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Nr. 264.

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Vorwärts

Berliner Volksblaff.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ",

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Das Kontraktbruch- Gesetz in der Schwebe.

In der Kommission des Abgeordnetenhauses zur Vorberatung des bekannten Gefezes zur Wiedereinführung der Leibeigenschaft der Kleinbauern und der ländlichen Arbeiter( offiziell betitelt Gesetz­entwurf betreffend die Erschwerung des Vertragsbruchs landwirt schaftlicher Arbeiter und des Gesindes") ist Montag abend die Spezial­diskussion der ersten Lesung begonnen worden. Sie hat mit Ab­Tehnung der Nr. 1 des§ 1 durch Stimmengleichheit gle en det. § 1 Nr. 1 will mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft bestraft wiffen ,,, wer Dienstboten( Gesinde) oder landwirtschaftliche Arbeiter, von denen er weiß oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt wissen muß, daß sie einem anderen Arbeitgeber zur landwirtschaftlichen Arbeit oder zum Gesindedienst noch verpflichtet sind, in Dienst nimmt." Daß diese gefeßliche Verrufserklärung der Kleinbauern und ländlichen Arbeiter mit der Reichsgesetzgebung, der Reichsverfassung, dem Freizügigkeits­gesetz und der Gewerbe- Ordnung( auch industrielle Arbeitgeber wären strafbar) in Widerspruch steht, ist von uns wiederholt dargelegt, im Reichstag auseinandergesetzt und dortselbst vom Vertreter des Reichs­fanzlers zugegeben. Die Konservativen suchten trotzdem diesen Nur beantragten sie Einbruch in das Reichsrecht zu sanktionieren. in der Kommission, daß nach Ablauf von sechs Wochen nach der unrechtmäßigen Lösung des Dienstverhältnisses die Vogelfreiheit des Arbeiters aufhören und daß der oben gesperrt wieder­gegebene Zwischensatz durch einen grammatikalisch

und ſolle,

logisch noch unvernünftigeren Satz ersetzt werden der dahin Tautete: hinsichtlich deren ihm be= fannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist." Ihr Antrag und dann der Antrag der Regierung wurde mit 7 gegen 7 Stimmen abgelehnt. Freifinnige, Zentrum und National­liberale stimmten geschlossen gegen beide Vorschläge. Daß aber Nationalliberale und Zentrum im Herzen für die Absicht des§ 1 Nr. 1 find, beweist ja u. a. der Umstand, daß beide Parteien noch im Februar dieses Jahres den Erlaß solcher Vorschrift verlangt hatten.

Mittwoch, den 9. November 1904.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.

und das Gesinde tut dringend not. Von den Ausnahme- werk in Linden bei Hannover bereits die gußeisernen Pfeiler gesetzen, unter denen die durch lange Arbeitszeit, schlechten Lohn und geliefert und in 10 Eisenbahnladungen abgeschickt. Auch dieser arge Behandlung so fujonierten Landproletarier und das Gefinde Bau dürfte ein hübsches Stück Geld kosten. Preußens leiden, heben wir folgende hervor:

tammer ernennt.

2. Gewerbe Inspektoren und fchriften gegen übermäßige Ausbeutung fehlen.

Schußbor

1. Gerichte nach Art der Gewerbegerichte und Kaufmanns Berlin , 8. November. Amtliche Meldung. Stabsveterinär gerichte für gewerbliche Arbeiter fehlen. Die meisten von den Michael Mo II am 6. November im Lazarett Windhul an Typhus Landwirtschaftskammern entworfenen Verträge entziehen die( plögliche Herzlähmung) gestorben. Gefreiter d. R. Rudolf Streitigkeiten sogar dem ordentlichen Nichter und überweisen sie Stug, geboren 30. März 1878, am 3. November in Okahandja Schiedsgerichten", deren Obmann die Landwirtschafts- 1882, am 3. November in Waterberg an Typhus gestorben. plöglich verstorben. Reiter Searl Wolf, geboren 18. August Gefreiter Richard Schmidt, geboren 26. Dezember 1882, am 21. September im Patrouillengefecht gegen Marenga bei Gais nördlich Warmbad leicht verwundet( Schuß in bent Unter­arm). Reiter Otto Bartels, geboren 23. Dezember 1882, ant 5. Oktober im Gefecht bei Wasserfall West­rand Karasberge, verwundet( Schuß in den linken Unterarm). Reiter Rudolf Drzisch et ist am 6. Oftober an den Folgen der durch den Rücken) verstorben. im Gefecht am 5. Dktober bei Wasserfall erhaltenen Wunde( Schuß Reiter Wilhelm Schloß= hauer am 21. September seiner an demselben Tage im Patrouillen­gefecht bei Gais erlittenen schweren Verwundung erlegen, Neiter Georg Urschlechter, früher im fönigl. bayerischen 2. Ulanens Regiment, am 3. November im Gefecht östlich Olunjahi am Knie leicht verwundet.

3. Eine reichsgesetzliche Krankenversicherung fehlt: die in einigen Streifen statutarisch festgelegte Kranten fürsorge ist gänzlich ungenügend.

4. Bei Unfällen steht dem Kleinbauern und dem länd­lichen Arbeiter eine noch schmalere Rente" als dem städtischen Arbeiter zu. Der Unfallzuschuß fällt überdies fort.

5. Das Gesez vom 24. April 1854 schafft gegen das Gefinde wie gegen sämtliche ländlichen Arbeiter unserer Provinz und der Provinzen Ost- und Westpreußen , Pommern , Schlesien , Sachsen , Westfalen und die Rheinprovinz nach drei Richtungen hin besondere Ausnahmevorschriften. Es bedroht nämlich mit Bestrafung:

1. Ungehorsam und Widerspenstigkeit" gegen den Arbeit geber ja den Instleuten und herrschaftlichen Tagelöhnern gegenüber auch gegen die Herrschaft, mit welcher der Justmann in feinem Vertragsverhältnis steht.

2. Unberechtigtes Verlassen oder Nichtantreten des Arbeits­verhältnisses.

3. Verabredung der Arbeitseinstellung oder Aufforderung hierzu. 6. Die Gesinde Ordnung macht unser Gesinde nahezu rechtlos und läßt sogar die Zurückführung eines Gefindes in den Dienst zu.

-

Berlin , 8. November. General b. Trotha meldet aus Windhuk unter dem 7. November: Hauptmann Wehle hat mit Leutnant b. Rheinbaben und 25 Reitern von Keetmanns­hoop aus die Stationsbesaßung Koas, Kaufmann Prieze nebst Frau und drei Kindern, Kaufmann Lösch mit Frau, Ansiedler Herdert, Bastard Willy Döngen unversehrt eingeholt.

Hans Hendrik, Veldschoendrager, nach Meldung vom 20. Dftober bis jetzt noch treu, will den Aufstand an geblich nicht mitmachen.

"

Auch eine Verstärkung der Kameruner Schuhtruppe soll von der Regierung beabsichtigt sein. Die Polizeitruppe, die bereits im laufenden Jahre um 200 Mann vermehrt worden ist, soll im nächsten Jahre abermals eine Verstärkung 7. Die Ausübung des Koalitionsrechts ist ihnen von 100 Mann erhalten. Außerdem soll die Kompagnie der durch§ 3 des Gesetzes vom 24. April 1854 fast unmöglich gemacht. Schutztruppe, die im vorigen Jahre abgesetzt wurde, wieder Die Forderung der Gerechtigkeit kann nur sein: Fort mit allen hergestellt werden. Damit wird die Schutztruppe in Kamerun Die Nationalliberalen kennzeichneten ihre Stellung durch diesen und anderen Ausnahmegefeßen gegen ländliche Arbeiter, auf mehr als 1500 Mann gebracht sein. Einen Belag dafür folgende Resolution: Das Haus der Abgeordneten wolle be- Gleichstellung der ländlichen Arbeiter mit den gewerblichen Arbeitern werden die Steuerzahler in einer entsprechenden Vermehrung schließen, die tgl. Staatsregierung zu ersuchen, darauf hinzuwirken, und Schaffung eines Arbeiterschutz- Gefezes für länd- der Zuschüsse für das Kameruner Schutzgebiet erhalten. daß im Wege der Reichsgesezgebung 1. in Antiche Arbeiter. Yehnung an die Bestimmungen der§§ 124b und 125 der Bom Kanal- Verschlepp- Monopol. Das Abgeordnetenhaus ist in Die trampfhaften Anstrengungen der Junker, durch Einführung die Ferien gegangen, um der Kanalfommiffion Zeit zur Beratung Gewerbe- Ordnung der Bruch von Dienstverträgen aller einer neuen Art Zwangsdienst die ländlichen Arbeiter in Hörigkeit zu laffen. Die Boft", in der wieder Herr v. Beblig die Kanal Art, die Verleitung zum Vertragsbruch und die Anzu erhalten, zeigen, daß selbst sie innerlich von der wirtschaftlichen obstruktion leitet, meint hähmisch, die Kommission werde sehr fleißig nahme bertragsbrüchiger Arbeitnehmer. 2. die und politischen Notwendigkeit der Erfüllung der oben flizzierten arbeiten müssen, um die Arbeit zu bewältigen. Der Arbeitseifer widerrechtliche Vorenthaltung des Arbeitszeugnisses bei Beendigung Forderungen überzeugt sind und diese nur noch durch brutale Gewalt- bewährte sich bisher lediglich in dem Ferieneifer. des Dienstverhältnisses unter eine besondere zivilrechtliche Haftung maßregeln, wie die gesetzliche Verrufserklärung und Aushungerung gestellt wird." Ueber diesen Vorschlag, der vom Reich eine Aus der Landarbeiter, hintanzuhalten hoffen. nahmegesetzgebung gegen alle Arbeiter begehrt, wird erst am Schluß der Beratungen der Kommission abgestimmt werden. Daß die Nationalliberalen solche Ausnahmegesetzgebung beantragten, ist für sie fennzeichnend. Ueber ihren arbeiterfeindlichen Vorschlag ein weiteres Wort zu verlieren, erübrigt sich. Wie wenig die Antrag­steller selbst ihre Verallgemeinerung einer Vertragsbruchsstrafe über den Rahmen industrieller und landwirtschaftlicher Arbeiter hinaus ernst meinen, ergibt ein Blick auf die ärztliche und pastorale Braris. Wünschen die Nationalliberalen, daß Aerzte oder Pastoren, die ihre Vertragspflicht nicht erfüllen, bestraft werden? Oder hoffen fie, daß in solchen Fällen unparteiische" Klaffenjuftigrichter immer einen ,, wichtigen Grund" zur Aufhebung des Vertrages finden werden?

Politifche Ueberficht.

Berlin , den 8. November. Ueber die Kosten des füdafrikanischen Feldzuges macht der Hannoversche Kurier" Mitteilungen ent­gegen der Meldung, daß von der Regierung demnächst ein Nachtragskredit von 86 Millionen gefordert werden würde. Das Blatt erklärt, die Ausgaben für Südwestafrika, die nach Vorschlag der Reichstags Session im Frühjahr und bis jetzt entstanden seien, seien in einem besonderen Nachtrags- Etat Die Nr. 2 des§ 1 des Vertragsbruch- Gefeßes will im Gegensatz zusammengestellt. Eine bestimmte Angabe darüber ließe sich zur Reichsgesetzgebung bestraft wissen wer in gewinnsüchtiger Ab- nicht machen, da ununterbrochen neue Aufwendungen ent­sicht für die unter 1 genannten Arbeitnehmer ein neues Dienst- ständen, doch werde bis zur Eröffnung des Reichstages ein Abschluß verhältnis vermittelt, obwohl er weiß oder bei Anwendung der er- gemacht werden, damit der Reichstag einen Ueberblick erhalte. forderlichen Sorgfalt wissen muß, daß fie einem anderen Arbeit- Der regelmäßige Etat für Südwestafrika werde das Mehrfache geber zur landwirtschaftlichen Arbeit oder zum Gesindedienste noch seines bisherigen Umfanges aufweisen, da er die dauernden verpflichtet sind". Die Konservativen wollen demselben Gedanken Ausgaben für die auf das Zehnfache des früheren Bestandes folgende Fassung geben:.... wer aus Eigennutz oder im Ver- vermehrte Schußtruppe auf das nächste Jahr enthalte. Die mögensinteresse eines anderen einer Person, welche einem anderen Erhaltung der Schuttruppe in ihrer gegenwärtigen Form sei durch Dienstvertrag verpflichtet ist, zur Erlangung eines vor Auf- für das ganze nächste Rechnungsjahr vorgesehen. Hinzu lösung dieses Dienstvertrags anzutretenden anderweitigen Dienstes fämen noch die Kosten, die von jetzt ab bis zum 1. April 1905 behilflich ist. Die Bestrafung soll nicht eintreten, wenn 1. der entständen. Erst wenn man annehme, daß die Schußtruppe Täter troß Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt von dem auch noch im Jahre 1906 auf dem gegenwärtigen Stande bestehenden Dienstvertrage teine Kenntnis hat; 2. feit dem Bruch zu erhalten sein werde, bekomme man einen vollen Begriff des Dienstvertrags eine Frist von vier Wochen verstrichen ist". In von den Kosten des Strieges. der Kommission wurde hervorgehoben, daß beiden Vorschlägen die Diese Ausführungen des Hannoverschen Blattes bestreiten Reichsgesetzgebung im Wege ſtehe. Außerdem würde die Vorschrift also durchaus nicht, daß von der Regierung eine Summe von naturgemäß die Vermittler dazu veranlassen, nur noch kurze folossaler Höhe gefordert werde. Im Gegenteil, nach den Kontratte abzuschließen. Zu einer Abstimmung über diese Nr. 2 des § 1 tam es noch nicht. Die nächste Kommissionsverhandlung soll erst nach Wiederaufnahme der Plenarverhandlungen Ende November oder Anfang Dezember stattfinden.

Darlegungen des Hannoverschen Kuriers" wird die Regierung noch einen höheren Betrag beanspruchen, als 86 Millionen. Denn wenn die Schußtruppe in ihrer gegenwärtigen Höhe von weit mehr als 10 000 Mann auch noch im nächsten Jahre Man erfieht schon aus den Verhandlungen, wie heiß das Be- und sogar vielleicht noch im Jahre 1906 erhalten werden soll, mühen des Zustandekommens einer neuen Ausnahmegefeßgebung zu so wird man mit 100 millionen Mart nicht auskommen, auch ungunsten der Landproletarier ist. Die Profitsucht der Agrarier und nicht mit 200 Millionen. Die Viertel Milliarde, die uns ihr Haß gegen schwer arbeitende Landleute treibt sie zu Borschlägen, das chinesische Kriegsabenteuer gekostet hat, wird also auch die der Reichsgesetzgebung ins Geficht schlagen und in ihrer Wirkung durch die Kosten des südwestafrikanischen Aufstandes erreicht auf eine Vermehrung der Leutenot und des Elends der Kleinbauern werden! und ländlichen Arbeiter hinauslaufen. Durch diese Art Bor - Man sieht also, daß die Ausgaben für Südwestafrika ins fchläge haben sie den industriellen Arbeitern gerade Abenteuerliche anschwellen und absolut nicht im Ver­die wirksamste Waffe zur Aufklärung des Land- hältnis stehen zu den Vorteilen, die uns selbst nach den An­proletariats in die Hand gebrückt. Und diese nahmen der verwegenſten Kolonialphantasten jemals durch die Waffe werden die industriellen Arbeiter zu handhaben wiffen, gleich füdwestafrikanische Stolonialpolitik erivachsen können!- viel, welche Gestalt der Gefeßentwurf erhalten wird. Nicht neue Nicht unerhebliche Kosten wird auch der Bau einer Ausnahmegeseze, sondern Beseitigung der bestehenden Landungsbrücke verursachen, die jetzt in Swakopmund errichtet Ausnahmegesege gegen die ländlichen Arbeiter werden soll. Nach einer Meldung hat ein Eisen- und Stahl

In der Tat hat man eine Fülle von Anträgen über die Kommission ausgegossen. Der Zentrumsantrag, der dem Staate das Schleppmonopol sichern will, ist fachlich stoeifellos begründet, wenn er auch zunächst nur dem Verschleppmonopol der Kanalrebellen dient. Bugleich ist dieser Antrag insofern kein unschlauer Schachzug der Kanalgegner, weil seine Berwirklichung die Freude der Liberalen an dem Kanal stark beeinträchtigt. Der Antragsteller selbst hat übrigens seinen Monopolantrag inzwischen auf den Schleppbetrieb ein­geschränkt.

Freiherr v. Zedlig schildert in der" Post" lebhaft die ungeheuren Schwierigkeiten des Werkes. Während das Kartell der Bollwucherer den das ganze wirtschaftliche Leben umfaffenden Zolltarif ohne Einzel­beratung durchpeitschte, bedarf man in Breußen, obwohl die Kanal­frage nun fünf Jahre lang trattiert wird, angeblich noch der Er­örterung der ersten Grundfragen:

" Zunächst liegen bereits Anträge vor, in den Gesezentwurf die Kanalisierung der Lippe, der Mosel , Saar und Lahn mit auf­aufzunehmen. Ferner find zu erledigen die Fragen der Einführung eines staatlichen Schleppmonopols auf der neuen Wasserstraße, der Einführung von Abgaben auf den regulierten Strömen, der Ge­währung eines weitgehenden Enteignungsrechtes betreffs des an den Kanal angrenzenden Geländes, der Einführung eines wasser­wirtschaftlichen Beirates, und endlich die Frage der Einführung des förmlichen Verfahrens zur Feststellung derjenigen Maßnahmen, welche vom Staate zur Verhütung von Beschädigungen der be­nachbarten Grundstücke und im öffentlichen Interesse an treffen sind."

In der Dienstags- Sigung der Kommission gab Minister v. Budde zunächst zahlen über die Verkehrssteigerung im rheinisch- westfälischen Industriebezirk. Dann fand eine lange Geschäftsordnungs- Debatte statt, ob die Beratung in der vom Abg. Am Zehnhoff beantragten Reihenfolge vor sich gehen soll. Von nationalliberaler Seite wurde die Befürchtung ausgesprochen, es könnte die Beratung über die An­träge Am Zehnhoff die Verhandlungen zu sehr in die Länge ziehen. außerdem ständen diese Dinge, z. B. die Abgaben auf den Strömen, mit dem Sanal in feiner notwendigen Beziehung. Die Kommission nahm aber den vom Abg. Am Behnhoff vorgeschlagenen Gang der Verhandlungen an und verwarf auch den von freifinniger Seite ge­machten Borschlag, wenigstens die Debatte über die Abgabenerhebung auf den Strömen an den Schluß zu feßen.

Sodann ersuchte der Minister für öffentliche Arbeiten im Auftrage des Reichskanzlers die Mitglieder der Kommission, die Verhandlungen über diesen letteren Punkt als vertraulich anzusehen, da auch das Ver­hältnis zu anderen Staaten in Betracht täme. Sodann entwickelte der Referent Abg. Dr. Am Behnhoff ausführlich die Vorzüge des staat­lichen Schleppmonopols. Ein Bundesverhältnis von Eisenbahn und Kanal fei für beide nüßlich, da dann die Konkurrenz wegfiele, beide vielmehr ein Interesse daran hätten, sich gegenseitig zu fördern. Ferner fönne der Staat durch die Tarifgestaltung den Ausgleich wirtschaftlicher Verschiebungen herbeiführen. Dem Auslande gegenüber könnten die Tarife wie ein Schutzzoll wirken. Es ließe sich allerdings auch mit den Kanalabgaben viel machen; aber bei diesen ließen fich feine Nüanzierungen vornehmen, da man nur drei Klassen habe. viel wirksamer fei die Tarifgestaltung, wenn die Schleppgebühren hinzufämen. Die Frage werde auch nicht sein, ob Monopol oder nicht, sondern ob staatliches Monopol oder das Monopol der Zechen