Nr. 227.nbonnemenfS'Bedffljtfflgen:ItSonnemcntä- Preis ptnnumetanb»:»ierteljührl. 8,30®!f, monaH. 1,10 äRt,wöchentlich 28 Pfg, frei ins HauS.Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags«nummer mit illustrierter Sonntags»Beilage.Die Neue Welt" 10 Pfg. Post«Abonnement: 1,10 Marl pro Monat,Eingetragen in die Post- geitungS»Preisliste. Unter Kreuzband fürDeutschland und Oesterreich. UngarnB Marl, für das übrige RuSIanbS Marl pro Monat.21. Jahrg.CrfdldDt täfllidj auStr OlODtaat.Verlinev VolkSblÄkk.Zcntralorgan der rozialdcmohratirchcn Partei Deutfcblands.Die InlcMions- Gebührbetrügt für die fechsgespaltenc Kolonel«zcilc oder deren Raum.0 P{j., fürpolitische und geloerlschafllichc Vereins-und VersammlungS-Anzeigen 26 Pfg.„Ateine Anreigen", das erste(fett-gedruckte) Wort 10 Psg., jedes weitereWort 6 Psg. Worte über 15 Buchstabenzlihlcn für zwei Worte. Inserate fürdie nächste Nummer müssen bis 6 Uhrnachmittags in der Expeditionabgegebenwerden. Die Expedition ist an Wochen-tagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- undFesttagen bis 8 Uhr vormittags geöffnet.Telegramm- Adresse:,,ZsaIal<lill>?>iraf BerliD".Redaktion: 8M. 68. Lindenstrasse 69.Kernsvrcrber: Zliut IV. Nr. IN8Z.Dienstag, den 27. September 1904.Sxpeditiom 8M. 68» Lindcnstrasse 69.Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.Nach dem Streik.Seine Errungenschnften und seine Lehren.Rom, den 24. September. sEig. Ber.)Es giebt Dinge, die sich nicht wägen und zählen lassen und dochschwer in die Wagschale der Geschicke eines Landes fallen. So istnicht alles, was sich dem rechnerischen Kopfe als Vorteil darthut,ein Gewinnst für die Sache, die es galt, nicht jeder Verlust eineSchwächung der effekliv Unterliegenden. In diesem Sinne mußman den italienischen Generalstreik zu allernächst werten, nichtkrämerhast, so und soviel Millionen verlorener Arbeitstage,zerbrochene Fensterscheiben auf der einen, die Erschütterungdes Kabinetts auf der andern Seite. Der Streik hateine so unschätzbare, so unermeßliche Stärkung des Solidaritäts-gefühls und OpfersinnS in unsrem Proletariat gezeitigt,er ist wie eine feierliche Mündigkeitserklärimg gewesen, hat wiedurch ein Wunder zur Reife gebracht, was Jahre der Organisationund der Propaganda vorbereitend gepflegt, daß er auf alle Fälleeinen Gewinnst für die italienische Arbeiterbewegung darstellt, selbstwenn er zu den schlimmsten Orgien der Reaktion Anlaß gäbe. EinArbeiter, der diese Tage handelnd durchlebt hat, in ihrem furchtbarenErnst und ihrer warmen Begeisterung, dem können sie nimmermehrganz verloren gehen. In diesem Sinne geht von der großen, ausdem Klasseninstinkt herausgeborenen Protestbewegung eine schöpferischerevolutionäre Kraft aus, die kein Erfolg zu geben, kein Mißerfolg zunehmen vermag.Diese, sagen wir ideale Wirkung des Streiks kann man aller-dingS nur dankbar begrüßen: sie wiederholen, sie als Zweck einerBewegung setzen kann man nicht. Sie ist wie ein Natur-geschenk aus dem Urquell sieghafter und zukunftfroher Kraft desProletariats.Da nun aber an dem Streik das da? meiste praktische Interesseerweckt, was gewollt, beabsichtigt und geleistet wurde— was alsogegebenenfalls wieder zu wollen und zu leistenwäre— ist es sehr wesentlich, auch von den ideellen Faktorenabzusehen und den Streik rein taktisch zu werten.Hat er dem Klassenkampf das gebracht, was er ihm ge-kostet hat?Ohne allen Zweifel: ja.Mancher mag auf die großen Opfer der Arveiterschaft weisenund sagen: was habt ihr davon gehabt? Giolitti bleibt amRuder. ein Gesetz gegen die Verwendung von Truppenhabt ihr nicht. Für ein riesiges Kraftaufgebot habt ihr ein paarhohle Versprechungen erhalten.Wenn der Streik nur eine Art Unterstützung und Verstärkungder parlamentarischen Aktion der Partei hätte sein sollen, so wäreder Einwand berechtigt. Er war aber sehr viel mehr. Durch ihnwollte das Proletariat einem System der geloaltsamen Unterdrückungein Halt entgegenrufen, und diesem den ganzen Nachdruck seinersocialen Macht verleihen. Je größer das proletarische Aufgebot,umso stärker der Nachdruck. Und so war der Massenstreik vor allemeine Drohung und bedeutete für die Regierung: ihrkönnt uns Arbeiter bei allen möglichen Gelegenheiten töten,denn ihr habt die Waffen und die Schergen; ungestraftaber köimt ihr eS nicht, denn wir vermögen in wenigen Stundendas ganze wirtschaftliche Leben des Landes festzusetzen, wir sindim stände, auch ohne Licht und ohne Brot und ohne Fleisch zu leben,wir können über eine Million Proletarier von der Pflugschar, ausder Fabrik, aus den Bergwerken fort auf die Straßen schicken. Wirsetzen eurer Macht unsre Macht entgegen.Mit Recht hebt Genosse Leone im.Avanti" hervor, daßdie Bedeutung des Streiks darin besteht, daß er sich jeder-zeit wiederholen kann. Ohne das Iväre er nur einimponierendes Schauspiel gewesen. Als ein neues Machtmitteldes Proletariats, als eine erprobte Wehr und Waffe ist er ein ge-schichtliches Ereignis. Gesetze— besonders solche zum Schutze derArbeiter— lassen sich beugen. Die thatsächliche Macht, ein Unrechtzu ahnden, ist mehr wert als ein Gesetzesparagraph gegen dasUnrecht.Als Drohung ist der Streik vollständig geglückt: Die Regierunghat eine derartige Massenmobilmachung so wenig erwartet, zeigtesich in einer Weise davon überwältigt, daß öS geradezu derBewegung verhängnisvoll zu werden drohte. Die Kopf-scheuheit der Behörden, die sich z. B. in der Aufhebung des Post-Verkehrs zeigte, ließ in verschiedenen Gegenden den Gedanken auf-tauchen, die Stunde der socialen Revolution sei gekommen. Anheilsamen Schrecken in maßgebenden Kreisen hat es also wahrhaftignicht gefehlt.Nun ist aber ganz sicher, daß sich unter denselben Umständendie Bewegung nicht wiederholen wird. Natürlich wird sich dieBourgeoisie nicht zweimal überrumpeln lassen. Gewisse Abwehr-maßregeln, die wir nicht aufzuzählen brauchen, wird sie schon treffen.Auch dürste die relativ vernünftige Verwendung der bewaffnetenMacht— man wollte den künftigen König doch nicht im Zeichen derMasscnmetzelei geboren werden lassen— nicht zur Regel bei ähnlichenKonflikten werden. Der besser organisierten Abwehr der Gegnerwerden auch wir eine bessere Vorbereitung entgegenstellen.Was die Umsicht der Leitung, die Solidarität in der Arbeits-niederlegung und Wiederaufnahme betrifft, so war sie diesmalmustergültig. Ueberall beschlossen die Arbeitskammern des Orts oderder Provinz den Streik, die einzelnen Gewerkschaften die Modalitätender Arbcitsruhe für ihren Beruf. Die Ordre zur Wiederaufnahmeder Arbeit ging stets wieder von den Arbeitskammcrn aus, nach Ab«stimmung der Vorstände oder einer öffentlichen Versammlung.Nirgends ist der Streik abgeflaut, abgebröckelt, sondern stets durchordnungsmäßigen Beschluß beendigt worden.Trotzdem war die Bewegung natürlich nicht ftei von Fehlernund Schwächen.Da war zunächst die mangelnde Gleichzeitigkeit. Im ganzenhat man in etwa 000 Ortschaften gestreikt; nach einer, natürlichsehr ungefähren Schätzung überstieg die Zahl der Streikenden eineMillion. Wenn diese gemeinsam drei Tage gestreikt hätten, so wäreder Eindruck viel drohender und nachhaltiger gewesen. Es ist aberunschwer zu verstehen, daß sich ohne Hexenkünste die Gleichzeitigkeitdes Streiks ein andermal erzielen läßt.Ernster ist ein andrer Umstand: die Sorge vor anarchistischenExzessen hat diesmal sehr lähmend gewirkt. Die Anarchisten habensich auch diesmal in Anreizungen zur Gewalt gefallen, die, an sichunschädlich, in den Stunden großer Spannung sehr zu ftirchten sind.Unter den Anarchisten befinden sich hier wie überall tüchtige,achtbare Menschen, die es grundehrlich meinen. Die Polizei ver-folgt sie wie tolle Hunde und sichert ihnen so die Sympathie derMassen. Trotzdem muß man aber künftighin, ohne Gefühlsduselei,wenn auch ohne unnötige Härte und Bitterkeit, dieser Synipathieentgegentreten. Es stehen so gewaltige Interessen bei den prole-tarischen Massenbewegungen auf dem Spiel, daß man die Pflichthat, ungesunde Elemente fern zu halten�rllcksichtsloser als man bisherzu üben hat. Wer die Arbeiter, wenn auch hundertmal in gutemGlauben, ans Messer liefert— und was wäre eine blutige Revolteanders gewesen?— ist eben ein Feind ihrer Bewegung.Während die Anarchisten nur als beständige Drohung lähmendivirkten, hat der excedierende Stadtpöbel den Streik positiv geschädigt. Bedeutende Ausschreitungen sind zwar nicht vorgekommen.Daß man Laternen- und Ladenscheiben zertrümmerte und dieTruppen mit Steinen bewarf, ivar aber allemal unnötig und ebensobarbarisch und einer so großen vornehmen Bewegung univürdig.Hier haben Partei und Gewerkschaften viel Eifer und Kraft aufgeboten, um Einhalt zu thun. Für künftige Fälle wird man abergut thun, bei der vollständigen Einstellung des Sicherheitsdienstesvon feiten der Regierung sofort eine Polizei zu organisieren. InMailand ist dies geschehen und man hat in den fünf Tagenproletarischer Diktatur weniger Verbrechen und Ausschreitungen zuverzeichnen, als in normalen Zeiten.Da es sich hier nur um ein Präventivverfahren handelt, genügtes, die Excedenten„aus dem Verkehr zu ziehen". In Mailandbrachte man sie nach Haufe und übergab sie ihren Angehörigen. Nurdie, bei denen dies nicht anging, wurden in Wachtftuben ein-geschlossen. Für Genua, wo die Bewegung am drohendsten war. er-wies sich das Fehlen einer socialistischen Polizei als sehr bedauerlich.Noch einiges über die Ausdehnung der Streikbewegung. Sollman, als Protest gegen barbarische Gewalt, eine Stadt ohne Licht,ohne Reinigung, ohne Brot, ohne Zeitungen lassen? EinigeGenossen meinen, die Arbeiterschaft, die doch eine höhere Gesittungdarstelle, dürfe das nicht thun. Nun, wir halten dafür,daß man einen Menschen nicht bedrohen kann, indem man ihnin Watte packt. Natürlich geht's nicht ohne Opfer, sonst hätte dieBourgeoisie zu allererst den Generalstreik erfunden. In Genua aßman Schiffszwieback statt Brot, weil das Brot 1,60 Lire das Kilokostete. Und wenn schließlich auch Menschen hungern müssen, somuß das eben auch ertragen werden. Hungern sie nicht zu Tausendenin den normalen Zeiten bürgerlicher Ordnung?— Mögen auchwelche hungern in den Geburtswehen einer neuen Zeit! Allzusenttmental darf man's nicht nehmen: durch Streicheln protestiertman nicht gegen Blutvergießen.Grausamkeit und Brutalität muß die Arbeiterschaft aus Achtungvor sich selbst vermeiden. So dürfen die Krankenwärter nicht streiken,Brot für die Hospitäler muß gebacken werden(in Genua fehlte es).Mich darf den Kindern und Kranken nicht fehlen(in Venedig goßman sie in den Kanal). Davon hatten die Parteisekttonen undArbeitskammern eine ganz klare Vorstellung. In Florenz, Mailandund andren Orten forderten sie selbst die Krankenwärter auf, ihrenDienst weiter zu versehen. Die Arbeitskammer von S a m p i e r-d a r e n a ließ gleich nach Erklärung des Generalstreikseinen Auftuf anschlagen, in dem die Verkäufer von Spirituosen aufgefordert wurden, keine geistigen Getränkeweiter abzugeben, während man den Milchverkäufern an-empfahl, den Kindern und den Kranken diese nötige Nahrung nichtfehlen zu lasse». Wo, wie in Genua, Mailand, Venedig. Bologna,Neapel usw. alle Läden geschlossen wurden, hötte natürlich derWeinverkauf von selbst auf. In den andern Orten wäre eine sehrenergische Anti-Alkohol-Propaganda umsomehr am Platze gewesen,als fast überall der Streik nach dem Zahltag fiel.Natürlich kann die Logik der Dinge Opfer und Sach-beschädigungen erfordern. So hatte man in Sampierdarenahundert Matrose» in die GaSfabrik geschickt, damit sie das Gasbereiten sollten. Die armen Teufel waren da eingesperrt und hattennichts zu essen. Es lag hier in der Natur der Sache, daß die Aus-ständigen die Verproviautierung hinderten, wodurch denn auch dieGasbereitung unterblieb. Auch das Ausheben der Eisenbahnschienenkann geboten sein, sobald die Regierung die öffentlichen Bahnen nurder Klassenverteidigung der Bourgeoisie dienen läßt. Man hatübrigens die Abfahrt der Züge auch ohne Sachbeschädigung zuhindern vermocht, indem sich Hunderte von Frauen mit ihren Kindernauf die Geleise warfen.Der Generalstreik soll ja gerade der Bourgeoisie zeigen, waSihre Gesellschaft wäre ohne das Proletariat: ein lebensunfähigesGanze. Da man aber vom Generalstreik nicht in den Zukunftsstaatgelangt, sondern zurückttitt in die normale bürgerliche Gesellschaft,so muß der Stteik möglichst wenige Verletzungen bürgerlicher Gesetzemit sich bringen, damit er das Proletariat nicht zu viel kostet. Jevernünftiger und gesitteter das Gros der Streikenden, je energischerdie Attion gegen den Pöbel, um so eher ist es möglich, bei einemkünstigen Generalstreik als eine Bedingung der Wiederaufnahme derArbeit die Freilassung der während des Streiks Verhafteten zufetzen.Neben deutlichen Lehren giebt uns der Streik auch viele Fragenauf, die das internattonale Proletariat gut thun wird reiflich zuerwägen. Ist die Unterdrückung der Presse unabweisbar und—wenn sie das nicht ist— ist sie zweckmäßig?— Können die sozahlreichen und großen Produkttvgenossenschaften verwendet werden,um dem Proletariat die Krise der Nahnmgsinittel-Verteuerung zuersparen?— Soll man anstreben, den Stteik auch auf das häus-liche Dienstpersonal auszudehnen?— Diese und andre Fragen wirdman jetzt in Ruhe behandeln.Daß ein andermal die Eisenbahner streiken müssen, wird vondiesen selbst anerkannt und steht außer Diskussion. Diesmal hatdie mangelnde Gleichzeittgkeit der Bewegung lähmend gewirtt; derMangel an Vorbereitung und vielleicht auch der Umstand, daß dieEisenbahner gerade jetzt in den lebhaftesten Verhandlungen mit derRegierung stehen, um ihre wirtschaftliche Lage zu heben, wobei siedie Drohung des Generalstreiks als wirtschaftliches Kampfmittel imHintergrund hatten.Als unmittelbare Folge haben wir also, daß die Regierung allihren Einfluß aufbieten wird, um den Gebrauch von Waffen beimKonflikt mit den Massen zu verhindern, daß die herrschenden Klassenunsre Machtmittel kennen und fürchten, daß wir selbst sie kennenund auS dieser Kenntnis die Verpflichtung schöpfen, denSocialismus in den Massen immer mehr zu vertiefen, Selbstzucht,Menschlichkeit, sociales Gefühl, die Kraft der Mäßigung und denMut der Verantlvortung beständig zu heben und zu stärken, auf daßmit der revolutionären Kraft die kulturelle Gesittung Schritt halte.Weiter zu arbeiten, besser zu arbeiten ftir unsre Ideale, dazu fordertuns der Stteik auf; immer mehr Agitation, immer mehr Auf«klärung, immer festere Organisation predigen uns eindringlich dieruhmvollen Tage des Generalstreiks.Wir dürfen sie nicht um geringes wieder heraufbeschwören,aber wir wollen und müssen uns die Möglichkeit, sie zu wiederholen.allezeit offen halten._politifche Gebcvficht»Berlin, den 26, September.Die Gegner über Bremen.Kaum je hat sich ein solcher Grad tastender Unsicherheft beiunsren politischen Gegnern gezeigt als jetzt in ihren Versuchen, denParteitag in Bremen zu beurteilen. Die sonst gewohnheitsgemäßangeivandten Maßstäbe versagen, sie können nicht fabeln von Siegund Unterliegen der„Revisionisten" oder„Radikalen", von hoffnungS-vollen Spaltungszeichen, sie finden auch nicht die ersehnten Anlässezu Schmähungen und Verunglimpfungen. Es wird ihnen unsäglichschivierig, ihre Feindschaft zu bethätigen, und so verfallen sie dennauf allerlei widerspruchsvollstes Durcheinandergerede.Der Parteitag war zunächst unsren Gegnern nicht„interessant"genug, wie wir es voraussahen. Es gab keine„Fälle", die sichdurch falsche Darstellung vor den Kenntnislosen einigermaßen„ftuktifizieren" lassen; auch mit dem„Fall Schippe!" können sie nichtsbeginnen, sie müssen vielmehr selbst gestehen, daß unsre Partei, wiesich diese Angelegenheit gestaltet hatte, kaum anders verfahren konnteals sie verfahren ist. Wenn also„nichts los" war, so erklärt manden Parteitag für„inhaltslos", für„langweilig", für„öde". Dielangweilige Jnhaltlosigkeit hindert aber nicht, daß alle die Blätter.die sich um erhoffte Sensationen betrogen sehen, dennoch in auSführ-lichen und manche von ihnen in mehreren Artikeln über den Partei«tag und einzelne der auf ihm behandelten Gegenstände sich ver-breiten. Giebt es Parteitage irgend einer andern Partei, die nurentfernt in dem Matze die Oeffentlichkeit beschäftigen, wie unserParteitag in Bremen, der wiederum den Widerwillen der Gegner, sichmit den socialdemokratischen Dingen überhaupt eingehender einzu«lassen, niederzwang?So eifrig aber die gegnerischen Blätter ihre Enttäuschungen überden Verlauf des Bremer Parteitages zur Schau tragen, so wenigwissen sie seine wirkliche Bedeutung zu erfassen. Da stürmischeSzenen, wie sie in Dresden ausbrachen, sich nicht wiederholten undihnen nicht günstige Ausnutzungsmöglichkeiten boten, so schwankensie ratlos zwischen der Frage, ob die socialdemokrattsche Parteidenn nun wirklich anfange,„vernünfttg" zu werden, oderaber ob sie heuchlerische„Leisetreterei" betreibe. Die einenglauben, Anfänge der„Vernunft" zu bemerken, Iveil der Parteitagscheinradikale Vorschläge abwies, die er stets abgewiesen hat auchin den Zeiten der größten„Unvernunft". Die andren— und dasist das Gros— reden von Heuchelei und Verschleierung, obschon inder Sache der Parteitag so radikal war wie irgend ein andrer.Unsre Gegner sehen stets nur das Aeußerliche der socialdemokratischenVorgänge, niemals die Sache selbst. Das aber gerade ist die Be-deutung des Parteitages in Bremen, daß sachlich wertvollesverarbeitet wurde. Wenn unsre Gegner nicht recht wissen, wie sieunsre Beratungen ftir ihre Zwecke ausbeuten sollen, wir wissenu m s o b e s s e r. wie wir sie für u n s r e Zwecke nützen können.—Der Handelsvertrag zwischen Oesterrcich-Ungarn und Italien.Aus Wien wird uns vom 26. September geschrieben: Endlichhaben die Verhandlungen in Ballombrosa, deren Abreißen manschon so oft befürchtete, zu einem Ergebnis geführt: zwischen denUnterhändlern beider Staaten ist ein neues Provisorium vereinbartworden und der Entwurf eines neuen, definitiven Handelsvertragesist zustande gekommen. Damit ist seitens Oesterreich-Ungarn dererste neue Verttag vereinbart worden, zu dem neuen Handels-polittschen Gebäude gleichsam der Grundstein gelegt. Es ist anzu«nehmen, daß nun die— freilich ungleich gewichtigeren— VerHand«