Nr. 232. 21. Jahrgang.
Sonntag, 2. Oktober 1904.
Parteitag der deutschen sozialdemokratischen Arbeiter- hinabzuwerfen. Mit einer Unverschämtheit ohne gleichen wird von diftiert Desterreich, seinem Heloten, die Lebensmittelpreise. partei in Oesterreich .
Salzburg , 28. September. Heute abend wurden noch die Berichte der Beschwerde- Kommission erledigt. Sturm auf den mährischen Landtag. Czech- Brünn erhält das Wort zu folgender Mitteilung: Im mährischen Landtage ist heute die erste sozialdemokratische Rede gehalten worden.( Stürmischer Beifall.) Wir erhalten eben folgendes Telegramm: Brünn , 28. September 1904. Heute vormittag große Wahlrechtsdemonstration im Landtagsgebäude in Brünn . Einige Hundert Genossen befesten die Galerien und brachen während der Verlesung eines Antrages( Schuldebatte) in den Ruf: " Hoch das allgemeine Wahlrecht!" aus. In der Verwirrung, die ſich des Landtages bemächtigte, ergriff Reichsrats- Abgeordneter Hybesch von der Galerie aus das Wort und hielt eine Ansprache für das allgemeine Wahlrecht. Sodann Sigung unterbrochen. Nach Wiedereröffnung erklärte Landeshauptmann, daß er, da seiner Aufforderung, die Galerien zu räumen, nicht Folge geleistet werde und er nicht Polizei in den Landtag führen wolle, die Sigung schließe. Die Genoffen warfen in der Zwischenzeit Agitations- und Flugblätter in den Saal und entfernten sich unter Abfingen des Liedes der Arbeit.( Stürmischer Beifall.) So weit das Telegramm. Der Kampf um das Wahlrecht in Mähren hat begonnen! Mit aller Energie wird er zu Ende geführt werden!( Erneuter stürmischer Beifall.) Dr. Adler: Sie sehen, auch in schlechten Zeiten lassen sich Aftionen mit Erfolg ins Werk sezen. Die mährischen Genossen sind in ganz besonderer Lage. Ein Klüngel, der schlechter wäre, als der in Mähren herrscht, ist in ganz Desterreich nicht zu finden.( Lebhafter Beifall.) Nun ist der erste Vorstoß geschehen: hoffen wir, daß die Genossen für Mähren und für ganz Oesterreich gute Arbeit leisten. Unsere besten Wünsche begleiten sie.( Langanhaltender Beifall.) Damit schließt in vorgerückter Stunde die Sigung.
Sigung vom 29. September.
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Ueber die Lebensmittelverteuerung
und fein Minister hat den Mut gefunden, die Herren die Treppe| fionierung der Großstädte den Fleischwucher zu bekämpfen. Ungarn einem landwirtschaftlichen Notstand gesprochen. Dabei machen die In der Nachmittagssigung wird die Debatte über die Agrarier zu jeder Zeit den Versuch, und es gelingt in der Regel, Lebensmittelverteuerung zu Ende geführt. die Lebensmittelpreise in die Höhe zu treiben und haben dabei die Nach einem Schlußwort des Referenten wird seine Resolution wirksamiste Unterstützung der Regierung. Der autonome Bolltarif einstimmig angenommen und beschlossen, eine populäre bedeutet einen unerhörten Sieg der agrarischen Tendenzen. Und es Broschüre gegen die Lebensmittelverteuerung zu verbreiten, die Dr. ist nur merkwürdig, daß sich der Widerstand unserer Partei gegen Sarpeles abfaffen soll. Der Fraktion wird der Antrag überwiesen, die Erregung abgeflaut ist, daß kein Mensch mehr über diesen Boll der Stornzölle zu beantragen. diesen Bolltarif nicht so nachhaltig zeigt, als man meinen sollte; daß im Parlament sofort durch einen Dringlichkeitsantrag die Aufhebung tarif spricht, obwohl nichts wichtiger ist, als die Beschäftigung mit diesem Zolltarif. Da ist es selbstverständlich, daß die Agrarier immer unverschämter werden und daß die Regierung ihrem organisierten Druck nachgibt. Vom italienischen Handelsvertrag wissen wir nur, daß er einen Sieg der Agrarier darstellt. Die Vollkraft des agra rischen Agitationsvermögens scheint größer zu sein als die des sozial„ Angesichts des vollständigen Zusammenbruchs der politischen demokratischen. Wer soll den Agrariern Widerstand leisten, wenn die liegt vor ben Agrariern auf dem Bauche. Die Industrie weiß alvar, Bankroits des Barlaments, dessen Grundlage das Unrecht, deſſen Arbeiter versagen? Etwa unsere Industriellen? Die ganze Industrie Organisation Desterreichs, des endgültigen und unwiderruflichen daß eine extrem agrarische Politik nicht in ihrem Interesse liegt, aber höchste Leistung die Verhüllung des Absolutismus ist; angesichts des schließlich ist ihr die Erlaubnis zu Ueberstunden wichtiger, als der ebenso beschämenden wie empörenden Schauspiels eines VerfassungsStampf gegen agrarische Zollsäße, und durch versteckte Prämien und lebens, das nur durch gehäuften Verfassungsbruch weitergefristet andere Bugeständnisse lassen sich manche Schwierigkeiten überwinden, werden kann; angesichts der damit zusammenhängenden fort= die aus einer agrarischen Zollpolitik für sie erwachsen.
Nächster Gegenstand der Tagesordnung ist Die Verfassungsrevision. Referent ist Dr. Victor Adler . Seinen Ausführungen liegt folgende Resolution zugrunde:
Die Verwefung Oesterreichs kann nur dadurch gehindert werden, daß die Trümmer der abgestorbenen Verfassung entschlossen und gründlich weggeräumt werden; daß der Dualismus beseitigt wird, der Oesterreich politisch entehrt und wirtschaftlich ausbeutet; baß das dann erst selbständig gewordene Desterreich allen seinen Bölfern das Recht und die Möglichkeit voller kultureller Entwicklung gebe, indem es fich als Nationalitäten- Bundesstaat konstituiert, der jedem Wolfe auf seinem Gebiete nationale Selbstverwaltung einräumt und der zur Grundlage durchgängig die Demokratie hat.
Dazu kommt, daß die Bauernschaft anfängt, sich unter dem schreitenden Lähmung jeder politischen, wirtschaftlichen und fulDazu kommt, daß die Bauernschaft anfängt, sich unter dem turellen Entwicklung der Völker Oesterreichs erklärt der Parteitag: Kommando der Agrarier in ungeahntem Umfange zu organisieren. alle Versuche, die geltende Verfassung aufrecht zu erhalten, müssen Gewiß kommen die Agrargölle in erster Linie den Großgrundbesitzern alle Verfuche, die geltende Verfassung aufrecht zu erhalten, müssen zugute, aber die Bauern merken, daß die ausgezeichnete Organisation, an deren innerer längst offenbar gewordenen Unmöglichkeit scheitern, die ihnen die landwirtschaftliche Zentralstelle gibt, doch die gute Folge und die Politik des Ministeriums Koerber, die eine kostbare Zeit mit für sie hat, daß sie höhere Preise für ihre Produkte von den Konsu- täglichen Künsteleien vertrödelt, ist eine Politik der Selbsttäuschung, menten herausschlagen fönnen. In der Tat wird die Position der hinter der sich jene Halbheit verbirgt, die von jeher Desterreichs Produzenten von Jahr zu Jahr schwächer. Wir haben nicht das ge- Fluch war. ringste Interesse daran, daß der Bauer zugrunde geht, im Gegenteil, was wir für den Industriearbeiter verlangen, verlangen wir auch für Die bürgerlichen Parteien, die an ihren längst hinfällig und ihn. In dem Preise seiner Produite sollen die Herstellungskosten sich gemeinschädlich gewordenen Privilegien borniert festhalten, die den ausdrücken. Wir haben den Bauern durch die Grazer Resolution nationalen Streit frivol weiterspinnen und ausnüken, um sich der den Weg der genossenschaftlichen Betätigung gezeigt; sie sind ihn ge- Pflicht zu entziehen, gegenüber dem Willen der Dynastie die wirtgangen, auch ohne von dieser Resolution zu wissen. Es zeigt sich schaftlichen und fulturellen Interessen der Völker Desterreichs mit ein im höchsten Maße erfreulicher Aufschwung des landwirtschaft- Energie und Rücksichtslosigkeit zu wahren, betreiben eine Politik der lichen Genossenschaftswesens, das von den Landesausschüssen, vom Feigheit und des Volfsverrates. Der Parteitag bringt darum Ackerbauminister, vom Kriegsminister, von großen Gemeinden sub- neuerlich seine im Programm der österreichischen Sozialdemokratie In der heutigen Vormittags- Sizung wird das Ergebnis der bentioniert wird. Mit dieser Subvention find wir nicht einverstanden. niedergelegte Ueberzeugung zum Ausbruck, indem er erklärt: Wahlen für die Parteileitung mitgeteilt. In den den Steuergeldern der Arbeiter gezüchtet werden und ihre Organi Daß die landwirtschaftlichen Genossenschaften auf Staatsfosten aus Vorstand sind gewählt: Dr. Abler, Heinrich Beer, fation nur dazu benutzen, den Milchpreis zu erhöhen, ist uns weniger Dr. Ellenbogen, Emmerling, Bernerstorfer, erfreulich. Wollen sich die Bauern organisieren, so sollen sie die Schuhmeier, Staret und Tomfchit, sämtlich in Wien ; Stosten selbst bestreiten, oder wenn sie öffentliche Gelder erhalten, sich in die Partei- kontrolle: Emil Balke und Adelheid in ihren Gebarungen unter die Kontrolle des Landes stellen. Bopp, Wien , Dr. Czech Brünn, Muchitsch Graz, Jetzt entdecken wir die Anfäße einer höchft gefährlichen RingBreußler- Salzburg , Schäfer- Reichenberg, Schrammelbildung bei diesen landwirtschaftlichen Genossenschaften nach dem Aussig und Spielmann- Ling. Muster des deutschen Spiritusringes, des Berliner Milchringes. Damit gehen wir Zuständen entgegen, denen gegenüber die heutigen ein Kinderspiel sind. Dann sind wir nicht nur den Agrariern, Schließlich erklärt der Parteitag, daß der Beginn jeder Neufondern den gesamten landwirtschaftlichen Produzenten wehrlos aus- gcftaltung die Beseitigung des Privilegien- Parlaments und die Gingeliefert. Nun fordert Wien ( XI. Bezirk) in einer Resolution die führung des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechts sein Fraktion auf, fie foll etwas gegen die Lebensmittelverteuerung tun. muß." Die Fraktion wird selbst Initiative entwickeln, aber eine Lösung des Zur Begründung sagt der Redner folgendes: Niemand wird Problems ist so nicht zu finden. Ich vermag auch nicht anzugeben, von mir erwarten, daß ich neue Züge in dem alten entsehlichen Bilde was mit augenblicklichem Erfolge von uns unternommen werden Oesterreichs entdecke oder neue Heilmittel angebe. Wir leben seit fann, um die Lebensmittelverteuerung abzuwehren. In einzelnen Jahren nicht etwa in einer Krise, sondern im völligen Zusammen Orten wird das Zusammentreten der Konsumenten genügen, um den bruch der Verfassung und des Staates. Daß man aber diese TatProduzenten den Kopf zurechtzusehen. Das ist aber keine dauernde fache hinweglügen möchte, das ist das größte Verbrechen, das die Hilfe. Wenn wir nicht die Verewigung dieser Zustände wollen, Staatslenter an den Völkern Desterreichs begehen.( Sehr richtig!) müssen wir zunächst in unseren politischen Organisationen gang Die Leidensgeschichte dieses Staates brauche ich hier nicht wieder anders als bisher die Frage des autonomten Zolltarifs und der aufzurollen, noch auf die Leichenflecken des elenden Kadavers hinHandelsverträge erörtern und den erbittertſten, zähesten Stampf gegen zuweisen. Das alte Desterreich ist fertig. Dieser Lage gegenüber diesen Tarif nach dem Muster unserer deutschen Genossen eröffnen. haben wir eine sehr schwere und zwiefache Stellung. Unser Weiter müssen wir unsere Bemühungen, die gewerkschaftlichen wichtigstes Bedürfnis ist, daß an Stelle des Kadavers ein Leben Organisationen zu stärken, womöglich verdoppein. Die Gewerk- tritt. Daneben ist aber auch das augenblickliche Interesse vor= schaften haben die ständige Verpflichtung, höhere Löhne für den Ar- handen, diesen Ruinen abzugewinnen, was sich ihnen im Moment beiter zu erzielen, es bedarf dazu gar nicht erst der besonderen An- abgewinnen läßt. Und so müssen wir uns bezichtigen, daß auch wir regung durch die Lebensmittelverteuerung. gelegentlich an der Selbsttäuschung leiden, es ließe sich bei diesenr Da die politische und gewerkschaftliche Organisation momentan Bustande Oesterreichs noch etwas aus ihm herausreißen. Das zeigt nichts gegen den Lebensmittelwucher ausrichten kann, müssen wir sich in naibster Weise in den hundert Wünschen, die wir an das uns noch mehr als bisher mit der Organisierung des Konfums bes Parlament stellen. Aber diese Selbsttäuschung fommt daher, daß schäftigen. Nur die Organisierung des Konsums kann als spezifisches wir einen Staat so notwendig brauchen. Wir können den RapiMittel gelten gegen die Organisation der Produzenten. Wer fann talismus nicht beseitigen, ohne daß er vorhanden und entfaltet ist. die landwirtschaftlichen Genossenschaften aus den Banden der Groß- Der Kapitalismus aber braucht zu seiner Entfaltung vor allemt grundbesizer lösen venn nicht die Organisation der Konsumenten? einen Staat. Wenn wir den Staat beseitigen wollen, muß er erst ein Feind ist uns gefährlicher als das Agrariertum. Es ist der bestehen. So suchen wir einen modernen Staat erst heraufzurufen Hauptträger des Lebensmittelwuchers, es trägt die Schuld an der und lämpfen erst um einen Boden für unseren Kampf.( Lebhafte ganzen österreichischen Misere. Lassen wir uns nicht ivehrlos zur Zustimmung.) Wir haben den Buntt nicht, von dem wir anSchlachtbank führen! Die politische und die gewerkschaftliche Organi greifen, noch den, den wir angreifen können. Daran franken wir. sation bilde die feste Grundlage, der wir die Organisation der Konfumenten angliedern. Wenn dieser Parteitag bewirkt, daß der Stampf gegen die Agrarier von neuem aufgenommen wird, dann hat Die Resolution. die der Referent vorschlägt, hat folgenden Wortlaut: Die in den letzten Wochen eingetretene außerordentliche Steigerung der Preise der wichtigsten Lebensmittel ist nicht in der Ungunst der Produktionsbedingungen begründet, sondern die Folge systematischer Treibereien der Agrarier und der Börsenspekulation. Die staatlichen und autonomen Behörden und die Gemeinde- Verfassung, der lebendig ist, ist der§ 14!( Sehr richtig!) vertretungen, die diese Bestrebungen auf jede Weise fördern, machen sich an der schamlosen Ausbeutung der breiten Masse der Bevölkerung mitschuldig.
referiert sodann Dr. Karpeles- Wien : Von keiner Seite wird bestritten, daß wir seit mehreren Monaten eine Lebensmittelberteuerung haben. Die Erscheinung ist ganz allgemein, selbst die Neue Freie Presse" berechnet jetzt die Verteuerung für einen bürgerlichen Haushalt auf 28 Proz. In Oesterreich ist auch in gewöhnlichen Zeiten nichts billig, als Menschenfleisch. Heute aber jtehen wir geradezu vor einer Kalamität. Und ihre Ursachen liegen nicht in der Ungunst der Produktionsbedingungen, sondern sind von ben Händlern und Produzenten mit Bewußtsein hervorgerufen worden. Wir hatten feineswegs eine Mißernte. Um zu verstehen, wie die Teuerung entstanden ist, müssen wir die Vorgänge auf der Budapester Produktenbörse betrachten, die bei der Machtlosigkeit der Wiener Börse die Preise aller Lebensmittel in Desterreich dittiert. Und zwar handelt es sich nicht um den Budapester Effektivmarkt, sondern um den Terminmarkt. Die Jahre 1902 und 1903 waren gesegnete Jahre. Wir gingen ins Jahr 1904 mit Vorräten von annähernd 8 Millionen Metergentnern Getreide hinüber. Jede Furcht vor einem Mangel war ausgeschlossen. Die Saaten hatten gut überwintert. Bis Anfang Mai war die Tendenz der Budapester Börse feineswegs ausgesprochen haussierend. Ende Mai änderte sich diese Stimmung. Absolut erfundene Gerüchte von einer voraussichtlich schlechten Ernte in Amerika beeinflußten den Markt. Der Preis für Oftober- Weizen( im Oftober lieferbarer Weizen) wurde um 1% Gulden pro Meterzentner in die Höhe getrieben. Anfang Juni aber weicht wieder der Weizenpreis. Da giebt der ungarische Aderbaaminifter im amtlichen Saatenstands- Bericht die offene Barole aus, die dann von den ungarischen und unseren Agrariern mit Erfolg befolgt wurde. Die Losung war: keine Ware verkaufen, die Ware einsperren! Der Ernteausfall wurde auf 10 Millionen Meterzentner geschätzt. Nach den zwei vorhergegangenen glänzenden Erntejahren und den großen Weltvorräten an Getreide war Diese Ziffer durchaus nicht erschreckend. Die Budapester Spekulanten aber, die in innigster Berbindung mit den ungarischen Großgrundbefizern stehen, benutzten diese Ziffer, um die Preise über den Weltmaritspreis hinauszutreiben. Da wurde an der Budapester Börse erzählt, Rußland werde wegen des ostasiatischen Krieges fein Geer gute Parole ausgegeben.( Lebhafter Beifall.) treide über die Grenze bringen, und das Gegenteil stellte sich heraus; da wurde behauptet, ir Ostindien stehe eine Mizerute bevor, und es stellte sich heraus, daß Ostindien eine Weizenernte hatte, wie seit vielen Jahren nicht. Immerhin machte die Tatsache, daß die europäischen Börsen nicht die Melodien der Budapester Terminbörse nachspielten, die Budapester Spekulanten etwas stubig. Der Getreidepreis ging um einige Heller zurück. Da entdeckte man zum Glück für die Agrarier die angeblich komplette Mizernte in Futter- Artikeln, die die Produzenten zwingen würde, das Getreide zum Füttern des Viehes zu verwenden. Die ganze Börse folgte diesem Hauffe- Motiv, und die Kauflust wurde zur Kaufgier. Ende Juli war die Elbe nicht mehr schiffbar, sonst hätte der Import nordamerikanischen und argentinischen Getreides die Preise wieder etwas geworfen. Die Kourage der Budapester Börse wurde durch die Hausse in Amerika noch mehr entfacht; und so wurde am 22. Auguft ein Preis für Oktober- Weizen erreicht, der um 4 Gulden pro Doppelzentner höher war, als im Mai. Ende August aber mußte das Spiel zu Ende kommen, denn da wußte man, wie die Ernte wirklich ausgefallen war, daß wir in Weizen und Roggen cine ganz gute Mittelernte und in feinem Bodenprodukt eine Mißernte gehabt haben. Nunmehr stand fest, daß nur eine verbrecherische Spekulation der Händler, die von den Agrariern alimentiert war, die Preise künstlich in die Höhe getrieben hatte. Jebt find sämtliche In der Diskussion weist Behr- Krumau darauf hin, daß in Obstruktion vor diese Frage gestellt wird, wird sie es nicht Lagerhäuser Desterreichs, nicht bloß die Scheunen der Produzenten, der Zeit der Lebensmittelteuerung die Frauen am leichtesten für die bis zur Decke mit Getreide vollgefüllt. Und doch wird uns das Meht Konsumvereinsidee zu gewinnen feien. um 4 Kreuzer verteuert. Wenn die Wiener Börse durchaus ab- Hackenberg- Gemünd: Die Kleinbauern selber leiden unter den hängig von der Budapester ist, so liegt das daran, daß wir zwar in Teuerungsverhältnissen, weil sie bei einer Migernte von Produzenten Desterreich den Terminhandel aufgehoben haben, daß er aber in zu Konsumenten werden und Mehl und Fleisch einkaufen müssen. Ungarn weiter eristiert. Man braucht kein Freund des Termin- Wäre eine Futternot vorhanden, so müßte ihre nächste Folge doch Handels zu sein, und zweifellos kann die Welt ohne Terminhandel eine Ermäßigung der Fleischpreise sein. Das gerade Gegenteil aber cgiftieren, und man muß doch sagen, daß es höchst leichtfertig war, den Wiener Terminhandel zu schließen und den Budapester weiter bestehen zu lassen. Oesterreich ist Ungarn gegenüber ein Importland für Agrarprodukte, und da ist es von größter Bedeutung, daß es den maßgebenden Markt in der Hand behält und nicht zu dulden braucht, daß ihm die Preise im Exportlande gemacht werden. Das letztere ist nun eingetreten durch die Nachgibigkeit der Regierung gegen die Agrarier. Die Regierung ist nichts als die Erekutive der Agrarier. in manchen Voltstreifen. Das zeigt sich besonders deutlich in ihren Maßnahmen gegen die an- Martined- Wien XI beantragt, die Fraktion aufzufordern, sofort gebliche Futternot. Eine große Notstandsaktion soll zugunsten der bei Zusammentritt des Reichsrats die Suspendierung der GetreideGroßgrundbesizer ins Leben gerufen werden. Dabei sind die Preise zölle zu beantragen.
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Indem der Parteitag diese Tatsachen feststellt, fordert er die Arbeiterschaft auf, den Kampf gegen das Agrariertum mit größter Schärfe und Energie zu führen und durch den rastlosen Ausbau der politischen und gewerkschaftlichen Organisation den Sieg bon Tendenzen zu verhindern, die die wichtigsten Interessen des Proletariats bedrohen.
Der Parteitag erkennt an, daß in dem Kampfe gegen den Lebensmittelwucher auch der wirtschaftlichen Organisation des Proletariats eine wichtige Rolle zufällt und fordert die Arbeiter auf, unter genauer Beobachtung des Beschlusses des Wiener Parteitages( 1903), den Fortschritt der Konsumvereinsbewegung zu fördern."
ist eingetreten. Ein Erlaß der Personalsteuer für die Arbeiter, wie er von einer Seite verlangt wird, würde wenig nüßen, da nur eine Kleine Anzahl Arbeiter Personalsteuer zahlt.
Unfere Regierung ist eine Regierung der bewußten Selbsttäuschung. Der Minister Stoerber lebt von täglichen fleinen Schwin deleien, die der Welt bortäuschen sollen, wir lebten nach einer Ber fassung. Für eine Anzahl von Stonzeffionen an die Herrschaftsbedürfnisse der Parteien find diese bereit, den Ausgleich mit Ungarn abzuschließen, den sie selber für ein schweres Unglück für Desterreich erklären. Aber da sich dieses Geschäft nicht machen läßt, treiben fie es in belvußtem Einverständnis mit der Regierung dahin, daß der Ausgleich mit dem§ 14 gemacht werden wird. So lebt unsere Vers fassung von Verfassungsbrüchen. Und der einzige Paragraph der Wir sind seit Jahren gewohnt, daß das Parlament über das Budget nicht entscheidet, daß fiber alle auswärtigen Fragen ohne das Parlament entschieden wird, daß die wichtigen Militärfragen ohne unser Barlament gelöst werden. Nur ein Punkt ist vorhanden, wo das Parlament eine technische Notwendigkeit war: Der Staat tann teine Schulden ohne das Parlament machen. Man braucht die Völker bekanntlich nur, wenn Desterreich eine Schlacht verloren hat, oder finanziell Bankrott ist. Hier haben wir nun einen britten Fall: es sollen einige Hundert Millionen für militärische Bedürfnisse aufgebracht werden, die von einigen Herren in Budapest beschlossen worden sind, die sich Delegationen nennen, aber keine Verantwortung tragen und zufrieden sind, wenn der Kaifer mit ihnen zufrieden ist.( Sehr richtig!). Die Sorge um die Anleihe ist die einzige Sorge der österreichischen Regierung und deshalb mus es hier zum flappen kommen. Wenn die parlamentarische nationale
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zu einem Konflift mit der Krone fommen laffen. Aber über kurz oder lang bleibt der Skarren doch wieder steden. Wir sind die einzige Partei, die eine flare Vorstellung davon hat, wie sich cin nenfonstituiertes Defterreich gestalten muß. Das haben wir in Brünn ausgesprochen. Allen Forderungen dazu steht die des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle Vertretungskörper voran. Daran hängt sich ein Gedankengang, der hier und da auch in den Köpfen ber Parteigenoffen fpuft: Desterreich fann gerettet werden, wenn das allgemeine gleiche Wahlrecht für das Abgeordnetenhaus eingeführt wird. Das haben wir nie programmatisch behauptet. Das allgemeine gleiche Wahlrecht ist für uns nur der Anfang einer Umgestaltung, aber es darf nicht angewandt werden von einem Manne, dem es das Ende ist, nicht von einem Minister, der es bloß einführen will, um das Parlament mit dieser Panacee im letzten Augenblick zu heilen. Das allgemeine Wahlrecht ist uns nur der Anfang der Reform, der Anfang der Umgestaltung dieses Konglomerats von Böllerschaften zu einem Staatsgebilde auf demokratischer Grundlage. Wir verlangen und halten es für unausbleiblich, wenn der für die Futterartikel nicht höher als in anderen Jahren, ja sie sind Reichsrats- Abgeordneter Seit macht darauf aufmerksam, daß Staat nicht verfaulen soll, daß die nationale Ordnung hergestellt im Rüdgang begriffen. Und doch wird uns wegen der angeblichen dieser Dringlichkeitsantrag erst als 120ter an die Reihe kommen wird auf dem Boden nationaler Autonomie und der ZusammenFutternot die Milch verteuert. Die Agrarier haben sich als Zentral- würde und daß seine Verhandlung ausgeschlossen erscheine. Die fassung dieser Autonomien zu einem lebensträftigen modernen Notstandskomitee konstituiert und sind zu allen Ministern gelaufen, Regierung versäume ihre Pflicht, durch eine vernünftige Approvi- Staate. So wie das Wahlrecht das Proletariat nicht erlösen
David- Wien hält die Konsumbereine nicht für geeignet, eine Verbilligung der Lebensmittel zu bewirken. Der größere Nachdruck müsse auf das politische Gebiet gelegt werden. Aber die ständige Agitation für die Konsumvereine lähmt unfere politische Werbekraft