wieder hsrauSyeqeben. In Aplerbeck überritten Gendnrme beinahe die Streikposten. Diese mußten sich in Gräben und hinter Hecken flüchten. Die Gendarmerie sagte dabei, nach- dem sie die Personalien der Leute festgestellt hatte:„Ihr bekommt KV M. Strafe nnd wenn Ihr ein bißchen frech seid, so drücken wir a»f den Knopf nnd dann ist Militär hier". Ans Zeche„Preußen I" sind unter polizeilichem Schutz 8V Gefangene als Streikbrecher beschäftigt worden. Was die Zahl der Streikenden anlangt, so geben auch die Unteruehmermelduugcn 200 000 Streikende zu. Der „Reichs-Anzeiger" schreibt nach Mitteilung des Oberbcrgamtcs, daß schon am Mittwoch morgen nur noch 11 Zechen mit etwa nvVvManmBelegschaft vom Ausstände unberührt waren. Ans den vom Ausstände betroffeneu Zechen fuhren zu deni gleichen Zeitpunkt 15 518 Manu über und unter Tage an, während ÄM)2VV ausständig waren. Danach kann man annehmen, daß am Donnerstag das ganze Ruhrrevier still lag. Die Unternehmerzahlen sind tendenziös falsch, was schon aus dem Vergleich mit den offiziellen Zahlenangaben des Oberbergamts hervorgeht. **' * Machtmittel der Regierung. AuS Dortmund schreibt unser E-Korrespoiidmr vom Donnerstag morgen: Die von der Negierung angebahnten Vermittelungsversuche hatten besonders in d.en Kreilen der Bürgerschaft große Hoff- nung auf Beilegung des Kampfes geweckt. Um so größer ist die Mißstimmung über die protzig ablehnende Haltung' des Kohlen- Junkertums. Man kann solche Provokation nicht begreifen und sagt sich: wenn die Negierung gegenüber solchem Uebermut, gegenüber solcher Frivolität, gegenüber solcher rücksichtsloser Gefährdung des Gemeinwohles, vollständig niachtlos ist, obwohl die Gnibcnmagnatcn gar keine Eigentumsrechte an den Kohlen haben, dann muß sich die Regierung in irgend einer Weise der Gesellschaft verpflichtet haben. Die Anmaßung der Dividendenraffer hat die Regierung tatsächlich in eine unangenehme Situation gebracht. Knickt sie vor dem Grubcngeldsack zusammen, dann hat sie in weite Kreise das Miß- trauen gegen sich selbst getragen. Man glaubt nicht mehr, daß die Regierung die Macht hat, objektiv zu urteilen und deni Rechte zum Siege zu verhelfen: man hat jeden Glauben verloren, daß die Sie- gierung das Wohl der Gesamtheit gegen die Angriffe einer kleinen übermütigen Sippe schützen kann. Man kann auch nicht sagen, die Regierung habe keine Handhabe, den Herrschaften Räson beizubringen. Hätte die Regierung die Ruhrmagnaten nicht seit Jahrzehnten nach Belieben schalten lassen mit dem Volkseigentum und den Grubenproletaricrn, dann hätte sie sich auch mcht jedes moralischen Einflusses begeben. „Ich mache mit meinem Eigentum was ich will!" sagt Herr Stinnes und die Behörde muckt nicht! Die Grubenherren wissen, daß sie nichts zu flirchtcn haben. Und doch könnte die Regierung, ohne die Eigentunissrage aufzurollen, den Kirdorf und Genossen ganz ordent- lich die Zähne zeigen. Die Organe der Regierung haben es für nötig gehalten, mit vieleni Nachdruck den ArbeitSwilligenschutz zu betonen. Und die Kapitalisten brauchen sich nicht zu beklagen, die Staatsanwälte gehen leicht über den Buchstaben des Gesetzes hinaus— gegen Streiksiindcr! Wie wäre es, wenn die Regierung nun auch einmal dieselbe Genauigkeit verlangte inbezug auf Beachtung Verberg- polizeilichen Borschriften? Bis jetzt haben die Vorschriften meist nur einen platonischen Wert, sie sind da. um üb ertreten zu werden. Gibt die Regierung Anweisung, die Beachtung der Vorschriften bis auf das Kleinste zu verlangen und durchzusetzen, die stolzen Herren vom bergbaulichen Verein würden sicher kirre gemacht. Unterläßt die Regierung es, den Herrschaften gründlich den Text zu lesen und ihnen ein: Entweder — Oder! zu stellen, dann hat sie vollständig vor dem Gruben- magnatcntum kapituliert— und alles Vertrauen bei der Bevölkerung verloren. Wer sorgt für Ruhe und Ordnung? Unser �-Berichterstatter schreibt: Tie Unternehmcrblätter geberden sich wie toll in Sorge um die öffentliche Ruhe und Sicherheit. Das sagt man wenigstens. Selbst Be- Hörden zweifeln nicht mehr daran, daß die Rufe nach Militär einen anderen Zweck haben, als die Ruhe und Sicherheit zu garantieren. Man sehnt sich nach Putschen und mit dem Einrücken von Militär wird die Gefahr, daß Krawalle hervorgerufen werden— eine Gefahr, die infolge der Bewaffnung von Zechenbeamten schon ganz bedenklich gestiegen ist— noch iveiter erhöht. Von verschiedenen Seiten wird schon lebhaft über aggressives Vorgehen seitens bewaffneter Zechenbeamten geklagt; in Cornap schoß ein Betriebsführer auf Streikende, das gab natürlich Unruhe; in Borbeck übten sich Zechenbcamte in Handhabung des Revolvers auf öffentlicher Straße. Gerade dieser Streit beiveist, daß die Arbeiterbewegung die allerbeste Erzieherin ist, am besten Ruhe und Ordnung garantiert. Welch ein Unterschied zwischen heute und dem Streik 18891 Wer die Bewegung von damals kennt und verfolgt die Ereignisse jetzt, der findet heule leicht einige Entschuldigungen für die damalige Nervosität bei verschiedenen Zivilbehörden, eine Nervosität, die' leider viel, viel Unheil im Gefolge hatte. Das beste Argument gegen die Heranziehung von Militär ist die Tatsache, daß dort, wo 1889 kein Militär war, auch die öffent- liche Ruhe und Ordnung nicht gestört worden ist. Der Oberbürger- mrister von Essen erklärte damals, er habe kein Militär notwendig— Essen blieb von Militär, von Exzessen nnd Metzeleien verschont. Heute kann man die Nervosität einiger Behörden, die weniger den Charakter der Bevölkerung kannten als der Essener Oberbürger- meister, verstehe», um so frivoler ist aber das jetzige Geschrei nach Pulver, Blei und Säbel. Damals ging es in den Versammlungen zuweilen wirklich etwas turbulent her, aus Mangel an Schulung und Disziplin. Manche Redner kehrten sich nicht an parlamentarische Ordnung und die Zuhörer noch weniger. Truppweise zog man vor die Redaktionen der ultramontanen Blätter, die damals die„Hetz- blätter" waren, andere Tausende postierten sich vor den Rats- und Amts- Häusern, man wollte Nachrichten haben. Niemand wußte, wie die Bewegung stand, Schwindelnachrichten, die der einzelne nicht kannte, vergrößerten die Verwirrung. Aber auch damals, wo die Polizei dem Treiben in aller Gemütsruhe zusah, verlies sich die Menge auch jedesmal bald wieder. Das Bild änderte sich urplötzlich, als daS Scharfmachergeschrei bei den Polizeiorgancn eine krankhafte Ordnungssucht hervorrief. Das Auseinandertreiben begann I Junge Burschen aus dem Hinter- gründe schrieen Hurra! Dann wurden die Sicherheitswächter ganz kopflos, der Säbel flog aus der Schneide, zunächst mit flacher Klinge hieb man auf die vorderen Reihen ein.... Nun gab es Tumult, eS folgten scharfe Hiebe, einige Leute widersetzten sich, Steine flogen... Der Krawall war fertig.-- Am nächsten Morgen rückte Militär ein. Das kostete ver- schiedcne Menschenleben und für manchen ganz Unbeteiligten böse Verletzungen. Ich sah, wie ein einzelner, hülflos am Boden liegender Mensch von vier oder fünf Infanteristen mit dem Gewehrkolben ver- arbeitet wurde. Mit Gewehrkolben und Säbeln schlug man in Haus« türen hinein, geschlossene Türen wurden bombardiert, angeblich, weil aus einem Hause ein Zuruf erfolgt sei.... Auf der Bahnhosstraße in Bochum standen tausende Menschen und sahen dem Vorbeimarsch einer Jnfanterietruppe zu. Ein blut- junger Leutnant, 18 Jahre alt. führte den Zug. Plötzlich kommandiert er: Feuer! nochmals: Feuer! uud abermals: Feuer! —-- Starr stand die Menge! Vom Bahnhof strömten hundert Menschen dem Standort des Militärs zu. Unter diesen Menschen plötzlich eine Panik, sie hörten die Kugeln pfeifen... ein Schrei, noch einer.... Eine Kugel hatte einen Menschen durchbohrt und war dann noch tief in den Leib des Hintermannes eingedrungen... Noch ein anderer, ahnungslos vom Bahnhof kommender Passant erlitt Verletzung durch einen Streifschuß! Unabsehbar wäre' das Unglück gewesen, hätten nicht die Elsaß- Lothringer in die Luft geknallt. Weshalb waren da hunderte Menschenleben aufs Spiel gesetzt, mit dem Tode bedroht?... Der junge Leutnant wollte von einem Steinchen getroffen worden sein---- Heute ist das Bild im Ausstandsgebiet ganz anders, und es wird so bleiben, wenn die maßgebenden Stellen nicht auf das Ge- schrei der Scharfmacher hören. Kaum merkt man, daß eine Viertel Million Menschen im Streik sich befinden. Nichts Ungewöhnliches.-- Doch, halt!— Der Oberbürgermeister von Dortmund sorgte dafür, daß jeder Straßenbummler merkt, was los ist. In Ricsenplakaten an den Litfaßsäulen garantiert er den Arbeitswilligen ausreichenden Schutz—, durch bewaffnete Zechenbeamte.„Böse" Zungen be- Haupte», Herr Schmieding habe die Plakate nicht auf städtische Kosten, sondern als Anffichtsrat der Harpener Bergbau- Gesellschaft anfertigen lassen. Das Straßenbild ist fast überall gleich. Ich war heute in Herne , Rauxel, Castrop , gerade wie in Essen, Bochum , Dortmund , leere Straßen, nicht stärker bevölkert als zu anderen Zeiten. Die Streikenden haben gar nicht mehr das Bedürfnis, auf die Straße zu gehen, höchstens daß die Zeit der Muße einmal zu einem Spaziergang benutzt wird. Durch die Lokalpresse, die in den letzten Jahren im Industrie- gebiet eine ungewöhnliche Ausbreitung gefunden hat, bleiben die Streikenden über den Stand der Bewegung auf dem laufenden. Das übrige besorgen die Organisationen, sie haben die Masse nicht nur geschult und diszipliniert, sondern auch aufgeklärt über das, was zu tun ist. Die Streikenden eilen in die Versammlungen, gehen zum Strcikbureau, holen sich hier ihre Informationen und wandern dann ruhig nach Hause. Albern ist eS zu sagen, die Führer ständen verlassen da. Daß der Streik über die Köpfe der Führer hinweg aufloderte, ist nur ein Beweis für die elementare Kraft der Bewegung. Nun aber folgen die Massen wieder der Parole, parieren Order. Ein Beweis: Die Delegiertenkonferenz beschloß, auf Zeche„Luise-Tiefbau" darf nicht gestreikt werden I Am anderen Tage fehlte kein Mann der Belegschaft! Alle anderen Anordnungen Iverden prompt befolgt, und das von einem Riesenhecr von über 209 900 Mann! lind welch verändertes Bild in den Versammlungen: Die Ruhe und Ordnung ist ftappierend. Die aktive Mitwirkung der Ver- sammlungsbeiucher beschränkt sich auf einzelne Zustimmungs- und Protestrufe und Abstimmungen. Ruhig hört man die Redner an. Selten sieht man ein Schnapsglas, in manchen Versammlungen wird iib er Haupt kein Alkohol genossen. Ist die Versammlung geschlossen, geht alles ruhig nach Hause. �Vielfach organisieren die Verbände selbst einen Sicherheitsdienst— und die Behörden machen damit die besten Erfahrlingen... *** Bewilligte Forderungen. Homberg , 19. Januar. (Eig. Ber.) Herr Haniel-Mülheim hat für seine Zeche„Rheinpreußen" — die Zeche gehört nicht zum Ober-Bergamtsbezirk Dort- mund— die Forderungen bewilligt. Eine Belegschafts- Versammlung beschloß daraufhin, die Arbeit wieder aufzu- nehmen. Was Herr Haniel kann, werden die anderen Gruben- Herren auch können. Man kann wohl, man will nur nicht. ** * Notstandstarif für Kohlentransporte. Der Regierung scheint vor der Gefahr, die der deutschen Industrie aus dem der Bergarbeiterschaft aufgezivungenen Ausstand droht, allmählich ängstlich zu werden, in ihrer Ver- wirrung aber zu allerlei sich direkt widersprechenden Maßregeln zu greifen. Das preußische Verkehrsministerium hat für sämtliche Direktionsbezirke der preußischen Staatsbahneu bis auf weiteres einen Notstandstarif für Kohlenversendungen aus dem oberschlesischen Revier(Eisenbahn- Direktionsbczirk Kattowitz ) in Kraft treten lassen. Die neuen Tarifsätze sind beträchtlich billiger als die bisherigen. 100 Kilogramm Stein- kohlen kosten z. B. nach Kassel -Oberstadt ab Zeche Emanuel- fegen 1,45 M., ab Hillebrandschacht 1,44 M. Dagegen meldet das„Wolffsche Bureau" aus Saar- brücken: „Saarbrücken , 19. Januar. Hier verlautet, die in- dustriellen Werke im Kohlenausstandsgebiete an der Ruhr würden Kohlen vom Saargcbict nicht bekommen. Es heißt, das Handels- amt der königlichen Bergwerksdirektion Saarbrücken hätte auf An- frage verschiedener Kohlenhändler, die die günstige Konjunktur ausnutzen wollten, mitgeteilt, daß es Kohlen nach dem Ausstands- gebiet nicht versende." Also die Versendung von Kohlen aus dem entfernteren oberschlesischen Revier nach den rheinisch-westfälischen Industrie- bezirken wird durch Ausnahmetarife gefördert, die Versendung von Saarkohlen aber erschwert. Ein sonderbarer Widerspruch! » Wirkungen auf das deutsche Wirtschaftsleben. Der lähmende Einfluß deS Streiks auf das deutsche Wirtschasts- leben nimmt immer größere Dcmensionen an. Ein Gebiet der deutschen Volkswirtschaft nach dem anderen wird in Mitleidenschaft gezogen, kennten die Kohlemnagnaten, die so leichthin den Ausstand heraufbeschworen haben, ein anderes Gefühl als das der Herrsch- '»cht, hätten sie für etwas anderes Verständnis als für die Mehrung ihres Profits, es müßte ihnen Angst werden vor der Verantwortung, die sie frivol auf ihre Schultern geladen haben. Am stärksten be- troffen wird natürlich der rheinisch-westfälische Bezirk selbst, und in diesem die Eisenindustrie. Die vor dem Ausbruch des Generalstreiks von der Unternehmerpresse ausgestreute Nachricht, daß nicht nur die Zechen, sondern auch die Eisen- und Stahlwerke große Kohlcn-Reserve- Vorräte aufgehäuft hätte», scheint sehr übertrieben zu haben. Aus dem Düsseldorfer Bezirk meldet jetzt das offiziöse Zechenblatt, die„Rhein.- Westf. Ztg.", selbst, daß die Befürchtung besteht, daß bei weiterem Andauern des Streiks eine große Anzahl Werke zu Einschränkungen oder Stillsetzungen ihres Betriebes werden greifen müssen. Die Düsseldorfer Eisenhütten-Gesellschast hat bereits einen Teil ihres Betriebes mangels Kohlen stillegen müssen. Von dieser Anordnuug sind rund 199 Arbeiter betroffen worden. Die Düsseldorfer Röhrenindustrie Akt.- Ges., die rund 399 Arbeiter beschäftigt, hat noch bis Ende dieser Woche Kohlen- Vorräte. Vermehrt sich bis dahin der Bestand nicht, so wird das ganze Werk stillgelegt werden müssen. Die Rheinische Metall- waren- und Maschinenba n-Aktien-Gesellschaft läßt nur noch an fünf Wochentagen statt der bisherigen sechs arbeiten. Die Aktien-Gcs. Düsseldorfer-Eisenbedars- Düsseldorf- Oberbilk teilt mit, daß sie mit Kohlen für ihre Schmiedewerk- stätte noch auf ca. 8 Tage versehen ist. Wenn bis zu diesem Zeit- punkt die Kohlenvorräte keine Vermehrung erfahren, so wird die Stillegung der Schmiedewerkstätte in Düffeldorf-Reißholz eintreten müssen. Die Mannesmann-Röhren werke haben ebenfalls nur noch für einige Tage Kohlen für ihre Werke in Rath und Remscheid . Der Bedarf soll durch belgische und englische Kohlen ergänzt lverden. Nicht viel günstiger steht es um die bergische Stahl- und Klein- eisenindustrie. Die großen Werke: BergischeStahlindustrie, Aktiengesellschaft Alexander lverk, Hessenbruch- che Walzlverke und Lindenbergs Stahlwerke. haben zwar noch Kohlen für 1 bis 3 Wochen, müssen aber demnächst zu Betriebseinschränkungen greifen, da in jenen Abteilungen, wo nur mit frischer Kohle gearbeitet werden kann, das Ausbleiben der Kohle ein Weiterarbeiten nicht mehr gestattet. Weit schlimmer als die Lage der großen Betriebe ist jedoch jene der zahl- reichen mittleren Bettiebe, die den Kern der bergischen Kleineisen- industrie darstellen. Da es ihnen meist an Lagerplätzen mangelt, um größere Vorräte auffpeichern zu können, Pflegen sie ihren Bedarf von Woche zu Woche bei den Kohlenhändlern zu decken. Bleibt die Zufuhr aus, muß diese Industrie binnen kurzem stillstehen. Auch aus Hagen in Wesffalen wird gemeldet, daß dort sich bereits Kohlenmangel bemerkbar macht. So müssen in dem Guß- ftahlwerk der Firma Eicken u. Co. 1139 Mann feiern. Im Puddel- und Walzwerk von Funcke u. E l b e r s sind vorläufig zwei Walzstraßen nnd eine Anzahl Puddelöfen still- gelegt worden. Bei eingeschränktem Betriebe kann noch 2— 3 Tage gearbeitet werde», dann müssen 359 Arbeiter feiern. Die Hagener Gußstahlwerke haben den Betrieb auf sieben Stunden täglich beschränkt, in ivenigen Tagen muß der Bettieb eingestellt werden. DaS Hasper Eisen- und Stahlwerk hat einen Teil des Betriebes stillgelegt. Ebenso hat die I o h a n n e s h ü t t e(Ruppel, Cramer u. Co.) bei Dortmund die Stillegung des Äettiebes beschlossen und ferner sollen morgen die Westfälischen Draht werke in Hamm stillgesetzt werden. «selbst in der niederrhcinischen Textilindustrie beginnt sich Kohlenmangel einzustellen. Verschiedene Spinnereien und Webereien ün München -Gladbacher Bezirk haben vorläufig die Arbeitszeit ber- kürzt; wahrscheinlich werden aber einzelne schon in nächster Zeit den Bettieb ganz einstellen müssen. Eine lveitere Folge des durch die Kohlenbarone provozierten Streiks lvird wahrscheinlich der Verlust eines bedeutenden Teils des Absatzgebietes sein, den die Ruhrkoble bisher in Holland und England hatte. In den englischen Hafenplätzen, die für den Kohlen- Versand besonders in Betracht konunen, herrscht eine fast fieberhafte Tätigkeit, mn die Gelegenheit zu benutzen, nicht nur das verlorene Absatzgebiet in Holland zurückzuerobern, sonder» in den deutschen Küstengebieten neues Terrain zu erobern. Selbst nach den am Rhein gelegenen Jndustrie-Orten schickt England Kohlen. So meldet die„Duisburger Zeitung", daß in den nächsten Tagen 175 909 Tonnen englische Kohlen in R u h r o r t für Rechnung holländischer Firmen cintteffen und diese Kohlen, welche bereits in der vorigen Woche in England verladen wurden, sind bereits sämtlich im Duisburger Jndustriebezirk verkauft worden. Aber auch Böhmen und Belgien gedenken die günstige Situation für sich auszunützen. Aus MonS (Belgien ) wird telegraphisch gemeldet: „Der Ausstand im rheinisch- westfälischen Kohlenrevier hat eine große Tätigkeit auf den hiesigen Kohlenzechen hervorgerufen. In den letzten Tagen ist eine große Anzahl von Spezialzügen mit Kohlen nach Deutschland abgegangen. Vergangenen Montag 42 Z ü g e aus I a in a p e; am Dienstag 11 Züge; g e st e r n 12 Züge; jeder der Spezialzügc umfaßt 35 Wagen. Der Be- ftimmungsort ist Düffeldorf, Ebersheim usw. Ein Grubenbesitzer erklärte den Trustvertretern, der Ausstand im rheinisch-westfälischen Kohlenrevier würde für die belgische Kohlenindnstrie von großem Vorteil sein. Infolgedessen würden sich die Arbeitsbedingungen be« deutend bessern. Bis jetzt wurde nur' fünf Tage in der Woche gearbeitet. Die Bergarbeiter verhalten sich ruhig und denken an keinen Streik, sie haben im Gegenteil Schritte unternommen, damit die Arbeit während der ganzen Zeit fortgesetzt wird." »* # Solidaritätskundgebungen. Es geht uns folgender Aufruf zu: Partcigcnossumcn! Die Ursachen des Riesenkampfes im Ruhrkohlenrevier find Euch bekannt. Ebenso habt Ihr die Aufrufe des Parteivorstandes und der Generalkommission der Geioerkschaften gelesen. ES bedarf daher keiner nochmaligen besonderen Darlegung des Sachverhalts, um die politisch tätigen wie gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinnen und Arbeiterftanen aufzufordern, sich überall eifrig an den Sa mm- l u n g e n zu beteiligen. Jede Proletarierin muß ihr Scherflein beitragen, sei auch ihr Verdienst noch so gering, um die Streikenden in diesem wahren Kulturkämpfe, ihrem Kampfe um menschlicheres Leben zu unterstützen. Den Hausfrauen ganz Deutschlands wird bald klar werden, daß die maßlose Ausbeutung der Arbeiterschaft die Habgier der Kohlen- barone nicht befriedigt, sondern durch Erhöhung der Kohlenpretse die gesamte kohlcnverbrauchende Bevölkerung aufs höchste geschröpft werden wird. Genossinnen! Sorgt dafür, daß in diesem gewaltigen Ringen das weibliche Proletariat in Sckaren mit auf den Plan tritt. Ver- anstattet Volksversammlungen. Wo dies nicht zweckmäßig erscheint. ruft die Frauen zum massenhaften Besuch der von den Genossen arrangierten Versammlungen auf, damit der Protest der Arbeiter- schaft ein gewaltiger werde und die Regierung der Forderung der Volksmassen nach Verstaatlichung der Kohlengruben nachzukommen gezwungen wird. In der Ueberzeugung, daß dieser Hinweis genügt, um die Geno�'innen zur höchsten Tätigkeit anzuspornen zum Beweise ihrer Solidarität grüßt Ottilie Baader , BerttauenSperson der sozialdemokratischen Frauen Deutschlands . Aus London wird telegraphiert: Der Ausschutz des englischen Bergarbeiter-Berbandes tritt nächste Woche zusammen, um zu beraten, in welcher Weise die ausständigen deutsche» Bergleute zu unterstützen sind. Ferner wird aus Brüssel gemeldet: Der sozialistische Abgeordnete Maroville, Sekretär des belgischen Grubenarbeiter- Verbandes, erklärte, wenn der Generalstreik begonnen habe, so sei der Augenblick gekommen, um unter den belgischen Ar- beitcrn Propaganda zu machen und sich mit den dciltschen Arbeitern solidarisch zu erklären. »-» - Schmock in holdem Wahnsinn. Die„Post" schreibt folgenden Polizcibericht: „Wenn übrigens Anarchisten nieder Annahme, daß sie schnitter- reife Saat genug in dem-Ruhrgebiet finden würden, die Erregung der Gemüter und die Herrenlosigkeit der Führer über die Masse» auszunützen versuchen sollten flir ihre Zwecke, so könnte man sich darüber nicht wundern. Die beiden festgenomme"?» Personen, welche als Anarchisten verdächtig waren, sind ja, wie wir im Morgenblatt berichten, zu Unrecht für solche gehalten. Ob sich aber sonst noch anarchistisches Gelichter gezeigt hat, ist immerhin nicht ganz ausgeschlossen." Tante Boß philosophiett aus dem Kaffeesatz über den Kohlen- arbeiterstteik. Am Abend wie am Morgen stellt sie juristtsche Er- wägungen über den Konttaktbruch an. Die größte Arbeiterbewegung, die Deutschland je erbeben gemacht hat. erweckt in ihrem juristtschen tantenhaften Gemüt kein anderes Bewußtsein, als die Weltanschauung des— Wechselrechtes. Die ganze sittliche Weltordnung, meint Tante, beruht darauf, daß der Mensch das Wort, das er gegeben hat. Hält, und daß der. dem das Wort gegeben worden ist, sich auf dieses Wort verlassen kann. Darum betrachtet Tante eine Arbeitseinstellung, die unter dem Vcrttagsbruch begangen wird, als ein schweres Unrecht. und sie hat eS nie gebilligt, wenn man ein solches Unrecht hat be« mänteln wollen. Wenn die ganze sittliche Weltordnung darauf beruht, daß man sein Wort hält, dann haben die Kohlenbarone seit 1839 beständig die sittliche Weltordnnng verletzt; denn keins von den Worten, die man damals gegeben hat, hat man eingelöst. Aber wenn die „Vossische Zeitung" mit dieser Kannegicßerci besagen will, daß das „Recht" unter allen Umständen verbindlich sein soll für die ihm Unterworfenen, so setzt diese Folgerung eine sittliche Weltordnung voraus. Erst wenn eine sittliche Weltordnung existiert, muß Recht unter allen Umständen gelten, muß das gegebene Wott ge- halten werden. Eine absolute Rechtsverbindlichkeit kann nur dann anerkannt werden, wenn alle Mitglieder der Gesellschaft sich dem Rechte frei- willig unterworfen haben, indem sie sich den Mehrheits« beschlüssen unterordnen. Wenn das Arbeitsverhättnis nicht wie bisher ein Ausdruck brutaler Willkür des Stärkeren ist, die sich in leere Formeln von Rechtsparagraphe» kleidet, dann, aber erst dann
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