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langer als eine Stunde vor beginnender Versammlung derart über- füllt, daß er polizeilich abgesperrt werden muhte; es waren sicher 67000 Menschen in drangvolle Enge gezwängt. Ilm   für die vielen, vielen Tausenden, welche die Zufahrtsstraße besetzt hatten, einen gewissen Abzug und Ersatz zu schaffen, wurde sofort in dem nahe- gelegenen Bürgerlichen   Brauhaus eine zweite Versammlung im- provisiert, die alsbald gleichfalls von 2%' 3000 Menschen besetzt war. Die noch übriggebliebenen weiteren Tausende wollten lange nicht weichen und waren durch ein zahlreiches Polizeiaufgebot nur schwer zu zerstreuen. Es waren, gering geschätzt, 15 000 Menschen auf den Beinen. Die Hauptversammlung imMünchener Kindl" wurde von Bollmar eröffnet, der in seiner Cinleitungsrede die Versammlung als eine Kundgebung aller derer bezeichnete, die ein Gefühl haben für die Leiden eines schmählich unterdrückten Volkes und für dessen Ringen aus der Barbarei eines asiatischen Despotentums empor zum Lichte der Kultur. Es gelte der öffentlichen Meinung Ausdruck zu verleihen, die zu begreifen anfange, daß der Befreiungskampf des russischen Volkes eine Sache der ganzen Menschheit sei, den Kämpfern die brüderlichste Sympathie auszusprechen, aber zugleich auch tat- kräftige Hülfe zu leisten, indem man Mittel schaffe zur Linderung der Not der Opfx� aber weiter auch zur Führung des aktiven Kampfes, der nur mit der Niederwerfung des Selbstherrschcrtums und der Befreiung Nußlands endigen dürfe. Nach dieser mit stürmischem Beifall aufgenommenen Ein- leitungsrede übernahm Dr. Nehm den Vorsitz, verlas zwei Be- grüßungs- und Zustimmungsschreiben Brentanos und Lipps und gab hierauf dem in München   wohnenden russischen Sozialisten Schewitsch das Wort der in eingehender, vorzüglicher und die Begeisterung der Versammlung weckender Rede die Entwickelung der Dinge in Ruß- land schilderte und zum Schluß die öffentliche Meinung Deutschlands  und Europas   um Hülfe für die russische   Freiheitsbewegung bat. Nachdem sich der Beifall der zu etwa%% aus Sozialdemo. kraten, im übrigen aus allen Bevölkerungsschichten, darunter viele Studenten, zusammengesetzten Versammlung gelegt hatte, ergriff noch Rechtsanwalt M. Bernstein das Wort, um im ähnlichen Sinne zu sprechen, wobei namentlich über die geradezu demütigende, liebe- dienerischc Haltung der deutschen   Ncgicrnngcn gegenüber dem Zarismus das schärfste Verdammungsurteil gefällt wurde. In der zweiten Versammlung sprachen Ad. Müller, Quidde  und später gleichfalls Schewitsch. Am Schlüsse der vorzüglich ver- laufenen Versammlungen wurde einstimmig folgende Resolution angenommen: Am 22. Januar d. I. ist in den Straßen Petersburgs auf Geheiß der Regierung unter einer aus wehrlosen Männern, Frauen und Kindern bestehenden Volksmenge, die voller Vertrauen zu ihrem Herrscher ihm eine Petition überbringen wollte, ein Blut- bad angerichtet worden, dem nach Feststellung der Vertreter sämt­licher Petersburger Zeitungen über 3000 Menschenleben zum Opfer fielen. Gegen ein solches, in der Geschichte der Regierungs-Getvaltakte aller Länder beispiellos dastehendes feiges Massenverbrechen erhebt die heute von Männern und Frauen aller Stände und Parteien besuchte Versammlung im Ramen der Solidarität aller zivilisierten Völker lauten flammenden Protest. »1 fordern die Vertreter des deutschen   Volkes im Reichstage "fcA ihrerseits ihre Stimme in gerechtem Zorne zu erheben und von ott deutschen   Regierung zu verlangen, das, ihre, den deutschen  iMtwen schändenden Liebesdienste dem russischen Absolutismus ÜWWtttiibcr enlich ei» für allemal aufhören und daß den<ussischen -Wecchritskämpfern auf deutschem Boden»olles ungeschndälertes 1,USir«cht gewährt werde. mDen für die heiligsten Menschenrechte, für die elementarsten Boroedingungen einer zivilisierten Existenz mit grenzenloser Auf- »plBisnng kämpfenden russischen Arbeitern, Schriftstellern. Ge- kehrten, der studierenden Jugend, dem gesamten, zu neuem Leben erwachenden russischen Bolle bringen wir aus tiefstem Herzen unsere unbegrenzte Sympathie und Bewunderung entgegen. Wir fordern die Bevölkerung aller übrigen deutschen   Groß- städte auf, ähnliche Kundgebungen zu veranstalten und beauftragen den Vorstand der heutigen Versammlung, Abschriften dieser Reso- lution den Fraktionsvorständen sämtlicher Parteien im deutschen  Reichstage, wie auch dem Reichskanzler zu übermitteln. Paris  . Unter dem RamenFreunde des russischen Volkes" hat sich hier eine Vereinigung gebildet, die sich die Aufgabe gestellt hat, chie öffentliche Meinung über die Vorgänge in Rußland   aufzuklären -und dem russischen Volke zu zeigen, welche Sympathien man ihm in seinem Befreiungskampfe entgegenbringt. An der Spitze dieses Vereins stehen Anatole France  , Senator George Clömenceau und Adolfe Carnot, ein Bruder des verstorbenen Präsidenten. S Freitag abend fand eine zahlreich besuchte Versammlung von wfeForen»nd Studenten statt, in der dem russischen Volke die hmpathie ausgesprochen wurde; es wurden Reden gehalten, in denen man sich gegen die Blliance, nicht mit Rußland  , sondern mit de« russischen Kaiser aussprach. Schließlich wurde eine TageS- ordnung gegen die Haltung der russischen Regierung angenommen, in der für Freilassung der geistigen Führer eingetreten wird. In einer anderen Versammlung, die von der sozialistischen  Arbeiterpartei zum Westen der russischen Ausständigen abgehalten wurde, verurteilten die Redner in scharfen Worten das Verhalten der russischen Armee, die gegen die Arbeiter gekämpft habe, und befür- warteten eine Alliance der Proletarier aller Länder an Stelle der französisch-russtschen Alliance. Die Unruhen in Rnssisch-Polen  . Einem uns zur Verfügung gestellten Privatbriefe ans Warschau  , der vom 30. Januar datiert ist, entnehmen wir einige sehr charak- teristifche Einzelheiten: Am Freitag schon herrschte eine bange Schwüle, die meisten Läden wurden bereits geschloffen, und der Preis der Lebensmittel stieg ins Unglauliche, trotzdem war man allgemein der Ansicht, daß der Ausbruch des Generalstreiks beute(Montag) zu erwarten sei. Wir nahmen daher ruhig unseren Betrieb am Sonnabend auf, doch wurde absolut nichts getan. Gegen 10 Uhr vormittags patrouillierten fort. während Kosaken   und Husaren auf der Straße, doch schien alles ruhig, abgesehen von einigen Ansammlungen, die aber nichts unter» nahmen. Gegen 2 Uhr aber brach der Tumult aus, Gejohle, Geschrei, Klirren von Laternen und großen Schaufenstern, kurz und gut ein toller Höllenlärm, den man so nicht beschreiben kann, man muß ihn selbst gehört haben. Unser Herr war von einer kleinen Reise in die Umgegend noch nicht zurück, ich gab aber kurz entschlossen den Befehl zum Einstellen der Arbeit, gerade rechtzeitig genug. Automaten, Photographen-Aushängekästen bildeten mit den entzwei geschlagenen Laternen und Kandelabern ein wüstes Chaos mif der Straße. Ich bat einen Herrn um seine Begleitung und bestieg einen Wagen, um das kurze Stück nach meiner Wohnung sicher zurücklegen zu können. Weit sind wir nicht gekommen, denn alle Verkehrsmittel, Pferdebahnen. Droschken. Schlitten wurden an- gehalten, so auch wir, sehr höflich aber bestimmt; die Menge ver« langte, der Kutscher   soll nicht fahren, wir also raus und sind die paar Schritte zu Fuß gegangen. Der Kutscher   muß seinen Livreemantel ausziehen und in den Wagen legen. An dem Mantel ist nämlich auf einem kleinen Schilde auf dem Rücken seine Nummer, ohne welche er nicht fahren darf, kurz es war alles sehr höflich und gemütlich. Auf dem kurzen Wege nach meinem Heim begegnete ich einem Kon- ditorjungen, welcher eine Baumtorte in eine Gesandschaft tragen wollte. Die Menge, welche nicht zum geringsten Teile auch aus Frauen und Fabrikmädchen bestand, erleichterte ihn seine Aufgabe ganz besonders. Sie nahmen ihm die Torte einfach ab und verzehrten sie. Der Junge war der erste, welcher den Braten anschnitt... Wir sahen gerade beim Abendbrot, als der Tumult für diesen Tag seinen Höhepunkt erreichte. Zwei Häuser von unserem Geschäft be- findet sich ein Monopolladen. Der Schnaps wird hier von der Re gierung verkauft. Die Menge hatte diesen Laden gestürmt und den Schnaps angezündet. Die Flammen hüllten das aen-e HauZ ein. Nun muht Du Dir vorstellen, daß die ganze Straße;.nster war, denn eine ganze Laterne existierte wohl kaum, und wenn, dann brennt sie so schlecht, daß sie gar nicht in Betracht kommt, denn die Gasanstalt arbeitet so gut oder so schlecht es geht mit Militär, ebenso die Wasser- werke, welche ihre Leitungen von Zeit zu Zeit absperren. Der Anblick war schauerlich schön. Bis dato hatten wir noch kein Einschreiten von Militär gesehen, welches sich anscheinend gar nicht darum kümmerte. Ich habe gesehen, wie in Gegenwart einer 15 Mann starken Patrouille ganz ruhig weiter demoliert wurde. Jetzt sollten wir eines anderen belehrt werden. Eine Abteilung russischer Husaren auf ziemlich kleinen Pferdchen raste wie der Blitz die Straße herunter auf Dämme und Bürgersteige, und unbarmherzig hieben die Soldaten a�s die Mefcge ein. Ob Krakchler oder Zuschauer, Frauen, Mädchen, Kinder, alles egal, was sich nicht in Sicherheit bringen konnte, kam unter die Hufe oder wurde von dem schweren Säbel getroffen. Das Wehgeschrd und Wutgeheul war entsetzlich, man kann es nicht schildern, das muß man selbst gehört haben. Gegen Sonntag mittag beobachtete ich, wie zwei meiner Ansicht nach harmlose Passanten mit Säbelhieben traktiert wurden. Es war ein entsetzlicher Anblick. Einer befand sich in Begleitung seiner Frau, er hatte Glück und bekam wohl nur einen flachen Hieb, während der andere gleich zu Boden fiel und in einer großen Blutlache liegen blieb. Seit heute ist über Warschau   ein sogenannter kleiner Be- lagerungszustand verhängt worden, das heißt das Militär hat die einzige Gewalt. Ich sah auf meinem Weg zum Bureau schon ein Beispiel. In der Marschallkowska war durch irgend einen tückischen Zufall eine Scheibe ganz geblieben, und ein Arbeiter machte sich eben daran, auch diesen überflüssigen Luxus zu beseitigen, als eine Patrouille von fünf Soldaten kam. Einer da- von, welcher etwas zurückgeblieben war, bemerkte dieses und nahm den Attentäter fest, um ihn in der Mitte seiner Kameraden abzu- führen. Bevor er jedoch mit seinem Gefangenen diese erreichte, be- kam er von einem anderen jungen Mann von hinten einen tüchtigen Schlag mit einem schweren Knüppel, der ihm taumeln ließ. Beide rissen aus, doch schon hatte der Soldat seine Flinte heruntergerissen und den Flüchtigen eine Kugel nachgesandt, welche ihr Ziel leider nur zu gut erreichte. Ein Aufschrei, ein paar zuckende Versuche, sich z» erbeben, dann muß er wohl hinüber gewesen sein. Ich befand mich auf der anderen Seite der Straße, sah nur noch, daß er von der Menge aufgehoben wurde, weiter nichts. Was ich Dir eben geschildert habe, habe ich bei meinem zweitägigen Ausgang gesehen, doch muß die Sache in der Borstadt einfach fürchterlich sein, kenn wo ich wohne. auch die eben benannte Straße, gehört zu dem besten Viertel der Stadt. Wieviol Menschenleben oie Revolution gekostet hat, kann man jetzt noch nicht sagen. Eine Zeitung erscheint nicht und ein Verkehr, sei es geschäftlicher oder privater Natur, ist vollständig ausgeschlossen. In unserem Hause ist soeben eine Frau per Wagen angekommen, welche einen schauerlichen Säbelhieb über den Hals bekam und noch zum Ueberflutz, glaube ich, einen Schuß durch den Arm. Ich kann von meinem Fenster direkt in die betreffende Wohnung hineinsehen, man holt eben den Priester, also dürfte die Aermste wohl daran glauben müssen. Jung verheiratet. Sie wollte für ihr Balg Milch holen, welche wohl überhaupt nicht zu haben ist. Restaurants, alles ist geschlossen. Ich habe mir mein Petroleum selbst zu halten. Jetzt endlich bringt mir das Mädchen, das übrigens unterwegs ein paar Knutenhiebe bekommen hat, daß sie sich kaum bewegen kann, von einem Fünfrubelschein zwei Rubel wieder. Petroleum   kostet das russische   Pfund 60 Kopeken, zwei Pfund Lichte früher 23 bis 36 Kopeken, jetzt einen Rubel und ein Brot für 40 Kopeken, Gewicht ein Pfuno. Der Brief ist in vielen Beziehungen interessant. Er stammt von einem politisch vollständig indifferenten deutschen   Ingenieur und ist an hiesige Bekannte gerichtet. Er bestätigt trotzdem die Mitteilungen, daß vollkommen Unbeteiligte, Frauen und Kinder, aus bloßem Ueber. Mut von den Soldaten mißhandelt und ermordet wurden. Ganz besonders beachtenswert ist aber, was dieser ganz neutrale Mann, der keine andere Absichten hat, als seinen Bekannten etwas Interessantes zu erzählen, über das Eingreifen der Soldaten sagt. Solange Privateigentum demoliert wurde, da verhielt sich das Militär ganz passiv. Eine 1b Mann starke Patrouille sah gemütlich zu, wie demoliert wurde. Sobald es aber an die Schnapsläden des Staates ging, da ging auch das Gemetzel los, und niemand wurde ge- schont, ob schuldig oder unschuldig. Das läßt die Spitzelmache bei o-iesen Krawallen nur allzu deutlich vermuten. Mit den Polizriräubereien, die in dem mitgeteilten Privatbriese evident gemacht werden, beschäftigt sich ein Aufruf des Warschauer  ArbeiterkomiteeS der Polnischen Sozialistischen Partei  , in dem cS heißt: Genossen! Wendet alle Mittel an, um den Räubereien des Auswurfes der Gesellschaft vorzubeugen. Denken wir daran, daß die zarische Ne- gierung diese Tatsachen ausnutzen wird, um sie uns zuzuschreiben und unsere revolutionäre Fahne zu beschmutzen. AuS dem Dombrowaer Kohlenrevier(an der oberschlesischen Grenze). 30. Januar. Die Nachrichten aus Warschau   haben unsere Arbeiterbevölkerung in eine ungcheue«: Aufregung versetzt. Heute hat der Streik be- gönnen, in einigen Tagen wird er zum Generalstreik. Zahlreiche Gruben und Hütten hab.n sich schon dem Streik angeschlossen. Die Bevölkerung versteht sich rasch mit Lebensmitteln. AuS Warschauer Briefen. Freitag. Die Menge ging in geschlossener Masse ruhig, ohne Gesang, durch die Chlodnastrahe vorwärts. Hier erfolgte die Begrüßung Kner Kosakcnroite mit einem Steinhagel und dem wütenden Aufschrei:Schandel",Nieder mit dem Zaratl" Der Zusammenstoß war stark die Menge zog sich zurück, warf aber wütend mit Steinen. Es fielen auch einige Nevolverschüsse, ein Offizier stürzte vom Pferde, einige blutende Kosaken wurden weg- transportiert. Von allen Seiten zog die Menge heran. Auf der Zelazna, Towarowa wiederholten sich hartnäckige Kämpfe des Volkes mit dem Militär. Sonnabend war die Bewegung noch entschlossener. In Massen drängten die Arbeiter aus den Vorstädten in die Stadt.... In der Menge sah man Studenten, die am Nachmittag in einer Studentenversammlung ihre Solidarität mit den Revolutionären ausdrückten und dazu die Einführung der polnischen Unterrichts- spräche forderten. In der Universität haben die Studenten das Bild deS Zaren verbrannt. Sonntag. Ein regnerischer Tag. Durch die Straßen eilen die Militärabteilungen. Von morgen? ab durchzogen die Arbeiter in Massen die Stadt wurden aber rasch von den Reitertruppcn zersprengt. Die Menge stürzt auf einige Wafsenläden. Das Militär tritt immer energischer, aber minder wirksam auf: die Arbeiter antworten Schuß auf Schuß; hier und da wird Brust an Brust ge» känipst. Ich sah, wie Arbeiter einen Polizisten, der einen Arbeiter mit dem Säbel schlug, förmlich in Stücke zerrissen. Die berittenen Truppen fallen in Hausflure«in und schlagen mit blanker Waffe auf jeden ein, den sie erreichen können; oft sieht man, wie die Soldaten fliehenden Frauen den Kopf spalten. Manche Straßen sind so besetzt, daß selbst einzelne Personen nicht durchgehen können; wo drei Personen sich zeigen, wird scharf geschossen. Montag. Heute waren die Schüsse seitens der Arbeiter viel häufiger als in den vergangenen Tagen. Die Arbeiter gingen oft in Massen zum Angriff vor und erkämpften sich vorteilhaste Post» tionen. Auf LeSzno   und in der Chlodna versuchten die Arbeiter Barrikaden zu bauen, wurden aber von den Ulanen zerstreut. In einem anderen Brief beißt es: Den ganzen Sonntag HInourch währten die Kämpfe zwischen den Arbeitern und dem Militär. In den verschiedensten Teilen der Stadt wurde auf Barrikaden gekämpft. Die Soldaten haben die Ermächtigung erhalten, ohne Befehl, auf eigene Faust zu schießen. Warscha», 4. Februar.(W. T.».) Im Beztt? voa SoSnowke sind 30 000 Arbeiter ausständig. Der Streik breitete sich auch aus die Eisenbahnen, alle Anstalten und Privatschulen aus. Die Arbeiter Verhalten sich ruhig. In Kalisch wird der Ausstand in den Fabriken und Schulen fortgesetzt. Die Läden wurden heute geöffnet. Dort und in Warschau   beschädigten Ausständige die Bahnstation und die Wasserversorgung. Warschau  , 4. Februar.  (W. T. B.) Die Zeitungen in Warschau  und Lodz   sind wieder erschienen. In allen Branntwein-Brennereien Polens   ist die Arbeit eingestellt worden. Der Ausstand dehnt sich auch auf die Dörfer aus. Breslau  , 4. Februar. DieSchlestsche Zeitung" meldet aus MhSlowitz: Der Gesamtverkehr nach der Weichselstaatsbahn über Sosnowice ist bis auf weiteres eingestellt. Güter dahin werden nicht übernommen, bereits übernommene werden angehalten und den Absendern zur Verfügung gestellt. Warschau  , 4. Februar. In Zgierz  , Pabjanitza, Radogoschtschi und Czenstocha» sind die Arbeiter in den Ausstand getreten. Der Kurator des Warschauer Lehrbezirks erklärt, daß die Schulen bis auf weiteres geschlossen bleiben, damit Unfälle vermieden werden. Die Ausständigen in der Gegend von Dombrowa   haben den Bahn- Hof der Weichselbahn in Strzemieszhce verwüstet und die nach Warschau   verkehrenden Züge aufgehaltem Ruq Induftrie und Handet Der oberschlesische Kohlcnmarkt hat vielleicht noch nie im Januar- monat einen so flotten Absatz zu verzeichnen gehabt, wie im neuen Jahr 1905. Während in den letzten Jahren um diese Zeit die Vor- räte der Gruben zunahmen, ist diesmal im Januar das Gegenteil der Fall gewesen. Schon die anhaltende Kälte im Januar bewirkte einen Mehrverbrauch an Kohlen; dazu kamen aber noch die Ein- Wirkungen des Bergarbeiterausstandes in Rheinland-Westfalen  , der plötzlich dem öbcrschlesischen Kohlenbergbau Absatzgebiete eröffnete, die sonst den westfälischen Gruben vorbehalten bleiben. Die hohen Frachten, wie überhaupt die tarifarisch ungünstige Lage Ober- schlesienS verhindern in gewöhnlichen Zeiten einen nennenswerten Absatz nach den Probinzen Hannover   und Sachsen  , sowie nach dem Königreich Bayern. Nachdem nun die seitherige Versorgung durch die westfälischen Gruben zum größten Teil unterbunden war, konnten oberschlesische Kohlen aller Art in solch großen Mengen nach diesen Gegenden abgesetzt werden, daß dadurch die vorhandenen Be- stände eine wesentliche Abnahme zu verzeichnen hatten und die täg- lichen Versrachtungen die im Januar noch nicht dagewesene Versand- ziffer von über 8200 Doppelwagen(a 10 Tonnen) erreichten. Vor- nehmlich kam diese veränderte Lage, wie derKöln  . Ztg." berichtet wird, den Jndusirielohlen zu statten, die bekanntlich im Januar jeweilig vernachlässigt zu sein pflegen, die aber im Bcrichtsmonat so flott abgingen, daß man sogar erst kürzlich gestürzte Mengen wieder zur Verladung bringen konnte. Auch Stück- und Würfel- kohlen fanden allenthalben bereitwilligste Aufnahme, so baß vielfach vorhanden gewesene Bestände geräumt werden konnten und man nicht einmal in der Lage war, den gestellten Anforderungen voll und ganz gerecht zu werden. Kokskohlen standen aus denselben Gründen in erhöhter Nachfrage und auch der Gaskohlen-Absatz gestaltete sich außer- ordentlich zufriedenstellend. Der oberschlesische Koksmarkt wurde durch den westfälischen Grubenarkiiter-AuSstand gleichfalls günstig beeinflußt, denn es sind vielfach die oberschlesischen Koksanstalten dort eingesprungen, wo das Ausbleiben der Lieferungen von den westfälischen Koksanstalten arge Verlegenheiten bereitet hätte. Reue chinesische Anleihe. Die Verhandlungen der chinesischen  Regierung mit der Hongkong Banking Corporation und der Deutsch  - Asiatischen Bank über die Aufnahme einer neuen Anleihe haben zu einem Resultat geführt. DenTimes" wird ans Peking   gemeldet: Der endgültige Vertrag über die öproz. Anleihe der chinesischen   Re­gierung im Betrage von einer Million Pfund Sterling Gold   ist heute von dem Präsidenten des Staatseinnahinen-Rates, von dem Ver- treter der Hongkong Banking Corporation Hillier und dem Ver- treter der Deutsch  -Asiatischen Bank Cordes unterzeichnet worden. Der Betrag der Anleihe ist zur Zahlung derjenigen Summe be- stimmt, um welche sich die Entschädigung aus Anlaß des Borer- aufstandeS dadurch vermehrt hat, daß sie in Gold zu zahlen ist. Der EmissionSpreis ist 91 Proz. Die Anleihe ist in 20 Jahresraten, welche mit dem ersten Jahre beginnen, rückzahlbar und von der chinesischen   Regierung sowie durch Verpfändung der Likin-Ew- nahmen(Binnen-Zollgefälle) der Provinz Schaust garantiert. Der amerikanische   Stahltrust hat auch im letzten Quartal wieder nur einen sehr mäßigen Gewinn erzielt. Die Direktoren erklärten eine Vierteljahrs-Dividende von 1% Proz. auf die Vorzugsaktien. Die gewöhnlichen Aktien gehen wieder leer aus. Die im letzten Quartal 1004 erzielten Nettoeinnahmen betragen 21 458 000 Dollar und die des ganzen JahrcS 1904 73 163 000 Dollar gegen 109 171 090 Dollar in 1903. Letzte Nachrichten und Depefchcn. Der Streik im oberschlesischen Kohlenrevier. Breslau  , 4. Februar.  (W. T. B.) Wie dieSchlestsche Zeitung" meldet, ist die Zahl der ausständigen Arbeiter derKönigin Luise  "«, derGuido", und derBielschowitz".Grub«n in der heutigen Tag- und Nachtschicht auf 2623 zurückgegangen, so daß seit gestern eine Abnahme der Ausständigen um 4151 stattgefunden hat. Die Zahl der Ausständigen belaufe sich somit nur noch auf 23 Proz. aller Ar- better. Auf der.Friedenshütt«" hätten heute Verhandlungen mit den Arbeitern stattgefunden; es sei ihnen zugesichert und zugesagt worden, daß die von ihnen vorgebrachten Beschwerden und Wünsche an Ort und Stelle geprüft werden würden. Die Verhandlungen hätten das Ergebnis gehabt, daß 50 Arbeiter gleich wieder ein- gefahren wären; stehe zu erwarten, daß am Montag die Arbeit allgemein wieder aufgenommen werde. Demselben Blatte zufolge sind heute nachmittag auf der GrubeHedwigwunsch" bei Borsigwerk 180 Schlepper in den Ausstand getreten. Die Bslegschast beträgt 400 Mann. Die Revolution in Rußland  . Batnm, 4. Februar.  (W. T. B.) Gestern zwangen 300 streikende Arbeiter die Bahn- und Telegraphenbeamten auf dem Bahichofe von Samtredi, den Dienst einzustellen; sie zogen dann nach dem Dorfe Samtredi und erzwangen dort die Schließung aller Läden; der Ortsvorsteher fand dabei den Tod. Drei Werft von Batum  wurden in der Nacht die Eisenbahnschienen in verbrecherischer Absicht entfernt, es wurde aber alsbald bemerkt und die Bahn wieder her- gestellt. In Poti   haben alle Hafenarbeiter die Arbeit eingestellt; alle Verladungen haben aufgehört. Vom Simplon. Rom  , 4. Februar. Es bestätigt sich, daß die Fertigstellung des Simplontunnels noch vor Ablauf dieses' Monats erfolgen wird. Es sind nur noch 35 Meter zu durchbrechen. vom»stasiatischen Kriegsschauplätze. Tokio  , 4. Februar.  (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Ein Telegramm aus dem japanischen Hauptquartier in der Mandschurei von gestern besagt: Die russische Ariillerie beschoß am Donnerstag an verschiedenen Punkten den japanischen rechten Flügel. Sonst ist die Lage unverändert. In der Nichtuvg ans das Zentrum hin griff eine Kompagnie Infanterie die japanischen Vorposten von der Mukdener Straße her an; eine andere Abteilung machte einen Angriff auf die Japaner bei Wonchiayucmtz», doch wurden beide Angriffe zurückgeschlagen. Nach dem linken Flügel hin griff der Feind, der aus zwei Brigaden bestand, seit dem Morgen des 2. Februar bei Liutiaokou an, wurde jedoch schließlich nach Changtan hin zurückgeworfen. Die Verluste des Feindes werden auf 700 Mann geschätzt._ Berantw-Redakt.: Paul Büttner  , Berlin  . Joserate vercmtw.(mit Ausnahme der.NeueWelt'-Beilage). Th. Glocke, Berlin  . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanst.Paul Singer Co., Berlin   S\V. Hierzu 4 Beilagcmu.UnterhaltuugSbl.