seines Gepäcks auf 22S Mar! angab. Nach längeren Verhandlungenersetzte der Beamte schließlich den Verlust mit 150 Mark, worauf sichder Bootsmann neu einkleidete und schleunigst auS Ketzin verduftete,nachdem er zuvor noch den Schiffseigner um 10 Mark angeborgthatte. Es hat sich nun herausgestellt, daß der angebliche Straußein ganz geriebener Schwindler und wahrscheinlich mit einem SchifferAlbert(oder Alex) Schmidt aus Fichtenwerder identisch ist.Neber eine Braudknwstrophc, bei welcher ein junges Brautpaarseinen Tod erlitten hat, wird nachträglich folgendes gemeldet: DerGastwirt Lange aus der Landsberger Allee 104 ist Generalpächterdes an diesem Straßenzuge gelegenen, den Bötzowschen Erben ge-hörigen Geländes, auf welchem eine Laubenkolonie„Feldschlößchen"sich befindet. Schon seit mehreren Jahren gehörte zu den Unterpächterndes Terrains der 32 jährige Monteur Wilhelm T o r n o w, Engel-Ufer 13 wohnhaft, welcher sich eine sogenannte verschließbareWinterlaube gebaut hatte. Diese Laube war wohnlich ein-gerichtet, mit Sofa. Tisch, Petroleum- Hängelampe, Petroleum-kocher usw. ausgerüstet, so daß T. auch nachts dort verbleibenkonnte. Am Sonntag hatte er sich mit seiner Braut, der23jährigen Tochter Emma der Grünkramhändlerin Walter, nachder Kolonie Feldschlößchen begeben und das Paar schloß sich in derLaube ein. Gegen 7 Uhr abends wurden die Gäste des LangeschenLokals plötzlich dadurch erschreckt, daß ein Mann blutüberströmthereingestürzt kam und mit dem Rufe:„Rettet meine Braut" zu-sammenbrach. Es war Tornow. Dem Unglücklichen waren dieHaare vom Kopf gebrannt, Gesicht, Brust und Arme bildeten eineeinzige Brandwunde und die Kleidung hing ihm in Fetzen vomLeibe. Mehrere Personen eilten nun nach der T.schen Laube, wosich ihnen ein grauenhafter Anblick bot; die Tür derselben war ver-schlössen, dagegen die Rückwand zertrümmert. In der Laube aufdem Sofa lag unbekleidet, der ganze Körper mit Brandwundenbedeckt, Fräulein Walter. Der Petroleumkocher wie dieHängelampe waren zertrümmert, Glassplitter und Eisenteilelagen zerstreut auf dem Boden und Tisch umher. Wie dieWalter noch anzugeben vermochte, hatte sie den Petroleum-kocher auf den Tisch gestellt, um Kaffee zu bereiten, als plötzlich derKochapparat explodierte. Die brennenden Petroleummassen spritztenin der Laube umhrr und brachten auch die Petroleumlampe zurExplosion. Die beiden Personen wurden von der brennendenFlüssigkeit überschüttet und entsetzlich zugerichtet. Die Verunglücktenwurden nach dem Krankenhause Friedrichshain gebracht, woselbst dieWalter, der die Kleider buchstäblich vom Leibe heruntergebranntwaren, schon am darauf folgenden Tage starb. Tornow ist amDienstag seinen furchtbaren Leiden erlegen. In der Laube ivurdevon der Polizei ein photographischer Apparat und Magnesiumpulveraufgefunden und beschlagnahmt. Es erscheint nicht ausgeschlossen,daß die Explosion bei einer Blitzlichtaufnahme verursacht worden ist.Tödlicher Absturz vom Dache. Ein schweres Unglück ereignetesich gestern Freitag nachmittag um 4 Uhr auf dem Grundstück Oranien-straße S2 am Moritzplatz. Zwei Gesellen des DachdeckermeistersHeise aus der Schlesischenstraße hatten den Auftrag, an den Schorn-steinen des fünfftöckigen Ouergebäudes des obengenannten HausesAusbesserungen vorzunehmen und gleichzeitig die alten Laufbretteraus dem Dache zu erneuern. Die beiden Arbeiter hatten am gestrigenTage die schützenden Laufbretter abgenommen und nach dem Hofehinuntergelassen, ohne sich jedoch anzuseilen. Dagegen hattensie zu ihrer Sicherheit Taue an den Schornsteinen befestigt,welche zum Herablassen der Laufbretter dienten und ihnengleichzeitig einen Stützpunkt gewährten. Um 4 Uhr wolltendie beiden Männer ihre Kaffeepause antreten, doch in demMoment, in welchem sich der 33 jährige Dachdeckergeselle Rolf nachder Dachluke begeben wollte, glitt er aus und stürzte in die Tiefe.R. versuchte sich an einem Seil festzuhalten, dieses entglitt jedochseinen Händen. Dem Unglücklichen gelang es zwar, sich an demDraht einer Fernsprechleitung, die unterhalb der Dachrinne an demHause entlang ftihrte, anzuklammern, die Leitung aber riß und R.fiel auf den asphaltierten Hof hinab; er erlitt außer schwereninneren Verletzungen eine Schädelzertriimmerung. Der Verunglücktewurde nach der Unfallstation in der Alexandrinenstraße gebracht,verstarb jedoch vor seiner Einlieferung dortselbst.Ein alter Kontoreinbrcchcr, der längere Zeit den Südosten derStadt unsicher machte, wurde in der Nacht zum Freitag festgenommen.Ein Herr L. sah. wie sich ein Mann aus dem Hofe des GrundstücksElisabethstr. 10 zu schaffen machte und über ein einsames Gitternach dem Nebengrundstück hinüberstteg, auf dem eine Knopffabrikliegt. Er benachrichtigte den Fabrikbesitzer, suchte mit ihm dasGrundstück ab und fand hinter einem Bretterstapel den SchlosserRudolf Wiedemann, der mit einem scharf geladenen Revolver derDinge wartete, die da kommen sollten. Bevor er von seiner WaffeGebrauch machen konnte, war der Eindringling überwältigt und nachder Revierwache gebracht, von wo er der Kriminalpolizei zugeführtwurde. Diese entlarvte ihn als den lange gesuchten Einbrecher, denSchrecken der Fabrikanten im Südosten. Wiedemann bestritt alles,was man ihm zur Last legte. Auf dem Grundstück, Ivo man ihnergriff, habe er keineswegs stehlen, sondern nur übernachten wollen.Man fand aber bei ihm so viel gestohlene Sachen, daß man ihmzwölf Einbrüche in der Oranienstraße und Umgebung bereits nachweisen konnte. Einen großen Vorrat besaß der Einbrecher anWechselstempel« und Jnvalidenmarken, die er in dem erbrochenenFabrikkontor erbeutet hatte. Auch Ouittungskarten und Arbeitsbücherbesaß er in großer Zahl. An Einbruchswcrkzeugen fand man beiihm u. a. eine schöne Brechstange, die ihm aber durch eine Schartein einem Falle zur Verräterin wurde. Ein Abdruck der Stange mitder Scharte fand sich nämlich an allen Türen und am Pult einesKontors in der Oranienstr. 188, das erst in der Nacht zum ver-gangenen Sonntag erbrochen wurde. Trotz seines Leuguens wurdeWiedemann in Untersuchungshaft genommen.DaS rätselhaste Verschwinden des Handlungslehrlings HugoAlexander, nach dessen Verbleib die Kriminalpolizei sowie die An-gehörigen bereits zwei Monate hindurch vergeblich geforscht haben,ist jetzt endlich aufgeklärt worden. Vor einigen Tagen traf bei demLehrherrn des Vermißten, dem Kolonialwarenhändler Goldschmidt,Kochstr. 1, ein Schreiben ein, in dem Alexander um postlagerndeZusendung seiner Papiere bat. G. setzte die Kriminalpolizei vondem Schreiben in Kenntnis, und als der Lehrling gestern auf demPostamt 112 erschien, wurde er durch einen bereitstehenden Beamtenfestgenommen. Auf der Revierwache gab der lange Vermißte an,daß er verführt worden sei. Wer der Verführer ist und zu welchemZweck er den Lehrling weggelockt hat, darüber hüllt sich Alexanderin Schweigen.Bei der Arbeit tödlich verunglückt ist gestern nachmittag um2 Uhr der 33 Jahre alte Fensterputzer Robert Sokol auS der Grün-thalerstr. 34. Sokol sollte in der Brauerei Friedrichshain die0 Meter hohen nach dem Asphaltpflaster des Hofes liegenden Fensterdes Konzertsaales reinigen. Während er auf dem Fenstersims stand,verlor er das Gleichgewicht und stürzte rücklings auf den Hof hinab,so daß er gerade mit den, Hinterkopf auf das Pflaster aufschlug.Der Verunglückte, der kinderlos verheiratet war, blieb auf der Stellemit gebrochenem Schädel tot liegen. Ein Arzt konnte nur noch fest-stellen, daß der Tod eingetreten war.Feuerbericht. In der Nacht zum Freitag wurde die Wehr nachnach der Holzmarktstr. 4 genifen, weil dort in der Durchfahrt desHauses die Gasleitung undicht geworden war und das ausströmendeGas sich entzündet hatte. Die Gefahr konnte leicht beseitigt werden.— Zur selben Zeit gingen in der Heinersdorferstr. 19 Möbel undKleidungsstücke in einer Wohnung in Flammen auf, während in derSkalitzerstr. 30 allerlei Verpackungsmaterial brannte.— In derSchwedenstr. 19 war durch die Explosion eines PetroleumbehältcrsFeuer ausgekommen, das einen größeren Umfang anzunehmendrohte. Der 16. Löschzug war indes schnell zur Stelle und konntedie Flammen in kurzer Zeit ersticken.— Wäschestücke und Decken warenin der Andreasstr. 11 in Brand geraten.— Die übrigen Alar-mierungen, die noch in den letzten 24 Stunden einliefen, warendurchweg auf ganz unbedeutende Anlässe zurückzuführen.Zirkus Busch. Eine der merkwürdigsten Erscheinungen in demreichen Programm des Zirkus Busch ist ohne Zweifel der norwegischeRittmeister Herr Grimsgaard, der nicht allein ein vorzüglicher Schul-reiter, sondern auch Erfinder einer neuen Zügelführung ist, die dasPferd vor der Tortur der eisernen Gebißstange bewahrt und ausdiesem Grunde vollste Beachtung aller Hippologen wohl verdient.Der Genannte, ein von Hause aus begüterter Herr, bezieht imZirkus Busch keinerlei Honorar; nur dem Wohle der Kreatur geltenseine interessanten Demonstrationen.Theater.„Simone" heißt eine neue Ballett-Pantomime, welcheam Montag im A p o l l o- T h e a t e r die Erstaufführung erlebt.Die Musik ist von Marquis de Dorval und die Einstudierung hatBallettmeister Emil Burlo ig übernommen.— Im Schiller-Theater N.(Friedrich- WilhelmstädtischeS Theater) wird dasLustspiel.Die Tyrannei der Tränen" von C. HaddonChambers, deutsch von Berta Pogson, heute Sonnabendgegeben. Das Stück ist bisher nur den Besuchern desSchiller-Theaters O.(Wallner- Theater) geboten worden.—National-Theater. Sonnabend geht„Zar und Zimmermann"mit Herrn Mantler als van Bett in Szene. Am Totensonntagwird„Traviata" mit Fr. Prevosti in der Titelrolle zum erstenmalewiederholt. Heinrich Bertö, der Komponist der Operette„DieMillionenbraut", die Anfang Dezeniber im Nattonal-Thealer zurAufführung gelangt, ist bereits in Berlin eingettoffen und nimmtan den Proben teil.— Im Deutsch-An, erikanischenTheater ist Dienstag die Premiere von Adolf Philipps„NewJork".— Jm Metropol-Theater wird Sonntag abend dasVoUsstück„Therese KroneS" gegeben.flus den Nachbarorten.Nieder- Schönhansen. Bei der Gemeinderatswahl am Donners-tag ist es unseren Parteigenossen leider wieder nicht gelungen, ihrenKandidaten durchzubringen. Zehn Minuten vor Schluß des Wahl-aktes standen sich die beiden Gegner mit gleichen Stimmenzifferngegenüber. Da setzten die vereinigten bürgerlichen Parteien ihrenSchlepperdienst in Tätigkeit. So kam es, daß der bürgerlicheKandidat mit 110 Stimmen über unseren Kandidaten, der97.Stimmen erhielt, siegte.— Erwähnt sei noch, daß diesmal— zum erstenmal in Nieder- Schönhausen— ein Parteigenosse imWahlbureau saß.Sittliche Ausschreitungen eines Gendarmen, der den Aus-Wanderer- Bah n Hof in Ruhleben zu überwachen hatte,sind augenblicklich Gegenstand einer Disziplinar-Uutersuchung. Der„Anz. f. Havell." weiß hierüber zu berichten:„Unliebsame Vorgänge auf dem Answanderer-Bahnhof inRuhleben bilden den Gegenstand einer Untersuchung, die gegenden Gendarmen, der dort den Sicherheitsdienst versieht, eingeleitetworden ist. Es ist gegen ihn Anzeige erstattet worden, daß er grobeUngehörigkeiten gegenüber weiblichen Auswanderern begangenhaben soll. Nachdem schon vor längerer Zeit gegen ihn bei derdirekten vorgesetzten Behörde eine Beichwerde eingereicht worden,der anscheinend keine Folge gegeben wurde, ist darauf eine bezüg-liche Eingabe an de» zuständigen Minister gerichtet worden. EinOffizier der Gendarmerio-Brigade in Berlin verhörte am Dienstagin dieser Angelegenheit eine Anzahl Zeugen in Spandau, meistBeamte und Bedienstete in Stuhleben."Auf den Ausgang dieser Untersuchung darf man gespannt sein;wir wollen einstweilen weitere Bemerkungen aufsparen.Zum Tode dcS Amtsanwalts Göhring in Spandau wird unsgeschrieben: Mit dem so plötzlich dahingerafften Amtsanwalt isteiner der verbissensten Sozialistenfresser aus dem Leben geschieden.So manche böse Erfahrung haben organisierte Arbeiter, die wegenStreik- oder ähnlicher Vergehen vor dem Schöffengericht sich zu verant-Worten gehabt haben, mit dem Amts anw alt Göhring machen müssen;dieser schwelgte förmlich im Anblick seiner Opfer, und seine«wuch-tigen" und„niederschmetternden" Anklagereden, von denen der„Vorwärts" in früheren Jahren so manche nette Stilprobe gebracht.wurden jedesmal von den drakonischen Strafen gekrönt, die er inAnttag brachte, und die zuweilen selbst am Richtertische ein ver-wundertes Kopfschütteln hervorriefen. Ende der neunziger Jahreamtierte an, Spandauer Schöffengericht„och der bekannteAmtsrichter Grodtko, der durch eine große Anzahl„Vorwärts"-Berichte über sein sozialistcntöterischeS Wirken zu großer Berühmtheitgelangte. Im Zusammenwirken mit diesem konnte Göhring seinemTatendrange voll und ganz die Zügel schießen lassen, nur hatten erund Grodtke oft genug das Pech, daß das Berufungsgerichtdie schöffengerichtlichen Urteile korrigierte. Es hagelte aberdamals schwere Gefängnisstrafen auf Spandauer Arbeiter;bekannt wurde Göhring insbesondere auch durch einen Aus-fall, den er sich gegen einen sozialdemokrattschen Stadt-verordneten herausnahm, indem er demselben die moralischeOualifikatton zur Ausübung des Stadtverordneten-Mandats mitverletzenden Worten absprach, weil-- derselbe einen städtischenNachtwächter beleidigt haben sollte, weshalb er auch unter Anklagestand. Während aber sein Freund Grodtke bald AmtSgcrichtsrat,dann Landrichter wurde und nach Berlin versetzt wurde, bliebendie ordnungsretterischen Taten des Herrn Göhring u n belohnt, erstarb als simpler Amtsanwalt.In der Geschützgießerei zu Spandau wurde am Dienstag einemDreher durch einen ca. 40 Zentner schweren Stahlblock, der auf ihnstürzte, der rechte Fuß zermalmt. Erst mit Hülfe eines schnell herbei-geschafften Krahnes konnte der Verunglückle aus seiner gräßlichenLage befteit werden; man schaffte ihn alsdann nach dem Kranken-hause.Lichtenberg. Im Hause Dorfstr. 105 beim Fuhrherrn Klichehaben Diebe am Bußtage reiche Beute gemacht. Zwischen 8 und9 Uhr abends sind sie durch ein vorher zertrümmertes Küchenfenstereingestiegen und aller Wahrscheinlichkeit nach auf demselben Wegespurlos entkommen. Dreihundert Mark in barem Gelde und zweiSparkassenbücher über 1000 und 300 M. sowie einen Winterüber-zieher und einen Anzug haben die unheimlichen Gesellen mitgehenheißen. Die Kassette, die zur Aufbewahrung diente, ist gestern mitden beiden Sparkassenbüchern und einem Hundertmarkschein an derKrugstege und der Ueberzieher am selben Tage in der Dottisttaßeaufgefunden worden. D,e 100 M. dürfte der Dieb übersehen haben.— Der junge Taugenichts, Tischler Stapelberg, von dem wir kürz-lich berichteten, er habe die 7 und 9 Jahre alten Mädchen desArbeiters P. fortgesetzt mißbraucht, ist nun zu 9 Monaten Gefängnisverurteilt worden. Der Staatsanwalt hatte l'/z Jahre Beantragt.Lichtenberg. Die Gemeindeverttetung stimmte in ihrer letztenSitzung einem Vorschlage des Gemeindevorstandes zu, nach welchemdie technischen Beamten während der Ausübung ihres Dienstes gegenUnfälle zu versichern sind. Dem Entwurf einer Polizei-Verordnung und einer Gebührenordnung betr. das D e s-infektionswesen stimmte die Vertretung zu. Unsere Genossenbeantragten Gebührenfteiheit. fanden aber bei der Mehrheit keineGegenliebe. Auch ein Eventtialantrag aus unseren Reihen,Gebühren erst bei einer Steuerveranlagung von 3000 M, an inAnsatz zu bringen, wurde abgelehnt, nachdem einer, der es wissenmuß, erklärt hatte, solche Einkommen würden in Lichtenbergnur ganz vereinzelt versteuert. Ein Schulgrundstückin dem Ortsteil vor der Ringbahn zu erwerben, wirdder Gemeinde innner mehr erschwert. Die Vertretung beschloß, dasschon so oft in Aussicht genommene Limprichtsche Grundstück an derScharnweberstraße zum angebotenen Preise von brutto 550 M. proOuadratrute zu erwerben.' Der Gemeindevorsteher mußte aber nochin derselben öffentlichen Sitzung erklären, daß der Verkäufer soebenseine Offerte zurückgezogen habe; die Schröpftmg der Gemeindekann also ihren Fortgang nehmen. Bezeichnend für die Situattonist die in der Kommission von einem Schöffen gelegentlich der Be-sprechung der eingegangenen Offerten aufgeworfene Frage:„DieGrundstücksbesitzer sind wohl verrückt geworden, daß solche Preisegefordert werden?" Das Ortsstatut betreffend das zu errichtendeKaufmannsgericht wurde in der Fassung angenommen,wie es von der Kommission borgeschlagen und bereft#an dieser Stelle gekennzeichnet worden ist. Alle Anträgeunsrer Genossen, die den Entwurf zu verbeffern bestimmt waren,wurden einfach niedergestimmt; als einzige Verbesserung wäre zuverzeichnen, daß die Vorschlagslisten(freie und verbundene Listen),anstatt von zehn von fünf Wählern, gestellt gültig sein sollen.Bemerkenswert wäre das allerdings vergebliche Bemühen deSFührers der„Liberalen", unsere Genossen in dem Verlangen zuunterstützen, daß der Wahltag ein Sonntag sein soll.„Die Wahlen,für die man eine Beteiligung der Wähler wünscht, müssen so günstigals möglich in bezug auf Zeit und Tag angesetzt werden und derSonntag ist ohne Zweifel der günstigste Tag I" Unsere Genossenwerden sich dieser Worte erinnern.— Zimmermeister Lehne wurdemit 15 von 21 Stimmen(vier fielen auf unseren Genossen Grauer)auf weitere sechs Jahre zum Schöffen gewählt. Die Baufluchtlinieder Krugstege wurde nach dem Vorschlage des Gemeindevorstandcsabgeändert.Flegeleien, gegen einen Schularzt. Kürzlich teiltenMir mit, daß„ach den Untersuchungen eines Schularztes inSchöneberg von den in dortigen Schulen unterrichteten Kindern30,3 Prozent regelmäßig Bier und 30,9 Prozent gelegentlichsonstige geistige Getränke zu sich nehmen. Diese Untersuchungenhaben dem erwähnten Schularzt eine Denunziation eingetragen.Der Bürgerverein und der Restaurateurverein am Ort sindwegen der Untersuchungen und ihrer Verwertung bei derKommunalbchörde vorstellig geworden, und die Stadt-verordneten-Versammlung soll sich nächsten Montag, wie unsgemeldet wird, mit dieser Beschwerde beschäfttgen. Das kannheiter werden. Was mag aber die volksfeindliche Presse zudiesem Fall sagen? Wie bekannt, gehört zum eisernen Be-stand dieser Presse die Lügenmär, daß nicht die Reaktion.sondern die Sozialdemokratie an der Erhaltung der Schnaps-pest ein Interesse habe.Gerichts-Leitung.Ein kleiner„Harmlosenprrzeß" gelangte gestern in dem kleine»Schwurgerichtssaal zur Verhandlung. Da außer fünfzehn Ange-klagten noch über 30 Zeugen geladen waren, reichte der Sitzungssaalder zweiten Strafkammer des Landgerichts II, vor welcher die Ver-Handlung stattfand, nicht aus. Auf der Anklagebank mutzten Platznehmen: 1. der Schankwirt Ludwig Dohrmann, 2. der Kön-ditoreibesitzer Hermann Schwarz, 3. der Schankwirt HeinrichT a e g e r> 4. die Schcmkwirtin Margarete K n a u t h, 5. der Schcmk-Wirt Johannes Günther, 6. der Kellner Hermann F i e ck. DieseAngeklagten waren des Duldens von Glücksspielen bezichttgt. Fernerhatten sich wegen gewerbsmätzigen Glüch'piels zu verantworten:der Arbeiter Karl P ä tz o l d t, der Kaufmann Kasimir P a j d e r s k y/der Tischlergeselle Stanislaus Kodaczewsky, der SchlächterJosef S i k o r r a, der Schreiber Karl N e h r i n g, der EisendreherWilhelm Ohme, der Töpfer Ernst Fredersdorf, derZigarrenhändler Johann W i l c z o k und der Friseur JosefS t y c z y n s k y.— Den Vorsitz führte Landgerichtsdirettor Laufter,die Verteidigung lag in den Händen der Rechtsanwälte S ch w i n d t.C z a ch und Hein e. Die des Duldens von Glücksspielen ange-klagten Gastwirte waren in den Jahren 1902 und 1903 Inhaber undLeiter einer Reihe in Charlottenburg gelegener Schanklokale.Durch verschiedene Anzeigen an die Kriminalpolizei wurde diese davonin Kenntnis gesetzt, datz sich in diesen Lokalen ein kleiner„Harmlosen-Klub" gebildet hatte, der aus den jetzigen neun Mitangeklagten be-stehe. Die angestellten Ermittelungen führten z,i der vorliegendenAnklage. Nach dieser wäre in den verschiedenen Lokalen der Ange«klagten ständig gespielt, und zwar Hazardspiele getrieben worden.wie„Meine Tante, deine Tante",„Pocker".„Vierblatt",„SchlesischeKartenlotterie".„Goldene Sechs".„Ober- oder Unterspree" undandere. Dies soll auch unter den Augen der Gastwirte geschehen sein,lvas die Angeklagten jedoch bestreiten. Wie die Anklagebehörde be-hauptet, wäre sogar in dem von F i e ck geleiteten„Kasino" in einerdurch Portieren abgeschlossenen Nische gespielt worden. Das Klapperndes Geldes und das Zanken der Spieler wäre öfter bis in daseigentliche Lokal gedrungen.— Die ständigen Teilnehmer an diesen„Harn, losen" Vergnügungen waren die neun Mitangeklagten, welchefast sämtlich keine feste Beschäftigung hatten. Trotzdem besatzen sieimmer Geld. Die wegen gewerbsmätzigen Glückspiels Angeklagten be-streiten ebenfalls, sich irgendwie schuldig gemacht zu haben. Nachder Anklage beweise jedoch schon ihr ganzes Vorgehen, datz es sich umgewerbsmätzige Spieler handele. Die Angeschuldigten hätten sich ge-wohnlich zu kleinen Gruppen zusammengeschlossen und dann„Gimpel"eingeladen. Um diese nicht argwöhnisch zu machen, betraten sie dasbetreffende Lokal einzeln. Vorher pflegten sich die Angeklagten durchharmlose Fragen zu vergewissern, ob die Spieler, welche gerupftwerden sollten, auch genügend Geld bei sich hatten. Bei dem Spielselbst hätten nntunter mehrere der Angeklagten gemeinsam die Bankgehalten und sich späterhin den Gewinn geteilt. Der AngeklagteNehring soll häusig Schlepperdienste geleistet haben, um die„Gimpel'"heranzuholen. Ferner spräche es erheblich dafür, datz es sich mn ge»wcrbsmätzige Spieler handele, datz die Angeklagten schon lange alssolche der Polizei bekam, t waren.— Von den Verteidigern war einmnfangreicher Entlastungsbeweis angetreten, welcher mehrere Stunde«in Anspruch nahm.Nach Schluh der Beweisaufnahme beantragte der StaatsanwaltMichaelis, von den Gastwirten nur die Angeklagten Schwarz undGünther freizusprechen, dagegen T a e g e r zu 300 M., Dohr-mann zu 509 M., Fieck zu 109 M. und Frau Knauth zu50 M. Geldstrafe zu verurteilen. Gegen die gewerbsmätzigen Glücks.spieler beantragte der Staatsanwalt Gefängnisstrafen von 4 Monaten(für Styczynsky), bezw. 3 und 2 Monaten und daneben Geldstrafenin Höhe von 590, 400 und 300 M.Rechtsanwalt Dr. S ch w i n d t trat nachdrücklichst für die Frei-sprechung des Angeklagten Dohrmann ein. indem er ausführte.datz diesem ein Dulden von Glücksspiel in keiner Weise nachgewiesensei. vielmehr feststehe, datz dieser alles getan habe, um das Spielenin seinem Lokale zu verhindern und schlietzlich die Spieler vollständiglos zu loerden.Rechtsanwalt Heine beantragte für den Angeklagten Si-k o r r a die Freisprechung eventuell mildere Strafe.Ter Gerichtshof verkündete nach etwa einstüudiger Beratung inspäter Abendstunde folgendes Urteil: Von den angeklagten Gastwirtenwurden Schwarz und Günther freigesprochen; Dohrmannund T a e g e r wurden zu je 3 0 M., Frav K n a u t h zu 10 M.und Fieck zu 20 M. Geldstrafe verurteilt. Von den Spielernwurden ebenfalls Nehring, Fredersdorf und W i t c z o kfreigesprochen. Die Angeklagten Pajdersky und Ohme wurdenzu je 1 Woche. Kodaczewsky und S i k o r r a zu je2 Wochen. Styczynsky zu 3 Wochen und Patzoldt zueinem Monat Gefängnis verurteilt. Da �fich letzterermehrere Monat in Untersuchungshast befand, wurde die'Strafe alsverbüßt erachtet.Eine die Nähmaschinenfabrikanten interessierende Strafsache be-schäftigte gestern während des ganzen Tages die zehnte Strafkammerdes Landgerichts I, die im grotzen Schwurgerichtssaal tagte. Auf derAnklagebank satzen 6 Personen, und zwar: 1. der Spediteur EmilR e i w a l d. 2. der Pfandleiher Bernhard V a n s b u r g e r. 3. derPfandleihcr Siegmund E b e n st e i„, 4. der Pfandleiher BernhardLipkowitz. 5. der Pfandleiher Moses Grünbcrg. 6. derKaufmann Hermann Meyer. Reiwald, Lipkowitz und Meyerwurden beschuldigt, den Tätern einer Unterschlagung durch Rat undTat wissentliche Hüls- geleistet zu haben; die Angeklagten Vans.buraer. Ebenstein. Grünberg und Meyer hatten sich wegen Be-günsngung zu verantworten. Dem Angeklagten Reiwald standJustizrat Dr. S c I l o zur Seite, die Verteidigung der angeklagtenPfanoleiher führten die Rechtsantoalte Dr. Werthauer.S ch m u l e w i tz und Justtzrat Wronker.— In der Sachehandelt es sich um folgendes: Tie Nähmaschinenfabriken werden»