*7- 22 � 1 Keilllge des JotnW letliitet NslksdlM.Partei- JVacbrlchten.DaS Grab van Karl Marx. Die.Breslauer VoUSwacht" veröffentlicht die Zuschrift eines Freundes aus London, der kürzlich daSGrab� von Karl Marx besuchte. Der schildert darin, wie der-nachlässigt das Grab unseres großen Vorkämpfers in einem der ödenFriedhöfe Londons ist. Im Kommunistischen Arbeiter-Bildungs-verein ist ihm gesagt worden, daß man mehrfach versucht hätte,einen Denkstein zu setzen, die Mittel hätten jedoch nicht aus»gereicht.Ja der Ttadwerordneten-Bersammlung in Stettin wurdeunser Genosse Vogtherr zum zweiten Schriftführer gewählt.Wir ei» schwedischer Bischof die sozialdemokratische Presse unter-stützt. Unser Malmöer Bruderorgan.Arbetet" brachte dieserTage die erfteuliche Mitteilung, daß es einen neuen festangestelltensehr befähigten Mitarbeiter in der Person des bisherigen Dozentenan der Universität Lund, Bengt LidforS, gewonnen habe.Diesen Gewinn hat das Blatt dem Prokanzler der Universität,Bischof B i l l i n g, zu danken. Bengt Lidfors hatte ein Dozenten-stipendium von 1200 Kronen und als Leiter des pslanzenphyfiologischenJuslituts ein Gehalt von 1500 Kronen. Das Dozentenstipendiumsollte zum Jahreswechsel erneuert werden, was auch von derFakultät und dem Konsistorium befürwortet wurde. Der BischofWilling lehnte aber die Erneuerung des Stipendiums ab und zwarlvegen der freiheitlichen und sozialdemokratischen Gesinnung desDozenten, dessen wissenschaftliche Tüchtigkeit allgemein anerkannt wird,Das veranlaßte Bengt Lidfors, zu dem sozialdemokratischen OrganVon Malmö in ein festes Arbeitsverhältnis zu treten.Hus Induftrie und HandelBörsenmache. Seit einigen Tagen wird an der Börse in höchstorigineller Weise für die neue Ruffen-Anleihe Stimmung gemacht.Um nach außen den Anschein zu erwecken, als sei starke Kauflustfür die neuen„Russenwerte" vorhanden, haben die Emissionshäuserverschiedenen Börsenmaklern größere Beträge derAnleihe zum Emissions-kurS von 95 Proz. überlassen und kaufen die von diesen angebotenenStücke nun teilweise zum Kurse von 96 und 96'/g Proz. zurück. DieFolge ist, daß in den Börsenberichten die Meldung erscheint, in derneuen russischen 4'/, prozentigen Staatsanleihe fanden lebhafte Um-sätze zum Kurse von 96'/, Proz, statt. Woraus dann der mit derMache nicht vertraute kleine Kapitalist natürlich schließt,eS bestände bereits eine rege Nachftage in den neuen Obligationen,so daß es vielleicht ratsam sei, sich an der Subskriptton am 12, d. M,zu beteiligen. Ebenso werden die anderen russischen Anleihewertekünstlich hochgehalten. Als heute die Obligationen der 1902errussischen Anleihe in größerer Anzahl angeboten wurden, trat sofortdaS Bankenkonsortnnn in Aktion und übernahm das ganze angeboteneMaterial. Da die Banken ja von dem Ertrag der neuen Anleihebis zur Höhe von zirka 32 Millionen Mark fiir derartig«„Stützungs-zwecke" verwenden dürfen, können sie sich solche Käufe leisten.Die»berschlestschen Hochofenwerke blicken auf ein recht gutesGeschäftsjahr zurück. Es wurden von einzelnen Mtgliedern desRoheisensyndikatS zwar erheblich größere Posten von Roheisen zumVerkauf gestellt, aber trotzdem waren nach dem.Breslauer General«Anzeiger" die Roheisenbestände am 1. Januar 1904 nur zirka19 000 Tonnen groß, während sie am 1. Januar 1905 35 000 Tonnenbetrugen. Die Bestände find im verflossenen Jahre meist vonQuartal zu Quartal zurückgegangen, und zwar betrugen sieam 1. April 23 000 Tonnen, am 1. Juli 11 000 Tonnen, undnur am 1. Oftober trat eine Steigerung von 3000 Tonnen ein.Für die günstige Entwickelung des Absatzes kommt in ersterReihe die Belebung in Betracht, die das Gießerei-Roheisengeschästerfahren hat, da die Gießereien auch ihrerseits eine erheblicheSteigerung ihres Absatzes zu verzeichnen hatten. Das Exportgeschäft,für welches eigentlich nur Oesterrcich-Ungarn in Frage kommen kann,ist durch das Abkommen, welches das oberschlesische Roheisenshndikatmit dem österreichischen Eisenkartell getroffen hat, so ziemlichgegenstandslos geworden. Der Preisstand am österreichischen Marktist im Verhältnis zu den Erlösen, die im Jnlande erzielt werdenkönnen, übrigens so ungünstig, daß nennenswerte Abschlüsse fürOberschicsien auch ohne das österreichische Abkommen nicht in Fragekommen können.Deutsche Tabakindustrie in 1904. Die Lage der Zigarren-fabrikatton Deutschlands hat nach dem Jahresbericht der Handels-kammer für den Kreis Mannheim sich im Jahre 1904 wesentlichgünstiger gestaltet. Nach wie vor ficht aber die Zigarrenindustrieihren Nutzen durch die wachsenden Ansprüche der Kundschaft Hinsicht-lich der Farben, Fassons und Aufmachungen stark beeinträchtigt:namentlich die Vorliebe für die fahlen grauen Decktabake, die derFabrikant nur mit enormen Kosten befriedige» kann, zehrt am Ge-schäftSnutzen. Dazu kommen neben der wachsenden Konkurrenz derZigarette die ungebührlich langen Zahlungsfristen und die Zunahmeder Konkurse unter der Händlerkundschaft. Die Rauchtabakindustriekonnte nur mit Anspannung aller Kräfte den weiteren absolute»Rückgang deS Umsatzes Einhalt gebieten, eine der Vermehrung derBevölkerung entsprechende Erhöhung deS Verbrauchs gilt als gänz-lich ausgeschlossen. Auch hier drücken vergrößerte Geschäftsunkosten»nid vermehrte Ansprüche der Kundschaft an Qualität und Aus-stattung den Stutzen.Dir FlenSburger Schiffswerft hat von allen europäischen Werstendes Festlandes im Jahre 1904 an ferttge» Schiffen, nach Brutto-Registertonnen berechnet, am meisten abgeliefert. In dem Wettstreitmit sämtlichen europäischen Werften kommt die hiesige Werft mitL4 730 Brutto-Negistertonnen an elfter Stelle.- Den Löwenanteilam Schiffbau haben die englischen Werften. An der Spitze steht dieSchiffswerft von Ruffel u. Ko. am Tlyde mit 73 690 Tonnen. Erstan 14. Stelle erscheint die Hamburger Werst von Blohm u. Voßmit 29 775 Bnitto-Registertonnen. Alle anderen deutschen Werstenhaben weniger denn 24 000 Brutto-Negistertonnen abgeliefert..Dieses Ergebnis ist", bemerkt dazu die.SchleSwig-HolsteinischeVolkszeitung",.wohl auch das einzige, worin sie FlenSburger Schiffswerft an der Spitze marichiert. In Frage derArbeiterentlohnung und Behandlung dürfte sie eine derletzten Stellen erhalten, da wohl auf keiner der Werstenin den letzten Jahren solch horrende Abzüge gemacht wurden, wieauf der Flensburger Werft. Ebenso durfte die Behandlung derArbeiter durch die Vorgesetzten nirgends so viel zu wünschen übriglassen. Vor nicht langer Zeit feierte der Direktor sein 25jShrigesJubiläum. Da wurde berechnet, daß während seiner DirektionSzeitden Aftionären über 300 Proz. Dividende gezahlt worden sind. Dasist vom kapitalistischen Staudpunkt«in tüchtiger Erfolg. Aber trotzdieses Erfolges, oder besser gesagt, gerade durch diesen kapitalistischenErfolg ist es dem Direktor nicht möglich gewesen, den Lohn derPlatzarbeiter auf die Höhe des von der Behörde festgesetzten orts-üblichen TagelohnS zu bringen."Soziales.Die Gewervegerichtswahlcn in Würzburg finden in diesem Jahrezum erstenmal nach dem Proportionalsystem mit verbundenen Listenstatt. Bei der Wahl der Unternehmerbeisitzcr erzielte die Liste dervereinigten Handiverkerkorporationen 247 Stimmen, die der freienArbeitgeber 55 Stimmen. Von dieser Liste sind fünf Mam, gewählt,darunter auch einige sozialdemokratische Arbeitgeber. Die Arbeiter-beisitzer-Wahl findet am Sonntag statt. Die Proporttonalwahl wurdenur ans Furcht vor den freien Gewerkschaften eingefiihrt, die inWürzburg m den letzten Jahren große Fortschritte gemacht haben.Das Zeugnis des Ausgelernten.Ein Schlosser hatte mehrere Jahre in einer Berliner Maschinen-fabrik in der Lehre gestanden und hatte dann ein ungünstigesZeugnis erhalten, worin nach Angabe der Lehrzeit fl. Oktober 1900bis Ende September 1904) unter anderem bemerft ivar, daß manmit seinen Leistungen„wenig zufrieden" gewesen sei. Der jungeManu verklagte die Firma beim Gewcrbegericht auf Aus-stellung eines Zeugnisses, worin seine Leistungen als be-sriedigend bezeichnet werden. Die Kammer V unter dem Vorsitzdes GewerberichterS Dr. Wölbling veranstaltete eine umfangreicheBeweiserhebung über die Leistungen deS Klägers während der Lehr-zeit. Es wurden eine Anzahl Gehülfen der Firma vernommen, beidenen der Lehrling nach und nach hatte Helsen müssen. Alle warenwenig zufrieden mit seiner Hülfe gewesen. Sie hattenaber auch Grund, vom Lehrling eine gewisse Leistung zuverlangen, denn sie arbeiteten meist in Akkord und hattenbei Inanspruchnahme der Hülfe des Lehrlings dessen Kostgeld zu tragen. Bemerkenswert ist auch, daß einerder Zeugen meinte:„Ein klein bißchen waren ja die Leistungender anderen Lehrlinge besser."— Wegen der Aussagen der Zeugenhielt der Gerichtshof eS für das beste, dem Kläger zu raten, sichzuftieden zu geben, wenn ihm einfach bescheinigt»verde, daß er inder und der Zeit in der Fabrik Schlosser gelernt habe. Es kamdann auch ein Vergleich zustande auf Ausstellung einer der-arttgen einfachen Bescheinigung der Art und Dauer der Lehre, unterBeiseitelassung von Leistung und Führung.GewerKfchaftlicKes.Scharfmacher-Sehne«.Der neugegründete Lehrlingsverein hat in der kurzen Zeitseines Bestehens den Haß der Scharfmacher in so intensiverWeise auf sich gelenkt, daß dadurch unwillkürlich die Sympathieauch derjenigen anständigen Leute sich ihm zuwandte, dieursprünglich dem Unternehmen skepttsch gegenüberstanden. Dieneueste„Slrbeitgeber-Zeitung" ruft den Lehrlingen und Jugend-lichen gegenüber nach dem starken Mann:„Die Regierung wüßte hier einschreiten und in erster Linie,wie in Sachsen, den Unmündigen die Teilnahme an polittschenVersammlungen verbieten I l"Die„Arbeitgeber-Zeitung" vergißt, daß— wenn sie auchzehnmal den Verein einen„sozialdemokratischen" nennt— seineVersammlungen deswegen iminer noch nicht, auch nicht im„polizeitechnischen Sinne", politische werden. Wäre dies derFall, dann hätte die Behörde den Verein längst verboten. Zuhelfen wäre also den Scharfmachern nur mit einer Ver-schärfung des preußischen Vereinsgesetzes. Ein Vorstoß nachdieser Richtung hin kann aber gar leicht inS Gegenteil umschlagen, wie die Aufhebung des Verbindungsverbotes und dieSegment-Verordnung gezeigt hat. Das preußische Vereins-gesetz ist s o erzreakttonär, daß jede Veränderung dasselbe nurliberaler zu gestalten vermag. In dieser Beziehung heißt'salso fiir unsere Scharfmacher: Lerne leiden, ohne zu klagen!Kerlin una Llmgegenck.Die Fliesenlcger-Hülfsarbeiter(Sektion des Bauarbeiter-Ver-bandes) befaßten sich am Freitag in einer in Pfeffers Lokal abgehaltenen gutbcsuchten Versammlung erneut mit ihrer Tarif-angelegenheit. Eine Verlängerung des jetzigen Tarifs biszmn 1. September d. I. haben die Unternehmer abgelehnt. Für einWeiterlaufen des Tarifs bis zuin 1. Februar nächsten Jahres aberwollen sich die Arbeiter mls bestimmten Gründen nicht erklären.Da sich bezüglich der Lohnerhöhung nun auch ein« Finna auf dieandere beruft, so wurde endgültig beschlossen, den jetzigen Tarif, deram 1. Februar d. I. abläuft, nicht wieder zu erneuern, sondern denUnternehmern folgende Forderungen zu unterbreiten: Erhöhungdes Stundenlohnes von 50 auf 57% Pf.; Verkürzung der Arbeitszeitauf 9 Stunden und Ausschaltung der Karenzzeit für die Zahlungdes Minimallohnes an neu angelernte Arbeiter. Falls die Unter-nehmer dies« Forderuirgen nicht anerkennen sollten, behalten sichdie Arbeiter vor, ai» einem ihnen günstig erscheinenden Zeitpunktin den Streik einzutreten.0«uts«sse» Rcleh,Tie Firma Gebrüder Stoewer in Stettin macht die aller-größten Anstrengungen, Streikbrecher nach Stettin zu ziehen. Sierechnet auf Zuzug aus Bremen, Westfalen und Hannover. Von denAgenten der Firma»vird den Arbeitern meist geflissentlich ver-schwiegen, daß sie Streikbrccherdienste leisten sollen. Zwei ausHannover nach Stettin gelockten Schlossern wurde auf ihre Anfragesogar ausdrücklich gesagt:„Nein, um HimmelSlvillenI Bei unsist kein Streik! Die Nachtschicht ist aufgehoben worden unddeswegen muß die Neueinstellung von Drehern und Schlossern er-folgen."— So sagte der Hofarbeiter Zentte,»velcher im Auftrageder Firma Gebr. Stoewer in Hannover dem Agenten der Firma,Herrn Robert Zöller, Karmarschstr. 16, zur Anwerbung von Arbeits-kräften behülflich war. Außerdem aber glaubte dieser HofarbeiterZemke noch ein UebrigeS tun zu müssen, um gleich der Konkurrenzein» auszuwischen und seine Auftraggeber herauszustreichen. Ersagte wörtlich vor Zeugen:„In der Jahrzeugfabrik Eisenach seiaußerdem ein Streik ausgebrochen und infolgedessen hätte die FirmaGebr. Stoelver viele Aufträge erhalten. Die Fabrik der GebrüderStoewer sei keine Klamotten- und Schwindelbude," setzte der wackereZemke dann noch überzeugungsvoll hinzu. Der wahrheitsliebendeHerr Zemke wird heute und in den nächsten Tagen noch lvcitereVersuche zur Anwerbung von Arbeitswilligen in Mitteldeutschlandund im Boigtlande machen.— In Erfurt arbeitete für die Firmaein Monteur Zacher als Streikbrccheragent. Auch dieser verneinteauf Anfrage, daß in Stettin gestreikt werde. Für die Aufklärung,die er verweigerte, sorgten aber die Erfurter Metallarbeiter und sogelang eä ihm, aus der großen Masse der Arbeitsuchenden nur sechsOpfer zu finden, mit denen er nach Stettin abreiste. Diese sechsLeute haben nun allerdings nicht die Entschuldigung für sich, daß siein Unkenntnis der Verhältnisse handelten, überlegen sich aber hoffent-lich noch auf der Reise das Unsolidarische ihrer Handlungsweise.—Zuzug von Metallarbeitern ist von Stettin fernzuhalten.Brust, der Schimpfchrist, bleibt uns und den Christlichen er-halten. In einer am 1. Januar abgehaltenen Vorstandssitzung deschristlichen GcwerkvcreinS der Bergarbeiter wurde unter folgendenBedingungen eine Einigung zwischen dem früheren VorsitzendenBrust einerseits und dem Christlichen Gcwerkverein andererseitserzielt: Brust verzichtet auf eine Wiederwahl zum Vorsitzenden,bleibt hingegen als Mitarbeiter in der GewerkschaftSorgani;ationder christlichen Bergleute tätig. Die Generalversammlung, die MitteFebruar stattfinden sollte, wird dadurch hinfällig. Dieselbe soll imSommer abgehalten»verden.HiraUnd.Die ausgesperrten Wiener Tischler setzen ihre Demonstrationenfort. Nach einer imposanten Acrsamnilung im Saale des Arbeiter-im» zogen die Ausgesperrten nach der Fabrik deS Scharfmachersüllcr auf dem Einsicdlcrplatz, Ivo 200 Wachleute bereit standen,um die Pfuiruf« der Ausgesperrten mit den Säbeln zu parieren.Die Polizisten stürzten sich wie besessen auf die Leute. Besondersein Wachmann hieb auf dieselben ein und schlug einen 34jahrigenTapezierer, der auf dem Heimweg von der Fabrik in seine Wohnungin der Leitgebgasse war, mit einem Hieb zu Boden und verschwanddann eiligst im Polizistenknäuel. Minutenlang lag der Mann imseinem Blute ohnmächtig auf dem Boden, die Polizei kümmerte sich»nicht um ihn. Dem Manne war der Hut durchgehauen»vorden und'der Arzt konstatierte auf dem Kopfe eine große Wunde in der Formeines rechtivinklichen Dreiecks. Es ist bezeichnend für das blindegelassenen Polizisten, daß harmlose Passanten mißhandelt wurden.In der Oberen Amtshausgasse schlugen sie einen alten«Straßen-wurden. In der Oberen Amtsgasse schlugen sie einen alten Straßen-kehrer. der gerade aus der Volksküche kam. nieder. Auch auf einenTisck>ler stürzten sich drei Polizisten und bearbeiteten ihn m,tFäusten derart, daß er zu Boden stürzte und sich auf dem Trottoirein großes Loch in den Kopf schlug. Auch er wurde ohnmächtig weg-getragen. Diese Vorgänge steigerten natürlich die Erbitterung derMasse immer mehr und es ging ein ganzes Gebrause von Pfuirufenüber die Polizei und den Ausbeuter Müller nieder, und es dauerteum so länger, bis sich die Demonstranten zerstreuten.Die Tapezierer, welche natürlich auch unter der Aussperrungleiden, beschlossen die Erhebung einer Extrasteuer, um ihren Wider-standsfonds zu stärken.__Bus der frauenbewegung.Schöneverg. Der Verein für Frauen und Mädchen zu Schönebergund Umgegend hält Montag den 9. Januar in Wcimanns Klubhause.Hauptstr. 5/6, seine Generalversammlung ab, in welcher Bericht desVorstandes, Kassenbericht, Abrechnung vom Herbst- und WeihnachtS-vergnügen, Neuwahl der ersten Borsitzenden stattfindet. In derVersammlung wird auch die Broschüre„Die Schulstage" von KlaraZetkin unentgeltlich an die Mitglieder verteilt.Rixdorf. Dienstag, den 10. d. M., findet im Lokale de? HerrnThiel, Bergstt. 151/152, die Monatsversammlung des Verein»gewerblich tättger Frauen und Mädchen von Rixdorf und Umgegendstatt. Auf der Tagesordnung steht folgendes: 1. Vorlesung derGenossin Pause über das Thema:„Warum ich nicht mehr Volksschul-lehrer bin". 2. Diskussion. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes. Die Mitglieder werden ersucht, recht zahlreich zuerscheinen. Gäste sind zu dieser Versammlung herzlich willkommen.Gerichts-Zeltung.I« der mehrfach besprochenen Privatklage des ehemaligenPredigers, jetzigen Reichstagsabgeordneten K r ö s e l l wider den Chef-redatteur Dr. Max Wittenberg stand am Freitag vor der3. Strafkammer wiederum Termin in der Berufungsinstanz an.Dr. W. war in erster Instanz wegen Beleidigung zu drei MonatenGefängnis verurteilt. Im gestrigen Termin legte Rechtsanwalt Dr.H a l p e r t Schriftstücke darüber vor, daß infolge der zwischen denParteien stattgefundenen Verhandlungen sowohl die Klage als dieWiderklage zurückgenommen feien. Da die Schriftstücke zu Bedenkenkeinen Anlaß gaben, beschloß der Gerichtshof nach dem Anstage de»Verteidigers auf Einstellung deS Verfahrens.Der Hausstgm-Schwindrl. Der Massenvertrieb von„Haussegen"durch die Kunstanstalt„Samarita" unterlag gestern der Prüfung derdritten Strafkammer des Landgerichts II. in deren Sitzungszimmersich Geschäftsbücher und Kisten mit Haussegen in der mannigfaltigstenAusstättnng zu ganzen Bergen auftürmten. Wegen wiederholtenBetruges hatten sich der aus der Untersuchungshast vorgeführteKaufmann Kornelius V o ß k a m p und dessen Ehefrau zu verant-Worte». Außer 20 Zeugen waren der Fabrikbesitzer R i f f a r t h,der Kaufmann B o r ch a r d und die Fabrikanten Schmidt und Weberals Sachverständige geladen. Unter der Firma„Kunst an st altSamarita" betrieben die Angeklagten zu Rixdorf, Bergstr. 134,ein umfangreiches Geschäft, welches sich ausschließlich mit dem Ver-triebe von Haussegen und Vergrößerungen von Photographien be-faßte. Außer ernem großen Personal in Rixdorf wurden ständig2—300 Reisende in ganz Deutschland beschäftigt. DaS DeutscheReich war in Provinzen emgcteilt, jede Provinz hatte einen Ober-reisenden. Die Summe der eingehenden Postanweisungen betrugmitunter Tausende von Mark, der jährliche Umsatz über 400000 M.,die Unkosten für Personal etlva 80 000 Mark und der jährlicheReingewinn etwa 45 000 Mark. Diesen hohen Umsatz und Ge-winn sollen sich die Angeklagten, wie die Anklage behauptet.durch eine raffinierte Spekulation auf die Mildtättgkeit des Publikumsverschafft haben. Die Angeklagten erließen zu HunderttausendenProipefte folgenden Inhalts:„Aufruf zur Unter st ützungnnd Linderung der schweren Not armer, ver-krüppelter Kinder und Idioten. Die Kunstanstalt„Samarita" in Nixdorf hat es sich zur Aufgabe gemacht, arme ver-krüppelte Kinder zu unterstützen. Dieser hervorragende und idealeZweck betätige sich dadurch, daß zurzeit zehn Verkrüppelte undIdioten von der Anstalt jährlich 1200 M. Unterstützung in monat-lichen Raten erhalten. Da sich aber,»vie stattstisch festgestellt sei,über 60 000 Krüppel in Deutschland befinden, so iväre die Anstalt mitAufnahmegesuchen überflutet und reichten die Mittel deshalb bei weitemnicht aus. Die Kunstanstalt„Samarita" will nun durch Verkauf preis-werter Gegenstände ein Scherflein dazu beittagen, die Not»md er-bärmliche Lage der Kinder zu mildern--." In dieser Weisewar der ganze Inhalt des ProspeftS gehalten; auf der Rückseite be-fanden sich die Abbildungen von zehn verkrüppelten Kindern, dieangeblich durch das.Krüppelheim" Unterstützung fänden. Darunterbefand sich ein Stempel, welcher einen einherschreitenden Christusdarstellt, der eine Kinderschar segnet. Unterzeichnet war der Prospettmit dem Namen des emeritierte»» Lehrers Correns. Dieser war vondem Angeklagten gebeten worden, dessen Namen bei dem Berkaufvon Waren zu wohltätigem Zweck als Empfehlung benutzen zudürfen. Gegen den Willen des C. setzte der Angeklagte jedoch denNamen unter jene Prospekte, so daß diese den Anschein gewannen,alS wenn ein emeritterter Lehrer mit dem Krüppelheim in naherVerbindung stehe. Ein weiterer Trick, um dem ganzen Unterneh,nenden Anschein zu geben, als handele es sich um ein aus christlicherNächstenliebe entstandene« wohltätiges Institut,»velcheS nur alles Edleim Sinne habe, war folgender: Die verschiedenen Reisenden er-hielten Anlveisung, möglichst in schwarzer Kleidungoder einer anderen einem kirchlichen Beamten ähnlichenKleidung bei den Leuten vorzusprechen. In der Hand hielten sieein gesangbuchähnliches schlvarz eingebundenes Hest, auf dessen Deckelsich ein große» goldenes Kreuz befand; eine Reisende. tratsogar als fromme Schwester auf. Sämtliche Reisenden gabendie entsetzlichsten Geschichten von den martervollcn Leiden armerKrüppel und Idioten zum Besten. Es wurden nur die weniger be-mittelten BevolkerungSschichten von den Reisenden aufgesucht; dieeinfachen Leute wurden mitunter zu Tränen gerührt durch dieSchilderungen der Reisenden. Eine große Anzahl von Schreibenwurden an den Angeklagten gerichtet, in welchen dem„KriippelheimSamarita" in rührend-naivster Weise Anerkennung gezolltt wurde.Von Leuten, die vielleicht selbst nicht viel übrighaben, wurden sogar Geldbeträge eingesandt, die zmngrößten Teil in d»e Geschäftskasse des Angeklagten flössen.Wie festgestellt worden ist. hat der Angeklagte allerdings»nehrereHundert Mark für in Waisenhäuser untergebrachte Krüppel gespendet.er hat dies aber, wie die ganze Sachlage erkennen lasse, nur alsB o r w a n d und Rückendeckung benutzt. Er selbst hat durchdie Angaben, es handele sich ausschließlich um ein wohltätigesUnternehmen, die größten Vorteile genossen, denn die Bilder undHaussegen wären von dem Angeklagten obeirvrein noch erheblichzu teuer verkauft worden. D»e hierüber vernommenen Sach-verständigen bekundete»», daß man ganz gleichartige Haussegen schonfür 2,50 bis allerhöchstens 4 M. überall zi» kaufen bekomme. Der An-