Nr. 238. 21. Jahrgang.
3. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Sonntag, 9. Oktober 1904.
Genosse Kasprzak vor dem Warschauer Kriegsgericht. haben.
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Die Experten hätten ihn nur flüchtig sehen vorgenommen werden könne. Sonst würde das Gericht seinen eigenen können und Prof. Schtscherbak lehnt es unter diese n ursprünglichen Beschluß umstoßen. Daher beantrage die VerWarschau, 3. Oktober. ( Eig. Ber.) Am 29. September ging Umständen rundweg ab, irgend ein Urteil ab teidigung, dem Verlangen der Sachverständigen gemäß zu be= der zweite Aft der blutigen Komödie oder richtiger Farce in Szene, zugeben. Nun kommt das Hauptmoment in der Verhandlung. schließen. die zarische Justiz genannt wird. Die Genossen Martin Kasprzat Nach dieser deutlichen Absage meinte der Vorsißende mit der un- Es wurde dann zu den weiteren Punkten geschritten und wieder und Ingenieur Benedikt Gurcmann wurden zum zweitenmal vor schuldigsten Miene in der Welt, das Gericht beabsichtige eine ärztliche eine Reihe von Zeugen vernommen, deren Aussagen sich auf den das besondere Kriegsgericht gestellt. Wie erinnerlich, handelt es Untersuchung Kasprzaks eben während der Verhandlungen selbst Angeklagten Gurcmann beziehen. Der Verteidigung gelingt es sich um die Anklage wegen bewaffneten Widerstandes gegen die anzuordnen und wollte zu diesem Zweck am anderen Tage( Freitag, schließlich, dieses Opfer, wenn nicht der zarischen Justiz überhaupt, Staatsgewalt bei der Durchsuchung in der geheimen Druckerei der den 30. September,) zwei Stunden anberaumen! Darauf so wenigstens dem Kriegsgericht und der Todesstrafe zu entreißen. Sozialdemokratie Russisch- Polens und Litauens , wobei Kasprzat vier Schtscherbak mit dem Ausdruck höchsten Erstaunens: Sogar Die Anklage gegen Gurcmann war von vornherein auf so schwacher Polizisten und Gendarmen, darunter zwei Offiziere, erschossen und bei inneren Krankheiten, ja bei Hautkrankheiten sogar, müsse man Grundlage aufgebaut, daß sie bereits bei der ersten Verhandlung, einen fünften schwer verwundet hatte. Die erste Verhandlung am häufig den Patienten wochenlang beobachten und untersuchen, bevor zum Entfeßen des Staatsanwalts, kläglich zusammenbrach. Gurc= 2. und 3. August endete mit Vertagung. Das Gericht hat ganz man die Krankheit mit Sicherheit diagnostizieren könne; in Fällen mann wurde nämlich der Beteiligung am bewaffneten Widerstande unerwartet, nachdem der Vorsitzende und der Staatsanwalt zwei aber, wo psychische Störungen angenommen werden, sind während angeklagt und vor das Kriegsgericht gebracht nur auf Grund einer Tage lang nicht nur gegen die Angeklagten, sondern sogar gegen einiger Monate fortgesette, Beobachtungen notwendig, um ein einzigen belastenden Aussage des Schußmanns Bo tobiel, der bei die Verteidigung wüteten und auf Schritt und Tritt zu verstehen begründetes Urteil über die zurechnungsfähigkeit des Betreffenden der Voruntersuchung behauptete, Gurcmann hätte ihn, als er mit gaben, daß sie das ganze Gerichtsverfahren von vornherein für abzugeben. Er würde sich der Charlatanerie schuldig machen, Kasprzak rang, am Kragen gepackt und von Kasprzak fortgerissen. überflüssig hielten, dem Antrage der Verteidigung stattgegeben, wollte er nach einer zweistündigen Seance irgend eine Meinung Für diese Hilfeleistung verlangte der Staatsantvalt auch für Gurc Kasprzat einer ärztlichen Untersuchung unterziehen zu lassen. Dieser äußern. Er könne deshalb nicht auf den Vorschlag des Vorsitzenden mann die Todesstrafe. Als Bowbiel vereidigt wurde, hat er aber Beschluß, der, wie es bald bekannt wurde, auf einen Wink aus eingehen. Der Staatsanwalt drängt trotzdem weiter in den Sach- schon bei der ersten Verhandlung seine Aussage dahin geändert, daß Petersburg zurückzuführen war, rief allgemeine Verwunderung verständigen ein. Er müsse bedenken, daß es sich bei Kasprzak bloß Gurcmann, als er sich durch Flucht vor den Polizisten zu retten hervor, aber die kurz darauf erfolgte Entbindung der Zarin hat die um Simulation der Geistesstörung handle. Solange es gelte, im suchte, ihn im Vorbeilaufen bloß gestoßen hätte. Die Drohungen Lösung des Rätsels gebracht. Wäre das glückliche Ereignis" im Dienste der revolutionären Partei Staatsverbrechen zu begehen, sei des Staatsanwalts und die von ihm geäußerte Vermutung, die Zarenhause, dessen Eintreten man in Petersburg stündlich erwarten Kasprzak gesund wie ein Fisch im Wasser, sobald er aber der Familie Gurcmanns hätte die Zeugen bestochen, haben auf Bowbiel konnte, in die Zeit nach dem Gerichtsspruch und vor Vollstreckung strafenden Gerechtigkeit verfalle, werde er auf einmal geistestrant. schon damals feinen besonderen Eindruck gemacht. Offenbar hat der in Aussicht genommenen Todesstrafe gefallen, so müßte man Es sei die Wiederholung der Geschichte von 1895. Er sei schon man seine erste Aussage bei der Voruntersuchung einfach in das Kasprzat anstandshalber" begnadigen", um nicht einem Galgen an einmal aus einem Gefängnis in Deutschland ausgebrochen, später Protokoll hineinredigiert, und der ungebildete Schußmann wagte der Wiege des oder der Neugeborenen aufzurichten, und dies um habe er sich jahrelang mit verbrecherischer Agitation im Weichsel - es damals nicht, gegen die so mehr, als die Frau Kasprzats, die der sozialdemokratischen Be- gebiet( foll heißen: Russisch- Polen) befaßt, und als man ihn fests zweiten Verhandlung blieb er nun bei derselben Behauptung bevegung stets ganz fern stand, noch vor der Verhandlung eine Gnaden- genommen hätte, sei er irrsinnig, geworden, um der Irrenanstalt, Harrlich stehen, daß ihn Gurcmann nur gestoßen hätte, und so verlor bittschrift an die Zarin gerichtet hatte.( Beiläufig bemerkt, hat sie wohin man ihn zur Beobachtung brächte, zu enspringen. Jenseits die Anklage gegen diesen jeden tatsächlichen Anhaltspunkt. sich auch an den deutschen Kaiser mit einem Gesuch um Schuß und der Grenze angekommen, sei er auf einmal wieder gefund ge= Das Endergebnis der Verhandlung ist: die Strafsache Gurc um Fürsprache gewandt.) Man wollte also, um Kasprzat sicherer worden und habe sich zehn Jahre lang an der revolutionären Be- manns wird von derjenigen Kasprzats getrennt und an die Strafan den Strang zu bringen, das Urteil erst nach der erwarteten wegung in Deutschland beteiligt, wobei niemand etwas von seiner fammer( höchstes ordentliches Gericht im Gerichtsbezirk) verGnadenära fällen. Diese Annahme hat viel für sich, aber mochten Geistesstörung , wie die Zeugenaussagen aus Deutschland beweisen, wiesen. Die Sache Kasprzats wird für sechs Monate vertagt. Er bei der Vertagung auch andere Gründe maßgebend gewesen sein, gemerkt hätte. Er( der Staatsanwalt) verstehe die Skrupel der foll nach einer Heilanstalt gebracht und dort auf seinen Geisteszustand bei der jüngsten zweiten Verhandlung ließ das Kriegsgericht mit Sachverständigen, aber der Fall sei in der Gerichtsmedizin häufig untersucht werden. einem geradezu schamlosen Zynismus keine Zweifel mehr darüber und liege sehr einfach. aufkommen, daß es seinen eigenen Beschluß betreffend sachverständige Beobachtung Kasprzats gar nicht ernst genommen hatte und es nun an der Zeit hielt, furzen Prozeß" zu machen. Aus den Verhandlungen heben wir im nachfolgenden nur die Hauptmomente hervor. Die Sigungen nahmen zivei Tage in Anspruch und fanden, wie immer, unter vollem Ausschluß der Deffentlichkeit statt. Die Zusammensetzung des Gerichts ist dieselbe wie das erste Mal. Als Staatsanwalt fungierte wieder Muehin, der sich nicht die geringste Mühe gab, seine Erregung und die Animosität gegen die Verteidigung zu verbergen. Lettere besteht aus zwei Warschauer Advokaten Patet und Nijenski und einem aus Petersburg Andrejewski. Wie bei der ersten Verhandlung leisten die letztgenannten rechtlichen Beistand dem Angeklagten Gurcmann, Kasprzak wird durch Patek vertreten. Auch die medizinischen Sachverständigen sind zur Stelle, der wichtigste ist Schtscherbat, Professor der Psychiatrie an der Warschauer Universität.
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Als im Verlauf der Sizung am ersten Verhandlungstage den Sachverständigen das Wort erteilt wurde, damit sie ihr Gutachten abgäben, stellte sich heraus, daß Kasprzat nicht einmal nach einer heilanstalt behufs Beobachtung geGefängniszelle in der Warschauer Zitadelle zubrachte, wohin dritte Personen, außer Gendarmen und Staatsanwalten, feinen Zutritt
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Es muß hier hervorgehoben werden, daß die preußische Polizei Wafferstand am 7. Oktober. Ibe bei Ausfig 0,52 Meter, bei den russischen Kollegen, wie dies aus den Verhandlungen hervorging, Dresden 1,93 Meter, bet Magdeburg +0,26 Meter. Unstrut bei die ausführlichsten Angaben über alles, was sich auf Kasprzak be- Straußfurt+ 0,70 Meter.- D der bei Ratibor +0,92 Meter, bei Breslau 30g, geliefert hat. Es wurden von den russischen Agenten Er- Ober- Begel+4,68 Meter, bei Breslau Unter Begel 1,50 Meter, bei fundigungen nicht nur in Posen, sondern auch in Breslau und Frankfurt . Weichsel bei Brahemünde+2,22 Meter. Kreuzburg, too Kasprzak einige Zeit seinen Wohnsitz hatte, ein- Barthe bei Posen 0,16 Meter. Ne te bei Usch-- Meter. gezogen. In Breslau waren es gewisse Strechalska und azaret, in Kreuzburg Lassotti, die sich über ihn ausführ- Witterungsübersicht vom 8. Oktober 1904, morgens 8 Uhr. lich ausließen.
Sollte ein so schweres Verbrechen straflos ausgehen, so würden die Gendarmerie- Offiziere die Vornahme von Hausdurchsuchungen fünftighin ablehnen."
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Die Beredtsamkeit des Staatsanwalts verfehlte jedoch das Ziel. Das ist Sache der Polizei," meinte Schtscherbat." E3 mag auch meine Ueberzeugung sein, daß der AnSwinemde. 752 2N2 2heiter geklagte Geistesstörung simuliert, als Bſychiater habe ich fein Recht, dieſe Meinung zu äußern, bebor Samburg 754 28S 2 Regen Berlin nicht ihn längere Zeit etwa ein halbes Jahr beobachtet habe." Frants.a.M. 759 S Die Sache wurde schwierig. Die Sachverständigen lehnten ihre München 760 23 Beteiligung entschieden ab. Die Verteidigung benutte die Situation. Bien Das Gericht habe die Notwendigkeit einer ärztlichen Beobachtung
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Sach- Nachts
bracht worden war und die verflossenen zwei Monate in seiner einmal anerkannt, es müsse nun konsequenterweise den unga sehr fühl, am Tage etwas wärmer, ziemlich heiter bei mäßigen verständigen auch die Bedingungen gewähren, unter denen allein nordwestlichen Winden; keine erheblichen Niederschläge. Berliner Wetterbureau.
nach ihrer kompetenten Ueberzeugung diese Beobachtung sachgemäß
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