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Nr. 191.

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Vorwärts

9. Jahrg.

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Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Arbeiterfreundlichkeit des Eisenbahnministers.

Die westlichen Kohlenbarone und die östlichen Junker hat Herr Thielen in der kurzen Zeit seiner Amtsthätig­teit zu Dante verpflichtet. Die Kohlenringe mögen un besorgt um ausländischen Wettbewerb die Kohlenpreise so hoch wie möglich halten, sie haben nicht zu befürchten, daß durch eine Herabsetzung der Kohlentarife ihnen ein Strich durch die Rechnung gemacht werde.

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Mittwoch, den 17. August 1892.

fördern." Wenn der Stil der Mensch ist, so würden wir die Fahrt auf keiner Eisenbahnstrecke riskiren, die so holpricht, gewunden und gekrümmt ist, wie der Stil jener Veröffentlichung. Sie leitet sich mit den Worten ein:

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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

ihre Mitglieder befassen, Kapitalien gegen mäßigen Zinsfuß verliehen werden. Der Kassenvorstand hat in Anerkennung des guten Zweckes durch einstimmigen Beschluß seine Bereitwilligkeit zur Förderung derartiger gemeinnügiger(?) Anstalten zu erkennen gegeben. Der Minister hat auf Grund dessen die töniglichen Eisenbahn- Direktionen beauftragt, geeignetenfalls nach Einforderung von Gutachten der Arbeitsausschüsse, der Bezirksausschüsse der Arbeiter- Pensionskasse oder anderer Ver­tretungen von Arbeitern und unteren Beamten zu erwägen, in wie weit in ihren Bezirken ein besonderes Bedürfniß zur Ver­besserung der Wohnungsverhältnisse des unteren Dienstpersonals vorliegt, sowie ob und in wie weit die Voraussetzungen für die Bildung lebensfähiger Baugenossenschaften und für deren ge­deihliche Wirksamkeit vorhanden sind."

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Die Arbeiterfreundlichkeit dieser Baugenossenschaften"

Wenngleich die Staats- Eisenbahnverwaltung dem vielfach, insbesondere in großen Städten und in den In­dustriegebieten, bestehenden Mangel an billigen und ge= sunden Wohnungen für die Arbeiter und unteren Beamten, soweit es die Lage der Staatsfinanzen gestattet, wenigstens da, wo dieser Mangel besonders fühlbar ist, nach Möglichkeit abzuhelfen bestrebt ist, so ist doch unter den gegenwärtigen Verhältnissen eine umfangreichere Verwen­Wir leben zwar im Zeichen des Verkehrs", aber dung staatlicher Mittel für die Erbauung von Miethswoh­die Freizügigkeit ist dem Junker ein Dorn im Auge, sie nungen für Arbeiter und untere Beamte nicht angängig." giebt dem Arbeiter die Möglichkeit, sich seiner Peitsche und Wenngleich wir einige Zweifel in das, was hier den Hungerlöhnen zu entziehen, und diese Möglichkeit nicht mit apodiktischer Gewißheit behauptet wird, setzen, wenig ist von uns schon oft gewürdigt worden. Daß die Gutachten noch zu erleichtern, darauf hat der Eisenbahnminister sein stens soweit, als unsere Auffassung von der Pflicht der der Arbeiterausschüsse", der Bezirksausschüsse der Arbeiter­Uugenmerk zu richten. Wer der naiven Meinung lebte, ein Fürsorge des Staates geht, so find wir doch noch weniger Pensionskasse" oder anderer Vertretungen von Arbeitern Eisenbahnminister hätte in erster Reihe den Verkehr zu heben, mit der Art und Weise einverstanden, in welcher der Minister und unteren Beamten" eingefordert werden sollen, und zwar ihn zu vervielfältigen, der kennt den Junker- und den bestehenden Bedürfnissen auf andere Weise Rechnung auch nur geeignetenfalls", machen uns diese Baugenossen­Militärstaat nicht. Wer da meint, die Herabsetzung des tragen will. Es heißt nämlich weiter: schaften" nicht im Mindesten sympathischer. Würde es sich Personentarifs, die Einführung eines einheitlichen oder eines Die anerkennenswerthen(?) Ginrichtungen und um wirkliche Arbeitervertretungen, zu denen wir am Bonentarifs würde so erheblich auf den Verkehr einwirken, Erfolge() des Spar- und Banvereins in Hannover , sowie die wenigsten die von den Behörden reglementirten rechnen, daß trotz der Herabsetzung des Tarifs die Einnahmen der von ähnlichen Baugenossenschaften erzielten günstigen Erfolge handeln, so würden sie gewiß nicht für ihre Interessen jene Bahn nicht nur keine Einbuße, sondern sogar einen Mehr- zeigen, daß auf diesem Wege bei zweckmäßiger Organisation Baugenossenschaften" in Anspruch nehmen, und außerdem ertrag abwerfen würden, der vergißt eben, daß dieses grade und gewissenhafter, sachverständiger Verwaltung für Arbeiter würden sie, wenn sie diese Unternehmungen für gemein­ein Grund für die Junker ist, jede derartige Hebung des und untere Beamte erheblicher Nutzen erzielt werden fann, um nüßig" hielten, aus eigenem Antriebe solche verlangen. Eine Verkehrs zu bekämpfen. Ja, wenn eine Verbilligung der so mehr, wenn es den Baugenossenschaften gelingt, die neben Wohlthat wird den Arbeitern mit diesen Unternehmungen nicht Tarife möglich wäre, von der die Arbeiter ausgeschlossen den Einzahlungen ihrer Mitglieder etwa noch erforderlichen wären, wenn sie nur den Junkern und Kapitalisten als| Kapitalien zu mäßigem Biusfuße und unter weiteren wünschens- erwiesen. Die Aussicht auf ein verschuldetes Häuschen nimmt werthen Erleichterungen von soliden Instituten zu beschaffen. ihnen die Möglichkeit, jemals an eine Verbesserung Privileg gewährt werden könnte, dann würden auch die Bei der Staats- Eisenbahnverwaltung ist ein solches Institut ihrer Arbeiterlage zu denken. Höchstens haben sie die Junker nichts dagegen haben. Da dies nun aber heute nicht| in der Pensionskasse für die Arbeiter vorhanden. Hoffnung, durch den Besitz eines solchen ihre früheren geht, wenigstens nicht in noch höherem Grade, als es heute Die Sagungen dieser Kasse enthalten im§ 73, Abs. 5 die Be- Arbeitskollegen als Miether und Aftermiether auszubeuten schon geschieht, so haben wir auf jeden Gedanken durchgreifender stimmung, daß ein Theil des Kassenvermögens mit Ge- und auszuwuchern. Die Wohnungsfrage wird durch diese Reformen im Eisenbahnverkehr zu verzichten. Freilich stellt nehmigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten in Grund- Baugenossenschaften nicht gelöst. Was der Minister von der Staat an die Eisenbahnen nicht nur große Anforde stücken, durch Bau oder Erwerb von Arbeiter- Erfolgen" spricht, sind die bekannten aktenmäßigen". wohnungen u. s. w. angelegt werden kann. Diese Be­rungen zu militärischen Zwecken, sondern will auch noch er hebliche Ueberschüsse für den Steuersäckel. Auch diesem Be­stimmung entspricht der bei den Berathungen des Juvaliditäts: Was diese Art von Wohlfahrtseinrichtungen überhaupt be= und Altersversicherungs- Gesetzes in den Motiven und in den deutet, hat vor Jahren schon Friedrich Engels in dürfnisse suchte Herr Thelen nachzukommen; um das Erklärungen der Vertreter der verbündeten Regierungen fund- seinem prächtigen Schriftchen über die Wohnungsfrage, an geeignete Mittel zu finden, braucht es eben fein Genie; er gegebenen Absicht, die Anlegung eines Theils des Vermögens den lange Zeit in der ganzen Bourgeois- und Regierungs­wandte nur das altpreußische Rezept an, das darin besteht, der Invaliditäts- und Altersversicherungs- Anstalten in gemein- presse so vielgepriesenen Mustereinrichtungen von Dolfuß in m Nothwendigsten zu sparen, um für Ueberflüssiges die nützigen Unternehmungen zum Wohle des Arbeiterstaudes, ins- Mülhausen im Elsaß gezeigt, vor etlichen Jahren Mittel zu haben. Und so leitete Herr Thielen seine ruhm-| besondere in der Erbauung von Arbeiter Wohnhäusern, zuzu auch Herkner in seinem bekannten Buche. Die Wohnungs­bolle Ministerlaufbahn ein mit der Entlassung zahlreicher lassen und zu fördern. Wenn es auch zur Zeit nicht räthlich noth ist nicht gehoben, im Gegentheil weisen die Arbeiter Arbeiter, mit der Erhöhung ihrer Arbeitsleistung und der erscheint, die Geschäfte der Arbeiter Pensionskasse durch Erhäuser die schrecklichsten Zustände auf. Wo nicht klein­Herabsetzung der Löhne. bauung und Verwaltung von Miethswohnungen in größerem

Wenn dies noch kein Zeichen von Arbeiterfreundlichkeit ist, so haben wir heute einen neuen Beweis für dieselbe zu bringen. Der Eisenbahnminister hat den königlichen Eisenbahndirektionen eine Weisung ertheilt, die der Reichs­und Staats- Anzeiger"( Nr. 190 vom 13. August) veröffent­licht. Die Behörden werden angewiesen, nöthigenfalls nach

Benehmen mit dem Vorstand der Arbeiter Pensionskasse ( diese soll nämlich die Gelder hergeben. Die Red.) in ge eigneter Weise die Bildung von Baugenossenschaften nach| nachahmenswerthen(?) Mustern(?) anzuregen und zu

Feuilleton.

Macbrua verboten.)

Das Schlagende Wetter.

Roman von Maurice Talmeyer.

( 41

M

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Umfange und an verschiedenen Orten zu belasten, so hat der bürgerliche Gewinnsucht, die im Arbeiter durch den mühsam Minister der öffentlichen Arbeiten es doch für angezeigt erachtet, ersparten Besitz des Häuschens geweckt wird, herrscht, da ist durch den Vorstand der Kasse die Frage erörtern zu lassen, ob es die Noth, die den im Lohn herabgedrückten oder nicht ein mäßiger Theil der bereits jezt mehr als 22 Millionen invaliden und arbeitslosen Besitzer zwingt, sein für Wart betragenden, und noch eine Anzahl von Jahren eine Familie bestimmtes Häuschen zu einer Massen­hindurch stetig wachsenden Bestände der Kasse für den in wohnung zu machen. Fr wird Ausbeuter, noch

Rede stehenden Zweck und somit auch in erster Reihe Elenderer; er ist gehemmt und hemmt seine Mitarbeiter wiederum zum Wohle eines Theils der Rassenmitglieder selbst im Streben nach Besserung ihrer Lage. Das mag den dadurch nutzbar gemacht werden kann, daß daraus an solche

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Baugenossenschaften, die, ausschließlich oder überwiegend Unternehmern recht sein; für die Arbeiter aber bedeutet es aus Bediensteten der Staats- Eisenbahnverwaltung bestehend, zunehmende Verelendung. Aber man glaubt wenigstens sich mit der Herstellung billiger und gesunder Wohnungen für durch diese Wohlfahrtseinrichtungen" die Arbeiter gegen

Letzten Monat bin ich nach Brügge gegangen, aber ich fonnte nichts erfahren. Madame de Nochefeu hatte das Beguinenkloster verlassen. Es war Niemand da, selbst kein Dienstbote. Unterdessen habe ich gehört, daß die Gräfin sich entschlossen hat, nach Frankreich zurückzukehren. Man hat mir erzählt, daß Ende des Sommers ihre Tochter ge­storben ist, die in Paris verheirathet war. Um diese Zeit ist sie abgereist.

Ist nicht Ihre Familie mit der Gräfin bekannt? Ja, die Familie meiner Mutter; aber hauptsächlich von Es wurde still. Marcel ging zum Fenster und hob früher. Seit dem französischen Krieg haben sie sich nicht Es wurde still. Marcel

wegter Stimme:

Uebersetzt von B. und A. G.

röthend:

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Und er fügte hinzu, indem er interesselos hinaus­

blickte:

Ich sehe Niemanden aussteigen.

Im selben Augenblick meldete ein Diener, der in den Speisesaal trat:

Die Frau Gräfin de Rochefeu.

Marcel empfand einen so heftigen Herzenskrampf, wie man ihn fühlt, wenn man in kaltes Wasser untertaucht. Es war ihm unmöglich, ein Wort hervorzubringen, und der Diener ging auf ein unbestimmtes Zeichen der Zustimmung, das er ihn machen fah, hinaus.

Nichtsdestoweniger wollte der junge Mann die

Es schneite. Dann näherte sich der mehr gesehen. Madame de Rochefeu ist sehr patriotisch und alte Dame empfangen, und er ging ein paar Schritte auf junge Mann seinem alten Lehrer und sagte mit sehr be man sagt bei mir zu Hause, sie sei sehr wunderlich. die Thür zu, indem er mit Herrn Petit- Waudru einen Blick Der Lehrer dämpfte seine Stimme und fragte leicht er- wechselte, der seinen Gemüthszustand verrieth, und blieb in banger Erwartung hoch aufgerichtet mitten im Zimmer stehen, als die Gräfin eintrat. Sie war bekleidet mit einem großen schweren Mantel, der ganz feucht vom Regen war, hatte in ihren Locken Schneeflocken und kämpfte mit einem heftigen Hustenanfall.

Wissen Sie, was aus Herrn Jacquemin geworden ist?

Ich weiß es nicht, sagte der Lehrer.

Sie haben ihn nicht wiedergesehen?

Seit vier Monaten nicht.

fchrieben

hat.

Haben Sie nichts von Babette gehört? Marcel erstickte einen Seufzer.

Nichts, murmelte er schwach.

Solches Wetter giebt es in Frankreich niemals, rief sie, während sie sich mühsam erholte. Daun sah sie Marcel mit

Es ist sonderbar, daß er Ihnen nicht einmal ge­Die mit Schnee vermischten Wassertropfen fielen draußen mit einem leichten Geräusch an die Fensterscheiben. Nein, nicht einmal geschrieben. Einige Zeit vor dem Marcel sant auf einen Stuhl nieder, und Herr Petit- Waudru Prozeß hatte er mir schon dreihundert Franks anvertraut, begann in dem Speisesaal auf und abzugehen mit jenem ihren schwarzen Augen bewegt an. um Ghilaine zu unterstützen, und hatte mir gesagt, daß langsamen Schritt, welcher den Rythmus der Gedanken

er nach England ginge. Dann nach dem Tode Toubeau's wiederzugeben scheint.

Der junge Mann sagte plößlich:

Hören Sie nicht einen Wagen kommen?

Man hörte in der That das Rollen von Rädern auf

hat er mir weitere 300 Frants übergeben. Es waren das, Da nun die arme Blödsinnige nicht mehr am Leben ist, wie ich annehmen muß, ein gutes Theil seiner Ersparnisse. bleiben mir noch vierhundert Franks übrig, deren er dem Kies des Partes. vielleicht bedarf und von denen ich nicht weiß, wohin ich

sie ihm wieder schicken soll.

einem Augenblick das Wort:

Der Greis unterbrach sich, und Marcel nahm nach

Erwarten Sie Jemanden? fragte Herr Petit- Waudru. Nein.

Marcel stand auf, sah zum Fenster hinaus und sagte: Es ist ein Miethswagen.

Umarmen wir uns, sagte sie. Ah, dieses Schneegestöber, man kann sich bei den Nasenstübern nicht aufrecht erhalten. Dann fügte sie, wie sie Herrn Petit- Wandru bemerkte, noch ein wenig athemlos aber lächelnd hinzu:

Ich kenne diesen Herrn nicht, aber ich erkenne ihn doch. Marcel, dessen Bestürzung noch immer zunahm, hatte noch nichts sagen können im Augenblick des Wiedersehens. Frau de Rochefeu, Herr Petit- Waudru und er saßen an dem großen Marmorkamin des Speisesaales im Schlosse, und die alte Dame, deren übermäßige Erregbarkeit ihre