mit den rheinisch-westfälischen Groß- industriellen unterhält, findet nicht nur, daß er die Verstaatlichung der Hibernia so ungeschickt wie möglich eingeleitet hat, sondern daß ihm jegliches Verständnis für seine Aufgaben und die Bedürstüsse der deutschen Montauindustrie fehlt. Vereinzelt wird er sogar für das in letzter Woche an der Berliner Börse vorgekommene wüste Haussctreiben verantwortlich gemacht und beschuldigt, der Dresdner Bank durch zweifelhafte Mittel Millionengewinne verschafft zu haben. Obgleich er von den großen Schlotbaronen des Rheinlands und West- falens nie für voll angesehen worden ist, fand er doch, so lange er fich kartellfreundlich" zeigte und die Herren nach ihrem Be- lieben schalten ließ, vor ihren gestrengen Augen Gnade; seit er sich aber einfallen ließ, Verstaatlichungsprojette auszubrüten, ist es damit total vorbei. Nun kommt auch die nationalliberale Partei, die ja ohne die Unterstützung der rheinisch-westfälischen Großindustrie nicht auszukommen vermag, und giebt ihm einen Fußtritt allerdings, da man offenbar abwarten will, wie der Hase weiter läuft, vorerst noch einen ziemlich sanften. DieNatlib. Korrespondenz" veröffent- licht nämlich aus dem Westen folgende Zuschrift: Es hat in den letzten Wochen nichts die öffentliche Meinung in unsren großen Jndusttiebezirken mehr beschäftigt, als die Versuche des Handelsministers Möller, die Bergwerksgesellschaft Hibernia zu verstaatlichen und diese Verstaatlichung, ohne vorher mit der Verwaltung dieser großen Werke Fühlung zu nehmen, anscheinend mittels des Einflusses einiger Banken zu erreichen. Da Herr Möller lange Jahre hindurch ein rheinisches nattonalliberales Mandat trug und als Minister aus den Kreisen der nattonalliberalen Frattion hervorgegangen ist. so wird anschließend an die Kritik 'eines Thuns die Meinung geäußert, daß er mit dem- 'elben an seinen Parteifreunden einen Rückhalt gehabt habe. Eine solche Voraussetzung dürfte nicht zu- treffen. Die Anhänger der nationalliberalen Partei würden sich auch schwerlich, falls das versucht werden sollte, durch parteitaktische oder parteipolitische Erwägringen in ihrem freien wirtschaftlichen Urteil bestimmen lassen, auch schon um deshalb in diesem Einzelfall nicht, weil sie fich damit im Princip ftir die Verstaatlichung des ganzen Bergwerkseigentums aussprechen würden. Denn die Ver- taatlichung der Hibernia wird nach der allgemein hier vor- herrschenden Ansicht nur als der versuchte Anfang der allgemeinen Verstaatlichung mit ihrer Gefährdung aller Erwerbsstände und der freien Stellung der Bergarbeiter angesehen. Jede Versicherung des Gegenteils wird nicht ge- glaubt, da Aeutzerungen des Ministers vorliegen, die, erfolgt nach den letzten großen Bergwerks- und Felderankäufen des Staates, jede Absicht auf weitere Bergwerksankäufe weit abwiesen. Die ganze politisch-wirffchaftliche Frage dieses Versuches aber wird ja jedenfalls, wenn auch der Angriff auf den Besitzstand der Hibernia abgeschlagen werden sollte, den preußischen Landtag vom Gesichtspunkt der öffentlichen Moral aus beschäftigen. Er wird auch nicht spurlos an dem deutschen Reichstag vorüber- gehen können. Jedenfalls hat die natioualliberale Partei als solche keine Veranlassung, vorzeittg zu dieser An- gelegenheit Stellung zu nehmen, was sie aber später, wenn alles Material zur Beurteilung vorliegt, selbstverständlich thun muß." Di« Schiffahrtsstörung auf dem Rhein gewinnt infolge der an- haltenden Dürre noch immer an Ausdehnung. Der Wasserstand geht langsam, aber stetig zurück, und mit jedem Tage treten die un- günstigen Einwirkungen des gesunkenen Fahrwassers stärker hervor. 0er Schiffahrtsbettieb über Mannheim hinaus wird zwar, wie die Kölnische Zeitung " berichtet, von einzelnen Reedern noch unter- halten, aber bei dem abgeschwächten Kohleugeschäst und der geringen Getreidcverftachtung aus Holland kommt die Schiffahrt von den Ruhr- Häfen rheinaufwärts nicht in flotten Gang. Der Fahrweg am Mittel- rhein ist stellenweise stark versandet, und es fahren nicht leiten Schiffe auf den Grund. Ebenso ist der Wasserstand der Waal ungünstig ge- worden. Die Beladung der großen Schiffe wird erheblich eingeschränkt, und trotzdem sind an der seichten Stelle wiederholt Schiffsunfälle vorgekommen. Die Kohlenzufuhr nach den Ruhrhäfen ist auch heute noch ziemlich bettächtlich; da es jedoch an genügendem Lagerplatz 'ür große Mengen am Mittel- und Oberrhein fehlt, müssen größere Soften in die Ruhrhäfen-Magazine gestürzt werden. Sehr lebhaft ist fortgesetzt die Eisenerz-Einfnhr ans Holland . Die Zahl der vor dem Hafen der Gewerlschaft Deutscher Kaiser in Alsum auf Löschung