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-- Sic Tarifbewegung der Marmorstuttateurc. Bis gestern nach- Wittag waren die Forderungen der Marmorstukkateure von der größten der in Betracht kommenden Firmen und von einer kleineren Firma unterschriftlich bewilligt. Eingereicht wurden die Forde- rungen bei Firmen. Welche Antworten im übrigen erteilt wurden, darüber wird in der heute bei Franke in der Sebastianstraße statt- findenden Versammlung berichtet, die auch über die weiteren Maß- nahmen beschließen wird. Deiitlcstes Reich. Ter Lohnkampf im KönigSberger Baugewerbe dauert unverändert fort. Schon über 20 Wochen befinden sich die Bauhilfsarbeiter und Maurer im Streik. Von letzteren sind ungefähr 280 im Ausstande. Weit über 700 sind abgereist, meist nach Berlin   und deren Vororten, weil dort viel Arbeit vorhanden sein soll. Die hiesigen Scharf- macher des Baugewerbes haben schwarze Listen dorthin ge- schickt, hoffentlich ohne Erfolg. Sie behaupten,, daß sie Arbeits- krüfte genug haben. Es sind ungefähr 300 Italiener sowie einige Dutzend Arbeitswillige aus der Stadt und Provinz zu ihrer Ver- fügung. Auf vielen Bauten werden die Arbeiten von Invaliden, Arbeitern und Lehrlingen ausgeführt. Letztere bauen vier- bis fünf- etagische Häuser. Die Bauhilfsarbeiter sind durch den Lohnkampf der Maurer in den Hintergrund gerückt worden. Es ist ganz klar, daß durch diesen großen Lohnkampf die übrigen Arbeiter des Bau- gewerbes in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Tapezierer und Dekorateure in Königsberg   sind in eine Lohnbewegung getreten. Sie fordern die neunstündige Arbeitszeit, 40 Pf. Minimallohn und für Ueberstunden von 6 9 Uhr 10 Pf., für Nachtarbeit 25 Pf. pro Stunde Aufschlag. Sonntagsarbeit soll als Nachtarbeit gelten. Akkordarbeitern ist ein Wochenlohn von mindestens 24 Mark zu garantieren. Die Tapezierer sind gut organisiert. Polenpolitik und Unternehmerinteressen. Die auch von uns unter obiger Ueberschrift gebrachte Mitteilung, daß der Regierungs- Präsident von Oppeln   oberschlesischen Arbeitgebern im Baugewerbe die Erlaubnis gegeben habe, an Stelle ihrer streikenden Maurer galizische Arbeitswillige zu beschästigen, bestätigt sich nicht. Wie uns aus Kattowitz   mitgeteilt wird, hat der RegierungspräMent auf eine Anfrage der Leiter des dortigen Maurerstreiks geantwortet, daß eine solche Erlaubnis nicht erteilt worden sei. Sehr bezeichnend ist aber, daß sämtliche bürgerlichen Blätter Oberschlesiens  , ins- besondere auch jene, deren gute Beziehungen zu den Behörden be- kannt sind, jene falsche Nachricht brachten. Man kann nur an- nehmen, daß das geschehen ist, um die streikenden Maurer durch die Nachricht von den in Aussicht stehenden Ersatz durch ausländische «Streikbrecher zu entmutigen. Thatsache ist ferner, daß der Führer des Arbeitgeberverbandes im Baugewerbe, Baugewerksmeister Frantzioch in Kattowitz  , wirklich galizische Maurer auf seinen Bauten beschäftigte. Der davon durch die Streikleitung verständigten Polizei gelang eS zunächst nicht, die von Herrn Frantzioch geschickt ver- steckten Galizier ausfindig zzu machen, erst mit Hilfe findiger Streikender konnten dieselben entdeckt und dann von der Polizei ausgewiesen werden._ Die Bauarbeiteraussperrung im Mainthal endete, wie uns ein Privattelegramm aus Frankfurt   meldet, mit einem Erfolg der Arbeiterl Dieselben erreichten einen Stundenlohn von 50 Pf bei lOstündiger Arbeitszeit. Der Lohn soll während der Dauer des abgeschlossenen Tarifes allmählich bis auf 54 Pf. pro Stunde steigen. Der abgeschlossene Tarif gilt bis zum März 1908. ' Eine unvorhergesehene Wendung. Wie schon gemeldet, stehen in Düsseldorf   die Bäckereiarbeiter im Streik. Zur Unterstützung der Streikenden ist von feiten des Gewerkschaftskartells der Boykott über die Bäckereibetriebe verhängt worden, die die Forderungen der Arbeiter nicht bewilligt haben, die Streikleitung plant jetzt die Er- richtung einer Genossenschastsbäckerei und trifft schon alle Vor- bereitungen, um einen Ofen so schnell als möglich in Betrieb zu setzen. Einen solchen Ausgang der Lohnbewegung haben die Protzen im Bäckereigewerbe wohl nicht erwartet. Die Lackierer Leipzigs   verlangen die Beseitigung des Aeeord- lohnsystems und einen Mindestlohn von 53 Pf. pro Stunde bei neun- stündiger Arbeitszeit. Für diejenigen, welche bisher in Aeeord arbeiteten, soll der bis jetzt verdiente Durchschnittslohn, mindestens aber ein Stundenlohn von 50 Pf. gelten. Soziales. Die ewige Knechtschaft der Aerzte. In der Generalversammlung der Ortskrankenkasse München  eitierte der Vorsitzende einen charakteristischen Ausspruch eines Arztes dieser Kasse: Die Aerzte haben sich durch Einführung der freien Arztwahl zwar der Kikechtschaft des Kassenvorstandcs entzogen, sich aber dafür der Knechtschaft der Patienten in die Arme geworfen. Die Armen sind also verdammt, ewig Knechte zu bleiben: es giebt nur ein Mittel, sich dieser Knechtschaft zu entziehen: Sie müssen mit ihren Herren die Rollen tauschen.--- Nur ein Arbeiter ist ein Herr l?--- Oder liegt nicht doch eii; tiefer Sinn in dem VerzweiflungS- ausspruch des Arztes? Wer ist wohl kein Knecht in der heutigen Klassengesellschaft? Anders wird's erst in einer socialistischcn Gesell- schaft Freier und Gleicher werden. Wer sich selber aus der Knecht- schaft befreien will, muß mitarbeiten an der Befreiung des Volkes aus der Knechtschaft des Kapitalismus  . Es wäre keine üble Beigabe des Kampfes der Aerzte gegen die Krankenkassen, wenn er etlichen die Einsicht beibrächte, daß ihre Be- rufsknechtschaft unabhängig ist von der Frage, ob freie Arztwahl oder angestellter Arzt, sondern daß sie.zusammenhängt mit dem allgemeinen Gesellschaftszustande und daß es diesen zu ändern gilt, um frei zu werden._ Einhaltsbefehl gegen Boykott. AuS einem Lohnkampfe resultierte ein Boykott gegen die Mlimmertsche Brauerei in Erimniitschau. Gegen den Boykott hatte der Besitzer Mummert einen Einhaltsbefehl des Amtsgerichts Erimmit- schau erlangt, der den Boykottierenden die Fortsetzung des Boykotts unter Androhung einer Geldstrafe von je 1500 Mk. verbot. Das Landgericht Zwickau   hatte den Einhaltsbefchl aufgehoben, das Ober- landesgericht Dresden   aber hat ihn durch Urteil vom 6. Juli wieder für zulässig erklärt. Jetzt wird die Begründung des oberlandes- gerichtlichen Urteils veröffentlicht. Danach geht das Oberlandes- gericht davon aus. daß die§8 1S2, 153 der Gewerbe-Ordnung zu­nächst in Frage kommen.-An sich sei danach auch der Boykott durch Vereinigung mehrerer erlaubt. Der Beklagte sei aber weiter ge- gangen, indem er die Gastwirte und Bierhändler, welche Mummert- sches Bier führten, mit Boykottbedroht" habe. Er habe damit andre durch Drohungen zu bewegen versucht, einer Vereinigung zur Erlangung günstiger Lohnbedingungcn beizutreten. Nachdem diese Konstruktion gemacht, die in Wirklichkeit nur eine Fiktion ist, ergiebt sich alles übrige unter Anwendung der§§ 823, 820 B. G. G. sSchadcnzusiigung gegen die guten Sitten und Unterlassungs- anspruch) und Z 940 Z. P. O. ganz von selber. Nach der Auffasiung des Lberlandesgerichts hatten nun eigentlich hie Boykottierenden noch Strafe aus 8 153 der Gewerbe-Ordnung zu gewärtigen. Denn es heißt in der Begründung wörtlich: Nach alledem erachtet es das Berufungsgericht für ausreichend glaubhaft, daß der Beklagte Köhler andre, an dem zwischen ihm und dem Kläger auszufechtenden Lohnkampfe ganz unbeteiligte Per- sonen(die Gastwirte und Flaschenbierhändler) durch Drohungen bestimmt oder zu bestimmen gesucht hat, an einer Verabredung teil- zunehmen oder ihr Folge zu geben, welche von einem Teile der Arbeiterschaft Crimmitschaus zum Zwecke der Wiedereinstellung der vom Kläger   entlassenen Arbeiter in die Wege geleitet worden war. Damit hat er die Schranken des Koalitionsrechts überschritten und eine nach§ 153 der Gewerbe-Ordnung verbotene und mit Strafe bedrohte Handlung begangen. Diese gesetzliche Bestimmung dient in erster Linie dem Schutze derjenigen, die am Lohnkampfe nicht beteiligt sind und sich nicht daran beteiligen wollen. Sie sollen dagegen geschützt werden, daß nicht mit unzulässigen Mitteln auf sie eingewirkt, daß sie nicht durch Zwang, Drohung. Ehrverlust oder Verrufserklärung genötigt werden, an einer Verabredung teilzunehmen, der sie nicht freiwillig beitreten wollen."_ Ein nettcS Stück kapitalistischer Steuerpolitik wurde in einer Konferenz socialdemokratischer Gcmcindevertreter in Dortmund   aufgedeckt. Die Zechen haben unter bestimmten Voraus- setzungen an die Gemeinden eine Berg-Gewerbesteucr von 2 Proz. zu zahlen. Die Gemeinden können aber mit diesen Zechen auch ein für allemal_ die Zahlung dieser Steuer in Forin einer Pauschal- summe vereinbaren. Unsre famosen Gemeindeordnungen geben nun den großen Grundbesitzern ein solches Uebergewicht in der Gemeinde- Verwaltung, daß sie diese direkt oder indirekt meist beherrschen. Es wird deshalb von dein System der Pauschalzahlung reichlich Ge- brauch gemacht. Der Gemeindevertreter Brockhaus erwarb sich das Verdienst, an Zahlen nachzuweisen, was die Zechen bei dem Ge- schüft verdienen. Es hätten zu zahlen Es haben gezahlt Zeche gehabt nach der Pro- nach Pauschal- zcnt-Bercckumug Vereinbarung Bickefelder Tiefbau....»4 870 M. 9 000 M. Bommerbanko Tiefbau.. 21 595 10 000 Sperkhövel....... 13 846 2 500, Marianne-Steinbank... 46 528 23 000 Eiberg Hemann..... 55 367 8000 Alstaden........ 38 874 27 000 Insgesamt hätten die sechs Zechen zu zahlen gehabt 211080 M. sie haben gezahlt 79 500 M., also nur stark ein Drittel der eigent- lichen Steuersumme. Es ist dann kein Wunder, wenn die dortigen Gemeinden mit Kommunalsteuer-Zuschlägen wirtschaften, die bis nahe an 300 Proz. gehen._ Zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Gärtner werden von der preußischen Regierung Schritte unternommen. Den in Betracht kommenden Organisationen der Unternehmer und der' Arbeiter, dem Verbände der Handclsgärtner Deutschlands   und dem All- gemeinen deutschen Gärtner verein ist eine Vorlage für Erhebungen über die Berufsgliederung und die Betricbsverhält- nisse im Gärtnergewerbe zur Begutachtung zugegangen. Die Vor- läge wird von derAllgemeinen Deutschen Gärttierzeitung" sehr günstig beurteilt. Die erste Gcwcrbcgcrichtswahl im Plauensche» Grunde bei Dresden   hat den Gewerkschaften einen glänzenden Sieg gebracht. Es wurde nach dem Proportionalshstem gewählt, das von vornherein eingeführt wurde, um den Christlichen   gnd Hirsch-Dunckerschen eine Vertretung zu sichern. Es wurden nun 5175 Stimmen abgegeben. Davon gaben die Christlichen   und Hirsch-Dunckerschen ans ihre Liste ganze 125 Stimmen, so daß sie von den 20 Mandaten nicht ein einziges bekommen. Sämtliche übrige Stimmen wurden auf die Liste der freien Gewerkschaften abgegeben. Diese eroberten überdies noch vier Unternehmcrmandate. Das Ende einer Schwindelkassc. Vor etwa zwei Jahren gründeten der frühere Versicherun�sbeamte Friedrich Wilhelm Jakob und der ftühere Sattlermeister Arno Heinrich Beck in Leipzig   die Krankenkasse S a n i t a s. Sie machten init einigen Agenten eineVorstaudssitzung". ließen sich zuDirektoren" wählen und dann wurden kautionsfähige Bureaubeantte gesucht. Sie fanden auch solche, die insgesamt 5840 M. Kaution einlegten. Diese Kautionen dienten der Kasse alsBetriebsmittel" und der Betrieb bestand darin, daß Jakob und Beck das Geld verbrauchten. Jetzt sind beide wegen der Schwindeleien verurteilt worden und zwar Beck wegen wiederholten Rückfallbettuges zu drei Jahren Zuchthaus   und 1500 M. Geldstrafe oder noch 100 Tage Zucht- haus, Jakob unter Einrechnung einer bereits rechtskräftig erkannten andern Strafe Ivegcn gleicher Schwindeleien mit einer Kassen- gründung L i p s i a zu vier Jahren zwei Monaten einer Woche Ge- fängnis. Beiden wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre aberkannt. Die S a n i t a s war die Nachfolgerin der auf ähnlicher Grund- läge errichtet gewesenen Sächsischen   Centraikrankenkasse in Chemnitz  , an der die beiden Schwindler beteiligt waren. Versammlungen. Mit dem Bremer   Parteitag beschäftigte sich fast ausnahmslos die letzte Mitgliederversammlung des Socialdemokratischcn Wahlvcreins R i x d o r f. In seinem ein- leitenden Referat bemerkte Bocske, daß er die Tagesordnung zum diesjährigen Parteitage, wie sie der Partcivorstand veröffentlicht habe, etwas zu trocken fände, es läge daher die Befürchtung nahe, daß sich Sccncn, wie in Dresden  , wiederholen könnten, und dies müsse man zu vermeiden suchen. Er cnipfchlc daher der Versamm- lung einen Antrag, welcher die Schulgesctzfrage auf die Tages- ordnnng des Parteitages zu setzen fordert, anzunehmen. Nun seien ja sehr oft derartige Anträge, wenn sie auf dem Parteitage selbst gestellt worden, an der Verhandlung gescheitert, weil es unmöglich war, die dazu erforderlichen Referenten zu stellen. Diesem Hebel- stand sei diesmal vorgebeugt, indem sich Genosse Dr. Leo Arons bereit erklärt habe, das Referat für diesen Punkt eventuell zu über- nehmen. Der parlamentarische Bericht dürfte von feiten der Rix- dorfer Parteigenossen keinerlei Ausstellungen erfahren. ES sei denn, daß sich der Parteitag zu den von Dr. Fricdcbcrg gemachten Acuße- rungen, welcher den Parlamentarismus als etwas Nebensächliches und Ueberftüffiges betrachtet, zu äußern habe. Es sei traurig genug, wenn ein Parlamentarier, wenn er auch nur einem Stadt-Parlament angehöre, den Ausspruch thuc, daß er dem allgemeinen Wahlrecht keine Thräne nachweine, noch dazu zu einer Zeit, wo unsre Gegner bei der besten Arbeit sind, uns das Wahlrecht zu rauben. An solchen Aeußerungen müßten ja die Wahlrcchtsfcindc ihre helle Freude haben. Darum werde es notwendig sein, den Parteigenossen Dr. Friedeberg gehörig in die Schranken zu weisen,«ni zu ver- hindern, daß er die Irreführung der Massen weiter betreibe. Zum Punkt Maifeier hätten wir alle Ursache, ein Wort mitzureden, denn es könne keine Rede davon sein, den von einzelnen Gewerk- schaften, wie z. B. den Buchbindern und Metallarbeitern, geäußerten Bestrebungen, die Feier des ersten Mai in der bisherigen Weise ab- zuschaffen bezw. abzuändern, entgegenzukommen. In andern Ge- werkschaften wie z. B. bei den Holzarbeitern, wo die Maifeier schon in Fleisch und Blut übergegangen sei, habe man keine Lust, von der Feier des 1. Mai in bisheriger Weise Abstand zu nehmen. Darum empfehle er die Resolution des Parteivorstandes. Nicht minder not- wendig sei es, der K o m m u n a l p o l i t i k mehr Aufmerksamkeit zu widmen, um die Schaffung eines einheitlichen Kommunal- Programms der Verwirklichung näher zu rücken. ES sei ein un- haltbarer Zustand für unsre Gemeindevertretcr, daß sie oft durch die örtlichen Verhältnisse gezwungen sind, in derselben Frage, selbst in benachbarten Orten wie z. B. Berlin   und Nixdorf, ganz entgegengesetzte Ansichten zu vertreten. Zu dem vom Parteivorstand veröffentlichten Abänderungsvorschlag des Organisationsstatuts äußert sich Redner zu� 1 und 2 zustimmend. Den Punkt Delegation zum Parteitag würf�ht er jedoch gestrichen zu sehen. Beim parlamentarischen Bericht sei auch zu er- warten, daß der Fall Schippe! aufgerollt werde und sei es notwendig, daß Schippe! seine Ansicht äußere. Die für die Pro- vinzial-Konferenz bestimmten Anträge aus den Probinzkreisen, welche darauf hinauslaufen, den Berliner   Genossen wohl die Be- schaffung der Mittel, jedoch das Bestimmungsrecht den Genossen in den betreffenden Kreisen zu überlassen, bekämpft Redner, insofern es einmal ungerecht wäre, und die nötigen agitatorischen Kräfte in den verschiedenen Kreisen nicht vorhanden wären. Darum sei es besser, es bei dem jetzigen Passus zu belassen. Dagegen sei die Forderung der Anstellung eines besoldeten Beamten für Berlin   und die Provinz, welcher die Agitation und Organisation in den einzelnen Orten zu leiten habe, als berechtigt und annehmbar zu erklären. Aus der Mitte der Versammlung liegen verschiedene Anträge vor. Ein Antrag der Genossen des 14. Bezirks, welchen auch der Vorstand des Wahlvereins stellt und empfiehlt, verlangt, die Schul- gesetzfrage auf die Tagesordnung des Parteitages zu setzen. Vom Genossen Conrad liegt folgender Antrag vor:Der Parteitag möge beschließen, daß unsre Fraktion im Reichstage dahin wirken möge, daß ärmeren Gemeinden zur Unter­haltung der Schulen bestimmte Zuschüsse aus Mitteln des Reichs oder der Einzel st aaten ge- währt werden. Genosse Franke beantragt zu dem vom Parteivorstand empfohlenen Organisationsstatut, dem§ 1 folgenden Zusatz bei- zufügen: Jeder Parteigenosse, welcher als Funktionär in der Partei thätig ist oder sein will, ist verpflichtet, seiner Berufsorganisation anzugehören, soweit solche in seinem Berufe besteht. Ein Antrag Müller bezweckt, daß Sachen, wie der Fall Abel, vermieden werden, indem bei Anstellungen zunächst Parteigenossen berücksichtigt werden, da doch in den Reihen der älteren und thätigen Genossen solche zu finden sein würden, welche zur Ausübung eines solchen Postens befähigt seien. Eine von H o f f m e i st e r eingebrachte Resolution verlangt unter Hinweis des billigen Abonnemcntspreises der gegnerischen und parteilosen Presse eine baldige Verbilligung desVorwärts". Ein Antrag der Genossen des 7. Bezirks, welcher jedoch mehr auf die Provinz-Konfcrenz Bezug hat, verlangt einheitliche Regelung von Vertrieb und Festlegung des Preises für sämtliche Partei- und AgitationS- s ch r i f t e n. In der Diskussion wendet sich Klar gegen die Ausführungen Boeskes, als seien die Gewerkschaften für die Agitation gegen die Feier des 1. Mai verantwortlich zu machen. Wenn einzelne Mit- gliedcr der Gewerkschaften z. B. in denSocialistischen Monats- heften" hierzu Stellung genommen haben, so seien diese doch nicht für die Gesamtheit maßgebend. Der von Friedeberg propagierte Generalstreik dürste keine allzu lebhafte Debatte zeitigen, stehen doch die Massen dem Generalstreik höchst unsympathisch gegenüber. Die Erörterung des Kommunal-Programms sei unbedingt notwendig, jedoch werde es unmöglich sein, dies auf einem Parteitag zu er« lcdigen. Für unumgänglich notwendig halte er es, die Schulgesetz- frage auf die Tagesordnung des Parteitages zu setzen, denn nur durch die Hebung der Volksschule sei'es möglich, daß die Bildung der Massen und somit die Förderung unsrer Ziele weitere Fortschritte mache. Die Anstellung eines.besoldeten Beamten für die Provinz halte auch er für notwendig. Ebenso stimme er dem vom Partei- vorstand empfohlenen Organisationsstatut, im besonderen dem§ 1 zu. Dr. Silber st ein spricht Boeske gegenüber seine� Ver- wunderung aus, daß derselbe es sich nicht habe verkneifen können, bei Besprechung des Organisationsstatuts den Akademikern eins auszuwischen. Demnach müsse man ja annehmen, daß die Akade- miker Parteigenossen zweiter Klasse seien; die akademisch gebildeten Genossen müßten sich geradezu fürchten, sich der Partei anzu- schließen. Entweder man sei Parteigenosse oder keiner. Man solle doch nicht schon längst abgethane Sachen, wie die angeführten Fälle Braun und Heine immer wieder vorbringen. Die Schippelsche Sache sei ja eine sehr heikle und wäre es daher gut, endlich einmal eine klare und bestimmte Antwort zu erhalten. Die Kommunal- und Schulgesetzfrage bedurften der eingehendsten Beratung und dürften sehr leicht gemeinschaftlich behandelt werden können. Zu den Ausführungen Friedcbergs äußert sich Redner dahin, daß diese schlimm seien, aber noch schlimmer sei es, daß sie in einer so großen Versammlung unwidersprochen geblieben sind, noch dazu in einer Zeit der politischen Krisis, wie wir sie jetzt zu verzeichnen haben. Wohl haben wir bis jetzt noch nicht allzu viel durch den Parla- mcntarismus erreicht, aber damit was Friedeberg empfiehlt, würden wir noch viel weniger erreichen, ja wir würden dadurch unfern Gegnern direkt in die Hände arbeiten. Im übrigen seien ja seine Ausführungen nicht einmal neu, und, trotzdem diese Ansicht von einer Anzahl von Leuten schon längst verfolgt und betrieben würde, hätten dieselben noch nicht den geringsten Erfolg zu verzeichnen. Er hoffe, daß Fricdcberg auf dem Parteitage eine gründliche Absage zu teil werde. Genosse Ebel meint, daß selbst die trockenen Tagesordnungen auf den Parteitagen niemals erschöpft worden seien, und man solle sich dagegen wenden, daß durch allzu breite Behandlung des Be- lichtes des Parteivorstandes die Anträge der Partei-Organisationen unter den Tisch fallen. Die Friedebergsche Versammlung könne noch weitere Folgen zeitigen; darum sei es an der Zeit, Friedeberg einmal ordentlich über den Schnabel zu fahren. Betreffs der Mai- feier ist Redner der Meinung, daß ein etwaiger Beschluß des Jnter« nationalen Kongresses, die Maifeier anders als bisher zu regeln, auch für die deutschen Genossen bindend sein müsse, es könne darum keine Rede davon sein, trotz Beschluß des Internationalen Kongresses der Maifeier eine andre Form zu geben. Für die Resolution Hoffmeistcr traten außer dem Antragsteller, welcher dieselbe begründet, noch die Genossen Rohr, Franke und. Ebel ein, wogegen die andern Genossen die Herabsetzung des AbonncmcntspreiseS desVorwärts" als undurchführbar und un- klug bezeichneten. Das Organisationsstatut, wie es vom Parte, vorstand vorge- schlagen, fand auch im allgemeinen die Zustimmung der nachfolgen- den Diskussionsredner. Ebenso traten fast alle für die Beibehaltung des 1. Mai als Feiertag in der bisherigen Weise ein. Volkmann beantragt des weiteren noch, sich dem Vorschlage der Breslauer Parteigenossen, eine gemeinschaftliche Ccntralisierung herbeizuführen, anzuschließen. Nachdem noch Bocske sich zu den einzelnen Anträgen geäußert und Franke seinen Antrag begründet hatte, wurde be- schlössen, die Verhandlung über diese Debatte in einer demnächst einzuberufenden außerordentlichen Mitgliederversammlung weiter zzu führen. Zum Schluß erfolgte noch die Aufnahme von 32 neuen Mit- gliedern._ Letzte I�achrichten und Depefchen. Eisenbahn-Unfall. Figeack(Departement Lot  ), 13. August.  (W. T. B.) Ein nach Aurillac   gehender Personenzug entgleiste bei Buzac. Die Lokomotive und zwei' Kohlenwagen stürzten 15 Meter in den Fluß hinunter. Der Heizer wurde getötet, der ZugftiHrer und ein Bahnbeamter ver- letzt. D,e Reisenden blieben unverletzt. Vom ostasiatischen Kriegsschauplatze. Shangbai, 13. August.  (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Der russische KreuzerAskold" und de- Torpedobootszerstörer Grosoboe" find hier eingetroffen. Ersterer ist schwer beschädigt und beanspruch: das Recht, im hiesigen Hafen zu bleiben, da er manöverunfähig sei._ Zum amerikanisch-türkischen Konflikt. Washington  , 13. August.  (Meldung des Reuterschen Btzrcaus.) Staatssekretär Hay erklärte, die Pforte habe in dem amerikanisch- türkischen Zwischcnsalle in allen Punkten nachgegeben und die An- gclcgenhcit fei damit beigelegt. Perantw. Redakteur: Pank Büttner, Berlin  . Inseratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin  . Druck».Verlag: VottvärtsBuchdr.u.Verlagsanstalt Paul Singer L-Co., Berlin   LW. Hierzu 3 Beilagen u.Unterhallungsblatt