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Keine Verfassung!

erst später, am nächsten Abend gelesen.... Nun wollte ich meinem; Kampf mit der Polizei, bei dem mehrere Revolverschüsse auf diese p Sohne ein Buch kaufen und ging in die Stadt, wobei ich auch neu- abgegeben wurden. Die Polizei zerstreute jedoch mit blanker Waffe gierig war, zu sehen, was vorginge. Ich bestieg eine Droschke die Menge und nahm die Fahnen fort. Auch die in anderen Stadt­und fuhr den Newski- Prospekt   entlang. Als ich die Wolffsche Buch- teilen veranstalteten Kundgebungen wurden unterdrückt. Ernste Ver­handlung erreicht hatte, fiel mir eine gewisse Erregung unter dem wundungen sind nicht vorgekommen, dagegen sind bei den Demon­Publikum auf. Die meisten Fußgänger blieben auf dem Bürger- ftranten neun leichte Fälle von Verlegungen und bei den Polizisten steige stehen. Die Straßenbahnwagen waren vom Publikum über- zwölf Fälle festgestellt worden. Zwei der letzteren haben Schuß­füllt. Sämtliche Augen waren nach der Richtung des Rathauses wunden erhalten. 43 Personen wurden als Hauptschuldige fest= gewendet. Im Nu übersah ich alles! Eine aufgeregte Menschen- genommen und werden wegen Verstoßes gegen die Verordnung über Die sonst menge, vom Rathause her eilend, drängte die Fußgänger vom Rat- Straßenaufläufe zur Verantwortung gezogen werden. Hause: berittene Gendarmen folgten ihr auf den Fersen und hieben noch verhafteten Personen wurden nach Unterdrückung der Unruhen mit blanker Waffe auf sie ein.... Der amtliche Bericht spricht nur wieder freigelassen. Gestern wurden die Versuche zu Unruhen er von Hieben mit der flachen Klinge. Eins fiel mir in dem Berichte neuert, jedoch von der Polizei verhindert, wobei 22 Personen in Haft besonders auf, es sind die Worte:" Die Polizei war ge= genommen wurden. zwungen, blank zu ziehen." Der Sinn dieser Worte ist mir wie auch jedem gebildeten Manne ein ganz bestimmter: Die Polizei ist nur etwa im Falle der Notwehr oder einer Verhaftung zur Waffe zu greifen berechtigt: der Säbel soll nie an Stelle der Nagajta"( Knute) gebraucht werden. Doch war dies hier der Fall. Es kann also von Notwehr der Gendarmen, die sie zum Waffen­gebrauch gezwungen hätte, in einem Falle wie diesem keine Rede fein, wo eine Abteilung berittener Gendarmen eine unbewaffnete Menschenmenge vor sich her trieb. Und in der Tat, wem lann von Fliehenden Gefahr drohen? Die Gendarmen ritten vorbei. Bald darauf sah ich einen jungen Stundenten, der von Polizisten geschleppt wurde. Ihm war ein Auge ausgestochen. Nie werde ich diese schaudererregende, blutende Wunde vergessen. Es zeigten sich, von Polizisten ge= führt, immer neue Gestalten, mit bleichen, blutbefleckten Gesichtern. Von diesem Anblick tief erregt, stieg ich aus der ist Droschke und näherte mich einem Bekannten, den ich auf der anderen Seite der Straße gehen sah. Höchst erregt von dem, was er gesehen und gehört, schilderte er mir die Vorkommnisse wie folgt:

Als ich am Rathause vorüberging, hörte ich einen Gesang er­schallen; von Neugier getrieben blieb ich stehen und erblickte am Bürgersteige neben der Katharinenkirche eine Menschenmenge, von der der Gesang ausging. Die Leute hielten eine rote Fahne hoch, ähnlich denen, die an den Straßenbahnwagen als Zeichen, daß alle Bläge befeht seien, ausgehängt werden. Die Fahne trug keine Inschrift. Während die Leute ganz ruhig weiter sangen, fam plötzlich im Galopp eine Gendarmerieabteilung geritten, die blant zog und auf das Publikum losstürzte. Wild unter den Säbelhieben aufschreiend, stob die Menge auseinander. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen! Die Ruhe war in furzem wiederhergestellt," lautet der amt­liche Bericht. Jawohl, die Ruhe! Abteilungen berittener Polizisten paradierten siegesbewußt dem Newski- Prospekt   entlang. Vor der Rajankirche hielt die Polizei die Straße dicht befeht und ließ feine schlecht gekleideten Studenten und Studentinnen durch.

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Als ich in die Michailowstajastraße gelangte, ertönte wieder ein Gesang. Ehe ich Zeit hatte, mich umzusehen, erblickte ich von neuem eine Abteilung berittener Polizisten, die sich auf den Bürgersteig stürzten und blindlings die Singenden und die ruhig einhergehenden Spaziergänger mit der Waffe bearbeiteten. Ich schmiegte mich an die Wand und blieb von den Reitern un­berührt. Sie jagten vorbei, die Fußgänger zu Boden werfend. Es war eine schamlose Niedertracht, ein unerhörtes

Verbrechen.

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War es wirklich, wie ein Berliner   Lokalblatt es genannt hat, eine Jagd"? Entschieden nicht. Ein jeder Jäger verfolgt den Swed, das Wild zu erbeuten. Hier hatten die Jäger nur eines im Auge: ihre Beute möglichst zu mißhandeln.

Run gingen wir in die Michailowskajastraße und wurden dort Beugen einer schauderhaften Szene. Die Schußleute griffen solche Studenten und Studentinnen aus der Menge heraus, die ärmliche Kleidung trugen, und sie fielen über sie her, indem sie die jungen Leute heftig ins Gesicht, auf den Kopf, den Hals und den Rücken schlugen. Mehrfach wurde eine Person von mehreren Schuhleuten geprügelt. Auch Geheimpolizisten mischten sich mit ihren Stöcken ins Handgemenge. Lautes Stöhnen und Ge­schrei wurde hörbar.

Neben mir wurde ein junges Mädchen mißhandelt. Ich wandte mich an einen Polizeileutnant, der ruhig dabei stand, mit den Worten: Sehen Sie denn nicht, was Ihre Leute da treiben? Ma chen Sie doch ein Ende!" Obgleich das Gesagte alles war, was ich verschuldet, rief der Leutnant seinen Leuten zu: Backt ihn und gebt ihm eins auf den H.....!" Schlechterdings war ich außerstandte, Widerstand zu leisten. Die Schußleute ließen das Mädchen liegen und bemächtigten sich meiner. Ich wurde mit Schlägen überschüttet und suchte nur meinen Kopf zu schüßen, indem ich ihn mit beiden Händen bedeckte. Do ch einer der Polizisten wiederholte immer den Versuch, mir von unten mit der Faust das Gesicht zu verlezen. Ich riß meine Belzmüße ab und bedeckte damit das Gesicht. Nun schleppten sie mich in den Torweg des nächsten Hauses und setzten ihre infame Gewalttat fort. Zuletzt war ich vollständig mit Blut bedeckt: Blut strömte aus der Nase, die obere Lippe war von innen zerquetscht, ich hustete Blut. Auf meiner Müße sind

noch jetzt Blutspuren sichtbar.

In solchem Zustande wurde ich aufs Straßenpflaster ge worfen, die Schuhleute ließen mich liegen und überfielen einen anderen. Ich aber dachte nur daran, mich zu retten: diese Bestien wären fähig gewesen, mich ums Leben zu bringen. Also stand ich auf und versuchte, die Hintertreppe des Hauses zu erreichen. Ich blieb unbemerkt und Klingelte an der ersten Tür. Da mir aber niemand öffnete, stieg ich eine Treppe höher und ging in die offenstehende Tür hinein, die zu einer herrschaftlichen Küche führte. Als die zahl­reichen Dienstboten, die sich da befanden, mich erblickten, schrien fie vor Entfehen auf und halfen mir das Blut vom Gesicht abwaschen. Sie erzählten, daß sie von oben die Untaten der Polizei gesehen hätten und waren aufs höchste darüber entrüstet. Nun kam auch die Frau des Hauses herein und bot mir etwas Wein an.

Inzwischen trat noch einer der Verprügelten herein, um Hülfe zu erbitten. Die Glenden, die haben ja einen getötet!" rief ein Dienstmädchen. Ich blickte hinab und sah einen Mann, der regungs­los lag; noch mehrere Blutende schleppten sich durch den Hof hin und her. Jetzt waren keine Schuhleute zu sehen..

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Aus Petersburg   wird dem" Standard" gemeldet: Anstatt des erwarteten kaiserlichen Manifestes wurde am gestrigen Montag, dem Namenstage des Zaren, ein Rundschreiben an die Provinzialgouver= neure erlassen, worin ihnen befohlen wird, zu verhindern, daß die Semstwos die Frage der Einführung einer Verfassung für Rußland   erörtern. Während der bevorstehenden Sizungen der Semstwos werden deren Präsidenten persönlich für die Befolgung dieses Befehls verantwortlich gemacht werden.-

Politische Uebersicht.

Berlin  , den 20. Dezember. Deutsch  - russischer Ultramontanismus. Der antinationale Charakter des Zentrums war der Schlachtruf Die Katholiken gehorchten dem Oberen der Kulturkampfzeit. ienseits der Berge, so wurde die Ausnahmegesetz- Politik gegen die Klerikalen begründet, von diesem Vorwurf erhielten sie ihren Spitznamen: Ultramontan.

rats auszufüllen. Nun ist zwar bekannt, daß Kronprinz Wilhelm   nach Erledigung seiner vorbereitenden Studien in Plön   sich in Bonn   bei der juristischen Fakultät hat einschreiben lassen, und daß er sich dort vier Semester studienhalber aufgehalten hat, bekannt ist aber auch, daß er während dieser Zeit viel durch Besuch von Jagden, Rennplägen, Tennisplätzen und Ausflügen von seinem Studium abgezogen wurde. Das wäre nicht weiter schlimm, denn tausend andere junge Leute machen es nicht anders, sie betreiben semesterlang das, was man bei ihnen Bummelei" nennt, aber diese Studenten schwenken früher oder später entweder um der Examina willen zum ernsten Studium ein, oder sie machen überhaupt keine Examina, weil sie es nicht nötig haben und ihre Studien be­als angenehmen Zeitvertreib trachten. Auch der Kronprinz Wilhelm   braucht keine Eramina abzulegen, aber er muß doch später einmal die höchste Würde im Reich und Staat übernehmen, und um deswillen wäre es manchem überzeugten Monarchisten wohl lieber gewesen, wenn er auf seine Studien noch Zeit hätte verwenden fönnen. Wie steht es aber mit der ferneren Ausbildung des Kronprinzen? Wir haben nichts davon gehört, daß er, wie sein Vater es einstmals getan hat, bei einem Oberpräsidenten sich über den allgemeinen Gang der Zivilverwaltung unterrichtet, oder daß er auf anderem Wege versucht hätte, sich

nur

Sabat  

einen tieferen Einblick in das Staatsleben zu verschaffen. Wohl ist bekannt, daß Kronprinz Wilhelm   ein kühner Reiter, ein leidenschaftlicher Jäger, ein tüchtiger gewandter Eisläufer, Schwimmer und Tennisspieler ist, lauter Fertigkeiten, die einem Königssohn wohl anstehen und die niemand gern bei einem frischen jungen Mann missen möchte; vor allem weiß man auch mit Genugtuung, daß der Kronprinz nach Hohenzollernart mit Leib und Seele Soldat ist, aber niemand weiß, nach welcher Methode oder auf welchem Wege der Thronfolger in die doch wahrhaftig nicht einfache Zivilverwaltung des Staates und Reiches eingeführt wurde oder eingeführt werden soll, woher er volks­wirtschaftliche Kenntnisse bezieht, um nicht dermaleinst in Konflikte zu kommen, die die allersubtilsten authentischen Interpretationen" der allein verantwortlichen Minister erforderlich machen, und die zu jenen alle wahren Freunde der Monarchie tief verlegenden sozialistischen   Reden führen können, woran der Reichstag   nur zu oft Ohrenzeuge sein mußte.

Kronprinz Wilhelm   steht jetzt vor seiner Verheiratung. Für gewöhnliche Staatsbürger bedeutet dieser wichtige Schritt den endgültigen Abschluß der Lehr- und Wanderjahre. Bei einem föniglichen Prinzen sollte es nicht anders sein, denn der neue selbständige Haushalt bringt neue Pflichten, und deren Erfüllung läßt faum Zeit übrig zur nachträglichen Erwerbung von Kennt niffen und Erfahrungen, zu denen nun einmal der Grund in der Jugend gelegt werden muß. Mit aufrichtiger Sorge fragen fich die echten Freunde des monarchischen Gedankens, ob in dieser Hinsicht nicht bereits etwas versäunit worden ist".

In den Oppositionszeiten des Zentrums hüteten sich die Windt­horst und Reichensperger wohl, den Gedanken bestimmter, inter­nationaler Interessengemeinschaften als antinational, umstürzlerisch zu denunzieren. Es ist erst fürzlich darauf hingewiesen worden, in wie weitgehender Weise Windthorst selbst ein ideelles Komplottrecht augunsten gewisser Bestrebungen in anderen Ländern anerkannte. Heute ist der demokratische und oppositionelle Hauch des Zentrums längst verflogen. Der deutsche Klerikalismus ist wie überall in der Welt die Partei der äußersten Reaktion; unsere heutigen Zentrümler, namentlich die von der Germania  "-Richtung, find nichts weiter wie Konservative katholischer Konfession. So begreift es sich denn auch, Der Monarchismus, wie ihn die Rhein  - Westfäl. 8tg." meint, daß das Zentralorgan des Zentrums, die Germania  ", der deutschen   ist allzu anspruchsvoll. Wäre das Blatt folgerichtig, so müßte Sozialdemokratie ihre Sympathien für die russische   Revolutions  - es fordern, daß ein Prinz, der an die erste und verantwortungs­bewegung vorwirft. Ganz wie irgend ein Kreisblättchen aus Ost- vollste Stelle im Staate treten soll, nicht nur die bescheidenen Kenntnisse eines Bürgermeisters oder Landrats, sondern das ge­elbien nennt die Germania  " die russisch- revolutionäre Bewegung waltige Maß von Kenntnissen erwerben muß, das einer so beherr­eine Gefahr auch für Deutschland  , die abzuwenden die verantwort- fchenden Stellung entsprechen würde. Dies wagt aber auch die Wenn jedoch liche Regierung Deutschlands   die driftgende Pflicht hat". Wenn die Rheinisch Westfälische Zeitung" nicht zu fordern. Regierung in Rußland   freilich eine Konstitution gewähre, so Amt und Leistung nicht übereinstimmten müssen, warum dann in Beziehung werde das jeder Deutsche   freudig unterstützen. Aber die anarchistisch überhaupt beides miteinander revolutionäre" Bewegung in Rußland   müsse energisch zurückgewiesen feten? Dann bleibe man flüger bei der- Gnade Gottes, die werden. Und indem das brave Blatt zu Herrn v. Hanımerstein bei Fürsten   das ersetzt, was natürliche Fähigkeit und Erziehung nicht ins Bett steigt, malt es mit blühender Colbus- Phantasie das folgende Gemälde:

So gibt es zweierlei Arten von Russen: diejenigen, welche unserer Sympathie und eventuellen Hülfe in unserem eigensten Interesse bedürfen, und diejenigen, welche sich von der deutschen  Sozialdemokratie haben ins Schlepptau nehmen lassen für die ge­waltsam herbeizuführende Anarchie. Wer sich in Genf  , Zürich  und Bern  , sowie in Paris  , London   und selbst in Wien   die un­reifen und phantastischen Kreise der russischen Studentenschaft beiderlei Geschlechts angesehen hat, ihr wüstes Leben, ihren Mangel an Moralität nach jeder Richtung, wie er sich namentlich ausdrückt im zügellosen Geschlechtsleben, nach den anarchistischen Begriffen der freien Liebe", zu beobachten in der Lage war, der wird ohne weiteres zugeben müssen, daß diese Elemente überall der öffentlichen Ordnung und Moral gefährlich sind, und der wird auch manches verstehen in der Behandlung dieser russischen Studentenschaft", wie fie in Preußen von Staatswegen öfters geübt wird und wie sie von der sozialdemokratischen und der ihr moralisch und politisch nahestehenden Presse als unerhört grausam und barbarisch verschrien wird."

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leiſtent.

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Der Monarchismus der Rheinisch- Westfälischen Zeitung" wird dem Gros der Monarchisten wenig behagen. Die Monarchie fordert ihrem Prinzip nach Bewunderung und Gehorsam. Wer aber an ihr kritisiert und nörgelt, hat ihr erhabenes Wesen nicht erkannt und zählt nicht im Kreise der wahrhaft Königstreuen.

Steine in den Weg.

Die Konservative Korrespondenz" beschäftigt sich jetzt auch mit der Rede des Grafen Posadowsky über die Mittelstandsfrage und die Kapitalassoziation und nemnt Posadowskys Auftreten, außer ordentlich bedauerlich":

" Lange Zeit wird vergehen, ehe es den Vertretern der offiziellen Wirtschaftspolitik gelingen wird, diese Steine von ihrem Wege fortzuschaffen. Solche Episoden sind leider nur zu sehr geeignet, denjenigen Bestrebungen den Boden zu bereiten, die Darauf ausgehen, ein schier unausrottbares Mißtrauen gegen die Regierung und tiefgreifende Unzufriedenheit zu verbreiten." Wir werden allerdings nicht unterlassen, bei jeder Gelegen heit auertiam zu machen auf den klaffenden Widerspruch in den verhältnismäßig vernünftigen Ansichten des Stellvertreters des Die Germania  " spricht hier als Organ des Pobedonoszewo, Reichskanzlers und der offiziellen Wirtschaftspolitik des Reiches. dem jeder westeuropäische Gedanke Anarchie" ist. Das unsaubere Wenn das für die wirtschaftlichen Reaktionäre Steine im Wege be­Pfaffengehirn, deffen Vorstellungen immer um das Geschlechtsleben deutet, so wird es uns sehr freuen. Dabei geben wir uns durchaus freisen, schildert diese idealistisch begeisterte, opfernde, arbeitende, nicht der Illusion hin, daß Posadowskys Ansichten auf die Politik leidende russische   Jugend als eine Rotte von geilen Mönchen und des Reiches irgend welchen Einfluß ausüben fönnten. Abgesehen Pfarrersköchinnen, wie der Klerikalismus ja die Bewegung des davon, daß diese Ansichten sich auf die Industrie beschränkten und der Herr Graf nur für das Industrie kapital eintrat, siehe das Zitat in der gestrigen Nummer Protestantismus  einfach daraus ableitet, daß Luther   sich das Recht der Ausschweifung an der agrarischen Ausbeutung des Volkes aber scheu vorüberging, ist ja doch auch Graf Posadowsky nur eine sehr vorübergehende sichern wollte. Erscheinung im Streite der Kräfte innerhalb unseres öffentlichen Lebens. Um die Wirtschafts- und die Sozialpolitik des Reiches in vernünftige Bahnen zu lenken und den Agrariern und Reaktionären nicht bloß Steine in den Weg zu rollen, sondern unübersteigliche Mauern entgegenzustellen, verlassen wir uns nicht auf die Neden des Grafen Pojadowsky, sondern ganz auf unsere eigene Straft. Ganz besonders find die Zunftmeister über Posadowsky erbost, weil er in seiner Rede auch einmal die Kassengeheimnisse der armen notleidenden Zünftler enthüllt hat. Er hat eine sorgfältige Abrechnung eines großen Berliner   Tischlermeisters mitgeteilt, aus der hervorgeht, daß der notleidende Meister, der mit 18 Gesellen und zwei Lehrlingen arbeitet, an jedem Arbeiter fast 800 M. im Jahre verdient. Der Obermeister der Berliner   Tischlerinnung, der die Absicht hat, den Reichstag zu zieren, erklärt diesen seinen Kollegen für verrückt und fordert ihn auf, sich zu nennen, damit man ihn gehörig verputzen könne.

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Die Germania" schließt ihre für das heutige Zentrum so charakteristischen Betrachtungen: Deutschlands   Interesse bleibt also, Hilfe zu leisten der russischen Regierung auf dem Wege zur ver­fassungsmäßigen Staatsorganisation und der Niederhaltung der russischen Revolutionspropaganda in Deutschland  ." das ist löblich Mit anderen Worten: Deutschland   foll mit den Wahl und Pobedonoszew in heiliger Allianz sich gegen den Umsturz sichern. Mit der russischen Regierung und den osaken zu gehen ist für jeden Deutschen   höchst ehrenwert, mit dem russischen Volk dagegen zu sympathisieren ist Umsturz, Verbrechen, Anarchie.

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Wir möchten der also international regierungstreuen So weit der Bericht des Augenzeugen, von dem man wirklich Germania  " zunächst einmal raten, ihren eigenen Parteigenossen zu diesmal sagen darf, daß er eines Kommentars nicht bedarf. empfehlen, die französische   Regierung im friedlichen Das in dem Bericht erwähnte Berliner   Lokalblatt, das diese Kampfe gegen den klerikalen Umsturz zu unterstützen, und nicht die Die wiedergegründete ,, National- Zeitung" hat sich nunmehr auch Polizeibestialitäten eine" Jagd" genannt hatte, ist das berüchtigte Sache des internationalen Staatsstreichs mit den franzöfifchen eine Richtung" zugelegt. Sie hat den Ehrgeiz, ein Organ des Bülow- und russenoffiziöse Scherlblatt, der otal- Anzeiger". Zu den Berichten über die Zusammenstöße hatte das Blatt bemerkt:" Anarchisten" der Sybeton- Sittlichkeit zu fördern. Wenn es schon internationalen Polizei- Anarchismus zu werden. Sie bringt eine Es war eine regelrechte Menschenjagd, wobei nur erlaubt sein soll, gemeinschaftlich mit den Regierungen Notiz über ein starkes Hervortreiben der anarchistischen Bewegung jedoch die Polizei kein Vorwurf trifft. Wollte man die Demon- anderer Länder Reformbestrebungen zu unterstützen, so wende die in Rußland  " und anderen Ländern. Ueberall würden Blätter ge­gründet, die Anarchisten schwämmen im Golde: Germania  " diesen Grundsaz zunächst selber an! stranten gewähren lassen, käme es wohl zu anarchi= schen Zuständen. Charakteristisch ist die Tatsache, daß sich unter den Demonstranten fast nur arme Studenten befinden, die Söhne wohlfituierter Eltern hielten sich strikte fern." Ueber Prinzenerziehung ergeht sich die Rheinisch- Westfälische Wir haben diesen Erguß jämmerlichster Lakaienpolitik vor einigen Tagen bereits gebührend gekennzeichnet. Wahrscheinlich hat Beitung" in Betrachtungen, welche nicht geringe Keßereien wider das dynastische Gottesgnadentum befunden. Das äußerst staats­das Scherlblatt seine Kenntnisse über die Vorgänge und den erhaltende" Blatt erklärt es für höchst bedenklich, daß ein junger Charakter der Demonstranten direkt von einem russischen Achtgroschenjungen bezogen. Daß es jetzt die Darstellung Mann, wenn er königlicher Prinz ist, schon mit 18 Jahren mündig eines anständigen Menschen bringen wird, darf man wohl nicht er- gilt und geistig plöglich so erleuchtet" sein soll, um das schwerste Amt im ganzen Staate zu übernehmen." Dann flagt die Rheinisch­Westfälische Zeitung" wie folgt und es ist nötig, von diesen monarchistischen Besorgnissen, die hier ausnahmsweise einmal offen ausgesprochen werden, Kenntnis zu nehmen:

warten.

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Mostau, 20. Dezember. Ueber die legten Straßenunruhen in Moskau   wird amtlich mitgeteilt: Nach den Straßenunruhen in Petersburg   am 11. d. M. begann eine Agitation unter der Moskauer Studentenschaft. Das Moskauer sozialistisch- revolutionäre Komitee verbreitete Proflamationen, in denen zu politischen Kundgebungen am 18. und 19. Dezember aufgefordert wurde. Am 18. um 12 Ühr mittags machte sich eine lebhafte Bewegung, namentlich unter den Studenten und Studentinnen, in den Hauptstraßen bemerkbar, und um 2 Uhr sammelte sich auf der Twerschen Stroße eine große Volks­menge an, die revolutionäre Lieder fang und rote Fahnen mit re­gierungsfeindlichen Inschriften entfaltete. Es entspann sich ein h

Monarchistische Besorgnisse.

Das bereits mitgeteilte Oberverwaltungsgerichtsurteil, welches das Verbot einer anarchistischen Versammlung, in der für den Generalstreit Propaganda gemacht werden sollte, für ungerecht­fertigt erklärt, wird in allen anarchistischen Zirkeln lebhaft erörtert; in anarchistischen Versammlungen, die wir ja jezt genügend haben, wird unausgesetzt betont, daß die Generalstreif- Agitation sich nun mit Macht entfalten müsse. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Anarchismus mächtig seine Schwingen regt. Videant conculcs.

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Eine echte, rechte Polizeinotiz! Wofür sollen nun die Konsuln National- Zeitung". Sorge tragen nach der Meinung der National Zeitung". Wir wüßten eine Beschäftigung für die müssigen Polizei- Anarchisten: Eine Definition des Anarchismus auszuarbeiten, dann haben sie zu tun. Die Anarchisten Forschungen der National- Zeitung" erinnern Inzwischen ist aber die Frage der frühzeitigen Mündigkeit föniglicher Prinzen nicht besonders brennend, sie ist es nur in an jenen prächtigen Gendarm, der im Königsberger Prozeß Er direkt insofern, als sie als der greifbarste Ausdruck eines Gedankens mittelungen darstellte. Der Mann hatte den Auftrag, nach auf­sich darstellt, der gleichfalls ein leberbleibsel aus der Zeit des rührerischen, anarchistischen Schriften zu fahnden. Er kommt hinzu, Absolutismus   ist, des Gedankens nämlich, daß fönigliche Prinzen wie eine Stifte mit russischen und lettischen Schriften geöffnet wird. eine Art höherer Wejen sind, die es nicht nötig Ein Blick genügt und der Gendarm rapportiert: Ich habe auf haben, in angestrengter, ernster, ausdauernder Arbeit sich die rührerische. anarchistische Schriften gefunden. Bald darauf gestand er Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die der Sohn minder vor Gericht, daß er kein Wort russisch und lettisch verstünde. vornehmer Abkunft sich eriverben muß, um später auch nur In Rußland   wie überall gibt es feine anarchistische Bewegung­den bescheidenen Posten eines Bürgermeisters oder Land- außerhalb der Polizei- geschweige, daß sie mächtig die Schwingen