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Ar. 66. 22. Jahrgang. 2. frilpp Uta Jomitls" Zonnabeud, 18. Mär; 1905. Lokaled. Der Philharmonie-Boykott. Das Verhalten des Vorstandes der Neuen freien Volks Kühne in der Angelegenheit des Philharmonie-Boykotts kann noch nicht als abgetan betrachtet werden; und um auch dem Teil der Arbeiterschaft, der bisher der Sache keine Beachtung schenken konnte, Gelegenheit zur Information zu geben, wollen wir in Kürze den Sachverhalt darstellen. In ihrer Sitzung vom 19. Januar d. I. beschloß die Verwaltung der Neuen fteien Volksbühne, den Vorstand zu ermächtigen, dem im Jahre 1889 über die Philharmonie ver- hängten Boykott dann t e i n e B e a ch t u u g zu schenken, wenn das Gelingen einer rein künstlerischen Veranstaltung davon ab- hängig sein sollte. Als Grund fiir diesen Beschluß wurde angeführt, daß die von der Neuen fteien Volksbühne beabsichtigte Schiller-Feier, so wie sie geplant sei, durch kontraktliche Verpflichtung Mitwirkender und durch sonstige Umstände nur in der Philharmonie stattfinden könne und daß die Verwaltung den Philharmonie-Boykott für ungerecht, in- konsequent und nur die Berliner Arbeiterschaft schädigend erachte. Ungerecht, da dann sämtliche andern Kunstinstitute gesperrt sein müßten; inkonsequent, weil, nachdem einige Parteiführer den Boykott nicht beachtet hätten, die Philharmonie zum persönlichen Verkehr freigegeben wurde, schädigend, weil er die Arbeiterschaft in ihrem Bildungsstreben hindere. Schon hier müssen wir auf einen Irrtum aufmerksam machen. ES stimmt dem Sinne nach nicht, daß die Philharmonie für den persönlichen Verkehr freigegeben wurde, nachdem einige Parteiführer den Boykott nicht beachtet hatten. In Betracht kommt hier wohl nur die in der Brauerei Friedrichshain am 20. Februar 1891 ab- gehaltene Versammlung, in welcher Liebknecht sich wegen des Besuchs der Philharmonie vor den Parteigenossen rechtfertigte. Hier wurde ohne Einschränkung der Boykott über die Philharmonie verhängt; und Einschränkungen einzig zugunsten der Philharmonie sind auch später nie getroffen worden; was beschlossen wurde, geht dahin, daß ganz allgemein K u n st i n st i t u t e, auch wenn sie der Arbeiterschaft nicht zu Versammlungen zur Verfügung stehen, für deir persönlichen Verkehr freigegeben werden, wie denn ja auch unter bestimmten Umständen bei reinen Vergnügungslokalen in dieser Hinsicht Ausnahmen gemacht worden sind. Die Lokalkommission, der es obliegt, darauf zu achten, daß die in Lokalangelegenheiten geltenden Beschlüsse von den organisierten Parteigenossen respektiert werden, billigte das eigenmächtige Vorgehen der Reuen freien Volksbühne selbstverständlich nicht und konnte selbstverständlich gar nichts anderes tun, als den erwähnten Beschlutz dieser Organisation rügen. Nun richtete Herr Heinrich Neft im Auftrage der Neuen fteien Volksbühne an verschiedene Organisationen Zuschriften mit der Aufforderung, den Antrag auf Aufhebung des Boykotts über die Philharmonie mit zu unter- zeichnen. Im zustimmenden Sinne wurden diese Zuschriften be- antwortet von der Freien Hochschule- Berlin, dem Berliner Volkschor, dem Buchdrucker-Gesangverein Typographia und der Freien Volksbühne , von diesem als dem am wesentlichsten in Betracht kommenden Verein unter der Einschränkung, daß der Boykott auch weiter zu respektieren sei, wenn die Lokalkommission den Antrag ablehne. Diesen Satz hat Herr Neft, wie gestern in unserem Blatte konstatiert wurde, in einem am 14. März herausgegebenen Flugblatt fortgelassen. Auch der Arbeiter-Sängerbund und die Freireligiöse Ge- m e i n d e Berlin stellten sich dem Anttag sympathisch gegenüber, wenn sie auch ihre Unterschrift verweigerten. Aus Grund der eingegangenen ZustimmungS-Erklärungen reichte Herr Neft am 15. Februar der Berliner Lokalkommission einen An- tragIein, der, mit den Unterschriften der fünf erwähnten Vereine versehen, die Aufhebung des Boykotts über die Philharmonie forderte. Auf diese Zuschrift hin teilte unser Parteigenosse Karl Rott Herrn Neft am 22. Februar mit, daß die Lokalkommission und die Vertrauensleute von Berlin den Antrag auf Aufhebung des Boykotts eingehend beraten und den Beschluß gefaßt hätten, nach wie vor den Boykott aufrechtzuerhalten. Bc- gründet sei dieser Beschluß darin, daß bei der Auf- Hebung des Boykotts auch andere Saalinhaber ihre Unterschriften zurückziehen könnten und so die Beschlüsse der Arbeiterschaft in Lokal- angelegenheiten illusorisch würden. Der Vorstand der Neuen freien Volksbühne hat, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung der Lokalkommission erficht- lich ist, dem Beschluß der Berliner Parteivertretung zum Trotz für den 22. April in der Philharmonie ihre Schiller-Feier ver- anftaltet; und in dem erwähnten Flugblatt meint der Vorstand, daß nicht ein einziges urteilsfähiges Mitglied der Neuen freien Volksbühne sich fernerhin von dem Besuch künstlerischer Ver« anstaltungen(soll sinngemäß wohl Vereins veranstalttmgen heißen. D. R. ), die in der Philharmonie stattfinden, abhalten lassen werde. Das wollen wir nun erst einmal abwarten. Soweit unsere Informationen reichen, wird der Beschluß des Vorstandes von der M i t g l i e d s ch a f t der Neuen freien Volksbühne keineswegs ein- hellig gebilligt, und die Ordner des Vereins sollen sich z. B. in dieser Angelegenheit entschieden gegen den Vorstand ausgesprochen haben. In der Sache selbst erkennen wir sehr wohl an, daß iiber die Zweckmäßigkeit des Philhannonie-BoykottS unter den Parteigenossen verschiedene Meinungen herrschen können, und die Sympathie, die beachtenswerte Organisattonen für die Aufhebung des Boykotts hegen, findet ja auch in den von der Neuen freien Volksbühne ver- öffentlichten Zuschriften deutlichen Ausdruck. Doch darauf kommt es jetzt nicht an, wo zu konstatieren ist, daß der Vorstand der Neuen fteien Volksbühne einen Disziplinbruch begangen hat, der sie zu den übrigen Organisationen in schroffen Gegen- s a tz stellt und der ganz unabhängig von der Stellung zur Boykottftage an sich, in allen Kreisen der sozialdemokratisch denkenden Arbeiterschaft entschiedene Verurteilung findet. Die Neue freie Volksbühne, welche 15 Jahre ohne die Phil- Harmonie ausgekommen ist, hätte gewiß auch die Schiller-Feier m einem boykottfreien Lokal abhalten können, ohne deren künstlerische Wirkung zu beeinftächtigen. Inzwischen aber Ware es ihr unbenommen gewesen, allein oder in Gemeinschaft mit anderen Arbeiterorganisationen die Aufhebung des Boykotts lveiter auf ordnungsmäßigem Wege zu erstreben. Das jetzige Ver« halten des Vorstandes bedeutet aber, daß er die Neue fteie Volks- bühne außerhalb der Schranken stellen will, welche die Arbeiter- schaft sich im Interesse ihrer Bestrebungen gezogen hat, und dieser Disziplinbruch, so befürchten wir, wird für den Verein keine guten Folgen haben. Zur Charakteristik des Herrn Neft aber verdient noch ein Um- stand hervorgehoben zu werden. In dem Flugblatt gibt er, angeblich uin die Intelligenz des Genossen Rott zu keimzeichnen, depen Zuschrift mit ihren orthographischen Fehlern wieder, mit der Wirkung, daß gegnerische Blätter diese Zuschrift ebenfalls ivörtlich abdrucken. Die Frage, ob die Intelligenz eures Menschen nach der orthographischen Korrektheit seiner Briefe abzuschätzen ist, kann im vorliegenden Falle füglich beiseite gelassen werden, Ivo diese Art der Veröffentlichung offerrbar keinen anderen Zweck haben sollte, alSdiesozialdemokratischenParteiorganisationen öffentlich herabzusetzen. Und ein s o l S e s Verhalten richtet sich in den Augen anständig denkender Leute von selbst. Wie wenig übrigens gerade Herr Neft Ursache hat. sich über den Splitter rn eines anderen Auge aufzuhalten, zeigt die folgende Zuschrift, die wir nach seinem Beispiel ebenfalls unkorrigiert abdrucken wollen: j Erwiederung. Auf die ErllSrung des Vorstandes der Freien Volksbühne in Nr. 65 des Vorwärts gestatte ich mir folgendes zu I erwiedern: Erstens habe ich in dem in Frage stehenden Flugblatt ausdrücklich erklärt, daß ich nur Stellen aus den erhaltenen > Antwortschreiben der verschiedenen Vereinigungen, sowohl der- jenigen die sich zustimmend, wie derjenigen die sich ablehnend zu den Anttag auf Aufhebung des Philharmonie- Boykotts äuserten, erwähne; zweitens erschien mir der Wieder« spruch der beiden Absätze des Schreibens der Freien Volks- bühne so kraß, daß eine Verbindung dieser ich für sinnlos halte denn man kann doch wohl unmöglich die sachlichen Gründe für Aufhebung des Boykotts als berech- t i g t verfechten und den Boykott selb st gleichzeitig als zu Recht bestehend betrachten. Ob nun der Vorstand der Freien Volksbühne unser weiteres Vorgehen in Sachen des Philharmonie- Boykotts billigt oder nicht, kommt für mich natürlich gar nicht in Frage. Heinrich Neft Geschäftsführer der Neuen freien Volks- bühne. In diesem besonderen Fall glauben wir, daß auch die Herren vom Vorstand der Neuen fteien Volksbühne es uns nicht verdenken werden, wenn wir gleiches mit gleichem vergelten. Eine Liebe ist der anderen wert. Armenärzte. Magistratsoffiziös wird gemeldet: Eine Reorga- nisation des armenärztlichcn Wesens ist von den städtischen Körper- schaften in den Kreis ihrer Beratungen gezogen worden. Von einer grundlegenden Aenderung der bestehenden Organisation, insbesondere von der Einführung der freien Aerztcwahl ist nicht die Rede. Zu- nächst wird eine angemessene Einteilung der Medizinalbczirke, sorg- fältige Auswahl der Aerzte und eine angemessene Vergütung der Leistungen die Behörden beschäftigen. Die Stadtverordneten-Ver- sammlung hat inzwischen bei der Etatsberatung dem Antrage des Magistrats, das Gehalt aller Armenärzte gleichmäßig auf 1599 M. zu bemessen, zugestimmt. Bisher bezogen die jüngeren Aerzte jähr- lich 1299 M. Nachdem nun die Stadtverordneten-Verjammlung ihre Resolution in dieser Sache erneuert Hat, die dahingeht, den Magistrat um eine Vorlage betreffend die armenärztliche Tätigkeit usw. zu er- suchen, wird die Beratung über die Reorganisation fortgeführt. Das Ergebnis soll im Laufe dieses Jahres den Gemeindebehörden zur Beschlußfassung vorgelegt werden. Zum Direktor der neu zu errichtenden 14. städtischen Real- schule wurde am Freitag vom Magistrat der Oberlehrer am AndreaS-Realgymnasium, Dr. Johanesson, und zum Oberlehrer an der Charlottenschule der Kandidat Dr. Düvel gewählt. Aus der Magisttatssitzung vom Freitag. Zmn ärztlichen Direktor der äußeren Abteilung des Rudolf Virchow - Krankenhauses wurde fiestern vom Kollegium der Oberarzt der chirurgischen Abteilung des tädtischen Krankenhauses in Moabit Dr. Hermes gewählt; zum ärztlichen Direttor der inneren Abteilung der dirigierende Arzt der inneren Abteilung des Moabiter Krankenhauses Geh. Sanitätsrat Dr. Goldscheider und zum Verwaltungsdirektor an demselben Krankcnhause der Geh. Reg.- Rat O h linü l ler vom kaiserl. Ge- sundheitsamt. Der Geh. Med.- Rat Prof. Dr. R e n v e r s, dessen Wahlzeit als ärztlicher Direktor im Krankenhause in Moabit jetzt abläuft, ist als Direktor der inneren Abteilung dieses Krankenhauses vom Magistrat wiedergewählt worden. Eine neue OmnibuSlinie vom Halleschen Tor zum Stetttner Bahnhof ist gestern früh eröffnet worden. Sie ist dadurch hergestellt, daß die bisherige Linie 24 Hallesches Tor Pappelplatz durch die Jnvalidenstraße bis zu dem Bahnhof verlängert worden ist. Die Wagen gehen werktags von 6'/z morgens bis 948 abends, Sonntags von 7 bis 1988 von beiden Endpunkten in Abständen von 6 bis 8 Minuten. Neue Teilstrecken zu 5 Pf. sind vom Stettiner Bahnhof zur Weinmeisterstraße, vom Pappelplatz zum Neuen Markt, vom Rosenthaler Tor zum Molkenmarkt usw. Das größte Frachtschiff, das je auf der Spree geschwommen ist, dürfte ein sogenannter Seeleichter sein, der gestern im Tau des Schleppdampfers.Rathenow"' die Mühlendamm-Schleuse passierte. DaS Fahrzeug war geaicht auf eine Größe von 822 Tonnen. Um sich einen Begriff davon zu machen, was das bedeutet, sei bemerkt, daß einer der gewöhnlichen Spree » oder Oderkähne bei einer Länge von 49 Metern und einer Breite von 4>/» bis 5 Metern etwa 299 Tonnen faßt. Das Riesenfahrzeug ist affo viermal so groß, als ein solcher Kahn. Ein 499-Tonneiischiff ist 59 Meter lang bei acht Meter Breite und faßt doch nur halb so viel als der Riese, den gestern die Spree trug. Selbst nach Fertigstellung der geplanten Stromregulierungen wird die Elbe bei guten: Wasserstandes!) erst für K99-Tonnenschiffe von acht Metern Breite, 65 Metern Länge und 1,75 Metern Tiefgang fahrbar sein. Daß das riesige Fahrzeug. das noch um ein Drittel größer ist, als diese.größten" Binnenschiffe, nach Berlin kommen konnte, liegt nur an dem außergewöhnlich hohen Wasserstand der Elbe und unteren Havel . DaS Opfer des Einbruches in der Schönhauser Allee , der an seinen Stichwunden im Krankenhaus am Friedrichshain gestorbene 12 Jahre alte Sohn Hans deS Schankwirts Grabow wurde gestern, Freitag, vormittag 19>/z Uhr. auf dem Friedhof der Elisabeth- gemeinde beerdigt. Donnerstag abend uni 6 Uhr brachten vier Leichenträger den weißen Sarg in aller Sttlle vom Schauhaüse nach dem Friedhof, wo er in der Halle aufgebahrt wurde. Zur Trauer- seier erschienen die Eltern, eine Schwester und zwei Onkel und Tanten des erstochenen Knaben, viele Hausgenossen und Nachbarn, Berufsgenossen deS schwer heimgesuchten Vaters und Abordnungen von zwei Vereinen, die bei Grabow ihre Sitzungen abhalten. Die 249. Gemeindeschule, in der der kleine Grabow jetzt von der vierten nach der dritten Klasse versetzt werden sollte, ließ gestern vormittag den Unterricht ausfallen. Der Rektor Schwarz II. sämtliche Lehrer und Schülerabordnungen aller Klassen, die Kränze niederlegten, wohnten der Feier in der Halle bei, während die übrigen Schüler der ersten bis fünften Klasse Spalier bildeten. Pfarrer Schwartzkopff von der Versöhnungskirche hielt eine Ansprache. Der wegen des Raubansalls an dem Kassenboten S ch m o h l festgenommene Bauunternehmer Georg John aus Fürstenwalde hat dem Vernehmen nach sich jetzt zu der Tat bekannt. Er habe den Raubversuch mit Ueberlcgung unternommen, um seine schlechte Vermögenslage aufzubessern. Vermutlich wird die Sache schon in der nächsten Schwurgerichtsperiode zur Verhandlung kommen. Gefährlicher Fabrikbrand. In der Prenzlauer Allee 164. dicht neben dem Ringbahnhof, kam gestern sFreitag) mittag in dem so- genannten Hungerturme ein sehr gefährliches Feuer zum Ausbruch und beschäftigte die Feuerwehr fast zwei Stunden. In dem drei- stückigen Turme hatte die Firma W. Israel u. C o. seit etwa fünf Jahren eine pyrotechnische Fabrik eingerichtet und fabriziert daneben Kohlenanzünder und bengalische Zündhölzer. Die Fabrik ist schon wiederholt vom Feuer heimgesucht, zum letztenmal vor zwei Jahren. Während gestern mittag eine größere Zahl Arbeiterinnen im dritten Stock, und zwar in dem FabrikationSraum für Kohlen- anzünder, beschäftigt waren, machte sich plötzlich ein brenzlicher Geruch bemerkbar. Eine Arbeiterin öffnete die Tür zu einem Neben- räume und fuhr hierbei entsetzt zurück, als ihr helle Flammen ent- gegenschlugen. In aller Eile suchte man das Feuer durch herbei- geholtes Wasser selbst zu ersticken und, glaubte auch die Ge- fahr bereits beseitigt, weshalb man die Fenster öffnete, um dem dichten Qualm Abzug zu verschaffen. Jetzt aber bekam das noch glimmende Feuer erst den richtigen Zug und in wenigen Minuten stand der ganze Raum in' Flammen. Den Arbeiterinnen blieb nichts anderes übrig, als schleunigst das Freie zu suchen. Ueber die Haupttreppe war ihnen der Ausweg abgeschnitten, doch konnten sie sich noch recht- zettig durch einen Notausgang auf eine am Turm einporlaufende efferne Wendeltteppe flüchten. Die herbeigerufene Feuerwehr war bemüht, den Brand auf den einen Raum zu beschränken, was ihr auch schließlich gelang. Da in den einzelnen Etagen größere Mengen feuergefährlicher Stoffe lagerten, ebenso auch auf dem Hofe, so war die Gefahr für eine größere Ausdehnung des Feuers gegeben. Der unffeitigen Leittmg der Wehr gelang es indes, nach fast zweistündiger Arbeit die Gefahr zu beseitigen. Der Fabrikationsraum für Kohlen- anzünder und bengalische Zündhölzer brannte vollständig aus. Ueber die Enfftchnngsursache des FeuerS konnte nichts festgestellt werden. Unfall im Sttaßcnbahndieust. Durch eine Brcmskurbel wurde der Stratzenbahnfahrer Schneider erschlagen, welcher einen Ein- satz-Zug der Linie 73 �Zoologischer Garten Königsberger Sttaße) führte. Schneider hatte nach Ankunft an der letzteren Endhaltestelle die Handbremse angezogen und das Zahnrad festgesetzt, doch ver- absäumt, die Kurbel festzulegen. Als sich der Fahrer bückte, um das Perrongitter für die Rückfahrt unizulegen, stieß er vermutlich mit dem Fuß gegen die Zahnradsicherung, wodurch die Breinse gelöst wurde und zurückschnellte. Die schwere Messingkurbel traf den Be- amtcn mit furchtbarer Gewalt gegen die Schläfe, infolge dessen er auf der Stelle besinnungslos zusaminenbrach. Die Kurbel hatte dem Manne, wie im Krankenhaus Friedrichshain festgestellt wurde, den Schädelknochen zertrümmert und Splitter in das Gehirn hinein- gedrückt. Es ist leider keine Hoffnung vorhanden, Sch. am Leben zu erhalten. Eine Brandstiftung durch Einbrecher wird aus Moabit gemeldet. Als in der Nacht zum Donnerstag ein junger Mann aus dem Hause Paulstratze Nr. 16 um 1 Uhr heimkehrte, sah er, daß es in dem Lager- keller des Delikatessenhändlcrs Otto Jahn brannte. Er schlug Lärm und Feuerwehr und Kriminalpolizei fanden alsbald, daß das Feuer von Einbrechern herrührte. Diese hatten mit einem Zentrumsbohrcr ein Stück aus der Türfüllung herausgebohrt. Einer von ihnen leuchtete dann wohl mit einem Streichholz in den Keller hinein, ließ es fallen und verursachte so wider Willen den Brand, indem das Streichholz gerade auf Holzwolle, Farbe und Kisten, die an der Tür standen, siel. Als die Spitzbuben sahen, was sie augerichtet hatten, ergriffen sie die Flucht. Die Feuerwehr löschte den Brand, bevor er nennenswerten Schaden angerichtet hatte. Auch andere Keller wurden in jener Gegend von Einbrechern heimgesucht. Bei eincni Kaufmann Delitzsch taten die Diebe sich an Eßwaren und Getränken gütlich und spielten auf einer Tonne, um die herum sie Sitze im- provisicrt hatten, einen Skat. Die Spielkarten ließen sie dort zurück. Bei Jahn ließen sie auf der Flucht einige Stemmeisen im Stich. In der städtischen höheren Webeschule beginnt der neue Unter- richtskursus der Abend- und Sonntagsschule für Weber, Wirker, Stricker, Posamentierer, Kurbelsticker und-Stickerinnen, Muster- zeichner und Musterzeichnerinnen, Konfektionszeichner und Kon- fektionszeichnerinnen, Zuschneider und Zuschneiderinnen, Färber und Kauflcute am Sonntag, den 2. April er., vormittags 9 Uhr. Die Tagesschule der An st alt beginnt den Unterricht für das Sommerhalbjahr am Donnerstag, den 6. April er., vormittags 8 Uhr. An der Tagesschule sind folgende sieben Kurse eingerichtet: 1. Kaufmännischer Kursus; 2. Musterzeichenkursus, und zwar eine Klasse für Weberei und Druckerei und eine Klasse für Stickerei und Posamentiercrei; 3. Konfektionskursus, umfassend eine Klasse zur Herstellung von Frauenbckleidung und eine Klasse zur Herstellung von Wäsche; 4. Posamentier- und Besatzkonfettions- kursus; 5. Hand- und Maschinenstickereikursus, eine Klasse zur Ausbildung von Geschäftspersonal und eine Klasse zur Ausbildung von Arbeitspersonal; 6. Wirkerei- und Stickereikursus; 7. Färberei- kursus. Nähere Auskunft, die Aufnahme von Schülern betreffend, erteilt der Direktor der Schule. Herr Weber im Schulhause, Markus- straße 49. Verehrlichung der Berufsringerei. Ein Verband deutscher Berufsringer ist gegenwärtig in der Bildung begriffen. Wie in einem Aufruf festgestellt wird, ist der Stand der Bcrufsringer jetzt zu einem lohnenden Gewerbe geworden, nachdem die Zirkus- und Variete-Etablissements dem Ringsport in letzter Zeit eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben. Das hat einen großen Andrang zu dem neuen Beruf zur Folge gehabt, und es sollen sich schon jetzt viele zweifelhafte Elemente unter den Ringern befinden. Der neu zu gründende Verband soll nun die Aufgabe haben, alleSchieber" aus den Kreisen der Ringer fernzuhalten und so die Gewähr dafür zu bieten, daß seine Mit- gliederreell" ihren Sport betreiben. In dem Aufruf wird ferner klargestellt, was unterehrlichem" undunehrlichem" Ringen zu verstehen ist. Als ehrlich und zulässig soll es gelten, wenn ein stärkerer Ringer seinen Sieg über den schwächeren etwas in die Länge zieht, um so dem Publikum die Freude am Kampf nicht zu verderben, unehrlich und unzulässig ist aber jede Verabredung der Ringer über den Ausgang des Kampfes und die Nichtauszahlung der Preise in der vorher angekündigten Weise. Das Ansehen der deutschen Ringer, das durch die letzten Erörterungen in der Oeffcnt- lichkeit über die Vorgänge bei den jüngsten deutschen Ringkampf- konkurrenzen schwer gelitten hat, will der neue Verband durch die Ausmerzung aller zweifelhaften Elemente wieder heben. Der Ver- band soll schon eine große Zahl von Mitgliedern zählen. Hoffentlich ist diese Gründung kein neuer Bluff, um dem Publikum, dein all- mählich die Augen aufzugehen beginnen, erst recht Sand in die Augen zu streuen! Bcrgarbeiter-Konzert. Die vom GesangvereinNorddeutsche Schleife" in Verbindung mit dem OrchestervereinAllegro" veranstaltete Matinee zum Besten der Bergarbeiter(am 6. Februar) ergab einen Ueberschuß von 292,39 M. Dieser Ertrag ist am 6. März an Paul Horn-Bochum eingesandt worden. Den mitwirkenden Kräften, Frau Klara Urbau, Herrn Otto Kowalski und Herrn Paul Pestner, welche sich zu diesem Zweck unentgeltlich zur Verfügung gestellt haben, besten Dank. I. A.: Otto Rasche. Direttor Archenhold wird am Montag, abends 9 Uhr, in der Treptower Sternwarte den VortragWie finden unsere Schiffe ihren Weg über den Ozean?" halten. Das Thema für den Vortrag am Sonntag, nachmittags 5 Uhr, lautet:Die Sonne", abends 7 Uhr:Die Bewohnbarkeit der Welten". Mit dem großen Fern- röhre wird abwechselnd die Sonne, Venus, Jupiter, der nur noch kurze Zeit zu beobachten ist, und der Mond gezeigt. Bei klarem Wetter bleibt die Sternwarte schon in der letzten Hälfte des Monats bis 11 Uhr geöffnet, vom 1. April bis 39. September bis 12 Uhr nachts. Der Berliner Zoologische Garten erwarb dieser Tage einen wolligen Baumstachler aus Brasilicu, ein baumbewohnendcS Stachelschwein, mit an der Spitze nacktem Greifschwanz, das zu den interessantesten Nagern gehört. Bei oberflächlicher Bc- trachtung erscheint das Tier nur mit einem zarten, langen, weiß- lichcn Wollslaum bedeckt, aber wehe, wenn man sich durch dieses sanfte Aussehen verführen läßt, den scheinbar Harmlosen mit der bloßen Hand anzufassen. Tie zittonengelben Stacheln, welche die ganze Oberfläche des Tieres bedecken, sind nicht nur unglaublich spitzig, sondern tragen noch feine Widerhaken und sitzen so lose, daß sie sofort in der berührendem Hand stecken bleiben und schwer wieder zu entfernen sind. Der in den Dämmerstunden muntere Bursche ist in dem sogenannten alten Vogelhause am Haupt- restaurant untergebracht. Die Kunst der Rokoko-Zeit, welche das Thema des nächsten Volkskunstabends der Stadt Charlottenburg am 19. d. M. bildet, ist gewissermaßen die Fortsetzung des letzten Menzelabends. Ein Kammrrmusiktrio aus Kräften wie Anna von Pilgrim, Kapellmeister