Ruhstrat- Prozeß.
Oldenburg , 2. Dezember. ( 3 weiter Sigungstag.) Verteidiger Rechtsanwalt Herz- Altona: Ich habe die dringende Bitte an den Gerichtshof zu richten, berücksichtigen zu wollen, daß der Angeklagte Schwehnert täglich 11 Stunden lang schwere förperliche Arbeit im Gefängnis zu leisten hatte. Er ist Kopfarbeiter und förperliche Arbeit nicht gewohnt. Dazu kommt seine schwache Körperanlage und seine sehr sensible Natur. Auch ist er sehr mangelhaft verpflegt worden; gestern hat er zum Beispiel weiter nichts als eine Erbsensuppe, die noch dazu kalt war, und ein Stück trockenes Brot erhalten. Alle diese Dinge haben ihn in einen derartigen Zustand versetzt, daß er nicht imstande ist, der Verhandlung so zu folgen, wie es wohl wünschenswert wäre. Er hat schließlich bis gestern in Einzelhaft gesessen und jetzt dringen mit einem Male hundert neue Dinge auf einmal auf ihn ein, so daß es ihn schwer ist, sich alles sofort im einzelnen zu konstruieren. Ich beantrage deshalb in seinem Interesse, nicht länger als vier Stunden hintereinander mit ihm zu verhandeln.
Staatsanwalt Dr. Fimmen: Der Angeklagte wird nicht anders behandelt, wie alle übrigen Strafgefangenen; auch seine Verpflegung entspricht durchaus der in anderen Strafanstalten. Ich muß also der Andeutung entgegentreten, als ob er besonders schlecht behandelt werde. Andererseits bin auch ich der Meinung, daß eine Verhandlung wie die gestrige sehr anstrengend für ihn sein muß und schließe mich daher dem Wunsche nach einer kürzeren Verhandlung an.
Hierauf erfolgte eine nochmalige Gegenüberstellung des Zeugen Kellner Meyer mit dem Rechtsanwalt Dr. Sprenger aus Bremen , der als Zeuge heute ohne Robe erschiener ist. Der Vorsitzende bemerkt dem Meher: Sie haben gestern ausgesagt, daß Sie zu einer Zeit, wo sie als Kellner im hiesigen Zivilfajino angestellt waren, und zwar in der Zeit von 1898 bis 1900, wiederholt gesehen hätten, daß im Anschluß an ein Statspiel der Minister, damaliger Oberstaatsanwalt Ruhstrat mit dem Buchhändler Schmidt und dem Zahnarzt Schleppegrell in einer Nische Lustige Sieben" gespielt habe,
daß die Würfel gerollt und Gelder gezahlt worden seien. Wollen
Sie dabei bleiben?
Zeuge: Ja.
sage zu überlegen.
Zuruf des Staatsanwalts Dr. Fimmen: Ach Gott , das war 1,24jährigen Bengel" bezeichnet. Nunmehr versucht er sogar, die in meiner Referendarzeit. Verteidigung mit den Angeklagten zu identifizieren.
Zeuge Meher: Die Namen weiß ich nicht, auch weiß ich nicht, ob es Richter waren.
Vors.: Also die drei Richter schrumpfen schon wieder zu sammen.
Zenge: Die Herren saßen jedenfalls oben mit auf der Richter
tribüne.
Staatsanwalt Fimmen: Der Vorgang fiel in meine Referendarzeit; daß ich da gespielt habe, bestreite ich gar nicht. Ich bitte, mich dazu als Zeugen zu hören. Bors.( zum Zeugen Meher): Welcher von den hier oben sitzenden Referendaren soll denn nun mitgespielt haben? Der Zeuge dreht sich um und zeigt auf den auf der Zeugenbank fißenden Referendar Christians, der gestern eidlich vernommen wurde.
Vorf.: Und wer noch?
Zeuge: Den anderen Herrn sehe ich heute nicht. Minister Ruhstrat: Ich darf wohl darauf hinweisen, daß Referendar Christians gestern die ganze Zeit nach seiner Bernehmung hier unten auf der Zeugenbank und nicht oben auf der Richtertribüne gesessen hat.
Das Gericht beschloß die
Vernehmung des Staatsanwalts
und des Referendars Christians. Letzterer war inzwischen an den Zeugen Meyer herangetreten und hatte zu diesem gesagt: Sie irren sich in meiner Person! worauf Meyer erwiderte:" Nein, nein, Sie waren auch dabei." Referendar Christians: Zu der Zeit, wo ich nach Ansicht des Zeugen Meher im Kasino gespielt haben soll, war ich noch Student und befand mich deshalb in Oldenburg.
in der Zeit.
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Zeuge: Ich habe die Wahrheit gesagt. noch einmal Kellner im Kasino gewesen, vielleicht irrt sich der Zeuge Rechtsanwalt Herz: Der Zeuge Meher ist im Jahre 1901 auch Borf.: Sie haben Zeit genug gehabt, sich Ihre gestrige Aus- Christians): Haben Sie im Herbst 1901„ Lustige Sieben" gespielt? Meyer: Das ist möglich. Borf.( zum Zeugen Referendar Zenge: Jawohl, Herr Präsident, und ich bleibe dabei, daß Beuge: Nein. Vorf.: Nun, Meyer, wollen Sie trotzdem Ihre s wahr ist. Aussage aufrecht erhalten? Zeuge: Ja.( Bewegung.) Borf.: Sie haben aber in Ihrer früheren Aussage vor dem Staatsanwalt Fimmen( als Zeuge): Jm Juli 1900, zu einer Rechtsanwalt Sprenger nicht davon gesprochen, daß man Skat und Zeit also, wo ich das Examen noch nicht gemacht hatte, habe ich mal hinterher Lustige Sieben" gespielt habe. Rechtsanwalt Herz: Verzeihung, der Zeuge hat gestern aus- gespielt. Zu der Zeit also, wo ich Referendar war, habe ich mit drücklich angegeben, daß er auch Dr. Sprenger davon erzählt, daß anderen Referendaren zusammen„ Lustige Sieben" gespielt. Mit dieser seine Angaben jedoch nicht in das damalige Protokoll auf dem Herrn Minister habe ich nie gespielt. Ich habe niemals gehört, daß der Minister als Oberstaatsanwalt oder gar als Minister " Luftige Sieben" gespielt hat. Hätte er dies getan, bin ich überzeugt, so würde ich es angesichts der hiesigen fleinen Verhältnisse gehört haben.
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genommen habe.
Borf.: Ich bitte mich nicht zu unterbrechen.
Rechtsanwalt Sprenger: Ich erinnere mich genau, daß der Zeuge auch von dem Statspiel und von allerlei anderen Vorgängen vor und bei dem Spiel gesprochen hat. Da es mir aber nur darauf ankam, daß der Zeuge als solcher bekunden konnte, er habe gesehen, daß hasardiert wurde, so legte ich auf das drum und dran weniger Wert, weil es mir für die Hauptfrage, ob der Minister hasardiert
habe, irrelevant erschien.
Bors.: Es kommt dem Gericht darauf an, ob er Ihnen die Vorgänge so geschildert hat, daß der Minister sich an der großen Gesellschaft nicht beteiligt habe, sondern eine besondere Ede reserviert hielt und dort eine etwas ablehnende Haltung gegen das große Bublifum einnahm.
Rechtsanwalt Herz: Haben Sie gehört, daß Minister Rubstrat bis in die neueste Beit gepofert hat, wobei Einfäße bis zu 100 M. gemacht wurden? Zenge: Nein.
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Das Pokerspiel hat für mich nur die Bedeutung eines hohen Skats. Um das Privatleben des Ministers habe ich mich nie bekümmert. Rechtsanwalt Herz: Das spricht gegen Ihre Behauptung, wonach Sie bei den kleinen Verhältnissen alles hören mußten. Staatsanwalt Fimmen gibt hierauf keine Antwort, sondern verläßt den Saal durch die Zeugentür.
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robe auf der Estrade. Eine Minute später erscheint er wieder in der Staatsanwalts
Dr. Sprenger: Er gab an, daß der Minister ziemlich oft ge= spielt habe. Ich hielt ihm dann aber vor, daß es nur darauf antomme, ob er ein Glücksspiel betrieben habe, so daß er lieber zurückhaltend sein und, wenn er nicht flar wäre, sagen solle, die Nische sei Hierauf wurde die Aussage des Zeugen Meyer protokolliert. berhängt gewesen und er habe es daher nicht so genau sehen können. Zeuge Meyer: Ich beharre bei dieser Aussage und will fie auf Auf Nebendinge fomme es weniger an. Es ging ferner aus seiner einen Eid nehmen. Aussagen hervor, daß der Minister im Kasino beim Spiel immet Staatsanwalt Dr. Fimmen: Möchten Sie Ihre Aussage nicht eine etwas erzeptionelle Stellung einnahm, mit seinen Kollegen, hier und da etwas einschränken durch die Worte: Ich glaube, ich namentlich mit den Referendaren, wenig verkehrte und sich niemals denke uſw.? mit ihnen zusammensetzte. Lediglich das sollte mit dem Protofon zum Ausdruck gebracht werden, daß der Zeuge bereit sei, unter Eid z befunden, daß sich der Minister noch in jüngerer Zeit am Spiel be teiligt habe, weil das Gericht im ersten Biermann- Prozeß davo nichts als wahr angenommen hatte.
Bors.: Er hat also Ihnen gegenüber doch die Ministerede als etwas Abgeschloffenes bezeichnet, während im Protokoll gar nichts davon steht.
Dr. Sprenger: Ist in dem Protokoll etwas mißverständlich dargestellt, so trifft die Schuld nicht den Zeugen, sondern den, der das Protokoll aufnahm.
Vorf.( zum Zeugen Meher): Wissen Sie ganz bestimmt, daß [ ver Miniſter mit in der Nische gesessen hat, wo Hasard gespielt wurde?
Zeuge: Ja.
Rechtsanwalt Sprenger: Der Zeuge hat mir gegenüber durch die Wendung: Die Nische war zugezogen! offenbar zum Ausdruc bringen wollen, daß er nicht genau sagen könne, ob und wieweit der Minister am Spiel beteiligt war. Ist diese Aussage unbestimmt, so ist das erklärlich.
Staatsanwalt: Wenn Ihnen diese Aussage unbestimmt erschien, wie kamen Sie dann dazu, diese Aussage seinerzeit im Prozeß Kruse vollinhaltlich vorzutragen als eine Aussage, die Meyer jederzeit zu beschwören bereit sei? Sie wissen doch auch ganz genau, daß dieser damalige Beweisantrag in der gesamten Oeffentlichkeit als höchst belastend für den Minister betrachtet wurde.
Dr. Sprenger: Ich hatte den positiven Eindruck, daß diese Aussage höchst wichtig und für den Minister belastend war, der jedes Spiel nach seiner Beförderung zum Oberstaatsanwalt im BiermannProzeß rundweg in Abrede gestellt hatte. Nur, daß der Minister mitgespielt habe, war für mich der springende Punkt. Das andere war alles Beiwerk.
Borf.: Zeuge Meher, ich ersuche Sie nochmals, daß Sie sich flar machen, wie Ihre Aussage im direkten Gegensatz zu drei anderen beschworenen Zeugenaussagen steht. Ich frage Sie also nochmals, wollen Sie mit voller Bestimmtheit sagen, daß Minister Ruhstrat in den Jahren 1899 und 1900 sehr oft im Zivillafino Lustige Sieben" gespielt hat? Zenge: Jawohl, Herr Präsident.
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Vorf.: Haben Sie gesehen, daß die Herren Silbergeld auf die Erde geworfen haben? Zenge: Nein, aber ich habe oftmals nach Beendigung des Spiels Geld auf dem Fußboden gefunden. Vers: War das nur Silbergeld oder auch Gold? Zenge: Das kann ich nicht so genau fagen, es mag wohl auch mal ein Zehnmarkstück dabeigewesen sein. Vorf: Wie lange haben die Herren gewöhnlich gespielt? Zeuge: Bis 12 Uhr nachts, bisweilen auch länger. Borf.: Wie erflären Sie es sich aber, daß die Herren Schmidt, Schleppegrell und Becker Ihnen ins Gesicht gesagt haben, sie hätten nie mit dem Minister zufammen Luftige Sieben" gespielt? Senge: Ich kann nur sagen, daß ich die Wahrheit gesagt habe.
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Das Gericht beschließt, die Aussage des Zeugen Meher zu protokollieren. Rechtsanwalt Herz( zum Zeugen): Ist es richtig, daß Sie gestern abend in einer hiesigen Gastwirtschaft geäußert haben: Sie feien bei Ihrer Vernehmung sehr befangen gewesen, weil
der Staatsanwalt und drei Herren vom Richtertisch mitgespielt hätten, wenn im Zivilkasino die„ Lustige Sieben" auf der Tagesordmung stand?( Bewegung.)
Zenge: Ja, ich habe gesagt, nicht nur der Herr Staatsanwalt Dr. Fimmen, sondern auch noch zwei andere Herren hätten mir im Gericht gegenübergesessen, die ich früher im Kasino bedient hätte, während sie Luftige Sieben" spielten.( Erneute Bewegung.) Bors.: Können Sie uns die Namen der drei Richter nennen, die im Kasino mitgespielt haben?
Vorf.: Eine solche Einschränkung gibt's doch gar nicht. Zenge: Ich bleibe dabei, was ich gesagt habe. Vorf.: Dann beschließt das Gericht
die Verhaftung des Zeugen Meyer wegen Verdachts des Meineides. ( Große Bewegung.)
Der Zeuge verbeugt sich und wird dann von einem Gensdarmen in das Untersuchungsgefängnis abgeführt.
Hierauf richtete der Vorsitzende an den Angeklagten Schwehnert die Frage, ob er eine Vertagung wünsche, oder damit einverstanden fei, daß man die Sache noch heute zu Ende führe.
Angekl.: Ich will absolut keine Erklärungen mehr abgeben. Minister Rubstrat: Also erst hat man förmlich nach einem Strafantrag geschrien und jetzt versucht man nicht einmal, etwas zu beweisen. Der Angeklagte kann nicht einmal erklären, was überHaupt jezt zu machen sei. Es ist behauptet worden, ich hätte noch bis in die letzte Zeit, noch 1903 Lustige Sieben" mit jungen Referendaren gespielt, ja es ist behauptet worden, ich hätte beim Gramen mit den jungen Referendaren gepokert und alsdann mit den felben gejcut. Den Beweis ist man vollständig schuldig geblieben. Es ist eben nichts an der Sache!( Bewegung.)
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nehmung der Biermann ab und verkündete, daß die Sache noch Nach kurzer Beratung lehnte das Gericht den Antrag auf Verheute zu Ende geführt werden soll.
Der Staatsanwalt Fimmen erklärt Pokern für kein Glücksspiel und beantragt eine Gefängnisstrafe von ein Jahr drei Monaten Gefängnis. Nach etwa einstündiger Beratung verkündete der Vorsitzende das folgende Urteil:
Der Angeklagte erscheint der zweifachen Beleidigung des Ministers Ruhstrat im Sinne des§ 186 des Strafgesetzbuchs schuldig und wird er daher, einschließlich der gegen ihn am 28. September 1904 erkannten Gefängnisstrafe von einem Monat, zu einer Gesamtstrafe von einem Jahre Gefängnis verurteilt. Es iſt dem Miniſter Rubſtrat von dem Angeklagten der Vorwurf gemacht worden, er habe einen wissentlichen Meineid geleistet und im Landtage die unwahrheit gesagt. Für beide Behauptungen ist der Beweis der Wahrheit nicht erbracht worden. Die beiden vernommenen Richter, die in der Verhandlung wider Dr. Ries- Biermann, der eine als Vorsitzender, der andere als Referent fungierten, haben in durchaus glaubwürdiger Weise bekundet, daß der Minister die behauptete Aeußerung nicht Bekundungen des Zeugen Meyer hat der Gerichtshof keinen getan hat. Damit fällt auch der Vorwurf, daß der Minister sich der Unwahrhaftigkeit im Landtag schuldig gemacht habe. Den Glauben geschenkt, zumal dieselben im direkten Gegensatz zu den stehen und der Zeuge Meyer sich heute außerdem zu einem Bekundungen der Zeugen Schmidt, Dr. Schleppegrell und Becker durchaus glaubhaften Zeugen in einen direkten Gegensatz gesezt hat. Es ist nur erwiesen, daß der Minister nach 1896 im Kasino gepolert hat. Der Gerichtshof ist aber auch der Ansicht, daß Bofern tein Glückspiel ist, da bei demselben nicht der blinde Zufall, sondern eine gewisse Geschicklichkeit entscheidet. Bei der Strafzumeſſung war zu erwägen, daß der Angeklagte höchsten Justizbeamten des Landes den schwersten Vorwurf, den man sich denken kann, den des Meineids gemacht hat und daß er diesen Vorwurf erhoben hat, ohne sich zu vergewissern, ob derselbe auf Wahrheit beruht.
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Die weiter anstehenden Prozesse gegen Biermann und Mete wurden auf unbestimmte Zeit bertagt.
Vom ostasiatischen Kriegsschauplate.
Tokio , 1. Dezember. ( Laffan- Meldung".) Die Japaner haben Chifunschan, 300 Meter nördlich vom 208 Meter- Hügel, vollständig besetzt. Die Operation gegen die Forts von Sungschuschan werden mit veränderter Taktik fortgefeßt.
Tokio , 3. Dezember. ( Meldung des„ Reuterschen Bureaus".) Gestern fand der erste Waffenstillstand vor Port Arthur statt, um die Toten zu beerdigen; derselbe hatte eine Dauer von sechs Stunden. Am Tschaho.
Mukden, 2. Dezember. ( Meldung des Reuterschen Bureaus".) Die russische Belagerungsarmee begann heute mittag die Gegend an der Eisenbahn bei Suchiatum heftig zu beschießen. Das Bombardement wurde den ganzen Nachmittag über fortgesetzt.
London , 3. Dezember. Das„ Reutersche Bureau" meldet aus Mukden vom 2. d. Mis.: Der britische Attaché bei der russischen Armee ist gestern abgereist, um den Winter in England zu verbringen. Er hat die Erlaubnis, im Frühjahr wieder zu kommen. General Rennenkampf hatte einige Zusammenstöße mit den Japanern im Osten, wo allmählich wieder eine regere Tätigkeit zu bemerken ist. Auf eine Entfernung von acht Kilometern bei Liuschinpu haben die Russen und Japaner Untergrundwege eingerichtet, die beiden Teilen erlauben, sich in ihren Stellungen sicher zu bewegen. Die Gegner stehen sich so nahe gegenüber, daß die Russen in dem Dorfe zeth die Stimmen der Japaner deutlich hören können.
Bors.: Die Vernehmung des Rechtsanwalts Dr. Sprenger als Beuge hat es dem Gericht als fraglich erscheinen lassen, ob er noch weiter die Verteidigung wird führen können. Rechtsanwalt Herz: Ich muß dringend bitten, Herrn Rechtsanwalt Dr. Sprenger weiter als Verteidiger zuzulassen. Ich habe nur eine untergeordnete Rolle in der Verteidigung gespielt, weil ich erst sehr spät in diese eingetreten bin. Herr Rechtsanwalt Petersburg, 3. Dezember. General Kuropatkin meldet Dr. Sprenger dagegen ist aufs genaueste mit allen Einzelheiten dem Kaiser unter dem gestrigen Datum: In der Nacht zum betraut. 2. Dezember unternahmen zwei Kompagnien Kompagnien Freiwilliger Rechtsanwalt Dr. Sprenger bittet um eine Pause. von unserem Zentrum aus eine Erkundung, drängten die Nach Wiederaufnahme der Sizung erklärt Dr. Sprenger- Vorposten zurück und besetzten die feindlichen Schanzen. Beim Bremen : Ich habe die Beobachtung gemacht, daß ich als Verteidiger weiteren Vormarsch wurden die Kompagnien von heftigem in dieser Sache persönlichen Verletzungen ausgesetzt bin. Diese per- Gewehrfeuer empfangen und mußten, da der Feind bedeutende fönlichen Verletzungen würden mich von der Ausübung meiner Amts Unterstützung erhielt, sich zurückziehen. Auf unserer Seite ist pflichten nicht abhalten, wenn dadurch die Sache nicht geschädigt ein Offizier gefallen und 5 Mann verwundet. Am 2. Dezember werden würde. find keine Meldungen über Kämpfe eingelaufen. Ich lege daher mein Amt nieder.
( Große Bewegung.)
Rechtsanwalt Dr. Herz- Altona: Sowohl im Laufe des Verfahrens als auch während der Hauptverhandlung ist eine Anzahl außergewöhnlicher Maßnahmen und Entscheidungen ergangen, welche die Verteidigung illusorisch machen. Die Verteidigung hat nicht die Absicht, ein Amt fortzuführen, dessen tatsächliche Ausübung ihr unmöglich gemacht ist. Die unterzeichneten Verteidiger erklären somit die Niederlegung ihres Amtes.( Erneute Bewegung.)
Soziales.
Proletarier im Seebade.
Unser Amsterdamer Parteiblatt" Het Volt" schildert in einem Artikel aus Scheveningen die Arbeitsverhältnisse der Angestellten des weltberühmten holländischen Seebades. Fast alle großen Hotels wie„ Kurhaus"," Palacehotel"," Garni"," Rauch", sowie Restaurants Der Angeklagte, so bemerkt Rechtsanwalt Herz weiter, hat uns und Cafés wie Kurhausbar"," De Pier"," De Boulevard" und folgende Erklärung gegeben: Jch erkläre hiermit, daß ich die sämt- das" Palace- Café", gehören lichen von meinen Berteidigern gestellten Beweisanträge zurückziehe Scheveningen gehören der Aktiengesellschaft„ Zeebad Der Generaldirektor ist ein Deutscher, und auf die Gegenwart der Zeugen verzichte, da meine Verteidiger der Goldbeck heißt. Außerdem sind für die einzelnen Unternehmungen sich zur Fortführung der Verteidigung außerstande erklärt haben. noch besondere Direktionen vorhanden. Der Generaldirektor hat Ich selbst vermag, entkräftet durch mangelhafte Verpflegung und 12 000 Gulden Jahresgehalt. Die Gesellschaft macht glänzende elfstündige Zwangsarbeit während der letzten zwei Monate der Ver- Geschäfte und zahlt hohe Dividenden an ihre Aktionäre, die handlung nicht zu folgen und halte eine Zeugenvernehmung ohne den höchsten Gesellschaftskreisen angehören. Einen grellen Gegensaz einen vertrauten nichtoldenburgischen Rechtsbeistand für gänzlich dazu bilden die Lohn und Arbeitsverhältnisse derjenigen, bedeutungslos. Ich werde eine Erklärung in diesem Brozesse nicht die sich von früh bis spät abmühen, um den reichen Gästen des mehr abgeben.( Andauernde Bewegung.)( Minister Ruhstrat sah Lurusbades das Leben so angenehm wie möglich zu machen und während der ganzen Zeit starr zu den Verteidigern hinüber.) den Aktionären die hohen Dividenden zu verschaffen. Die Mädchen, Vorsitzender Landgerichtsdirektor Erk: Es hat mir vollständig die im Kursaal und in den andern Räumen Dienst tun, werden fern gelegen, irgend jemand zu verlegen, auch ist die Verteidigung größtenteils aus Berlin bezogen. in keiner Weise beschränkt worden.
Ein neuer Zwischenfall.
Staatsanwalt Dr. Fimmen: Eine Beschränkung der Ver- einer der Direktoren mit seiner Frau nach Berlin , um weibliches " Bor Beginn der Saison", heißt es in dem Artikel,„ begibt sich teidigung im Vorverfahren habe seinerseits nicht stattgefunden. Eine Personal zu engagieren. Dies geschieht durch Vermittelung eines Aushändigung der Prozeßakten habe er allerdings nicht gewähren Vermietungskontors, dessen Direttrice ein gewisses Fräulein Noll können. ist. Sie annonciert, und natürlich melden sich auf die verheißungsbollen Annoncen Mädchen. Für die Wäscheabteilung, die KurhausFrau dann bestimmt, ob und wofür sie geeignet sind. Dann müssen die bar usw. müssen die Mädchen erst vor dem Direktor erscheinen, dessen Mädchen Kontrakte unterzeichnen, deren Inhalt sie nicht kennen. Die Kontrakte sind nämlich so eingerichtet, daß einige ungünstige Beſtimmungen auf der Rückseite des Papiers stehen. So kommen die Mädchen zum 1. Juni nach Scheveningen .
Biermann darüber als Zeugin zu hören, daß sie gestern geäußert Minister Ruhstrat: Ich bitte noch die Gattin des Verlegers hat, der inkriminierte Artikel des Residenzboten" und andere ständen indirekt im Zusammenhange mit Dr. Sprenger.( Große Bewegung.) Rechtsanwalt Dr. Sprenger: Der Justizminister hat leichtfertige Berdächtigungen weitergetragen, denn es ist natürlich unwahr, daß mir der inkriminierte Artikel auch nur etwa zur juristischen Beurteilung vorgelegen hat. Ich erkläre, daß ich weder direkt noch ziehung stehe. indirekt zu einem Artikel im Residenzboten" in irgend einer Be
Rechtsanwalt Herz: Minister Rubstrat hat in der ganzen Affäre mit Waffen gekämpft, die nicht schön sind. Einen Angeklagten ( Biermann) hat er als" Lumpen", den anderen( Schwehnert), als
Um 5 Uhr werden sie morgens geweckt; um 1/26 Uhr müssen fie im Dienſt ſein. Sie müssen dann von unter den Hahnbalken, wo die Schlafstätten des Personals sind, nach dem Souterrain und ihren Namen in ein Buch schreiben, woraus festgestellt wird, ob sie anwesend find. Fünf Minuten nach 126 wird das Buch vom Inspektor fortgenommen. Die Strafe für Zuspätkommen ist jedesmal 25 Cent. Die Mädchen arbeiten dann bis 2 Uhr mit zweimal einer Viertels