Nr. 206.
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21. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Lösegelder für Ballin!
Von Zeit zu Zeit liest man, daß in wilden Ländern Räuber Reisende gefangen nehmen und nur gegen ein hohes Lösegeld wieder freilaffen. Solche Geschichten erinnern angenehm an die Lektüre unsrer Jugend. Aber auch in den wildesten Ländern fangen die Räuber immer nur Millionäre ab. Kein Räuber ist so verrückt, daß er die Armen aufgreift und von ihnen ihre letzten Heller erpreßt.
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Was in wilden Ländern die Räuber nicht thun, ist in dem heutigen Preußen Deutschland organisiertes System, das zwar nicht auf Gesetz beruht, dennoch aber mit staatlichen Privilegien geübt wird. Es ist ein System, das zum Ziel hat, privaten Erwerbsschaften unter Ausbeutung der schlimmsten Notlage armseligen Flüchtlingen die letzten Ersparnisse abzunehmen.
Auf Grund unserer Artikel über die Ballinwirtschaft gegenüber den russischen Auswanderern gingen uns von allen Seiten Mitteilungen zu, die so ruchlos abenteuerlich flangen, daß wir an Mystifikationen oder doch an Phantasien gehetzter Angst glaubten. Aber die Mitteilungen glichen fich verdächtig und sie traten mit folcher Bestimmtheit auf, daß wir nicht mehr ihrer Nachprüfung aus dem Wege gehen konnten. Wir beschlossen, mit eignen Augen zu sehen, mit eignen Dhren zu hören.
Was wir fahen und hörten, hat die ausschweifendsten Vermutungen übertroffen: Der preußische Staat giebt sich dazu her,
Freitag, den 2. September 1904.
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Rückkehr nach Rußland für sie schwere Strafe bedeuten, so müssen fie gleichgültig, wohin sie eigentlich wollen Karten nach Amerika , deutsche Karten natürlich, lösen. Wollen sie das nicht, oder haben sie nicht das nötige Geld, so werden sie nach Rußland ausgeliefert. Daß die Wirkung eines solchen Verfahrens bei den vielen russischen Deserteuren gegenwärtig auch eine Verlegung der Neutralität ist, bedarf keiner weiteren Darlegung!
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Wir haben es also so weit gebracht, daß man im Interesse privater Erwerbsgesellschaften Ausländern einen Tribut abzwingt, indem man die furchtbarste Zwangslage armer russischer Flüchtlinge ausbeutet.
Wir würden es nicht glauben, wenn wir es nicht selbst erlebt hätten, wenn uns nicht andre Fälle aus der Pragis mitgeteilt worden wären, und wenn nicht der Vertreter einer der beteiligten Reedereien ganz naiv diese erschreckende Auskunft, als wäre es etwas Selbstverständliches, gegeben hätte, eine Auskunft, die ja alle die unglaublichen Erfahrungen völlig erklärte.
Und alles dies Unerhörte soll auf einer ministeriellen Anordnung beruhen?
Wir fragen heute: Ist eine ministerielle Anweisung in einem Kulturstaate denkbar, die derlei Thaten legitimiert". Oder handelt es sich nur um eine private Freibeuterei einer großkapitalistischen Gesellschaft? Die Regierung wird antworten müssen!
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Ferusprecher: Amt IV. Nr. 1984.
baren Sterblichkeit im Gefängnis für einen so borzüglichen Beamten, daß er zum Adjutanten des Gouverneurs ernannt wurde. Nun tomme ich zur Hauptsache:
Diese Auszeichnung für die genannten allerdings gar wunders samen Leistungen ist eine völlige Bankrotterklärung des hier herrschenden Militärsystems.
Das angeführte Beispiel, daß in Windhut einmal in einem halben Jahre von 50 Sträflingen nur einer starb, schließt den Mund den kolonialen Phrasenhelden, die cynisch behaupten wollten, daß eine hohe Sterblichkeit im Ges fängnis unvermeidlich sei, der Hottentott tönne die Arbeit nicht vertragen, oder was dergleichen Unfinn als Entschuldigung mehr vorgebracht werden könnte. Ich habe nun acht Jahre hindurch auf meiner Farm meine Eingebornen stramm arbeiten lassen, manches zu Wege gebracht, und die Anstrengung hat keinem geschadet. Der Hottentott ist überaus zäh; bevor er stirbt, muß schlimmes vorausgegangen sein. Ich will hier die umlaufenden Gerüchte über die Todesarten nicht erwähnen. Auch der Chinese sucht sein Gesicht zu wahren. Da wird es verzeihlich sein, wenn ein Deutscher den Schmuz, der hier seines Volkes Namen befleckt, nicht von Grund auf aufwühlen mag. Manche unsrer biederen Soldaten, die auf der Station dienen, werden naturgemäß von diesem Treiben aufs höchst e angewidert. Sie werden aber in der Furcht erhalten, daß, wenn sie Anzeige erstatten, fie chikaniert werden, wenn sie einem Brivatmann Mitteilung machen, sie wegen Verrats von Dienstgeheimnissen schwer bestraft werden.
arme Ruffen, die Deutschland paffieren wollen, um ins Ausland Furchtbare Enthüllungen aus Südwest- Farmer könnte es, von Ausnahmefällen abgeſehen, über sein Ge
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Solch ein Gefängnis verliert ganz seinen Zweck, denn welcher wiffen bringen, in solch eine Anstalt Diebe einzuliefern? Man ist hier wieder auf Bestrafung auf eigne Faust angewiesen." Aus der Zuschrift eines Ansiedlers aus Keetmanshoop , für
zu reisen, gleichsam gefangen nehmen zu lassen und fie bei Androhung ber Austicferung an Rußland so lange festzuhalten, bis sie an zwei deutsche Erwerbsgesellschaften in Gestalt beröffentlicht die neueste Nummer der Kolonialen Beit- deffen Glaubwürdigkeit sich vier andre Ansiedler durch Namensvon Zwischendecksplägen nach Amerita, auch wenn sie gar nicht nach fchrift". Wir wollen uns für heute damit begnügen, die entsetz Amerika wollen, bis sie an die Ballinsche Hamburg - Amerikanische lichen Thatsachen, die Herr Herfurth mitteilt refp. wieder ausgräbt, Batetfahrt- Gesellschaft und an den Wigandschen Norddeutschen Lloyd ihre eigne erschütternde Sprache reden zu lassen. ihr Lösegeld entrichtet haben!
Wir erheben vor der Deffentlichkeit der civilisierten Welt Anflage gegen diese Politit der Expreffung, die die schlimmste Notlage ärmster geängstigter Flüchtlinge schamlos ausbeutet!
Zum Fall Groeneveld resp. zu der„ Verurteilung" des oss at bemerkt Herr Herfurth, daß von dieser Verurteilung zu einer Geldstrafe(!) in Keetmanshoop nichts bekannt getvorden sei, wohl aber habe man erfahren, daß Kossak Es ist nicht etwa nur an der deutsch - russischen Grenze, daß die in feiner bisherigen Charge nach wie bor Dienst gerussischen Auswanderer in die Ballinschen Vogellojen" gelodt leistet habe. Was das ärztliche Gutachten, das das werden. In Berlin felbft spielt sich täglich auf dem Lehrter Gericht in Windhuk zu dem so erstaunlich milden Urteil veranlaßt Bahnhof beim Abgang Hamburger Personenzüge das gleiche Schau- habe, anlange, so tomme es durchaus darauf an, wie lange Zeit spiel ab. Nicht nur auf der Grenze werden Russen aufgehalten, nach dem Tode des Schwarzen die ärztliche Autopsie stattgefunden sondern Personen, die bereits in Berlin ihren Aufenthalt hatten, habe. Stoffat selbst behauptete ja bekanntlich, daß eine ärztliche Festwerden festgehalten, sofern sie dem spähenden Auge der Ballin- Häscher stellung der Todesursache durch Sektion überhaupt nicht als„ russische Auswanderer" verdächtig erscheinen.
unterschrift verbürgten, veröffentlicht ferner Herr Herfurth folgenden Baisus, den er seiner Zeit unterdrückt hatte:
„ Während dieser Debatte erschien auf einmal ein Bug von zehnEingeborenen Gefangenen unter Leitung dreier Eingeborenen Polizisten( es war ca. 10 Uhr nachts und fein Mondschein), welche nahe bei uns vorbeimarschierten. Sie gingen vom Gefängnis in der Richtung auf die Wohnung des Bezirksamtsmannes Dr. Merensky( und kaiserlichen Richters) zu. Da alle Bicken und Spaten trugen, waren wir höchst begierig zu erfahren, was schon wieder los fei. Daß die Sterblichkeit unter den Eingeborenen- Gefangenen so groß geworden sein sollte, daß die Leichen nachts eingescharrt werden müßten, fonnten wir nicht glauben. Es hatte allerdings wohl schon manchmal feine Seuche, aber viele Toten unter den farbigen Gefangenen gegeben. Bisher hatte aber immer noch der Tag ausgereicht, um die Leichen der Mutter Erde anzuvertrauen. Mancher von uns tann sich sehr gut entsinnen
stattgefunden habe. Danach hatte also das medizinische Gutachten Zu diesem Zwecke ist der Lehrter Bahnhof in eine Art Menschen- nur in einer Aeußerung dazu bestehen können, ob die Behandlung falle verwandelt. Alle Beamten, Portiers, Schuyleute vigilieren des Schwarzen geeignet gewesen sei, den Tod herbeizuführen. Ein auf Russen . Glauben sie einen ertappt zu haben, so teilen fie folches Gutachten hatte aber natürlich nur minimalen Wert gehabt. ihre Wahrnehmung einem der den ganzen Tag tontrollierenden Soviel für heute über den Fall Groeneveld- Kossak. Die weiteren Reederei- Agenten mit. Der tritt an die verdächtige Person heran, Anklagen, die heute Herr Herfurth erhebt wie er erklärt, um den aus der Unterhaltung ermittelt er schnell, daß der Anschein jenigen Blättern, die bereits nach dem Staatsanwalt gegen ihn genicht getrogen. Von diesem Augenblick an ist der Arme, fofern schrien hätten, möglichst viel Material zu liefern übertreffen an er nicht auf die Reise verzichtet, der Gefangene Ballins. Es Furchtbarkeit bei weitem die Barbareien des Roffat und die damit giebt teine Möglichkeit für ihn, abzureisen. geborenen Gefangenen noch nicht zurückgekehrt. Db er nach zusammenhängenden Beschuldigungen gegen die südwestafrikanischen
Hamburg oder London oder sonst wohin will, er wird fest- Justiz- und Militärbehörden. gehalten, darf nicht abreisen, wird in die Ruhlebensche Ballin- Station verschleppt und dort zur Entnahme einer Fahrkarte nach Amerika gepresst.
Jeder Durchbruchsversuch durch die Gänge der Billetfontrolleure ift bergebens, welche rechtmäßig erworbene Fahrkarte der Russe immer haben mag. Der Ballinhäscher tritt an den Billettontrolleur heran und gebietet halt. Und der Eisenbahnbeamte führt den Befehl aus. Sein Widerspruch nügt, und fragt man nach dem Rechtsgrund seines Verhaltens, so hört man die Antwort: Das ist von oben herab befohlen! Daß es unter diesen Umständen zu standalösen Auftritten tommen muß, ist begreiflich.
Wir hören bereits den Einwurf der Reederpresse: Aber die gesundheitliche Kontrolle ist doch notwendig und nüglich!
Wir sind in der Lage, diesen nichtsnuzigen Sanitätsschwindel in feiner ganzen Verlogenheit aufzeigen zu können. Und zwar verdanken wir unsre Information der denkbar besten Quelle, nämlich einer der beteiligten Reedergesellschaften selbst. Die Sachlage ist die folgende:
Auf Grund einer Verordnung des preußischen Polizei. ministers sind die Agenten der beiden deutschen Reedereien bevollmächtigt, in der angegebenen Art abreisende Ruffen aufzu greifen und nach der von den Reedereien eingerichteten Kontrollstation Rubleben zu bringen. Diese, doch vermutlich mit Provision angestellten, Beamten einer Privatfirma haben also das Recht erhalten, das reifende Publikum nach ihrem Belieben zu belästigen. Ja, fie haben fogar eine Art polizeiliche Befugnis erhalten, die Exekutivbeamten für ihre Zwecke in Anspruch zu nehmen. Bahnbeamte und Polizisten sind zu ausführenden Organen von Privat agenten degradiert!
In Ruhleben wird nun allerdings auch die Gesundheit" geprüft. Aber das ist nur Bosse. Hier werden die Reisenden gezwungen, Karten nach Amerika zu kaufen, auch wenn sie nach Ham burg oder London wollen. Frembe Gesellschaften werden in Ruhleben nicht„ honoriert". Das heißt: Mit den dreifach billigeren englischen Linien werden die Gefangenen nicht herausgelassen, sie müssen Ballin Lösegeld entrichten.
Und auch das ist noch nicht der Gipfel des Niederträchtigen. Wenn nämlich die Russen einen ordnungsmäßigen Baz haben, das heißt, wenn sie ohne Gefahr nach Rußland zurüdlehren fönnen, also den Ballin- Agenten nicht auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sind, dann tönnen sie schließlich auch Schiffstarten nach London lösen. Sind sie aber ohne gehörigen Paß, würde also die
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Ueber die Zustände in dem von einem Herrn b. Stempel berwalteten Gefängnis in Bethanien schrieb im Juli 1903 Herr F. Gehlert an Herrn Herfurth:
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( es ist erst im letzten Jahre geschehen), daß ein geborener Gefangener am öffentlichen Wege, wo er ent fräftet niedergefunken und gestorben war, dort gelaffen wurde, wo er, weil" brand " mager, ohne zu verwesen von Sonne und Wind im Laufe der Tage und Wochen zur Mumie eintrocknete. Db auch andre Leute über ähnliche Fälle als„ Augenzeugen" berichten können, weiß ich augenblicklich nicht. Als wir um 11 Uhr uns trennten, um unser Nachtlager aufzusuchen, waren die EinAm nächsten Morgen, Sonntag, hörten wir von Augenzeugen, daß die Bestimmung getroffen worden sei, daß die Musittapelle ber 8. Feldcompagnie diese lettere iſt 3. zur Zeit ungefähr in der Stärke von circa vierzig Mann hier garnisoniert- jeden Sonntag von 11 bis 12 Uhr bormittags vor der Wohnung des Herrn Bezirks. amtmanns Dr. Merensky spielen solle, und hatten die Eingeborenen- Gefangenen, nachdem sie am Sonnabend ihre Tagesarbeit bis Sonnenuntergang mit Lehmkarren usw. verrichtet, von ca. 91/2 Uhr abends bis 12%, nachts die Büsche vor der Wohnung des Bezirksamtmanns ausroden müssen. Schon um 5 1hr früh seien dieselben wiederum von ihren Wärtern( Eingeborenen- Polizisten) an die Rodungen geführt worden, um die gerodeten Büsche wegzuschleppen und die ungleichen Stellen zu planieren. Wir fahen, wie diese Tag und Nachtarbeiter dann um 9 Uhr vormittags während der Kirchzeit in das Gefängnis zurückgeführt wurden. Welch eine Freude mußte es sein, sehen zu können, daß um 11 Uhr, als die Musik antrat, der tags vorher noch unebene und von Büschen bestandene Platz für unsre Herren Beamten schön planiert und gereinigt war! Die reine Heinzelmännchenarbeit."
„ Der legte Jahresbericht führt für den Bezirk Keetmanshoop 63 Gefängnisstrafen gegen Eingeborene und nur eine Todesstrafe an. Das Klingt ja ganz günstig. Wir wollen aber sehen, wie etwa die Steinchen liegen, wenn man sie nicht durch das bureautratische Kaleidoskop betrachtet. In Bethanien liegt eins der drei größeren Gefängnisse des Bezirks, und ich will annehmen, daß dort der dritte Teil der Gefangenen gehalten wird, also 21. Erfundigt man sich bei der Behörde nach der Zahl der Todesfälle im Gefängnis, so wird das als unfreund liche Handlung betrachtet. Der Jahresbericht giebt natürlich erst recht keine Auskunft. Seit etwa drei Jahren wird für die verstorbenen Gefangenen ein besonderer Friedhof benutzt. Die Steintränze um die Grabhügel reden in einer Sprache im Lapidarstil, und beweisen eine Mißwirtschaft, für die ein eindringlicheres mene tekel taum gegeben werden kann. Bei meiner letzten Anwesenheit in Bethanien zählte ich 33 Gräber. Man sagte mir aber, daß in mehreren zwei Tote liegen. Die Des weiteren zieht Herr Herfurth einen Artikel wieder ans Gefangenen, die draußen im Felde umtamen, Tageslicht, der am 16. August 1903 in den Hamburger ließ man dort. Es ergeben sich also mindestens 36 Zobes Neueste Nachrichten" erschienen war und in dem die Er fälle, für ein Jahr 12; 60 Broz. aller Gefangenen tamen nicht lebend aus diesem Loche des Grauens heraus. Wie viele vom Nest lebnisse eines unschuldig verhafteten in dem Gefängnis bald nach der Entlassung starben, wie viele dauernden von Seetmanshoop geschildert wurden. Aus der Darstellung Schaden davon getragen haben, entzieht sich meiner Kenntnis. dieses Ansiedlers war folgende Stelle wiedergegeben: Das Gouvernement hat nicht die Entschuldigung, daß ihm diese Verhältnisse fremd feien; es ist wiederholt von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht worden.
Als ich im Jahre 1899 in einem Gesuch an das Gouvernement die grauenvolle Sterblichkeit im Bethanischen Gefängnis erwähnte, wurde ich dringend ersucht, solche Bemerkungen in Eingaben zu unterlassen mit der seltsamen Begründung, daß in Windhut in einem halben Jahre von 50 Köpfen mur ein Gefangener gestorben sei. Ebenso fruchtlos find mündliche Borstellungen. Es kann mir deshalb nicht der Vorwurf gemacht werden, daß ich unnütz diese häßliche Sache an die große Gloce bringe. Wenn jahrelange Benachrichtigung der vorgesetzten Behörde vergebens ist, so bleibt die Deffentlichkeit eben die Instanz, die zu entscheiden hat, ob dieser Frevel eine dauernde Institution werden soll. Wenn in Deutsch land in einem Gefängnis eine derartige Sterblichkeit vortäme, fo würde der Gefängnisdirektor wegen fahr. läffiger Tötung unter erschwerenden Umständen vor Gericht gezogen werden. Anders hier! Das Gouvernement hielt unsern unfern legten Distriktschef trotz der Unsicherheit im Lande, besonders der Räubereien auf Ausis, trop der furcht
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" In der Zeit nun, welche ich hier unschuldig im Gefängnis zubringen mußte, find mir Zustände aufgefallen, wie ich sie bis jekt noch in feinem Lande gesehen habe, selbst in China nicht, und das will schon viel sagen. Ich habe vieler Herren Länder auf meinen Reisen gesehen, auch ziemlich alle deutschen Kolonien bereist. Aber nirgends dürfte es solche Zustände geben, wie sie Keetmanshoop mit seinem Gefängnis bietet."
Das genannte Hamburger Blatt fügte dieser wörtlichen Neproduktion des Berichtes folgende Bemerkungen an:
Unfer Abonnent schickt uns einen Grundriß des Gefängnisses mit. Wir ersehen aus demselben, daß das Gefängnis einen Flächenraum von 22 X 18,10 Meter einnimmt. In diesem Gefängnis befindet sich nach der Zeichnung u. a. eine Zelle von 4,8 × 4 Meter, bei 3 Meter Höhe, die durchschnittlich 20 eingeborenen Gefangenen( es sollen sogar schon 30 gewesen fein) als Aufenthaltsraum dient. Eine noch fleinere Zelle ist für zehn geschlechtskranke eingeborene Prostituierte be ftimmt. Infolge der baulichen Einrichtung sei die Hike in den Bellen, namentlich in den dicht besetzten, so groß, daß die meisten gefangenen Eingeborenen mehr Steletten ähnlich sahen als Menschen.