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berteiler.

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Türe zu weisen ohne Schimpfen und ohne Anwendung von Gewalt."

2001 Zentrum und Protestantismus .

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Spahn und Bachem. Nachdem sich Herr Spahn ins preußische Abgeordnetenhaus hat wählen lassen, ist, wie schon früher berlautete, Herr Bachem preußenmüde geworden. Dr. Bachem hat nunmehr dem Bureau des Abgeordnetenhauses die Mitteilung zugehen lassen, daß er sein Mandat für den Wahlkreis X Düsseldorf( Krefeld­Stadt) niederlege.

Der Vorwärts" hat den Sachverhalt genau geschildert und dann die Stelle des Artikels in sieben Drudzeilen wörtlich wiedergegeben. Bebel hatte im Reichstage gesagt( siehe Diese Verhaltungsvorschrift enthält ein so kostbares Geständnis Germania " Nr. 287), die Koblenzer Volkszeitung", deren Chef des Zentrums, daß wir der Germania " die dreist gegen uns ver­redakteur der Kollege Dr. Marcour sei, habe eine Notiz gebracht, übte unwahrheit verzeihen. Das Zentrum nimmt in Anspruch, daß ,, worin den Genossen, die Kalender auf dem Lande verteilen, mit in seinen schwarzen Revieren mir zentrumsgläubige Schriften, die einer Portion ungebrannter Holzasche gedroht wird". Nach dem den heiligsten Gefühlen und Ueberzeugungen" der Bewohner ent­Zwangsprofite für Ballin- Wigand. In der Bonner Bürger­Artifel der Germania " soll es teine Drohung sein, wenn ein Blatt sprechen, Verbreitung finden. Andere Schriften sollen keinen von der großen Verbreitung des Koblenzer Zentrumsorgans schreibt, Butritt haben, denn das Zentrum hat so geringes Vertrauen in zeitung" leſen wir: Auf unserer Redaktion stellte sich gestern ein junger Russe daß die Moselbewohner, wenn ihnen in der Stimmung nach dem seine allergetreuesten Schäflein, daß es befürchtet, das Lesen un- aus Riga vor, der einer jener liebenswürdigen Zwangsanweisungen Lefen des auf Massenverhebung abgesehenen Blödsinns" der sozial- heiliger Schriften werde die heiligsten Gefühle schleunigst ver- seines Weges über Bremen hatte Folge leisten müssen. In Eydtkuhnen demokratische Agitator in die Hände gefallen wäre", sie wandeln. Darum müssen die Zentrumsanhänger im dolus ihn, statt mit Schinken, Obst und Wein( wie es tatsächlich geschehen eventualis gehörig unterrichtet werden, auf daß sie bei den wurde er von einem Gendarmen gestellt und erhielt auf seine Mit­ist)" mit kräftigerer Kost nämlich mit ungebrannter Holzasche trattiert Schriftenbringern schon von weitem und, ehe fie vom Inhalt teilung, daß er nach New York wolle, die verblüffende Antwort, das gehe nicht so, er müsse dableiben. Bemühungen des Fremden, sich Fahr­haben würden". Dies ist nicht nur eine Drohung, sondern, der Schriften irgend etwas in Augenschein genommen, die teuflische tarten über Berlin resp. Antwerpen zu verschaffen, waren vergeblich; wie wir schon geschrieben hatten, geradeswegs eine Auf- Absicht erkennen. Das Zentrum bekennt, nicht das allergeringste forderung zur Mißhandlung sozialdemokratischer Schriften- Bertrauen in die Festigkeit der heiligsten Gefühle feiner allergetreuesten wohl oder übel war er gezwungen, feinen Weg über Bremen Schäflein zu setzen. Es ist von bebender Furcht befallen, daß seine zu wählen, da ihm andererseits nur der Ausweg blieb, nach Ruß­Diese lettere Auslegung soll die Fälschung" des Vorwärts" Anhängerschaft, sobald sie die sozialdemokratischen Flugblätter nicht land zurückgeschickt zu werden. Das Verlangen unseres Gewährs­fein! In Wirklichkeit aber ist der Artikel der Germania " von der Schwelle weist, sondern überhaupt erst einmal einläßt und mannes, für ſein gutes Geld ein eigenes Logis wählen zu können, eine grobe Fälschung unseres Artikels: Wir hatten liest, schleunigst zur Erkenntnis des wahren Zentrumswesens ge- wurde zunächst ebenfalls mit der Drohung, ihn zurückschicken zu 3 toe i Notizen aus der Koblenzer Volkszeitung" abgedruckt, eine langen fönnte. Nur in der Unwissenheit ruht die politische Gewähr wollen, abgewiesen. Erst auf energischere Vorstellung bewirkte er, aus Nr. 638 und eine aus Nr. 647. Diese zweite Stelle aus des Zentrums. Aber gerade der Vorfall, von dem dieses famose daß man im Mißlerschen Bureau die Weisung gab, ihn in dieser dem Koblenzer Blatt unterschlägt die Germania ". Und in dieser Selbstbekenntnis ſchwarzer Geister ausging, zeigt, daß diese mächtige Richtung gewähren zu lassen. Unserem Gewährsmann war selbst unterwegs die Benutzung der zweiten Klasse verweigert worden. unterschlagenen Notiz kam die Drohung völlig unverblümt Stüge der Zentrumsherrschaft zu versagen beginnt. Die Geschäfte der reichen Reederfirmen gedeihen dabei zum Ausdruck. Es wurde darin dem Kalenderverteiler der Rat" prächtig. Täglich kommen große Trupps russischer Auswanderer gegeben, wenn er noch einmal den Drt Brodenbach als Feld seiner in Bremen an. Wie stark die Auswanderung über Bremer­Tätigkeit ausersehe, sich der Jahreszeit entsprechend dick zu kleiden, tas ihm bei dem zu erwartenden freundlichen Empfang" von Die Germania " glaubt das Zentrum bereits dermaßen Herr haben ist, ergibt sich aus dem Umstande, daß der Lloyd großem Nutzen sein könnte". Das ist ebenfalls mehr noch als eine des Deutschen Reiches, daß sie mit wildem Kegerbrandgeschrei die bereits zwei Dampfer mehr innerhalb 14 Tagen expedieren Drohung; es ist eine Aufforderung. Wie die Land- Ausrottung jeder Schrift aus Volksbibliotheken verlangt, die ihrem mußte, nämlich die Weimar " und die" Darmstadt ", die mit 2000 bis 2200 Zwischendeckspassagieren abgingen. Nach dem letzten bewohner solche Notizen verstehen, das haben unsere Partei- Pfaffengehirn zuwider find. Monatsbericht des Bremischen Statistischen Amtes für November genossen im frommen Rheinlande schon zu oft am eigenen Gegenüber dieser Anmaßung weisen wir darauf hin, daß das wird eine Zunahme der Auswanderer um etwa 2000 in diesem Monat Leibe erfahren müssen. In der zweiten Oktoberwoche dieses Jahres Zentrum ja sogar gegen den Protestantismus in Voltsschulfonstatiert, während im November des Vorjahres eine rückläufige verhandelte die Strafkammer in Koblenz , also dem Erscheinungs- bichern beschimpfende Propaganda treibt, und übrigens auch nach Bewegung eingesetzt hatte. Den 3966 russischen Auswanderern im ort des zur Debatte stehenden Zentrumsblattes, gegen mehrere Gin­November des Vorjahres stehen in diesem Jahre 6239 gegenüber, wohner aus dem strengkatholischen Winzerdorf Rech , weil sie einen der flerikalen Sinnesauffassung ehrlicherweise treiben muß. Die Germania " ist durch unsere Andeutung in ihrem alfo 2273 mehr. reisenden Kaufmann, der ihnen im Wirtshausgespräch seine sozial­demokratische Gesinnung verraten hatte, in barbarischer schlechten Gewissen ungewöhnlich kleinlaut geworden; statt, wie Partikularistische Armee- Ehre. Oberstleutnant a. D. Balser er­Weise mißhandelten. Die Zentrumschristen schlugen dem sonst, auf uns zu schimpfen, begnügt sie sich mit der zitternden, läßt im Hessischen Kamerad" die Erklärung, daß die hessischen Staufmann mit einem armdicken Weinbergspfahl mehrere Male über schüchternen Frage: Offiziere, die sich durch die Angaben in den Kriegsbriefen den Kopf und verlegten ihn derart schwer, daß die Koblenzer Richter des verstorbenen Generals v. Kretschman über die zwei der Angeklagten zu je sechs Wochen Gefängnis, den dritten zu Plünderung" von Sens durch hessische Truppen im Jahre 1870 be­50 M. Geldstrafe und alle drei zu 320 M. Buße an den Miß­leidigt gefühlt haben, von einer Privattlage gegen Frau Lily Braun , handelten verurteilten. der Herausgeberin der Kriegsbriefe des Generals v. Kretschman, nunmehr Abstand nehmen wollen. Das Strafverfahren gegen die Mainzer Boltszeitung" habe nach der Anschauung der maßgebenden Instanzen klar und unverrückbar festgestellt, daß die Anflagen des Generals v. Kretschman gegen das Verhalten der hessischen Truppen in Sens völlig unrichtig seien"; damit wäre der Deffentlichkeit, sowie dem Jnteresse der beteiligten Offiziere Genige gefchehen, zumal in den späteren Ausgaben der Kriegsbriefe die beleidigenden Stellen Die in Mainz angedrohte weitere Klage wird also preisgegeben, der ersten Auflage weggelassen seien. weil nämlich inzwischen die vollständige Wahrheit der be­haupteten Ausschreitungen nachgewiesen worden ist. Lediglich bie Hessen sind unschuldig! Seltsam, daß der hessische Offizier so partitularistisch gesinnt, um seine Zufriedenheit öffentlich zu befunden, daß es ein anderer deutscher Truppenteil gewesen ist, der Sens geplündert hat.-

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Der Vorwärts" behauptet in einer Bemerkung zu unserem letzten Artikel: Ob Exzellenz Studt die Bücher wohl gelesen hat", daß sogar in katholischen Lehrbüchern, die offiziell in preußischen Volksschulen eingeführt werden, der Protestantismus als die Quelle aller Unsittlichkeit dargestellt wird." Wir bestreiten das und bitten den Vorwärts", die betreffenden Lehrbücher mit den betreffenden Stellen anzugeben.

Die Koblenzer Volkszeitung", das Blatt des Neichstags- Ab­geordneten Dr. Marcour, treibt ihre schändliche Hezze schon seit vielen Jahren. Ihre die Landbevölkerung zu Gewalttätigkeiten Herausfordernden Artikel lassen sich bis in das Jahr 1898 zurück­berfolgen. Damals hat sogar das Blatt der katholischen Die holde Unschuld. Sie bestreitet ihre eigene Weltanschauung, Arbeitervereine Westdeutschlands, der" Christliche Arbeiter- die ihr allerdings in einem gemischt konfessionellen Lande selber freund", in einem Artikel gegen die Koblenzer Volkszeitung" diesem peinlich ist. Wir sind aber nicht so hart, solcher sanften Bitte zu Blatt Knüppelpolitit" vorgeworfen. In einem Artikel vom 6. oder 7. Juni 1898, zur Zeit des Reichstags- Wahlkampfes, berichtete die widerstehen, und teilen ihr mit, was sie doch längst weiß. Wir das Büchlein ist uns zufällig in die Hände ge­Koblenzer Volkszeitung", am verflossenen Sonntag hätten in dem beziehen uns Orte Urmiz sozialdemokratische Sendlinge" ihre voltsverhetzenden raten auf den Katholischen Katechismus für das Erzbistum Köln . sahlaufrufe" verbreitet. In der Mitte des Ortes feien sie abgefaßt" Mit oberchriftlicher Approbation. 19. Aufl. Düsseldorf . 1904 bei worden; man habe sie dann zum Ort hinausgeschoben nach L. Schwann." Stalteneggers zu." Ein Radfahrer habe die Bürger des letzteren In dem 34 Seiten langen Abriß der Religionsgeschichte von Ortes von dem bevorstehenden Besuche unterrichtet." Dann heißt der Erschaffung der Welt( ungefähr 4000 vor Chr.!) bis zur Gegen cs tvciter: wart heißt es auf Seite 23: Die Roten wurden sofort gebührend(!!!) empfangen, die Waschzettel wurden ihnen abgenommen( die Leute wurden also beraubt!) und sie in handfester Begleitung vors Dorf befördert und dann ihrem Schicksal überlassen."

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Was die letzten drei Worte bedeuten sollen, können wir heute nicht mehr feststellen. Vielleicht handelt es sich auch da um einen jener Ausbrüche der zentrumschriftlichen Volksseele, wie er um die nämliche Zeit in Bullay im Gebiete der Koblenzer Volkszeitung' zu beklagen war. Dort wurden sozialdemokratische Flugblattverteiler bis auf den Bahnhof verfolgt und sogar der abfahrende Eisen­bahnzug wurde noch von der Menschenmenge mit Steinwürfen bombardiert.

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Nach alledem fällt die Behauptung der Germania ", der Vor­tvärts" habe eine Fälschung begangen, wieder einmal auf das Bentrumsblatt selbst zurück.

Bemerkenswert ist schließlich, was die Germania " selbst zu der

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Thorn, 19. Dezember. Das hiesige Kriegsgericht verurteilte Endlich brach er( Luther ) das Gelübde der Keuschheit, welches den Reservisten Bernhard Kleppel, der gelegentlich eines Biwaks im er als Mönch und Priester abgelegt hatte, und nahm eine Nonne Manöver im Rausch Unteroffiziere angerempelt und sich disziplinarisch zum Weibe... Dessen ungeachtet gewann er in furzer Zeit einen vergangen haben soll, wegen widersetzung in fünf Fällen, Achtungs­großen Anhang; denn der leichtsinnigen Volksklasse gefiel die be- verlegung, Beharren im Ungehorsam, Beleidigung eines Vorgesetzten und Selbstbefreiung als Gefangener zu drei Jahren Gefängnis. Der queme, dem sinnlichen Menschen zusagende Lehre, und den hav- Vertreter der Anklage hatte nicht weniger als Jahre Gefängnis süchtigen Großen kam die Aufhebung der Stifte und beantragt. Klöster sehr gelegen.

Bei diesem Kapitel hat der Katechet an die Schüler u. a. folgende Fragen zu beantworten:

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Wer war der Urheber des Abfalls von der Kirche im 16. Jahrhundert? Wie betrug er sich gegen den Papst? Was gestattete er den Mönchen und Nonnen?-war sein Wandel auch erbaulich?

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Der Protestantismus ist demnach eine für die leichtsinnige Volks­Klasse bequeme, dem sinnlichen Menschen zusagende Lehre mit andern Worten ein Quell dessen, was das Zentrum mit besonders wollüftigem Schauder als Unjittlichkeit" verfolgt. wollstigem Schauder als Unfittlichkeit" verfolgt.

Frage denkt, wie ihre Anhängerschaft sozialdemokratische Schriften verteiler aufnehmen solle. Sie erklärt die Drohungen mit un­gebrannter Holzasche" bei der entrüsteten Stimmung der Bevölkerung und bei der Sprech- und Schreibweise eines einfachen Dorf Da mm die Konfessionsschule dazu dienen soll, die Sittlichkeit" bewohners" für erklärlich und wenigstens leicht ent­schuldbar". Sie selbst natürlich stellt strengere Anforderungen: im Volte zu stärken, so wird das Zentrum das Verbot protestanti Wir würden selbstverständlich einen tätlichen Angriff, auch scher Konfessionsschulen fordern müssen, wenn anders es sich nicht wenn er in der Erregung vorkommen wäre, mißbilligen und zum Mitschuldigen von Heinze- Erziehung zur Unfittlichkeit machen will! niemals dazu auffordern; wohl aber geben wir auch heute noch Sind die Anhänger der allein. felig machenden Kirche so feige den Landbewohnern den Rat, solchen aufdringlichen Genossen", geworden, daß sie ihre eigene Anschauung verleugnen?- welche ihnen Schriften, die ihre heiligsten Gefühle und leber­zeugungen aufs tiefste verlegen, ins Haus bringen wollen, die

Mit Ballin unterwegs.fommen, um in seiner Gefangenschaft Preußen zu durchreisen.

Erfahrungen eines russischen Auswanderers.

I.

Vorbemerkung.log out Der Ausbruch des russisch - japanischen Krieges ließ den Strom russischer Auswanderer zur Hochflut anschwellen. Die geistige und politische Knebelung eines ganzen Volkes durch eine verbrecherische Bureaukratie, die von Staats wegen betriebene Ausplünderung und Ermordung russischer Juden, ein selbst in den Annalen russischer Schredensherrschaft bisher unbekanntes Blutregiment hat den Druck bis zur Unerträglichkeit gesteigert. Als die Mobilisierung des russischen Heeres begann, offenbarten sich die Segnungen des barbarischen Despotismus.

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Die Aufzählung der Vergehen, deren fich der Reservist schuldig gemacht haben soll, flingt wieder gar fürchterlich, aber oft find die Tatsachen, die in solchen Fällen zugrunde liegen, recht unbedeutend. Und obschon der Reservist im Rausche gehandelt hat, wird über ihn eine so ungeheuere Strafe verhängt. Auch in der Richtung ist die Umgestaltung des Militär- Strafgesetzbuches eine Notwendigkeit, daß Verstöße, die in der Trunkenheit geschehen, mindestens mit milderem Strafmaß gemessen werden.

Ein Hauptmann wegen Mißhandlung eines Untergebenen vor dem Kriegsgericht.

Thorn, 15. Dezember. ( Eig. Ber.) Wegen Mißhandlung eines Untergebenen und Abhalten desselben von einer Beschwerde durch widerrechtliche Mittel hatte sich vor dem Kriegsgericht der Haupt­mann und Kompagniechef Hugo v. Krause vom Infanterie­Regiment Nr. 176 zu verantworten. Er hatte als Burschen bei seinen Pferden, den Musketier Herbst bestellt. Am 13. November bemerkte Hauptmann von Krause, daß der Flantierbaum zwischen den Pferden, nicht ordnungsmäßig befestigt war, so daß die Pferde

Wie ich am frühen Morgen erkannte, beherbergte der Schlaf­raum noch vier Schlafgenossen, die schon in zeitiger Stunde mit umständlichen Gebetsübungen beschäftigt waren. Im Nebenzimmer schliefen einige Frauen, von denen eine auf Stühlen neben dem Ofen ruhte. Der Wirt wechselte mir einige Rubel, wie anerkannt werden muß, zu ihrem vollen Werte ein, zeigte mir den Weg nach der nahen Bahnstation, und wünschte mir glückliche Reise.

In drei Stunden fuhr ich im gemäßigten Kleinbahntempo nach Tiljit.

Wildfremd um mich blickend ging ich zögernden Schrittes zur Fahrkartenausgabe und verlangte im jüdisch- russischen Jargon ein Billett vierter Klasse nach Hamburg . " Sind Sie russischer Untertan?", fragte der Beamte in preußi­scher Forsche. " Jche fomme von Rußland her," antwortete ich. Haben Sie einen Gouverneurpaß?" war die zweite

noch Geldmittel besitzt, um ihm Tribut zu zollen, wer von ihm habt?" fragte mich einer der Anwesenden, nach Beendigung ihrer eine Schiffskarte zu erschwingen vermag, fann seinen Häschern ent- Unterhaltung. Die Frage bestätigte ich durch zusagendes Kopfnicken, und erbat bald darauf, ermüdet wie ich war, inein Nachtlager. Als der Vortvärts" dieses unheimliche Treiben der Stulturwelt enthüllte, verfiel die bürgerliche Presse in unerschütterliches Schweigen. Erst als es einem unserer Freunde gelang, in eine Ballinsche Dunkel­fammer einzudringen, als man nun die unleugbare Tatsache nach weisen konnte, daß Ballins Agenten mit Unterstüßung preußischer Behörden russische Auswanderer in Ruhleben vor die Wahl stellten, ent­weder deutsche Schiffstarten nach Amerika zu lösen oder nach Rußland ausgewiesen zu werden, da wurden denn die hartnäckigsten Schweiger, selbst alte Ballinsche Nassauer auf luxuriösen Seefahrten, zum Neden gezwungen. Nun konnte man nicht mehr leugnen! Man durfte aber nicht zugeben, daß diese Ausbeutung des fliehenden Elends und der gehezten Not systematisch betrieben wird, man ge­stand nur bedauerliche Mißgriffe einzelner Beamten ein. Bald wußte die russen- und ballintreue Presse zu melden, daß die Miß­Tausende wehrhafter Männer zeigten sich wenig geneigt, zu Ehren helligkeiten" im Auswanderungswesen durch einen gemeinsamen Erlaß des Knutenzarismus den Boden der Mandschurei mit ihrem Blute der beteiligten Schiffahrtsgesellschaften beseitigt sind. Uns aber schien es zu düngen. Russen, Litauer, Juden und Bolen verweigern die ausgeschlossen, daß mit den Ballinschen Praktiken über Nacht aufgeräumt Heeresfolge, raffen ihre Habseligkeiten zusammen und eilen den worden sei. Es ergab sich die zwingende Pflicht, durch Augenschein Mühsam in jahrelanger Arbeit die Ueberzeugung zu erlangen, ob überhaupt und wie weit eine russischen Grenzen entgegen. erworbenes Eigentum wird um billiges hingegeben, Angehörige, Aenderung dieser empörenden Zustände eingetreten ist. Freunde und Verwandte legen den letzten Spargroschen zusammen, um einem Flüchtling die Fahrt in ein besseres, freieres Land zu ermöglichen. Scharen russischer Flüchtlinge erscheinen an den Von Schmalleningken bis Tilsit. preußischen Grenzen. Die armen Geheizten glauben mit dem Ver- Am Montagabend, einem grauen, nebligen Dezembertage, 30g tassen russischer Erde ihren Peinigern entronnen zu sein; schon ich in der Tracht eines russisch - polnischen Juden von der russischen atmen sie freier beim Anblick des vermeintlichen Kulturlandes Grenze her nach langer Fußwanderung an den Ufern der gefrorenen Preußen. Doch neue Tage qualvoller Angst harren ihrer und gar Memel in das preußische Grenzdorf Schmalleningken ein. So weit bald müssen sie empfinden, daß weit über die preußischen Grenz- das Auge reicht, erblickt man einsame Landwege, umfäumt von pfähle hinaus die Luft Sibiriens weht. düsterem Kiefernwald, der mit dem grauen Horizont in eins ver­fließt. Selbst die Natur gemahnt unwillkürlich an den schweren Albdruck, der auf dem großen Barenreiche laſtet.

II.

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Frage.

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Nein, iche hab' feinen," sagte ich mit gepreßter Stimme. " Dann fann ich Ihnen keine Fahrkarte geben." " Jche will doch aber fort von hier!"

Dann werden Sie eine Schiffstarte nehmen

müssen." Bu was brauch' iche e Schiffstart', iche will nur nach Hamburg , dorten hab' ich Verwandte." " Ja, ich darf Ihnen feine Fahrkarte verkaufen." che bin doch kein Schnorrer, iche hab' Geld." " Das ist ganz egal," war die Antwort.

Auf mein wiederholtes Bitten, mir eine Fahrkarte zu verabfolgen, wird der Beamte ungeduldig und ruft einem Gepäckträger laut zu: Wo ist denn der Gendarm?"

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In dem Bestreben der Regierungen Preußens und Rußlands , jede Der Gepäckträger erwidert, daß der Gendarm den Bahnhof freiheitliche Regung der Völler zu unterdrücken, hat Preußen im Dienste Rußlands das traurige Schergenamt übernommen, entgegen dem in In diesem Grenzorte, in dem die Auswanderer sich zu sammeln bereits verlassen, und schickt sich an, nachdem der Beamte mich an­allen Kulturstaaten anerkannten Völkerrecht, an seinen Grenzen pflegen, brachte ich die Nacht zu. Der von Auswanderern viel auf- gewiesen hatte, zur Kontrollstation zu gehen, meinen Koffer Der Büffetier erbot sich plöglich, ohne ruffische Militärflüchtlinge aufzuhalten. So sehen die Aus- gesuchte jüdische Gasthof war überfüllt und auf mein Bitten wurde eben dorthin zu tragen. wanderer auf der einen Seite ihre nationalen Henter, ich in ein anderes Logierhaus geführt. Bei dem trüben Schein einer daß ich ihn darum gebeten hatte, mir Geld umzuwechseln. Wissen bereit, sie in die russische Hölle, zur weiteren Erefution, zurück- kleinen Lampe saß eine Auswanderergesellschaft, die das gemeinsame schaftshalber ging ich darauf ein. Für meinen Fünfrubelschein( 10,80 m.) zustoßen, auf der anderen Preußen, das unter dem trügerischen Deck- Schicksal zusammengeführt hatte, bei einander und unterhielt sich in gab mir der Biedermann 10 M. heraus. Ich schüttelte den Kopf und mantel fanitärer und sicherheitspolizeilicher Maßnahmen, sich herbei- lebhaftem Kauderwelsch über die Erlebnisse ihres Grenzüberganges reichte ihm das Geld in der flachen Hand wieder hin. Mitleidig wie läßt, pakloje Auswanderer, und alle Militärflücht und die bevorstehende Reise. Mit Aufmerksamkeit versuchte ich dem er war, schickte er sich an, mir noch zwanzig Pfennige zu geben, als linge sind selbstverständlich paßlos, zwar nicht Gang der Unterhaltung zu folgen. Zwar hatte ich in meiner Jugend der eben noch so hülfsbereite Gepäckträger ihn davon abzuhalten auszuliefern, sondern als Bettler, Landstreicher und Ge- vielfach Gelegenheit, manches aus dem Schatz dieser aus deutschen, versuchte mit der Mahnung:" Du wirst doch dem Juden nicht noch hebräischen, russischen und polnischen Broden zusammengesetzten mehr geben!" Trübselig, doch anscheinend zufrieden, steckte ich das sindel" nach Rußland auszuweisen. In banger Todesfurcht öffnet sich den Verfolgten, die häufig mit Sprache kennen zu lernen, doch beherrschte ich sie nicht birtuos Geldstück in die Tasche und zog im Vorgefühl der kommenden Lebensgefahr ihres Landes Grenzen überschritten, nur ein Ausweg genug, um, ohne auffällig zu werden, mich in das Gespräch ein- Freuden nach der Kontrollstation. Wenige Schritte vom Bahnhof entfernt liegt die Station. Vor zur Flucht. Als rettender Engel tritt Ballin in die Erscheinung. Wer zumischen. Ihr habt einen schweren llebergang ge