Minister Schönstedt:Plechanow sagt:„In jedem vonuns Sozialdemokraten fitzt undmuß auch ein Stück Terrorist wieRobespierre sitzen. Ich bin selbstTerrorist in meinem Innern, aberich ziehe es vor. daß Nikolaus II.nicht durch die Kugel stirbt, sondernauf dem Schafott, auf dem Kasarrfchen Platze.(Bewegung.)Dr. Rost:Kasanschen Platze;(bei der Besprechung dieser Ansichtheißt es S. 101): Um die Wahr-heit z» sagen, denken wir nicht nurnicht an irgend welches„Bor-ziehen", sondeni überhaupt nichtan den Tod Nikolaus II. ImJahre 1848 gelang es LudwigPhilipp, als das Proletariat dieOberhand gewann, aus Paris zuentfliehen per Wagen, und zwarvon demselben Markte aus, aufwelchem sein Bater hingerichtetwurde, und aus der siegreichenBoltsmeuge wurde kein einzigerStein nach ihm geschleudert, dasVolk war so hochherzig, daß einePrinzessin daS Geschehene sogarür eine höchst erbauliche Ab-«.... wechsrlung im Hoflebcn hielt.Ob Nikolons II. rm Wagen von Ob Nikolaus II. im Wagen von demdem Kanfanfchen Markte oder Kansanfchen Markte oder Semje-Semjenowschen Platze fortgefahren nowschen Platze abfahren wird,wird, ob man ihn auf dem Last« ob man ihn auf dem Lastwagenwagen mit schmutziger Wäsche expe-(folgt wie bei Schönstedt).dieren wird, wie man einst einenFührer der Reaktion zurzeit derRevolution fortbrachte, oder ob erim Frauenkleide entfliehen wird,wie es ein anderer Magister derfinsteren Macht getan hat, daSinteressiert uns sehr wenig. DieGeschichte selbst wird für denZaren das Schafott Ludwigs XVI.oder den Unterrock GuizotS be-stimmen, das ist Sache der Zu-kunft.*)#) Es folgt im Original der Satz:„Und nicht wir haben mitoperettenblutigen Strömen herumzuspritzen". Diese AuSlafinng trifftober nicht den Minister, da sie sich auch bei Rost nicht findet.—Die„Leipziger Volkszeitung' hat in der Nummer vom 2ö. August 1904die Fälschungen festgestellt; sie konnte mangels ihrer Aktenkenntnisnoch nicht die Schuldfrage lösen. Aus dem Obigen geht hervor, dah derJustiznnnister die korrekten ihm verliegenden AuSzüge.verstümmelt hat.Hier hat Herr Schönstedt nicht einmal durch«in„heißt es aneiner späteren Stelle' die Lücke angedeutet. S<o kam eS, daßNadefchdin dem Abgeordnetenhause als ein Maim vorgestellt wurde,der über die verschiedenen zu wählenden Todesarten für den Zarendisputiert, während er in den Gerichtsattcn des KönigsbergerProzesses längst als ein Gegner deS ZarenmordsS in jeder Formfigurierte. Um diese Thatsache zu vertuschen, wird noch als kleinesHülfsmittel das Rostsche— richtige— Aktivum,„ob Nikolaus II.... abfahren wird" in daS Schönstedtsche Passivum,„ob Nikolaus II.... fortgefahren wird" terrorisiert.„Als Herr Dr. Rost im Königsberger Prozeß sehr erregt da-gegen protestierte, daß der Justizminister gefälschte Zitate vor-getragen habe, da eS seine Uebersetzungen gewesen seren, fügte erleiser hinzu, eine Stelle sei allerdings nicht vollständig nach seinerUebersetzung wiedergegeben worden; er hätte, als Maizn der Ehrlichkeit, den Mut haben sollen, zu sagen, daß diese stelle eine geflissent-liche Fälschung seiner Uebersetzung gewesen sei.*«*Erklärung.Der preußische Justizminister Dr. Schönstedt hat mir in derSonnabcnd-Sitzung des Abgeordnetenhauses„grobe Fälschung derWahrheit" vorgeworfen. Er hat zur Begründung dieser Bezichtigungbehauptet, in der Berliner Versammlung vom 2ö. Juli diesesJahres sei ein Ersuchen des Königsberger Staatsanwaltsan die Stettiner Polizeibehörde von niir in einer Weise mit-geteilt worden, die den Eindruck erweckt habe und erweckensollte, als handele es sich um ein Ersuchen deS Staatsanwalts andas Gericht. Der preußische Justizminister Dr. Schönstedt hat dieAusführungen, die ich über diesen Punkt gemacht habensoll, in direkter Rede und in einer Form wiedergegeben,die den Eindruck erweckt hat und, wie ich nicht zweifele,erwecken sollte, als handele es sich uin eine wort-getreue Wiedergabe. Ich stelle hiernnt fest, daß derpreußische Justizminister das Zitat aus meiner Rede einem Preß-bericht entnommen hat. der meine etwa zweistündigen Aus-führungen in nmd einer Zeitungsspalle andeutungsweisewiederzugeben sich bemüht. Daß eine solche Wieder-gäbe nicht absolut genau sein kann, weiß jedes Kind unddürfte dem preußischen Justizminister nicht unbekannt sein.In der Presse ist bereits genugsam hervorgehoben, wie nebensächlichdie mir voni Justizminister vorgeworfene Inkorrektheit sein würde.Dennoch will ich ausdrücklich betonen, daß ich die fragliche Ber-fügung des Königsberger Staatsanwalts wortwörtlich wiedergegebenund als eine Verfügung an die Stettiner Polizeibehörde bezeichnethabe, und daß die etwas unklare Fassung des Preßberichts sich äugen-scheinlich aus der dem preußischen Justizminister anscheinend ver-schlossencn Einsicht in den Kern der Sache erklärt.Ich konstatiere also, daß sich der höchste Justizbeamte Preußenserlaubt hat, mir den Vorwurf der Fälschung zu machen auf Grundeines naturgemäß ungenauen Prcßberichtes und daß er unter Ver-schweigung dieser Quelle die Auffassung hervorgerufen hat, als stützeer seinen Vorwurf auf den authentischen Wortlaut meiner Aus-führungen, während derselbe Herr Schönstedt in der gleichen Redesich darüber entrüstet hat, daß man ihm auf Grund von aus.f ü h r l i ch e n parlamentarischen Zeitungsberichten Zitaten-fälschungen vorgeworfen hat.Die Oeffentlichkcit mag das richtige Wort zur Kennzeichnungdieses Vorgehens finden. Ich will den Vorwurf der Fälschung dempreußischen Justizminister nicht zurückgeben, da er seit seiner jüngstenRede im Abgeordnetenhause den ebenso originellen wie unwider-leglichen Einwand der Reisefertigkeit für sich hat.Berlin, den 13. Dezember 1904.Dr. K. Liebknecht, Rechtsanwalt.Die Wahlen zum Prenßentagwurden von den Berliner Parteigenossen gestern in sechs Versamm»lungcn vorgenommen.Die Parteiversammlung des e r st e n K r e i s e s in den Wendt-scheu Festsälen ehrte vor Eintreten in die Tagesordnung daS Andenken ihrer verstorbenen Mitglieder Fleudenberg undK e n k c l. Der von der letzten Versammlung rückständige� Berichtüber die Tätigkeit der Lokalkommission wird vom Genossen E g e er-teilt. Uebcr das Thema: Der Parteitag der SozialdemokratiePreußens referiert Genosse Leo A r o n s. Referent gibt in derEinleitung seine? Vortrages eine Darstellung der Vorgänge in derPartei und aus dem letzten deutschen Parteitag, die zu der Ein-berufung eines besonderen Parteitages für Preußen geführt haben.Redner schildert die reaktionären Zustände in Preußen mit ihremRussenkurs, Kontraktbruchgesetz, Angriffen auf die Selbstverwaltungund anderen Rückständigkciten, und die mächtigen Fortschritte, diedas Ostelbiertum in unserem engeren Baterlande gemacht hat. Derunmittelbare Vorteil, den wir von dem preußischen Parteitag habenwerden, wird zunächst die Verarbeitung des Agitationsmaterialssein, welches uns die Verhandlungen des preußischen Landtagesbieten. Die Hauptaufgabe aber muß der Kampf gegen den Absolu-tismus und das Junkertum sein, und die Sozialdemokratie wirdzeigen, daß sie den Kampf gegen diesen mächtigen Gegner mit Erfolgzu Ende führen wird.Der Vortrag wurde von der recht gut besuchten Versammlungmit großem Interesse angehört und lebhafter Beifall lohnte denRedner.Als Delegierte wurden die Genossen Seiler, Jahnke undOppel gewählt, als Ersatzmann Genosse Sommer.Die Versammlung des zweiten Wahlkreises(General-Versammlung des Wahlvereiiis) fand im„Hofjäger-Palast", Hasenheide, statt. Genosse S t r ö b e l sprach über die Notwendigkeit despreußischen Parteitages und erläuterte die verschiedenen Punkteseinex Tagesordnung. Eine Diskussion über den Vortrag fand nichtstatt. Der Vorstand schlug der Versammluug vor, drei Delegiertezum Parteitag zu entsenden. Diesem Vorschlage stimmte die Ver-sammlung debattelos zu. Vorgeschlagen wurden die GenossenAntrick, Mummert, Schwemcke und Bernstein. DieAbstimmung ergab die Wahl der ersten drei Genossen. Anträgewaren nicht gestellt, so daß die Versammlung bereits s�ll Uhr ge-schlössen wurde.Die Parteiversammlung für den dritten BerlinerReichstagswahlkreis tagte im großen Saal des Gewerk«schaftshauses. Reichstagsabgeordneter Wolfgang Heine hieltden einleitenden Vortrag über die Fragen, die bisher auf die Tages-ordnung des preußischen Parteitages gesetzt worden sind. Er wiesnach, daß der preußische Gesetzentwurf betreffend die Erschwerungdes Vertragsbruchs der ländlichen Arbeiter und des Gesindes vorallem sich als ein Einbruch in die Gesetzgebung des Reichs dar-stelle. Dann unterzog er die Hauptvorschriften des Gesetzentwurfseiner vernichtenden Kritik, der er einen zusammenfassenden Ausdruckdahin verlieh, daß ein so krasses Unrecht, wie hier beabsichtigt, eineNation beflecke, ganz abgesehen von dem vielen Schaden, den es an-richte. Man wolle den Landwirten ein billiges, zwar nicht williges,aber doch geknechtetes Personal verschaffen. Es handele sich um einenAusdruck rohester Klassenherrschaft, wie sie in Preußen üblich sei.—Nach einer treffenden Beleuchtung unseres Wohnungselends glossierteer die Halbheiten und Verdrehtheiten des in Aussicht gestelltenpreußischen Wohnungsgesetzes, das nicht einmal den bescheidenstenAnsprüchen genüge. An das Notwendigste, die Beseitigung des Haus-bcsitzerprivilegs in den Gemeindeverwaltungen, habe man nichtgedacht. Ehe aber das nicht gefallen sei, wäre an eine gesundeWohnungsreform nicht zu denken. Anderes müßte natürlich hinzu-kommen.(Erweiterung des Euteignungsrechtes usw.)Bei Besprechung der Schulfrage geißelte Redner es besondersals einen groben Unfug, daß die Schule zu einer kirchlichen undpatriotischen Drillanstalt herabgewürdigt worden sei und weiterhevabgewürdigt werden solle. Er verwies auf die Notwendigkeitder in unserem Programm geforderten Trennung der Kirche vonder Schule. Dagegen wäre er gegen die Beseitigung jedes Re-ligionsunterrichtes aus der Schule. Angebracht wäre ein UnterrichtUber die religiöse EntWickelung der Menschheit(Religionsgeschichte)und über die Bedeutung der Religion für das menschliche Geistes-leben.— Schließlich berührte Genosse Heine noch kurz die Landtags«wahl-Frage, wobei er den Wunsch aussprach, der bevorstehendepreußische Parteitag möge nicht heschlietzen, wie man sich bei dernächsten Landtagswahl verhalten solle. Was heute richtig sei, wärevielleicht in vier Jahren falsch, und umgekehrt wäre dann vielleichtrichtig, was heute falsch sei.— Das Referat fand lebhaften Beifall.Nach kurzer Diskussion wählte die Versammlung zu Delegiertendie Genossen Hoch, Pohl und Wolfgang Heine.— Miteinem dreimaligen Hoch auf die Sozialdemokratie schloß die Ver-sammlmtg.Vierter Wahlkreis. In der gut besuchten Versammlung,die im Lokal„Königsbank" tagte, sprach ReichstagsabgeordneterMolkenbuhr. Er schilderte in dem interessanten Vortrage dieEntstehung und die wichtigsten Punkte der preußischen Verfassung,sowie die EntWickelung der politischen Verhältnisse in Preußen, undführte den Anwesenden vor Augen, ivie hier eine verhältnismäßigkleine Zahl Besitzender über das Wohl und Wehe deS arbeitendenVolkes zu entscheiden hat. Der Redner wies auf den berüchtigtenGesetzentwurf gegen den Vertragsbruch der Landarbeiter hin, aufder. Wohnungsgesetzentwurf, auf die traurigen Schulverhältnisse undmachte aus die hohe Bedeutung aufmerksam, die die der preußischenGesetzgebung unterstellten Materien für das Volk haben. Er schloßleine inhaltreichen Ausführungen mit der Bemerkung, der preußischeParteitag möge dazu beitragen, daß das Interesse für diese An-gelegcnheiten immer mehr wächst. Auch auf diesem Gebiete müssedie Sozialdemokratie Schritt vor Schritt vordringen, bis der Siegendlich errungen sei.— Der Vortrag fand sehr lebhaften Beifall.—Vom Genossen S t u m pe wurde sodann ein Antrag eingereicht undbegründet, der Einheitlichkeit und Verbilligung der Lehrmittel be»zweckt. Der Antrag wurde deu Delegierten überwiesen. Außerdemsprach Genosse Teter zur Diskussion; er äußerte sich ganz imSinne des Referats.— Zur Delegiertenwahl bemerkte der Vor-sitzende, daß durch das Los entschieden worden war, daß zweiGenossen aus dem Südosten und einer aus dem Osten gewähltwerden soll. Gewählt wurden aus dem Südosten die GenossenE n, i l Voigt und Wilhelm Ulm, aus dem Osten G u st a vDöring.Fünfter Wahlkreis. In der gestrigen General-Versammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins, die inLeydeckers Saal stattfand, wurde zunächst das Ableben des GenossenLichten st ein, der lange als BezirkZführer der Partei dienstbargewesen ist, durch Erheben von den Sitzen geehrt. Sodamt verlasder Kassierer L i e p m a n n die Namen von 47 Genossen, die sichzur Ausnahme in den Wahlverein gemeldet hatten; gegen die Auf-nähme wurden Einwendungen nicht erhoben. Hieraus referierteGenosse Wels über die Gründe der Einberufung und über dieTagesordnung des zwischen Weihnachten und Neuzahr in Berlinabzuhaltenden Parteitages für Preußen. Redner ist derMeinung, daß diesem ersten preußischen Parteitage zweifellos anderefolgen werden, ähnlich wi- dies in den übrigen Einzelstaaten schonseit längerer Zeit üblich ist, und damit die preußischen Parteitageeine dauernde Institution bleiben werden. Es sei dieS um so not»wendiger, als die Sozialdemokratie dank des elenden Dreiklassen-Wahlrechts keine Vertretung im preußischen Landtage habe, unddaher das Proletariat in den preußischen Parteitagen ein Neben-Parlament erblicken werde von vielleicht größerer Bedeutung, wie sieder preußische Landtag habe. Denn das könne keinem Zweifel unter-liegen: Alle die für die Arbeiterschaft so überaus wichtigen Fragender spezifisch preußischen Politik würden in diesem Arbeiterparlamentungleich gründlicher und für die Oeffentlichkeit wirksamer behandeltwerden, wie in dem vermorschten preußischen Junkerparlament.(Beifall.)Eine Diskussion fand nicht statt; Anträge wurden nicht gestellt.- D a v i d s o h n regte alsdann an, den Delegierten die Mahnungmit auf den Weg zu geben, eine gründliche Prüfung der Mandateauf dem Parteitag zu verlangen und dem Unfug der Pro-tektionsmandate energisch entgegenzutreten. Redner excm-plifiziert besonders auf den Kreis Frankfurt-Lebus, dessenDelegiertenwahl seines Erachtens die Uebcrtragung von Günstlings-Mandaten in sich schließe.— Als Delegierte wurden gewählt dieGenossen Wiese, Frtedländer und Koschorreck.— ZumSchluß erinnerte L i e p m a n n noch an die ain heutigen Mittwochstattfindende Stadtverordneten- Stichwahl zwischenunserem Genossen S a s s e n b a ch und dem Freisinnigen Rettich,wobei er die Unterstützung der Wahl durch den„Vorwärts" besondersanerkennend hervorhob. Er forderte nochmals zu regster Wahl-beteiligung auf, damit der Sieg unserer Partei werde, wenn auchJuden und Antisemiten Arm in Arm gegen uns marschieren.Sechster Wahlkreis. Die Versammlung des sozialdemain die Tagesordnung gedachte der Vorsitzende Frehthalerverstorbenen Genossen Freudenberg. Insbesondere erinnerte erdaran, daß der Verstorbene einen Bezirk des sechsten Wahlkreisesin der Stadtverordneten-Versammlung vertrat und hier, wie auchsonst seine Kraft in anerkennenswerter Weise in den Dienst derPartei stellte, bis seine gebrochene Gesundheit ihn zwang, dieserTätigkeit zu entsagen.Hierauf erstattete Genosse Ledebour das Referat über diebevorstehende Konftrenz der Parteigenossen Preußens. Er beleuchtetedie auf der Tagesordnung stehenden Fragen unter Berücksichtigungder Forderungen, die wir auf diesen Gebieten stellen und gab zumSchluß der Erwartung Ausdruck, daß die Konferenz anregend aufdie Agitation wirken und dazu beitragen werde, daß wir der Er-füllung unserer Forderungen näher kommen.— Als Delegiertewurden auf Vorschlag der Bezirksführerkonferenz gewählt: EmilSchmidt, Wilhelm Knick und Paul Kaiser.Nachdem dieser Punkt der Tagesordnung erledigt war, be-schäftigte sich die Versammlung mit einigen in der vorigen General.Versammlung zurückgestellten Anträgen, welche sich auf geschäftlicheAngelegenheiten des Vereins bezichen.Versammlungen.Sechster Wahlkreis. Ueber die Krisis des zarischenAbsolutismus und das Erwachen deS russischenVolkes sprach am Freitag der Rcichstags-Abgeordnete Lebe»b o u r in einer zahlreich besuchten Volksversammlung, die imMoabiter Gesellschaftshaus stattfand. Die lebensvolle Schilderungder geschichtlichen Entwickelung sowie der gegenwärtigen kritischenLage des russischen Absolutismus, und andererseits des opferreichenund heldenmütigen Kampfes der russischen Sozialdemokraten undRevolutionäre klang aus in den Worten, daß alle Hoffnung für dieVolksbefreiung in Rußland wie in allen anderen Ländern, wieüberhaupt für die Menschheitsbefreiung, auf der Sozialdemokratieberuht, daß der Kampf für dieses Ideal in allen Ländern ein ge-meinsamer ist, und daß darum auch jeder deutsche Sozialdemokratsich verpflichtet fühlt, den russischen Brüdern werktätige Hülfe zuleisten.— Der Vortrag erregte allgemeinen lebhaften Beifall.—Der Vorsitzende forderte zum Anschluß an die sozialdemokratischeOrganisation und zum Abonnement der Parteipresse auf.Die Firma A. Wcrtheim ersucht uns um Aufnahme folgenderBerichtigung:In dem in der Nummer 289 des �Vorwärts" vom 9. Dezemberenthaltenen Artikel„Das Warenhaus Wertheim als Arbeitgeber" be-richten Sie über eine am Mittwoch stattgehabten Versammlung derbei der Firma A.'Wertheim beschäftigten Hausdiener 2C." Eine Versammlung unserer Hausdiener bat jedoch nicht stattgefunden; es warvielmehr eine von dem Vorsitzenden des HandelshülsSarbeitcr-Ver-bandes. Herrn Werner, einberufene Versammlung, welche sich mitden bei unserer Firma vorhandenen Mißständen beschäftigen sollte.In dieser Versammlung war nur ein kleiner Teil der bei uns an-gestellten Diener erschienen. Ferner sind die folgenden in dem obenezeickneten Artikel enthaltenen Behauptungen sämtlich unwahr: DieSchaffner sollen mit Arbeit überlastet sein, so daß sie häufig kaumZeit hätten, ihr Essen zu sich zu nehmen.— Eine Bezahlung vonlleberstuiiden erfolge nur in wenigen Ausnahmefällen.— Die Verbandsleitung habe eine Anfrage an uns gerichtet, ob wir bei derablehnenden Haltung beharren wollten.— Wir sollen schriftlich er-klärt baben, es bleibe bei der Ablehnung.— Insbesondere sind auchdie einem Mitgliede der GeschästSleiwng in den Mund gelegtenAeußerungen über die Kundschaft hoher und höchster Herrschaftensowie diejenigen über einen eventuellen Boykott der Arbeiter gänzlichunwahr. Hochachtungsvoll_ A. Wertheim.Vom ostasiatischen Kriegsschattplatze.London, 13. Dezember.„Morning Post" meldet auS Shanghaivom 12. d. M.: Der japanische rechte Flügel südlichdes Schaheho machte eine Bewegung nach Norden.Die Vorhut erreichte Huanscha. Es wtrd berichtet, daß ein heftigerKampf entbrannt sei.London, 13. Dezember.„Standard' berichtet aus Tokio vongestern: Aus glaubwürdiger Quelle verlautet, daß die„Sewastopol"linter dem Schutz der Landbatterien von Mantamschan liege, aberden japanischen Torpedo-Angriffen auf Gnade und Ungnade aus-gesetzt sei. Die russischen TorpedobootS-Zerstörer sollen sich zwischendie Hospitalschiff« geflüchtet haben.Kapstadt, 12. Dezember.(Meldimg des„Reuterschen Bureaus".)DaS nach Port Arthur fahrende russische Lazarettschiff„Oret" isthier zur Ausnahme von Vorräten eingetroffen.Letzte Nachrichten und Depefchen.Das Urteil im Plehwe- Prozeh.Petersburg, 13. Dezember. Das Urteil im Prozeßgegen die Attentäter Plehwe's wurde gegen abend verkündet.Sazonow wurde zu lebenslänglicher und tsikorsky zu zwanzigjähriger Zwangsarbeit verurteilt. Die Berhnndlung ist rnhtgverlausen._Italienische Deputiertenkammer.Rom, 13. Dezember.(W. T. B.) Bei Beratung der Adreß-d«batte als Antwort auf die Thronrede führt Ferri(Soz.) auS,die Thronrede habe nichts über den allgemeinen Ausstand und überdie Ehescheidung enthalten; der Ausstand sei nickt daS Werk einerfleinen, den Umsturz bezweckenden Zahl gewesen, sondern eine fcier-liche Protestkundgebung des Proletariats. Die Gruppe der Sozia-listen und das Proletariat sollten sich allen Beschränkungen desAuSstandsrechts widersetzen. Taroni(Republikaner) tritt fürdie Notwendigkeit wirtschastlichcr Reformen ein. Sonnino fordertdas Ministerium auf, sich über die Milttär- und Eisenbahnfrage zuäußern.Ministerpräsident G i o l i t t i stellt in Abrede, daß es der neuenKantiner an politischer Information fehle und daß sie das Resultateiner Ueberraschung sei. Da Ferri und viele seiner Freunde ihrMandat niederlegen wollten, habe die Regierung an das Land appelliert,dessen Antwort derart war, daß sie keinen Zweifel zuließ. Die Frageder Ehescheidung wurde auf fast einstimmigen Beschluß der früherenKammer zurückgestellt. Bei dem letzten Wahlkampfe sprach fastniemand von der Scheidung, der ich übrigens günstig gegenüberstehe.Bei den Unruhen im September, die für jedermann und besondersfür die Regierung schmerzlich waren, hätten sich gewisse AuS-schrcitunacn nicht ereignet, wenn die Agitatoren aus den verschiedeneuKulturzustand und Geist der Bevölkerung Rücksicht genommen hätten.Jedenfalls ist es durchaus ungerecht, die Regierung für einige be-dauerliche Vorkommnisse verantwortlich zu machen. Gegenüber demallgemeinen Ausstände hatte die Regierung sich vorgenommen, denAusstand nicht gewaltsam zu unterdrücken; sie hatte Vertrauen inden guten Geist der Bevölkerung in der Ueberzcugung, daß eS sichnur um eine vorübergehende Verirrung handelte. Sie empfahldaher den Präfekten Mäßigung und Ruhe. ES ist kein Grundvorhanden, dies Verfahren zu bedauern.(Lebhafter Beifall.)Der Ministerpräsident fügt hinzu: Wenn auch nicht alle Volke-wirtschaftlichen und finanzielle» Reformen, die die Regierung be-absichtigt«, in der vergangenen LegiSlattirpcriodc verwirklicht werdenkonnten, so wurden doch die Gebälter erhöht und die Lage der Ar-beiter bedeutend gebessert.(Beifall.) Reformen, welche die Re-gierung in kurzer Zeit durchführte, sind nicht gering an Zahl und Be-deutung; das dauernde Bestreben der Regierung und des Palamentsmuß und wird eS aber sein, die Lage der minder gutgestellten Klassenzu bessern, denn die Ausdehnung des Wohlstandes aus alle Be-völkerungsflassen ist ein sicherer Schutz des Friedens im Vaterlande.(Lebhafter, andauernder Beifall.) Die Adresse zur Beantwortungder Thronrede wird sodann mit großer Mehrheit in einfacher Ab-krattschen Wahlvereins tagte im Saale des„Eiskellers". Vor Eintritt! stimmung angenommen und die Sitzung vertagt.B«ant»».Redatt.!PauiBüttner.verlw.JnIerateveralltw.(müMSmchmeder. Nene Welt'-SeUagejöTHElslie.Verü«. Druck uöSerlag: Vorwärts Suchdr. tl.BerIagSanit.PatüLmger�Eo..B«rllnLW. Hierzu S Beilage»