Nouri. gelangt. Dieser Mann, der Schwede von Geburtund dessen eigentlicher Name Albert Nording ist, hält sich zurZeit m Kopenhagen auf. Er ließ einen Mitarbeiter unseresBruderorgans nach seinem Hotel komnien und erklärte, erwünsche in einer Reihe von Artikeln die russen-freundliche, neutralitätsverletzende Stellungaufzudecken, die die Gewehrfabrik im ostasia-tischen Kriege einnimmt.(Ali Nouri ist, nachdemer wegen Teilnahme an der jungtürkischen Bewegung beimSultan in Ungnade fiel, Journalist, Schriftsteller und Agentgeworden.) Er legte dann dem Mitarbeiter die Photo-graphischen Kopien von zwei Briefen vor, die als Beweisefür jene Behauptung gelten können. Der eine Brief ist ausKopenhagen am 10. November d. I. von dem Vor-sitzenden des D a ns k R e k y kr i f f e l- S Y n d i k a ts,Großhändler Sören Jensen, an einenrussischen Agenten in Dresden, Hesse mitNamen, gerichtet und besagt, daß dem Agenten fürDänemark, Ali Nouri, 2 Proz. Provision auf die bestelltenGewehre zugebilligt werden sollen. Der zweite Brief istebenfalls an Hesse in Dresden gerichtet und datiert vom4. Dezember d. I. Der Absender ist Graf F a l e t a n g inSt. Petersburg, ein, nach Ali Nouris Aussage, inrussischen Regierungskreisen sehr einflußreicher Mann. DerGraf spricht in diesem Brief in unzweideutigen Worten davon,daß die Dänische Rekylrisfel-Gesellschaft Bestellung auf eineAnzahl Rekylriffel erhalten hat, die„zur Zeit iu derköniglich' dänischen Gewehrfabrik in Arbeit sind".—Nachdem Ali Nouri den Mitarbeiter über dieganze Sachlage aufgeklärt hatte, bat er ihn, dafürzu sorgen, daß ihm für einige Artikel Raum in„Sozial-demokraten" gewährt werde. Der Mitarbeiter verlangte jedochzunächst die Originale der photographischcn Kopien zu sehen,und wurde dann ersucht, am Abend lvieder zu konimen. Alser aber abends seinen zweiten Besuch niachte, war Ali Nouriganz anderen Sinnes und bat ihn, von den Mitteilungenkeinen Gebrauch zu machen. Der Mitarbeiter gab ihm jedochdies Versprechen nicht.„Sozialdemokraten" hat dann selbstUntersuchungen über die Angelegenheit vornehmen lassen undsie haben die Angaben Ali Nouris durchaus bestätigt. Selbst-verständlich fühlte sich die Redaktion nun im allgemeinenInteresse verpflichtet, die Tatsachen zu veröffentlichen.Die Staats-Gewehrfabrik auf Amager ist zurzeit in vollerTätigkeit mit der Anfertigung von Rekylgewehren nach MadsensModell. Vorläufig sind 2000 Stück und eine große Anzahlvon Magazinen dazu bestellt. Die erste Lieferung soll indiesem Monat erfolgen, die nächste im I a n u a r. Essind gegenwärtig zirka 100 Arbeiter mehr als ge-w ö h n l i ch in der Fabrik tätig und die Arbeitszeit, die sonstvon 6 bis 3 Uhr dauert, wird bis K Uhr, ja Sonnabendssogar bis 12 Uhr nachts ausgedehnt. In der Fabrik wirdbehauptet, die Rckylgewehre seien für Portugal bestimmt.Daß dieser armselige Kleinstaat derartige Bestellungen gemachthat, ist selbstverständlich unglaubhaft.—Niederlande.Rufsendienste der Niederlande.Haag, 20. Dezember.(W. T. B.) Zweite Kammer. DerSozialist Troelstra interpellierte die Regierung über dieSpionage gegen die russischen Delegierten desInternationalen Soziali st en- Kongresses. DerJustizminister antwortete, daß es der Polizeikoinmissar imInteresse der öffentlichen Ordnung, also nicht auspersönlichen Absichten, für nötig befunden habe. Photographienaufzunehmen; angesichts der Gegenwart von russische» Sozialistenund Anarchisten habe die russische Regierung um Ucbcrwachung ge-beten, und es hätten Berhaudlmigen mit der russischen Regierungstattgefunden über eine polizeiliche Ueberwachung, indessen nur übern i ch t p o l i t i s ch e II m t r i e b e(?!). Der Minister lobte das Ver-halten der Polizei während des Kongresses; jetzt sei es nicht nötig,besondere Maßnahmen zu treffen.Der niederländische Justizminffter scheint sich unsere Schönstedtund Bülow zum Muster genommen zu haben. Ein eigen-artiger Geschmack!—Italien.Papst und König.Die„Civita Cattolica", zurzeit das bevorzugte Organ desVatikans, wird demnächst einen Artikel veröffentlichen:„DasAusgespuckter"— so nennt man im Jargon Deserteure—, rief einrussischer Jude,„er darf nicht zurück an die Gränz, das ist seinTod I"Es sprach sich herum, daß der Zurückgewiesene eine h o l l ä n-d i s ch e Schiffskarte besaß und schnell wurde das Urteil laut, daßman ihn doch hinüberlassen würde, wenn er eine Karte„unserer"Gesellschaft nehmen könnte.„Was sollen wir tun. sie haben dieMacht I" rief einer und vielstimmig wird mit dem aufrichtigen Wunschgeantwortet:„Sie soll ihnen bald vergehen."(Die Macht nämlich.)Welches Schicksal dieser Mann mit der Augenentzündung und—holländischen Karte erlitten, ist mir unbekannt.Die desinfizierten Kleidungsstücke, mit Ausnahme der Röcke undStiefel, kommen, und mit Aufinerksamkeit versucht jeder seine Sachenzu erspähen. Denn wahllos, unnumeriert, wird ein Bügel nachdem anderen durch die Tür gesteckt. Nur ein Recken der Hälse istwahrnehmbar: keiner drängt, denn alle wissen, daß die geringsteunruhige Belvegnng die Situation nur verschlimmern kann. Hierund da fällt ein Stück auf den schmutzigen Boden, gefällig wirdes aufgehoben. Wieder bedarf es anstrengender Kunstfertigkeit,um in die feuchtwarmen Kleider zu schlüpfen. In Schweiß gebadetstürzen wir in ein nebenliegendes Gelaß, in dem der Arzt seinenTisch aufgeschlagen hat. Koffer, Körbe mit ihrem„ausgeräucherten"Inhalt stehen herum, unzählige Jacken hängen an den Wänden undeine Pyramide von Stiefeln erhebt sich in einer Ecke. Glücklich derMann, der seinen Rock wieder hat, nun gilt's, die Stiefel zu finden.Nach allen Richtungen sind sie zerstreut, und man muß auf denKnien umherkriechen, um sie aufzulesen. Der eine hat zwei linkeStiefel, der andere zwei rechte, mancher Pechvogel findet überhauptkeinen. Aus allen Bieren geht die Jagd zwischen Kisten und Körbennach dem Schuhzeug.Damit war selbst den geduldigsten aller Menschen— russischenAuswanderern— zu viel geboten. Zahllose Verwünschungen intreffender Fassung wurden gegen die Gesellschaft laut, uno auch diehieran gewiß unschuldigen Unterbeamten werden nicht vergessen,So oft ich an diese Vorgänge denke, erfaßt mich Zorn übet dieseniederträchtige Behandlung von Menschen, erwachsenen Männern!Das waren nicht Bettler, sondern Passagiere einer deutschen, stolzenSchiffahrtsgesellschaft, die sich ihre Billetts mit teurem Gelde. dasvon ganzen Familien erarbeitet und erdarbt war, bezahlen ließ!Wieder ruft man uns einzeln auf, wir treten nochmals vorden Arzt und empfangen unsere Desinfektionsmarken, die zum Signierendes Gepäcks bestimmt sind. Beim Aufruf meines Namens muß ichmelden, daß ich meinen Koffer, der unter einen. Stoß von Kleidernversteckt lag, nicht zu finden vermag, und muß dafür mit anderenGenossen im Unglück bis zum Schluß zurückbleiben.„Nun hermit den Schafsköpfen!" ruft der loyale Arzt im Befehlston.Das waren Ivir. Es fiel mir schwer, nicht anS der Rolle zu fallenund dem Herrn nicht auf gut deutsche Art meine Meinung zu sagen;das habe ich mir für später vorbehalten.Wir wurden abgefertigt— es war mittags 1 Uhr— undpolittsche Testament Windthorsts". Dieser Artikel wird sich mit demProgramm des deutschen Zentrums befassen und den Standpunktvertreten, daß die zukünftige katholische Partei Italiens so ziemlichdas gleiche Programm sich zu eigen machen müsse. Nach dem„Giornale d'Jtalia" soll der Papst einem hohen geistlichen Würden-träger sich dahin geäußert haben, daß die Zeit einer vollständigenVerständigung zwischen Ouirinal und Vatikan noch nicht gekommen sei,daß er es nicht ungern sehe, wenn die Führer der katholischen Partei ihreWillfährigkeit und Nachgiebigkeit gegenüber dem Könige, für den er(derPapst) große Synipalhien hege, öffenrlich zum Ausdruck brächten.—Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Nachrichten vollständig derWahrheit entsprechen, jedenfalls aber hat man es hier mitSymptomen zu tun, die auf einen vollständigen Umschwung derAuffassungen in der Umgebung des Papstes schließen lassen. Manwird sich im Vatikan mehr und mehr mit dem Gedanken verttautmachen, daß auf eine Wiederherstellung des Kirchenstaates endgültigverzichtet werden muß; dafür wird sich auch in Italien die geistlichemit der weltlichen Macht verbinden, um die Herrschaft über dieGeister desto sicherer und fester zu gestalten. Auch in Italien wirdsich das Bürgertum in die Arme des Klerikalismus werfen— ausFurcht vor dem Sozialismus; auch hier wird der letzte Kampf derzwischen diesen beiden diametral gegenüber stehenden Welt-anschauungen sein.—_Vom ostasiatischen Kriegsschauplätze.Den Russen entgegen?London, 21. Dezember.„Daily Mail" meldet aus Shanghaivom 20. d. Mts. aus zuverlässiger Quelle, daß ein mächtigesjapanisches Geschwader aus Linienschiffen und Panzerkrenzern inBegleitung von 15 Kohlenschiffen und Torpedobooten auf dem Wegenach Süden begriffen sei, um die baltische Flotte anzugreifen.Port Arthur.Tokio, 21. Dezember.(Amtliche Meldung.) Wie die Armeevor Port Arthur berichtet, besteht die Beute der Japaner,welche sie bei dem Nordfort von Tunkinkwanschangemacht haben, in vier Schnellfeuerkanonen, vondenen zwei noch brauchbar sind, ferner in vier brauch-baren Maschinengeschützen und fünf Feld-geschützen, die noch einer Untersuchung unterzogen werden.Außerdem wurden Bewehre, Bomben, Munition. Handgranaten undanderes erbeutet.London, 21. Dezember. Die„Morning Post" berichtet ausTschifu: Ein russischer Offizier, welcher aus Port Arthur an-gekommen ist, teilt mit, daß die Garnison von Port Arthur noch16 000 Mann umfasse. 8000 Mann liegen in den Spitälern, vieleKämpfer seien verwundet. Der Kanipf um den 203 Meter- Hügeldauerte 14 Tage, die Russen verloren 2500 Mann. Der Offizierbestätigt, daß alle Kriegsschiffe, mit Ausnahme des„Sewastopol".desarmiert seien, die Geschütze seien zu Landbatterien formiertworden.London, 21. Dezember. Das„Reutersche Bureau" meldet ausShanghai vom 20. d. Mts., es werde nicht daran gezweifelt,daß der Kapitän des russischen Torpedoboots-Zerstörers„G r o s s o d o i" sich auf dem von den Japanern be-schlagnahmten Dampfer„Nigricia" befunden habe.Der Kapitän habe wertvolle Karten und Dokumente bei sich.£[iis Induftrie und Handel.Der KonzentrationSprozeß im Bankgewerve. Fast keine Wochevergeht, in der nicht der Telegraph eine neue Bankenvereinigungoder die Uebernahme eines kleineren Bankinstituts durch ein größeresberichtet. Kürzlich erst wurde der Uebergang der OberrheinischenBank in Mannheim mit einem Aktienkapital von 17,25 MillionenMark an die dortige, mit der Deutschen Bank liierte RheinischeKreditbank gemeldet, dann folgte die offizielle Ankündigung, daßdie Berliner Bank n»it einem Kapital von 42 Millionen Markin die Kommerz- und Diskontobank aufgeht, und nun meldetdas Wölfische Bureau aus Leipzig, daß die Leipziger All-gemeine deutsche Kreditanstalt, die erst dieser Tage mit derOberlausitzer Bank zu Zittau eine sogenannte Interessengemeinschaftabgeschlossen hat, auch der VereinSbank in Zwickau den Abschlußeines ähnlichen Geschäftsverhältnisses vorschlägt. Sie bietet derVereinSbank an, deren Aktien gegen ihre eigenen, pari gegen pari,einzutauschen und erklärt sich bereit, unter diesen Umständen derVereinsbank ihre Rechte aus ihrem Vertrag mit der Zwickauer Bank-firma Hentschel u. Schulz zu übertragen, zu welchem Zweck dieVereinsbank ihr Aktienkapital um 500 000 M. erhöhen soll.Gegenüber den obengenannten Vereinigungen ist dieser neuesteKonzenttattonsvorgang von geringer Bedeutung, denn die Vereins-wiederum erhielten wir die gütige Erlaubnis, in den Straßen Tilsitsbis 3 Uhr zu lustwandeln.Kurz darauf lvaren wir alle wieder versammelt, und sahen, trotzde§ jedenfalls erfrischenden Spazierganges, infolge der ganzen, un«sanften Behandlung, schon recht mitgenommen aus. Die Ausgabeder Karten erfolgte. Außer dem Fahrpreise nach London, werden15 M. Depotgeld zurückbehalten, mit dem etwaige besondere Un-kosten für die Auswanderer bestritten werden, und das in Londonverrechnet wird. Für das leib- und herzerfrischende Desinfizierenwerden zwei Mark bezahlt! Man ersieht, daß Desinfizieren, trotzder ungemein primitiven AuSftihrung, es» nicht gerade billiges Ver-gnügen ist— aber gewiß ein einträgliches Geschäft.Die allgemeine Stimmung ist gedrückt. Plötzlich ertönen dieschwermütigen, wilden Klänge eines Cosaks, die ein Russe seinemmitgebrachten Leierkasten entlockt. Zwei bärtige Russen stellen sichzunt Tanz und beginnen rythmisch stampfend und springend den Cosai,Interessiert aber schweigend blickt die ganze Gruppe denTanzenden zu, ohne daß die ernste Sttlle unterbrochen wird.Nun gehen zwei Russen umher und sammelte» Geld, kaum ohneeine Fehlbitte zu tun. Die Sammlung war für einige unter unsbestimmt, die das nötige Lösegeld noch nicht ganz beisammenhatten. Dennoch bleiben zwei Männer zurück, denen noch gar zuviel fehlte.Rasch vollzog sich im Kontor die Aushändigung der Karten undScheine, doch noch eine peinliche Szene spielte sich ab.Mein Schlafgcnosie in der Statton, ein junger Schneider namensSimon Galt aus Walkoniir kam in höchster Aufregung aus demKontor heraus und erzählte fast weinend, daß man ihm eine Fahr-karte nach London verweigere und ihn zwingen wollte, nach Amerika zufahren. Sollte das ein Rückfall in die früher geübte Praktik sein?Das erschien mir unmöglich. Ich ging mit dem Schneider insKontor zurück, in dem Herr Saßnick und Herr Klein saßen und rief,mich des Hilflosen annehmend:„Warum wollen Sie ihm nischt geben eine Kart nach London,warum soll er gehn nach Amerike?"«Was geht denn Sie das an?" fuhr Herr Klein mich an.„Was es mich angeht?" erwiderte ich.„Ich Hab mit ihm ge-legen die ganze Nacht in der Stanze(Station), er hat mir gesagt,daß er will nach London, und daß er nischt hat eine Kopeke mehr,wie 30 Rubel. Auch ein Schwesterkind hat er bei sich von 16 Jahr."„Dann kann er morgen fahren!" fiel mir HerrKleinindieRede.,„Lassen Sie ihn doch heute fahren, warum soll er hierbleiben, es ist doch für sein schweres Geld und nicht umsonst.".Unerhört!" vernahm ich beim Verlassen des Bureaus aus-rufen.Nicht lauge darauf wurde Simon Gall aus Walkomir insKonkor zurückgerufen, er erhielt seine Karte und wurde nüt uns,von einem Aufseher geleitet, in den Auswandererzug gebracht.bank in Zwickau ist, wenn auch ein gut rentierendes, so doch ein inseinem Geschäftskreis engbegrenztes, kleines Institut, das nur miteinem Aktienkapital von 3 Millionen Mark arbeitet, eine größereWichtigkeit erlangt aber der Vorschlag der Allgemeinen deutschenKreditanstalt dadurch, daß dieses Institut, das gegenwärtig einAktienkapital von 75 Millionen Mark besitzt, außerdem noch in engerVerbindung mit der Vogtländischen Bank in Plauen und derKommunalbank des Königreichs Sachsen steht und zu dem Concernder Diskontogesellschaft in Berlin gehört, so daß die Bildung dieserneuesten Interessengemeinschaft in letzter Instanz eine Ausdehnungdes Geschäftskreises der Diskontogesellschaft bedeutet. Auch imNorden scheint es der Diskontogesellschaft gelungen zu sein, ihrTerrain auszudehnen. Wie aus Hamburg gemeldet wird, übernimmtnämlich die Norddeutsche Bank, deren ganzes Aktienkapital sich be-kanntlich im Besitz der Diskontogesellschaft befindet, das alte AltonaerBankhaus W. S. Warburg.Das Brauereigewerbe im Jahre 1904. Zu Anfang des Jahreswies der Bierkonsum eine Besserung gegenüber dem Vorjahre auf,ließ aber dann Monate hindurch zu wünschen übrig, bis infolge derlanganhaltcnden heißen und trockenen Jahreszeit im Juli und Augusteine jähe Steigerung des Verbrauchs einsetzte, die in nachhaltigsterWeise den Geschäftsgang in allen Brauereibetrieben günstig beein-flußte. Territorial betrachtet war der Absatz in Norddeutschlandverhältnismäßig besser als in Süddeutschland, was wohl daraufzurückzuführen ist, daß die Baukonjunktur im Süden ein etwasmattes Gepräge aufwies. Speziell die Münchener Brauereien führenden unbefriedigenden lokalen Absatz auf die Einwirkung der mattenBautätigkeit und deren Einfluß auf eine große Anzahl Gewerbezurück. Nicht nur dort, wo der Absatz zu wünschen übrigließ, sondern fast allgemein nahm aber der Konkurrenz-kämpf in den verschiedenen Absatzgebieten wieder schärfereFormen an. Um sich die ihi tidschaft der Wirte zu erhalten und sieauszudehnen, müssen Mittel aufgewendet werden, die sehr häufig imMißverhältnis zu der finanziellen Leistungsfähigkeit der Brauerei-betriebe stehen. Der Verkauf von Bier ist nur unter Gewährung vonDarlehen möglich.# Bei einer Reihe von Gesellschaften nahm dieBelastung an Bierhypotheken zu, während der Absatz gleichzeitigzurückging oder sich kaum steigerte. Um diesem Uebel zu steuern,machen sich zwar Bestrebungen geltend, die auf eine gemeinsameEinschränkung der übertriebenen Hypotheken und Darlehns-gewährung hinauslaufen, die aber bis jetzt nur in seltenen FällenErfolge aufweisen können. Zwischen den Nürnberger Brauereienist im laufenden Jahre eine Verständigung über diese Frage herbei-geführt worden; in Rheinland-Westfalen hofft man in absehbarerZeit gleichfalls eine gemeinsame Abstellung des Uebelstandes herbei-zuführen, und in Berlin wird Propaganda dafür gemacht, daß derVerein der Brauereien Berlins und der Umgegend die Herbeiführungeiner solchen Vereinbarung in die Hand nehmen möge.Die Rentabilität, soweit sie in der Höhe der an die Aktionäregezahlten Dividendensumme zum Ausdruck gelangt, ist gegenüberdem Vorjahre durchschnittlich kaum gestiegen. Von 151 Betriebenmit einem Aktienkapital von 160,94 Millionen Mark,, die ihren Ge-schäftsabschlutz für das Jahr 1903/04 im„Reichsanzeiger" schonveröffentlicht haben, verzeichnen 142 einen Gewinn, der auf 26,6Millionen Mark angegeben wird; 5 Betriebe gaben weder einenVerlust noch einen Gewinn an; 4 Betriebe endlich arbeiteten miteinem Verlust von 171 804 M. Da sich nicht aus allen Bilanzendie Höhe der Dividende ersehen läßt, so gruppieren wir 116 Gesell-schaften, die mindestens ein Prozent Dividende verteilen, nach derenHöhe. Ueber 10 Proz. verteilen von diesen 18 Gesellschaften, undzwar II— 15 Proz. 12, 16— 20 Proz. 3, 21 und mehr wieder 3,6— 10 Proz. verteilen 60, 1— 5 Proz. 38 Gesellschaften,. Im ganzenhaben diese 116 Gesellschaften 9,64 Millionen Mark als Dividendeverteilt; immerhin auf das gesamte Aktienkapital dieser 116 Gesell-schaften eine durchschnittliche Verzinsung von 7,53 Proz.Die Röhllschen Konkurse. In dem Konkursverfahren über dasVerniögeu der Handelsgesellschaften C. H. Röhlls Fabrik undC. H. Röhll Hierselbst fand gestern beim Amtsgericht eine Gläubiger«Versammlung zur Verhandlung über den Abschluß eines Zwangs-Vergleichs statt. Ueber C. H. Röhlls Fabrik berichtete der VerwalterBöhme, daß den anerkannten vorrechtlosen Forderungen von592 490 M. nur eine Dividende von 9 Proz. in Aussicht steht. Da«gegen offerierte die Schuldnerin, ihren Gläubigern 10 Proz. ihresGuthabens unter Bürgschaft zu zahlen. Betreffs der FirmaC. H. Röhll schätzte der Verwalter Brinckmeyer die festgestelltenForderungen ohne Vorrecht auf 882 011 M. und stellte eine Dividendevon 13'/, Proz. bei Durchführung des Verfahrens in Aussicht. Diesefirma bot ihren Gläubigern 25 Proz. ihres Guthabens an. Die ge-ellten Vergleichsanträge wurden von den Gläubigern mit großerMajorität angenommen.Die Zentrale fiir SpirituS-Verwertting hat nach ihrem soebenausgegebenen Verwaltungsbericht im Geschäftsjahr 1903/04 an in-ländischem Branntwein 306 Millionen Liter empfangen und 306'/,Millionen Liter abgesetzt. Der durchschnittliche Erlös für die Brennerberechnet sich auf 46,5425 M. pro Hektoliter reinen Alkohols, die Sprit-fabriken erhalten eine Prämie von 4,68 M. pro Hektoliter reinenAlkohols. Der gesamte deutsche Absatz berechnet sich auf 382,5Millionen Liter, hierin liegt eine Steigerung des gewerblichen Ver-brauches um 11 Millionen Liter, während die Ausfuhr sich auf7,5 Millionen Liter gegen etwa 37,5 Millionen Liter beschränkte.Die übersteigenden Exportanfttäge wurden durch ausländische Waregedeckt.Die Verwendung von Spiritus zu technischen Zwecken hat sichnach dem Verwaltungsbericht im Geschäftsjahre 1903/04 gmtsttg entwickelt. Der Gesamtabsatz an denaturiertem Branntwein bemißtsich auf rund 100 Millionen Liter, das ist 11 Millionen Liter mehrals im Vorjahre. Diese Steigerung ist hauptsächlich den bedeutendenFortschritten in der Spiritusbeleuchtung zu verdanken. Auch dieBertvendung von Spiritusmotoren hat sich im Berichtsjahre aus-gedehnt; zurzeit sind 2000 Spiritus« Kraftmaschinen in Benutzung,die im vergangenen Jahre 3,6 Millionen Liter Spiritus gegen 2,4bezw. 1,3 Millionen Liter in den beiden Vorjahren verbrauchten.SewerKIcbaftlicKes.Her Eure Batzen!Wir zeigten jüngst an dem Beispiel der„Berliner Volks-zeitung", auf welche Weise kapitalistische Unternehmer die imredaktionellen Teil ihrer Blätter zur Schau getragene Arbeiter-freundlichkeit lukrativ zu verwerten trachten: Sie köderndadurch ein Arbeiter- Lesepublikum, das ihnen einen ein-träglichen„Arbeitsmarkt" im Inseratenteil ermöglicht undquittieren den Arbeitern ihre Dummheit durch Ver-öffentlichung großer Streikbrecher-Gesuche. Und ein Geschüftbringt das andere: Der kapitalistische Zeituugsverleger, derden Arbeitern in ihrem Kampfe mit Streikbrecher-Annoncenin den Rücken fällt, heimst gleichzeitig auch das Geld fürderen Sperr-Annoncen ein, indem er ihnen Warnungsnotizenim redaktionellen Teile unmöglich macht.Was damals fiir die„Volks-Zeitung" geschrieben war,trifft in demselben Maße zu für ein anderes Berliner Preß-unternehmen, die„Morgenpost". Sofort nachdem wir dasVerfahren der-„Volks-Zeituttg" angenagelt hatten, gingen unseine Reihe von Zuschriften und Ausschnitten aus der„Morgen-post" zu. aus denen ersichtlich war, daß dieses Blatt genaudieselben Streikbrecher-Gesuche enthielt, wie die„Volks-Zeitung".Die„Morgenpost" betreibt das Geschäft womöglich nochschamloser. Vor uns liegt eine Zuschrift dieses Blattes aneine Krankenkasse, auf deren Leitung Arbeiter mit Hülfe ihrerOrganisation einen wesentlichen Einfluß gewonnen haben.