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Nr. 178.

Erscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart,

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Vorwärts

9. Jahrg.

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Gernsprech- Anschlug 3mt 1, Nr. 4186.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Abonnements- Einladung.

Dienstag, den 2. August 1892.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

sondern in hohem Grade das, was bei richtiger Anwendung des Wortes unter Realpolitik zu verstehen ist.

der einen oder anderen Weise die Staatsgewalt in Anspruch genommen wird. Das gilt z. B. in hervorragendem Maße von fast allen Forderungen des Arbeiterschutzes, von unserer Es ist wahr, der Erfurter   Kongreß hat bei der Pro­Bum Monatswechsel eröffnen wir ein neues Abonnement Forderung der Erweiterung und Unentgeltlichkeit der Volts grammberathung die Einreihung eines besonderen Passus auf den schule und der an sie anschließenden obligatorischen Bildungs- gegen den Staatssozialismus abgelehnt. Aber dies geschah anstalten, nach Unentgeltlichkeit der Rechtspflege 2c. 2c. 2c. in der Erwägung, daß eine solche rein negative Erklärung Sind diese Forderungen deshalb, weil sie die Mitwirkung schon deshalb nicht ins Programm gehöre, weil dieses a II­des Staates in sich begreifen, solche, die man ganz wohl gemeine Grundsähe zum Ausdruck bringt, nicht aber als staatssozialistische bezeichnen tann"? Oder soll dies sich mit Erscheinungen beschäftigt, deren besonderer Charakter

Vorwärts"

Berliner Volksblatt

mit der illustrirten Sonntagsbeilage

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von den Steuerreformen gelten, die unser Programm ver- durch bestimmte Zeitverhältnisse bedingt ist. Wir hätten langt, oder gar von dessen politischen, auf Wahlrecht 2c. uns, wenn wir eine besondere Erklärung gegen den Staats­sich beziehenden Forderungen? Wir müßten das Letztere sozialismus hätten aufnehmen wollen, auch über andere voraussetzen, denn von allen Forderungen unseres Pro- Strömungen der Zeit, die sich mit unserer Bewegung gramms, auf die die Bezeichnung als Maßnahmen zur kreuzen, aussprechen müssen, und dies unter genauer Dar­stufenweisen Anbahnung einer besseren Gesellschafts- legung der Gründe unseres derzeitigen Widerspruchs. Dazu Organisation" allenfalls paßte, sind fünf Sechstel oder aber ist ein auf weite Beit hinaus bestimmtes Programm mehr politischer Natur. Und dies mit Recht, da die nicht da.

Vorbedingung der von uns angestrebten gesellschaftlichen Wir sind keine Antistaats- Fanatiker. Wir wissen, daß Umgestaltung die Stärkung des politischen Einflusses der man den Staat nicht von heute auf morgen abschafft, Arbeiterklasse, die Demokratifirung des öffentlichen Lebens daß der Staat überhaupt nicht abgeschafft" wird, sondern nur sehr bedingt unter die obige Rubrit gestellt werden. Die Menschen einmal dahin gelangt find, ihre Verhältnisse entgegen.( Eingetragen in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 Sie beziehen sich in erster Reihe auf Besserstellung der Ar- so zu regeln, daß jede die Gesellschaft beherrschende Autorität beiter in der heutigen Gesellschaft oder möglichste Ver- überflüssig wird. Schon deshalb wäre ein Aussprechen gegen hinderung gewiffer, der Arbeiterklasse schäolicher Wirkungen den Gedanken des Staatssozialismus an sich ein Unding des kapitalistischen   Wirthschaftssystems. Mit alledem hat gewesen. Aber zwischen der Ablehnung einer solchen Er­

2,20 Mark für die Monate August und September it. Unſere wirthschaftlichen Forderungen dagegen können eines Tages ſein natürliches Ende erreichen wird, sobald

unter Nr. 6652.)

Die Redaktion und Expedition des

Vorwärts" Berliner Volksblatt. Der eigentliche Statsjozialismus, nur insoweit zu thun, als klärung und dem Vollmarischen Versuch, die Partei vor

Die Sozialdemokratie

und der Staatssozialismus  .

II. Der Staat und der Sozialismus.

( Schluß.)

er die Arbeiterklasse mit der gegenwärtigen Wirthschafts- den staatssozialistischen Wagen zu spannen, ist ein gewaltiger ordnung zu versöhnen sucht und in dieser Hoffnung manche Unterschied. Wer das Erfurter Programm mit den früheren der betreffenden ökonomischen Reformen unterstützt. Programmen der deutschen   Sozialdemokratie vergleicht, der

Das thun aber auch Leute, die im Uebrigen nichts wird alles andere darin finden, als eine Annäherung an weniger als Freunde staatssozialistischer Experimente den Staatssozialismus. Es zeichnet sich vielmehr grade find, Den Normal- Arbeitstag, das Verbot der Nacht- dadurch vor ihnen aus, daß die Forderungen, die es an arbeit für Frauen und Minderjährige, die Unterdrückung den bestehenden Staat stellt, ausschließlich solche sind, welche gewisser schädlicher Fabrikationsarten, die obligatorische die heutige, kapitalistische Gesellschaftsordnung voraussetzen, Wenn nun der Staatssozialismus als solcher seiner Unfallversicherung zc. als Annäherung an den Staats- daß es von ihm keinerlei Verwirklichung des Sozialismus Tendenz nach antisozialdemokratisch ist, so ist damit noch Sozialismus zu bezeichnen, mag im Interesse der Anwälte verlangt. Vollmar wird nun sagen, es sei Uebertreibung, nicht gesagt, daß eine jede staatssozialistische Maßregel anti- des Letzteren liegen, im Interesse der Sozial­ihm vorzuwerfen, daß er die Sozialdemokratie vor den fozialdemokratisch wirken muß. Etwas anderes sind die Ab- de mofratie liegt es sicherlich nicht. sichten, welche die Parteien mit bestimmten Neuerungen ver­Ein altes Sprichwort sagt: Wer wohl unterscheidet, staatssozialistischen Wagen zu spannen suche, und sich binden, etwas anderes die Wirkungen dieser Neuerungen. erklärt gut." Niemand hat mehr Ursache, dies zu beherzigen, auf seine Kritik des offiziellen Staatssozialismus unter Es hängt das schließlich von der Art derselben und den als unsere Partei. Beruht doch unsere Stärke gerade in Bismarck und dem jetzigen deutschen   Regime berufen. Wir souftigen Umständen ab. Hier indeß eine Bemerkung: der Schärfe, mit der sich die Massen des Gegensatzes be- wollen auch annehmen, daß ihm eine solche Absicht bei Ab­Es heißt in dem zitirten Vollmar'schen Aufsatz: jedenfalls wünschen wußt find, welcher zwischen unsern Bestrebungen und denen faffung seines Artikels ferngelegen- " Werden doch im Gegentheil eine Reihe von Maßnahmen der um ihre Gunst sich bewerbenden bürgerlichen Parteien wir durchaus nicht, ihm etwas unterzuschieben, was er nicht zur stufenweisen Anbahnung einer besseren Gesellschafts- besteht. Das Verwischen dieses Gegensages gesagt. Aber wenn er sich auch nicht ausdrücklich für die Organisation von uns angestre bt und schließlich mitbeschlossen kann heute, wo die Schlagworte Sozial- Unterstützung des heutigen Staatssozialismus ausgesprochen, werden, welche man ganz wohl als staatssozialistische bezeichnen Reform und Staatssozialismus  " immer so ist dies doch die nothwendige Konsequenz tann."( Im französischen   Text: que l'on peut bien consi- mehr Mode sache werden, nur der Demagogie feines Artikels. Eine einzige Frage wird dies flar dérer comme se rattachant au socialisme d'Etat.) der Gegner Vorschub leisten, sowie bei neustellen. Wie, wenn der neue Kurs" einem neuesten", der

"

Es ist bedauerlich, daß Vollmar diese Maßnahmen nicht auftauchenden sozialpolitischen Projekten Sozialdemokratie fich weniger schroff gegenüberstellenden genauer bezeichnet hat; es würde dies die Diskussion un- in unseren eigenen Reihen Berwirrung Play machte? Wie wird sich Vollmar alsdann zu dessen gemein vereinfacht, manches etwaige Mißverständniß von stiften. Es ist daher durchaus kein Doktrinarismus, etwaigen staatssozialistischen Projekten verhalten? Wird er pornherein ausgeschlossen haben. Wir haben eine ganze wenn wir uns gegen eine Verquickung des Begriffs Staats- fie ablehnen? Se ann er sie ablehnen, wo nach, ihm die Reihe von Forderungen auf dem Programm, bei denen in Sozialismus mit den Bestrebungen unserer Partei auflehnen, Entwicklung der Verhältnisse in Deutschland   längst jede

Feuillefont.

Nachdruck verboten.]

Das schlagende Wetter.

Roman von Maurice Talmeyer. Uebersetzt von B. und A. G.  

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jener

ungezwungenen Plaudereien, die zugleich welt- zückte Marcel, dann sagte er sich, daß das ein durch nichts und begründeter Einfall sei und daß er von unmöglichen Dingen altmodisch waren, lich, politisch, gelehrt und von denen von Geist träume. Die Unterhaltung war jest etwas weniger lebhaft. End­er wußte, daß sie dabei zu sprühen pflegte, obwohl die alte vornehme Dame selten lich schlug die Stunde zum Abendessen. Ein leichter Schritt kam Gelegenheit hatte, so zu plaudern. Nachdem das Gespräch die Treppe herab; leises Flüstern, das Rauschen eines in höchster Lebendigkeit ungefähr zwei Stunden gedauert Kleides wurde im Flur hörbar. Dh, das war zweifellos hatte, dutzte die alte Gräfin bereits Marcel unter dem Vor- nicht der Schritt, nicht die Stimme, nicht die Bewegungen wand, daß sie lateinisch spreche, lud ihn zum Abendessen der alten Dieneriu. Das war das Geflüster eines jugend­ein und ging hinaus, um ein Kouvert mehr auflegen zu lichen Mundes, das Lachen eines Mädchens, und Marcel lassen. Der junge Mann ließ sich, ganz betäubt von dem heftigen Bochen seiner Pulse, in einen Sessel nieder.

Als Madame de Rochefen wieder erschien, näherte sie sich ihm und sagte, ihre Locken mit geheimnißvoller Miene schüttelnd:

Wie alt find Sie?

Marcel entschuldigte sich, so weit es ihm in der Be­ſtürzung, in der er sich befand, möglich war. Was war das doch! Babette kam in dieses Haus! Was war das für ein unerhörter Traum? Und wie tam sie hierher? Er hielt sich nicht lange mit diesen Fragen auf, die er sich nur stellte, um seine Freude recht langsam zu genießen, brachte schnell seinen Geist wieder ins Gleichgewicht und entschied sofort mit jener Schnelligkeit der Erkenntniß und mit jenem fieg­haften Selbstbewußtsein, die so große unerwartete Situationen lieben.

Wie alt ich bin, Madame? Ja, wie alt, junger Mann? Zweiundzwanzig Jahre.

Dann werden Sie wohl nur Frauen von dreißig Jahren

stets dem Genie und der Liebe eingeben. Es hing in diesem Dieser sonderbare Ausspruch setzte Marcel zuerst in

Ser

empfand eine Art angstvoller Freude, und es war ihm zu Muthe, als ob eine kleine grausame Hand sein Herz zu­fammenpresse, als die Thür sich plötzlich öffnete und Mad. de Rochefeu auf Babette wies, die in den Salon eintrat, und

sagte:

Herr Roquebert, mein Gesellschaftsfräulein.

Nach diesen vorstellenden Worten wurde die alte Dame, welche die Unterhaltung ermüdet hatte, vou einem schreck­lichen Hustenanfall befallen, während Babette und Marcel sich zu faffen suchten, indem sie einen raschen Blick aus­tauschten.

-

Und die Gräfin erhob sich, legte ihre Hand auf den Arm des jungen Mannes, dann hielt sie ihn durch eine fräftige Bewegung zurück und fragte, ihn mit ihren großen, Schwarzen, glänzenden Augen ansehend:

Ach! rief Madame de Rochefeu, als sie den Anfall Moment alles davon ab, daß er die alte Dame eroberte. Berlegenheit; denn, da er unaufhörlich an Babette dachte, überstanden hatte, was für ein altes engbrüftiges Pferd bin Er fühlte, daß in diesem Augenblick sein Wille allmächtig hätte er eine Untreue zu begehen befürchtet, wenn er eine ich doch Vorwärts.- Das Essen ist aufgetragen sei und eine magnetische Kraft besige. Das Schicksal der derartige Frage mit" ja" beantwortet hätte, und da er Herr Marcel, geben Sie mir den Arm. ganzen Welt schien ihm weniger wichtig, als die Noth- außerdem sehr aufgeregt war, so fing er an, bis zu Thränen wendigkeit, die alte Dame einzunehmen, und seine Geschäfte zu lachen. als Rechtsgehilfe bei M. de Heem und seine aufgeschobenen Sehen Sie, nahm die alte Dame wieder das Wort, bei Geschäftsangelegenheiten, sammt den angeblich wartenden mir werden Sie nur verschimmelte alte oder kleine Hühnchen Klienten, sein schmähender Chef, all das erschienen ihm nur treffen, die noch nach der Küche be3 Pensionats schmecken. unbedeutende Einwände, über die man hinweggeht, ohne fie Jezt klang das Lachen des jungen Mannes ein wenig Er eröffnete die Unterhaltung mit ein paar anders. Die letzten Worte hatten ihn verlegt. Sprach die wißigen Einfällen, flocht einige sehr gewagte paradore Säße Gräfin etwa gar von Babette? Aber würde Babette etwa die ein und veranlaßte Madame, de Mochefeu au einer gar mit der Gräfin zu Abend essen? Dieser Gedanke ent­

zu beachten.

Sind Sie ein Feinschmecker?

In diesem Augenblicke hatte Marcel für Alles, was Küche anbetraf, nur Gleichgiltigkeit und er fagte einfach:

O mein Gott!--