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derzeitigen«volutkonSren Bewegung in Rußland überhaupt. sondern insbesondere auch mit den Petersburger Vorgängen vom 22. Januar b. I., aus deren Anlaß gerade die nachgesuchte Ver- anstsUung beabsichtigt ist, in unleugbarem engem Zusanrmen« hang. Aus diesen Gründen kann daher im Interesse der öffent- lichen Ordnung sowie des Anstandes und der guten Sitte die Genehmigung zu öffentlichen Lustbarleiten, Tanzmusilen usw. nicht erteilt werden." Es widerspricht also dem Anstandsgefühl und vergüten Sitte der bayerischen Polizei, daß man für die Opfer einer grauen- haften Menschenschlächterei durch künstlerische Veranstaltungen Gelder sammelt. Ob sie wohl eine Totenfeier für Sergius auch unanständig finden würde?_ Kolonial-Bestialität. DasHamburger Echo" meldet: Mit dem von O st a f r i k a hier angekommenen DampferHerzog" ist hier unter polizeilicher Begleitung ein gewisser Karl Freitag eingetroffen, der in der Wihe von Dar-es-Salam eine Farm besessen und sich dort scheußlicher Grausamkeiten gegen Eingeborene schuldig gemacht hat. So hat er u. a. eine» Schwarzen an einen Baum gebunden und den Mann dann verhungern lassen! Einem anderen Neger hat er eine Dynamitpatronc in den Mund gesteckt und diese dann zur Explosion gebracht, so daß der Kopf des Schwarzen in Stücke zerrissen wurde! Der Kulturträger" nannte sich dort Eckert und wollte englischer Staats- bürger sein. Das Gericht in Dar-es-Salaam hat ihn wegen seiner bestialischen Grausamkeit zu zwölf Jahren Zuchthaus (wegen zweifachen Mordes!!) verurteilt. Zwecks Verbüßuug der Strafe ist er nach Deutschland überführt worden. Hier nannte er sich nun Karl Freitag und will aus Misch in Ungarn gebürtig sein. Als er photographiert werden sollte, leistete er Widerstand. Man ninmrt an, daß man es mit einem schweren Verbrecher zu tun hat, der sich unter falschem Namen in der ostafrikanischen Kolonie nieder- gelassen hat. Nun haben wir doch auch ein ebenbürtiges Gegenstück zu den französischen Kolonialbestialitäten im Kongogebiet' aufzuweisen. Sogar bis auf die Methode stimmen die Kolonialbestialitäten überein! Im kolonialen Wahnsinn liegt eben eine entsetzliche Methode!_ Wieder ein neuer Truppentransport nach Südwestafrika. Am Dienstag nachnnttag wurde in Hamburg ein Truppen- transport für Südwestafrika, bestehend aus 45 Offizieren, 5 Portepee- Unteroffizieren und 503 Unteroffizieren und Mannschaften, durch den kommandierenden General v. Bock und Polach verabschiedet. Der Truppentransport, zu dem 196 Pferde gehören, tritt heute abend mit dem PostdampferProfessor Woermann" die Ausreife an. Die Rechnung! Hueland. Frankreich . Aus der Jauresistischcn Partei. Paris , 27. Februar.(Eig. Ber.) Die Seine - Föderation der P. S. F.(Faurssisten) hat soeben auf einer Konferenz zum kommenden Kongreß von Rouen Stellung genommen. Es waren anwesend ungefähr 100 Delegierte, die über 60 Gruppen mit rund 3000 Mitgliedern vertraten. Die Debatte über die Bloc-Frage füllte zwei Sitzungen aus. Die.vom linken Flügel beantragte Refolution gegen den Bloc wurde mit 107 gegen bloß 11 bloc« freundliche Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Die Resolution lautes Angesichts der Beschlüsse deS Kongresses von Amsterdam , der Arbeiten der sozialistischen Einigungskommission und der vonderP.S.F. eingegangenen Verpflichtungen; in Erwägung, daß die Ehre, die Würde und das politische Interesse der Partei erfordern, daß sie die Teilnahme an dem Vorstand der Linksparteien aufgibt, wird den Rouen das en den Bloc) e Einigung in Frankreich zu wirken." Beachtenswert ist das Zusammenschmelzen deS rechten Flügels der Föderation auf ein winziges Häuflein. Noch bis vor kurzem bildete er eine achtunggebietende Minderheit. Es steht übrigens fest, daß in Rouen eine bedeutende Mehrheit mit Jaurös und dem linken Flügel, entgegen der Mehrheit der Kammerfraktion, die Bloc-Taklik verlverfen und den sozialistischen Einigungsentwurf votieren wird. Belgien . Generalstreik der Bergarbeiter. Brüssel , 28. Februar. Im Borinage hat sich gestern die Ausstandsbewegung wieder derart verschärft, daß man von einem allgemeinen Streik in diesem Bezirk sprechen kann. Das gleiche läßt sich vom Becken von Charleroi sagen. Im allgemeinen verlief der gestrige Tag ruhiger, doch fanden zwei Bombenattentate in der Gegend von Charleroi statt, die aber nur geringfügigen Schaden anrichteten.(Franks. Ztg.") Dänemark . Die Sozialdemokratie und die bevorstehende Kommunalwahl in Kopenhagen . Die Agitation unserer Kopcnhagener Parteigenossen zu den am 28. März stattfindenden Gemeinderatswahlen hat nun mit voller Kraft eingesetzt. Am Sonntag war eine Versammlung nach dem Arena-Theater in dem weltbekannten großen Etablissement Tivoli einberufen, wo vor allem der sozialdemokratische Bürgermeister Jensen über die Angelegenheiten der Kommune berichten sollte. Es strömten aber gegen 12 000 Menschen herbei, so daß das Theater sich als viel zu klein erwies. Unter freiem Himmel im Tivoligarten wurde sofort eine zweite Versammlung arrangiert, in der zunächst der Folkethings-Abgeordnete Borybjery sprach, und später, nachdem sie in der ersten Versammlung gesprochen hatten, auch Bürgermeister Jensen, Abgeordneter Lyngsie und P. Knudsen. In beiden Ver- sammlungen herrschte große Begeisterung und eine vorzügliche Wahl- kampfftimmung. Die Antisozialisten, die in letzter Zeit, wegen Mangel an sachlichen Gründen, ganz niederträchtige persönliche An- griffe gegen Jensen und Lyngsie gerichtet hatten, trauten sich nicht hervor. UebrigenS sind die Aussichten für den Sieg der Sozialdemo- kraten bei der bevorstehenden Wahl sehr günstig. Die Zahl der- jonigen Arbeiter, die ihr Steuereinkommen auf 1000 Kronen an- geben und damit das Gemeinde- Wahlrecht erhalten, ist auch in diesem Jahre wiederum bedeutend gewachsen. Im Jahre 1892 zählte man in Kopenhagen nur 22 954 Kommunalwähler. 1904 war ihre Zahl infolge der Agitation der Sozialdemokratie auf 45 693 gestiegen und jetzt sind es 49 307. Man kann mit Recht annehmen, daß der neue Zuwachs wesentlich unseren Parteigenossen zugerechnet werden muß. Norwegen . Ministerkrife. Finanzminister M i ch e l s e n und daS Mitglied der norwegischen StaatsratSabteilung in Stockholm Schöning reichten heute ihr Entlassungsgesuch ein. Das Verhalten der schwedischen Regierung zur Konsulatsfrage hat in Norwegen und besonders in der Hauptstadt eine so starke politifche Bewegung hervorgerufen, wie sie seit vielen Jahren nicht geherrscht hat. Am Donnerstag fand im Lokale des Studenten- bundes eine überfüllte Versammlung statt, in der als Hauptredner Professor Fridtjof Nansen auftrat. Am Freitag fand im selben Lokale wiederum eine Versammlung statt, zu der sich über 10000 Menfchen eingefunden hatten. Da der Saal nur einen kleinen Teil der Menge zu fassen vermochte, wurde zum nächsten Tage eine neue Versammlung nach dem größten Lokale der Stadt einberufen. Nach der Stimmung zu urteilen, die in diesen Versammlungen herrschte, verlangt man allgemein ganz verschiedene Matznahmen zur Durchführung der Forderung eines eigenen Konsulatswesens. Wie verlautet, sollen innerhalb der Regierung die Mei- nungen geteilt sein; eine Gruppe wünscht neue Verhand- lungen über die ganze Unionsfrage mit Schweden anzuknüpfen; eine andere will die Errichtung der eigenen Konsulate durch Storthingsbeschluß herbeiführen, aber den Schweden noch eine Be- denkzeit gewähren, und eine dritte Gruppe von Ministern will das- selbe ohne jede weitere Rücksprache mit Schweden . Inzwischen hat der Parteitag der schwedischen Sozialdemokratie in Stockholm einstimmig eine Resolution über die Unionsfrage angenommen. in der das Recht des norwegischen Volkes, frei und ohne Einmischung über seine eigenen Angelegenheiten zu bestinmien, klar und unzweideutig anerkannt wird.Mit dieser Resolution", sagte der norwegische Partei- sekretär Magnus Nilssen,werden wir Norweger stolz und froh heimreisen und den anderen Parteien zeigen, daß es in Norwegen und Schweden nur die Sozialisten sind, die sich einig sind in der Unionsfrage, und daß es in Schweden nur die Sozialisten sind, die Norwegens ; volle und uneingeschränkte Selbständigkeit anerkennen." Amerika . Verunglückte Temperenz. Seit einiger Zeit ist eine Bewegung im Gange, einen Kongreßbeschluß gegen die Kantinen in den Militärstationen rückgängig zu machen. Sogar Frauenvereine, welche früher große Opposition gegen die Kantinen machten, haben an den Kongreß Petitionen gerichtet, den Soldaten recht bald die Kantinen wiederzugeben. Im Februar 1901 wurden dieseLasterstätten der Trunksucht" für das Bundeshecr offiziell abgeschafft. Es hieß da- mals, die Armee werde demoralisiert, die jungen Leute würden ver- giftet, man züchte ein schlinimes Laster; die Kantine mußte fort, trotzdem erfahrene ältere Offiziere Einsprache erhoben und auf die Möglichkeit schlimmer Folgen hinwiesen, die auch nicht ausblieben. In der Kantine hatte man die Soldaten unter Kontrolle und die Trunkenbolde hielten sich in gewisse» Grenzen. Jetzt trieb man die Soldaten fort aus ihrem Lager; sie zogen nach den Kneipen in der Stadt und in den umliegenden Ortschaften, fingen Raufereien an, wurden den Bürgern lästig und betranken sich mehr als jemals in der Kantine. Es kamen Prügeleien mit der Polizei und mit den Bürgern vor, bis schließlich jedermann, die strikten Temperenzler ausgenommen, den Soldaten die Kantine zurückwünschte. Die Wiedereinführung derselben erscheint als eine Notwendigkeit geboten. Ein offener Beschluß wird dem Kongreß immerhin schwer fallen. Kommunales. Stadtverordneten-Versammlung. 8.(außerordentliche) Sitzung vom Dienstag, d e n 28. F e b r u a r 1905, nachmittags 5 Uhr. Vorsteher Dr. Langerhans eröffnet die Sitzung gegen b'/z Uhr und gedenkt mit ehrenden Worten deS dahingeschiedenen Berliner Branddirektors Giersberg. Die Versammlung hat sich bei dem Nachruf erhoben. Morgen abend findet bei Keller, Koppenstraße. eine Versammlung sämtlicher städtischen Arbeiter statt, zu welcher auch die Stadt- verordneten eingeladen sind. Nach Erledigung eines umfangreichen Berichts deSRechnungs- ausschusses wird der Bericht des Ausschusses zur Vorberatung des Vorentwurfes für den Neubau des Friedrich-Werder- scheu Gymnasiums und einer Gemeinde- Doppel- schule in der B o ch u m e r st r a ß e am kleinen Tiergarten in Moabit entgegengenommen. Der Ausschuß verlangt Vergrößerung der Räume für das naturhistorische Kabinett, das physikalische Apparatenzimmer und die Bibliothek, sowie Einrichtung eines Reserve- Klassenzimmers für physikalische Schülerübungen, und außerdem eine angemessene Erweiterung der Turnhallen. Die Vorlage wird nach den Ausschußanträgen angenommen. Darauf beschließt die Versammlung auf Antrag Singer, die Steuervorlage vorweg zu beraten. Der Ausschuß für die Suche nach neuen Steuer» hat seit dem 16. Januar d. I. in vier Sitzungen das vom Magistrat auf der Grundlage der Vorschläge der gemischten Deputation präsentierte Steuerbouquett durchberaten und durch den Stadt- verordneten H a b e r l a n d(A. L.) einen umfassenden Bericht er- statten lassen. Die Ergebnisse seiner Beratungen sind bereits früher ausführlich mitgeteilt worden; der erste Teil der Anträge betrifft diejenigen Steuerreformwünsche. die sich als Zukunftsmusik darstellen, weil sie nur durch Aenderung der Gesetzgebung verwirklicht werden können, während der zweite Teil die sofort ausführbaren Steuerprojekte behandelt. Die Ausschußvorschläge gehen dahin: I. Die Versammlung ist damit einverstanden, daß unter Bereit- stellung des in der Finanz- und Stenerverwaltung sich ergebenden Materials auf Aenderung bezw. Ergänzung einschlägiger Gesetzesvorschriften nach folgenden Richtungen hingewirkt werde: 1. auf Aufhebung des Privilegiums der nach dem Kominunalabgaben-Gesetz hinsichtlich der kommunalen Einkommens- besteuerung bevorrechtigten Personen, 2. auf Erweiterung der gesetzlichen Pflicht,«ine Steuererklärung abzugeben, durch Einbeziehung der Per- sonen, welche ein Einkommen von 15003000 M. haben. 3. auf Erweiterung des Kreises der zur Gemeinde-Ein- kommensteuer heranzuziehenden Personen derart, daß im Kommunalabgaben- Gesetz für einkommenpflichtig erklärt werden auch diejenigen Personen, welche in der Gemeinde, ohne in ihr einen Wohnsitz zu haben, eine gewinnbringende Beschäftigung betreiben, hinsichtlich des ihnen aus dieser Beschäftigung zu- fließenden Einkommens", ferner, daß im Kommunalabgaben- Gesetz entsprechend zum Aus­druck gelange: eine die Steuerpflicht begründende Beschäftigung findet nur in denjenigen Gemeinden statt, in welchen der Steuerpflichtige zum Zwecke dieser Beschäftigung dauernd eine feste Arbeits statte besitzt", 4. auf Beseitigung bezw. Aenderung der im selben Gesetz gegebenen Kontingentierungs-Vorschriftenbei der Verteilung des Steuerbedarfs auf die Steuerarten behufs zweckmäßigeren Ausballes der Realsteuern, 5. auf Heranziehung der an regulierten Straßen, welche Fluchtlinien auf Grund des Gesetzes voin 2. Juli 1875 haben, liegenden unbebauten Grundstücke, zu einer Bauplatz st euer. II. Die Versammlung ist ferner damit einverstanden, daß 1. eine Lustbarkeitssteuer, jedenfalls eine Billett st euer eingeflihrt wird, unter überwiegender Heran- ziehung der teureren Plätze im ZirkuS, Theatern, überhaupt bei Veranstaltungen, welche von Fremden viel besucht werden, wobei kulturellen und gemeinnützigen Bestrebungen in schonender Weise Rechnung zu tragen ist; 2. zur Herbeiführung einer gleichmäßigen Be- steuerung der bebauten und unbebauten Grund- stücke eine Reform der kommunalen Grundsteuer dahin vor- genommen wird, daß sämtliche Grundstücke nach dem Maß- stabe des gemeinen Wertes besteuert werden. Hierbei ersucht die Versammlung den Magistrat, in Erwägung zu ziehen, ob nicht eine Besteuerung des unbebauten Grundbesitzes nach dem gemeinen Werte zu einem höheren Prozentsatz anhängig ist, als diejenige des bebauten Grundbesitzes. Hl. Die Versammlung lehnt eS in Uebereinstimmung mit dem Magistrat ab, den Satz der Hundesteuer von 20 auf 40 M. zu erhöhen. IV. Die Versammlung setzt die Beschlußfassung über die Ein- führung einer besonderen Betriebs st euer bis zum Eingänge der vom Magistrat vorzulegenden Steuerordnung aus. Nach längerer Geschäftsordungsdebatte, an welcher sich die Stadtvv. Singer, Wallach, Preuh und der Vorsteher beteiligen, wird beschlossen, zunächst die Ziffem 1, 13 zusammen zu diskutieren. Stadtv. Singer(Soz.): Auch wir unterstützen die Forderungen nach gesetzlicher Aenderung, wie sie in diesen vier Ziffern erhoben werden. Dem Oberbürgermeister muß ich hier wieder den Schmerz bereiten, ihn zu unterstützen; ich hoffe, er wird Mannes genug sein, den Schmerz zu ertragen, obwohl ihm vor unserer Unterstützung bange toird. Unter den hier gemachten Vorschlägen fehlt eigentlich derjenige, der am leichtesten alle Finanzkalamitäten beseitigte, der Vorschlag einer Wänderung des Einkommensteuer-Gesetzes. Nun sind wir von dem preußischen Landtag ausgeschlossen; unsere Kalle- gen hier aber, die auch im Abgeordnetenhaus Vertretung haben, sollten dort dahin wirken, daß auch eine Aenderung des Einkommen- sreuer-Gesetzes erfolgt, dergestalt, daß man nicht bei der lächerlichen Progression von 4 Proz. stehen bleibt. Mit einer etwas höheren Belastung nach oben wäre sehr viel zu erreichen. Die staatliche Ein- kommensteuer ist für 1905 mit 177 Millionen veranschlagt; die Ein- kommen unter 3000 M. haben davon 53 Millionen aufzubringen. Nach meinem Vorschlage, der dahin gehen würde, die Einkommen unter 3000 M. gänzlich freizulassen, die von 3000 bis 6000 M. auf dem gegenwärtigen Progressionssatze zu belassen, bei den höheren Einkommen aber bis zu 9500 M. eine Steigerung um 1 Proz., bis 30 500 M. um 2 Proz., bis 100 000 um 3 Proz. und über 100 000 Mark um 4 Proz. eintreten zu lassen(Große Unruhe. Rufe: 1001), würden 73 Millionen Mark zu gewinnen sein. Da würde sich mit der auf Berlin entfallenden Rate schon etwas anfangen lassen. Weiter würde man bei einer Vermögenssteuer von nur 1 Proz. mit einem Schlage 730 Millionen Mark in Preußen gewinnen. Ja, führe diese wenigen Zahlen nur an, um zu zeigen, wie eine richtige Steuer. reform auszusehen hätte. Die Ausschußvorschläge kann ich nur empfehlen, namentlich möchte ich auf Grund memer langjährigen Wirksamkeit in Steucrschätzungs-Kommissionen die Ausdehnung der Deklarationspflicht befürworten. Eine weitere Debatte wird nicht beliebt. Die Ziffern I» 13 werden mit großer Mehrheit angenommen. Die Versammlung verhandelt daraus II, 1, Theater­billett st euer. Der Referent bemerkt, daß der Ertrag der Billettsteuer sich zwischen 1 und IV2 Millionen bewegen werde. Der Einwand der indirekten Steuer sei von der Ausschußmehrheit abgelehnt worden, ebenso der Einwand der ungerechten Belastung des Publikums oder der Direttoren. Eine Billettsteuer sei in Paris , Wien , Frankfurt am Main eingeführt. Die Vorverkaufsgebühr und der Billetthandel belasteten das Publikum weit mehr. Die billigen Plätze von 1 M. und darunter sollten frei bleiben und das gemeinnützige Schiller- Theater besondere Begünstigungen genießen. Stadtv. Singer(Soz.): Der Berichterstatter hat sich die Sache ziemlich leicht gemacht, indem er bloß von der Billettsteuer sprach. Der Ausschuß hat aber eine Lustbarkeitssteuer empfohlen. Obgleich ebenso Gegner der Billett- wie der Lustbarkeitssteuer, möchte ich den graduellen Unterschied beider hier betonen. Ich kann nicht zugeben, daß eine Großstadt den Zutritt zu diesen Anstalten erschwert und die Veranstalter zwingt, ihre Billetts sich teurer bezahlen zu lassen. Diese Steuer trägt den Charakter einer indirekten Steuer, wir haben keinen Anlaß, dazu überzugehen. Der Ausschuß hat nach der Mitteilung des Berichterstatters die Moral aus seinen Er- wägungen ausgeschlossen: damit wird aber nur die Mehrheit des Ausschusses charakterisiert. Verlassen wir den prinzipiellen Stand- punkt, dann gleiten wir immer tiefer auf der schiefen Ebene hinab. Aber diese Billettsteuer streitet auch gegen das Interesse der Stadt selbst. Die Theater leben nicht vorzugsweise von den Fremden; in der Versammlung der Theatcrdireftoren ist nachgewiesen worden, daß die meisten, namentlich die kleinen Theater, von Fremden gar nicht besucht werden, so daß sich der Fremdenbesuch auf die paar großen Theater und die Stätten für Sensationsstücke beschränkt. Trifft daS zu, dann liegt gar kein Grund vor, für die Fremden diese Steuer einzuführen. Hier führt man uns nun Paris vor. Ja, wenn das doch nur sonst geschähe, wo w i r Paris als Muster anführen(Heiter- keit) l Müssen wir denn Paris etwas nachmachen, dem wir im Prinzip widersprechen? Um augenblickliche Not, aus der neue Steuerquellen gesucht werden, handelt es sich ja gar nicht; brauchen Sie wirklich erhebliche neue Steuerquellen,, so werden und müssen Sie auf die Erhöhung der Einkommensteuer zurückkommen. Sie treiben hier also eine ganz falsche Steuerpolitik. Theoretisch wird auch durch diese Fremdensteuer der Zuzug von Fremden eingeschränkt(Ge- lächter) und der gute Ruf Berlins nicht gefördert. Bisher hat sich Berlin ängstlich bemüht, sich von indirekten Steuern frei zu halten; was bisher diesen Charakter trug, sind Gebühren. Jetzt soll eS anders werden. In dem Jahre, wo man sich anschickt, den hundert- jährigen Todestag unseres größten Dichters zu feiern, ist es ein eigentümlicher Schritt, eine Abgabe einzuführen, welche den Genuß einer Theatervorstellung weiten Kreisen erschwert. Die Berliner Verwaltung tut hier den ersten Schritt auf einem Wege, den sie bisher incht gegangen ist. Daß wir kein anderes Mittel wüßten, die Ein- nahmen zu vermehren, wie der Oberbürgermeister meinte, ist gar nicht richtig: wir haben oft genug auf die Uebernahme der Ver- kehrseinrichtungen, der Krafterzeugungsstätten auf die Stadt hin- gewiesen. Wir sehen diese Steuer grundsätzlich als unberechtigt an, während Sie aus der Jagd nach ein paar hunderttausend Mark oder ein paar Millionen sich nicht scheuen, Berlin in schlechten Ruf zu bringen.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Oberbürgermeister Kirschner: Die Theaterbillettsteuer wäre auch als indirekte Steuer für mich nicht weniger schmackhaft. Die theoretischen idealen Grundsätze lassen sich nicht einfach auf die Praxis, auf das bürgerliche Berlin übertragen. Die beste Steuer ist die. die, ohne ungerecht zu sein, am wenigsten empfunden wird (Zustimmung); mit dieser Auffassung gibt man seine Ideale nicht auf.(Stadtv. Borgmann: Namentlich wenn man keine hatl) Herr Borgmann ist nicht imstande, in meine Brust zu schauen; mein bisheriges Wirken gibt ihm kein Recht, zu behaupten, daß ich ohne Ideale handle. Die Einnahmen aus gewerblichen Unter- nehmungen soll man mir bezeichnen, die wir übernehmen und aus denen wir große Erträge gewinnen können; ich werde der erste sein, sie zu übernehmen; aber es gibt keine. Im Punkte der Verkehrs- mittel sind wir bis 1919 gebunden, und bei den elektrischen Werken machen wir gerade als Kontrahenten das beste Geschäft.(Sehr richtig!) Ebenso wenig wird die Reform der Einkommensteuer für die kommunalen Verhältnisse eine wesentliche Besserung herbei- führen. Ich halte die Vorschläge des Herrn Singer für sehr er- wägungswert und bin für eine progressive Einkommensteuer auf staatlichem Gebiete zu haben. Aber auf kommunalem Gebiete würde das Resultat sein, daß die Flucht der Leute mit großem Ein- kommen aus den Orten mit hoher Kommunalsteuer noch wächst. (Zustimmung.) Wenn der Reiche mit dem Fortzuge aus Berlin nach Kolonie Grunewald jedes Jahr ein Villengrundstück erspart, würde er nach den Sätzen des Herrn Singer jedes Jahr zwei Grund- stücke sparen. Es handelt sich heute nur darum, im Prinzip uns über die Anstellung eines Versuches schlüssig zu werden. Alle öffent- lichen Angriffe dagegen sind verfrüht; die Herren sollen doch warten, bis konkrete Vorschläge vorliegen. Daß die Schiller-Gedenkfeier unter diesen Steuerplänen leiden wird, glaube ich nicht.(Heiter- keit und Beifall.) Stadtv. Wallach(A. L.): l�ch glaube, ein ziemlich normaler Mensch zu sein(Große Heiterkeit) und fühle mich keineswegs in meinem moralischen Gefühl beengt, als Vater dieses Antrages mich zu bekennen. Wir wollen ja auch die Konzerte, Schaustellungen, Varietes und Kabaretts usw. mitfassen; auch betrachten wir als Fremde auch die Vorortbewohner, die zu den Berliner Kommunal- steuern nichts beitragen. Der phantasievolle Vorschlag Singers be- züglich der Einkommensteuerreform würde uns dem Zukunftsstaate recht nahe bringen; da blieben nur etwa 20 000 Zensitcn, und da könnte man frisch mit dem Teilen beginnen. Stadtv. Dr. Preufj(soz.-fortschr.): Im Prinzip ist jede Steuer ungerecht, ja unmoralisch, denn Du sollst.,. begehren Deine» Nächsten Weib(Große Heiterkeit), Knecht, Gut usw. Mit der Zustimmung zu dem Prinzip legt sich heute niemand auf eine be-