Im Herrenhause stand die Kanalvorlage zur Beratung. Der Ministerpräsident Graf Bülow war in höchfteigener Perfon erschienen, um die Vorlage zu verteidigen, aber er hatte nicht nötig, in die Debatte einzugreifen, da die große Mehrheit des Hauses von vornherein entschlossen war, der Vorlage in der Fassung des Abgeordnetenhauses, d. h. mit dem Schleppmonopol und den Schiffahrtsabgaben bepackt, zuzustimmen. Eine dem Niveau des Hauses angepaßte Rede gegen den Kanal hielt der Majoratsbesizer Dr. Hans Henning von Burgsdorff, ein Vertreter des alten und befestigten Grundbesizes in der Mark; er versuchte, einen Zusammenhang zwischen dem Kanal, dem Bergarbeiterstreit, den Caprivischen Handelsverträgen und dem Sozialistengesetz zu konstruieren. Die Tatsache, daß die sozialdemokratische Presse die Kanal: vorlage verficht, macht Herrn v. Burgsdorff argwöhnisch. Gewiß, der Mann hat recht. Die Sozialdemokratie ist doch nicht deshalb Anhängerin des Kanals, weil das einen fulturellen Fortschritt bedeutet, sondern weil nach dem Bau des Kanals die Aufrichtung des sozialistischen Staates unmittelbar bevorsteht.
Völlig ablehnend gegenüber der Vorlage verhielt sich Graf Mirbach , der die Regierung um Prüfung der Frage des Ersatzes der für den Westen geplanten Kanalstrecken durch elektrische Schnellbahnen sowie um eventuelle Einbringung eines entsprechenden neuen Gesetzentwurfes ersuchte. Die von ihm vorgeschlagene Resolution fand aber nicht die Zustimmung des Hauses.
Die Debatte war belanglos, es wurde nichts vorgebracht, was nicht bereits zu wiederholten Malen im Abgeordneten hause gesagt ist.
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Deutfches Reich.
Der Rettich als Sprengbombe.
Ursache und Wirkung. In recht schitanöser Weise hat ber Sanitätsmaat Unteroffizier Heine, der im Sommer 1904 in Garnisonlazarett zu Curhaven als Polizei- Unteroffizier fungierte, im den Krantenwärter P. behandelt. Waren die übrigen Krankenwärter zum Kaffeetrinken erschienen, so mußte P. wieder zurück an die
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weite Strede
und wurde
Folgendes lesen wir nicht im„ Simplicissimus", nein Thüringer Hausfreund":" Meiningen , 29. März. Die Zusammensetzung der Arbeit, auch mußte er auf Befehl seines Beinigers die schwersten preußischen Strafkammer dahier wird in allernächster Zeit Arbeiten verrichten, ohne sich ausruhen zu dürfen. An einem heißen eine vollständig neue sein, da ſämmliche Mitglieder des Richter- Julitage mußten die Soldaten zu Bauzweden Sand transportieren follegiums mit Ausnahme des Borsigenden Landgerichtsdirektor und zwar in Eimern im Gewichte von je 100 Pfund. Während Hertwig von hier fortkommen. Gerichtsassessor Gerede ist zum seine Kameraden bei dieser mit ihren Dienstobliegenheiten wenig Landrichter in Elberfeld ernannt worden, Landrichter Niedner wird nach in Einklang zu bringenden Arbeit ausruhen durften, mußte Frankfurt a. M. versezt, Gerichtsassessor Klugmann ist zum Amts- P. den schweren Eimer die etwa 50 Meter richter in Bürden ernannt worden und Landrichter Simons hat ohne abzusetzen tragen. Außerdem mußte B. sich andere die ehrenvolle Beförderung zum Oberlandesgerichtsrat in Stiel Liebenswürdigkeiten" von Heine gefallen lassen Der Kerl soll ins Kittchen und muß erhalten. Herr Simons ist, im Hinblick auf sein neues, hohes auch schwer beleidigt. Richteramt, ein verhältnismäßig noch junger Beamter, der durch brummen, bis er schwarz wird", äußerte der Unteroffizier. P. äußerte feine außerordentliche Befähigung sich zu einem so ehrenvollen furz darauf Selbstmordgedanken und sagte, er wolle sich aufhängen. Amte qualifiziert. Zu der Aenderung im Richterfollegium mögen Dazu kam es aber nicht, denn er wurde plößlich vom Ver unerquidliche tollegiale Verhältnisse, die seit folgungswahn befallen; er lief planlos umber Monaten unter einzelnen der Kammermitglieder bestanden, vielleicht und schlug wild um sich, weil er überall seinen nicht zum wenigsten beigetragen haben. Der Grund war die Beiniger vor sich sah. Der Mann tamins frren. Anzeige des Assessors und Leutnants der Reserve Gerede haus, wo er sich noch heute befindet. Das Kriegsgericht beim Ehrengerichte des Reserve- Offizierforps betreffend den ein- der II. Marinestation fonnte sich auf Grund des ärztlichen Gutmaligen Verkehr zweier seiner Kammerkollegen und anderer Juristen, achtens nicht von dem Kausalnerus zwischen der Geisteskrankheit und die ebenfalls dem Reserve- Offiziersstand angehörten, mit dem der Behandlung durch den Angeflagten überzeugen und verurteilte sozialistischen Rechtsanwalt Liebknecht aus Berlin . Das Vor- den Unteroffizier nur wegen Beleidigung und unvorschriftsmäßiger tommnis ist seinerzeit in den Zeitungen und anderwärts vielfach Behandlung zu 14 Tagen Mittelarrest, gegen welches Straftommentiert worden. Die Anzeige hatte aber nur die Wirkung, maß H. Berufung einlegte, die aber am Sonnabend vom Oberdaß in das kollegiale Berhältnis ein großer Riß fam; jezt ist dieser friegsgericht des 9. Armeekorps als unbegründet verworfen wurde.beseitigt."
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Die Beseitigung des Risses durch Versetzung des Nichter- Revolution in Koburg . Aus Koburg wird uns geschrieben: follegiums ist gut, ein Wis a la Eisenbart. Als unser Genosse Eine wahrhaftige Revolution droht in unserem Ländchen auszus Liebknecht im Meininger Omnibus" in vergnügter Tafelrunde brechen. Das neue Regiment wirft schon seine Schatten. Der UmNachdem das Haus sodann noch der Schadlos- gutes Bier trank und vortrefflichen Rettich verzehrte, ahute er nicht, stand, daß offenbar aus Zweckmäßigkeit die Hofämter nach dem haltung des Hauses Schleswig- Holstein sollte. Sein Mahner rief:„ Aber wehe, wehe, wehe, wenn ich an Häuschen gebracht. Am Mittwoch, sofort nachdem die Tatsache der welch' fürchterliches Verhängnis über die Zechgenossen hereinbrechen roten Gotha " verlegt werden sollen, hat unsere Patrioten aus dem Sonderburg - Glücksburg zugestimmt und dadurch das Ende sehe." Blind rannte die Meininger Justiz in ihr Ver- Berlegung bekannt wurde, hat der Landtag, nachdem eine Interden armen Mitgliedern dieses Hauses zum Duartalsersten derben. Bier und Rettich gemeinschaftlich von Justizbeamten und pellation von der Regierung unbeantwortet geblieben war, eine geeine kleine Freude auf Kosten der Steuerzahler bereitet hatte, einem sozialdemokratischen Antvalt, genossen wirkten wie Nitro- harnischte Resolution angenommen, und statt daß eine entgegen vertagte es sich auf unbestimmte Zeit. glyzerin und Dynamit. tommende Antwort von seiten des telegraphisch benachrichtigten Herzogs erfolgt, reist dieser ab. Die Verlegung der Hofämter bringt für das fleine Herzogtum Koburg einen Steuerausfall, der zur Gruseligmachung der Einwohner benutzt wird, aber mehr als die drohende Vermehrung der Steuern liegt den freisinnigen und nationalliberalen Patrioten daran, daß ihr Einfluß möglicherweise ein geringerer wird. Die heutigen Blätter bringen gar die unber blümte Drohung an den die Verlegung wünschenden noch unmündigen Landesvater Herzog Karl Eduard, daß der Landtag eventuell den Etat, dessen Verabschiedung eigentlich bis 1. April erfolgt sein müßte, ablehnen und sämtliche Abgeordneten ihre Mandate niederlegen würden. Sturm im Glas Wasser!-
Der Sieg der Zweideutigkeit.
Drei Tage hindurch hatten die oppositionellen Frattionen ihre tüchtigsten Redner gegen das Ministerium losgelassen, drei Tage lang hatte man dem Kabinett in allen Tonarten das Mißtrauen der Kammer ausgesprochen, und als es dann zur Abstimmung fam, hatte das Ministerium 121 Stimmen Mehrheit! Man hat der Politik Giolittis die Billigung der Kammer noch ins Jenseits nachgesandt und hat Fortis denselben Fortis, dem soeben ein Versuch der Kabinettsbildung mißglückt war zum Sieger des Tages gemacht! Der ganze Liberalismus der Mehrheit hat sich darin erschöpft, daß sie für Fortis und für eine liberale Politit im Sinne des vorigen Kabinetts" gestimmt hat. Die Mehrheit hat nichts weiter
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getan, als die Formel neu aufgefrischt, mit der sie
geboren ist.
Der Schein des Liberalismus, der über dem Kammervotum lag, beruhte allein auf dem Namen, auf einem politischen Konventionalismus, der gewissermaßen willkürlich ist.
Wir deutschen Sozialdemokraten fönnen wahrlich leichten Herzens und voll Zuversicht in die Zukunft schauen. Wie schwer haben's unsere russischen Freunde! In Deutschland genügt schon der Spreng rettich zur Desorganisation der kapitalistischen Staatsgewalt .-
Der Reichstags- und Landtags- Abgeordnete Senator Wallbrecht von der nationalliberalen Partei, der vor einigen Tagen an Influenza erkrankt war, ist am Sonnabend im 64. Lebensjahre gestorben. Er vertrat den 9. hannöverschen Wahlkreis HamelnSpringe. In der Reichstagswahl 1903 wurden in diesem Kreise im ersten Wahlgang 10 200 Stimmen, in der Stichtahl 11 260 Stimmen für die sozialdemokratische Partei abgegeben. Wallbrecht wurde mit 14 990 Stimmen gewählt.
Das Reichsgericht verwarf am Sonnabend die Revision des Redakteurs Schweynert vom„ Reſidenzboten" in Olden burg, der am 2. Dezember vorigen Jahres wegen Beleidigung des Poker- Ministers Ruhstrat zu einem Jahr Gefängnis verurteilt
worden war.
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Militärstrafrecht. Das Kriegsgericht in Trier verurteilte den 1880, also vor fast 25 Jahren begangener Fahnenflucht zu einem 46jährigen Hartmann, einen gebürtigen Elsässer, wegen im Jahre Jahr Gefängnis. Der Verurteilte war, nachdem er zwei und ein halbes Jahrzehnt in der Welt herumgewandert und u. a. fünf Jahre bei der französischen Fremdenlegion gedient hatte, im März dieses Jahres in sein deutsches Vaterland zurückgekehrt. Er war der irrigen Für die Bolkszählung am 1. Dezember 1905 veröffentlicht das Meinung, die Deſertion sei mit dem 39. Lebensjahr verjährt. Ju Fortis ist ein Mitglied der Linken, ist als solcher abgestempelt und Reichsamt des Innern die Anweisungen an die Zählungsbehörden. Wirklichkeit findet aber die Bestrafung bis ins hohe Alter hinein wird als solcher sterben, wie Crispi als Liberaler gestorben ist. Es soll eine besondere Auszählung und spätere Bearbeitung dieser statt, wenn der Steckbrief von fünf zu fünf Jahren richtig Mit seinem Programm hat das nichts zu tun Der Name der Zählung für die landsturmpflichtigen Männer mit vorgenommen Liberalen steht vor jedem Programm, unabhängig von ihm, wie das Etikett auf den Weinflaschen. ist
Ja, wenn Fortis liberale Erklärungen abgegeben hätte, tlar und dentlich, an Tagesfragen illustriert, dann fonnte man auf Grund des Botums sagen: ja, wir haben uns in der Parlamentsmehrheit geirrt, sie ist so schlimm nicht, wie sie schien, sie ist wirklich und ehrlich liberal, wir haben ihr Unrecht getan. Bon all dem ist aber nicht die Nede.
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werden.
Polizeifkandal. Aus halle berichtet man uns vom 31. März: Heute war zur Abwechselung vor dem Schöffengericht der Polizeifergeant a. D. Behl wegen versuchten Betruges angeklagt. Beyl ist derjenige Beamte, der sich vor einigen Wochen mit einem Memorandum an das Stadtverordneten - Kollegium wandte und schwere Beschuldigungen gegen seine Vorgesetzten erhob. Auffällig ist in diesem Fortis hat sehr elegant, sehr warm und liebenswürdig gesprochen, Prozeß, daß jener Betrugsversuch im April 1904 passiert sein mit Akzenten großer Offenheit und Gradheit. Nur gesagt hat er soll, Beyls Vorgesezten davon Kenntnis hatten und jetzt nach e If nichts. Einzig in der Frage des Eisenbahnwesens hat er Monaten erst die Anklage kommt. Biz Ende Dezember b. I. Hierin im Einklang mit dem konservativsten konservativen war Behl im Polizeidienst, und am 13. Januar d. J. wurde dem erklärt, er sei für die Verstaatlichung, gegen die§§ 70 und 71 Mann von dem Polizeidezermenten ein Führungsattest ausgestellt, aber auch gegen das Streitrecht der Eisenbahner. daß Nachteiliges über ihn nicht bekannt ist. Und nun im März 1905 Nicht einmal über die neueste vatikanfreundliche Politit das Betrugsverfahren. Beyl soll angeblich versucht haben, von einer hat er sich in freisinniger Weise ausgesprochen, sondern vielmehr Stiftung 800 M. zu erschwindeln. Der Staatsanwalt machte aber mit einem Hymnus auf die Gedankenfreiheit den Klerikalen das große Augen, als Behl erflärte, 300 M. von dem Gelde sollte er Waffer im Munde zusammenlaufen gemacht. Ueber Militärausgaben für den in Schulden geratenen Kommissar Lohse beschaffen. Der und Steuerpolitit hat er geschwiegen, und über die Ankläger ließ Behls Angabe zu Protokoll festlegen und bedauerte, Farbe des neuen Kabinetts hat er mit einem liebenswürdigen daß nun wieder ein Beamter mehr mit hineingezogen" werde. fcherzenden Zynismus erklärt, einfarbigen Kabinette wären ein schönes Behufs weiterer Ermittelungen wurde die Sache vertagt.- BürgerDing in Parlamenten mit flarer Parteibildung. In Italien aber meister v. Hally sagte jüngst,' die hiesigen Polizeiskandale wären nur Tiefen bei jeder neuen Kabinettsbildung die Parteien bunt durch Einzelfälle". Der Herr fann- Kriegsminister werden!- einander, da sei von reinlicher Scheidung nicht die Rede. Unter stürmischer Heiterfeit erklärte er, hier sei am angebrachtesten ein liberales Ministerium im bisherigen Sinne, mit einer fleinen Spige nach rechts, die sich als Stützpunkt bewährt Hätte!
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erneuert wird.
Tabakstener und„ Simplisiffimus".
Stuttgart , 1. April .( Privatdepesche d.„ Vort.".) Die Erwartung, daß der Minister des Innern heute die wuch tige Rede unseres Genossen Hildenbrand beantworten werde, wurde enttäuscht. Herr v. Pischek hüllte sich in Schweigen und überließ das Feld zunächst dem Nationalliberalen Hieber, der die sozialdemokratischen Angriffe gegen die uferlose Reichspolitik und die fostspieligen Kolonialabenteuer durch Aufwärmung langweiliger nationaler" Phrasen zu parieren suchte. Seine Erklärung, daß selbst, wenn es fich in Südwestafrika nur um die Wahrung der Interessen des Großkapitals handele, das Aufgebot deutscher Soldaten noch immer besser am Blaze sei, als etwa für Sülfeleistung russischer Nihilisten und Anarchisten, zeigte ihn als gelehrigen Schüler des verflossenen preußischen Polizeiministers. In bezug auf die vom Zentrumsredner vorgeschlagene verstärkte Tabaksteuer äußerte Hieber sich mit wohlwollender Zurückhaltung und pries die Idee des Herrn v. Kardorff, durch die Abgabe von 10 Proz. der einzelstaatlichen Eisenbahnüberschüsse an das Neich der Finanznot abzuhelfen. Bürger- abzuhelfen. Nach einer Philippika des Bauernbündlers Haug gegen die Konsumbereine nahm der Zentrumsabgeordnete tiene das Wort zu einer belustigenden Erflärung. In seine gestrige Nede batte Stiene auch einen Vorwurf über die zunehmende Unfittlichkeit eingeflochten, auf die große Steigerung der Zahl der Geschlechtsfrankheiten insbesonders unter der akademischen Jugend hingewiefen und als eine Hauptursache dieser Verseuchung den- Simpli issimus" denunziert, dessen Druckort leider Stuttgart sei und dem die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nicht die notwendige Beachtung schente. Die Denunziation hatte Herrn Kiene nichts geschadet, wohl aber fühlten die Studenten von Tübingen und Stuttgart sich beschwert durch seine Aeußerung über die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten, und so erflärte Herr Stiene heute feier. lichst, daß seine diesbezügliche Mitteilung sich feineswegs auf die Hochschulen in Tübingen und Stuttgart bezogen habe. Für Dienstag wird eine Erflärung des Ministers Pischek über die Verfassungsreform bestimmt erivartet.
Jm November v. J. wurde gegen einen Genossen aus Goldap , Sieht man ab von den noch unbekannten Reimen der Opposition, der aus Gefälligkeit einige russische Auswanderer von der Grenze die er in seiner eigenen Mehrheit hat, so kann man sagen, daß bis zur nächsten Bahnstation begleitet und ihnen dort zur WeiterFortis sich um seine Gegner in der Kammer keine grauen Haare fahrt Eisenbahnfahrtarten besorgt hatte, ein Verfahren wegen Berwachsen zu lassen braucht. Das hat das Votum allerdings gezeigt. gehens gegen das Gesetz über das Auswanderungswesen" eingeleitet. Die Sozialisten mit ihren 28 Stimmen sind natürlich feine Ge- Der Untersuchungsrichter, der auch mehrere Beugen bernommen, fahr für ein Kabinett; obwohl sie ihm sein tägliches Leben recht hatte unserem Genossen schwere Strafe in Aussicht gestellt. fauer machen, tommen sie in den kritischen Momenten, wo die bürger- Aber am 26. Januar d. J. erhielt der Genosse vom Ersten lichen Fraktionen sich um die ministerielle Nachfolge streiten, nur wenig in Betracht. Sie haben durch Bissolatis Mund ihre Meinung gefagt, haben aber an dem Wettlauf um die Macht nur ein akademisches Interesse. Dasselbe gilt von den Republikanern, die als Umsturzpartei in folchen Momenten nur durch die Stimmenzahl ins Gewicht fallen, die fie gegen die Regierung aufzubringen vermögen, nicht durch die Neden ihrer Abgeordneten, die mehr für das Bolt als für das Parlament, gehalten werden.
Anders steht es mit den tonstitutionellen Dvpositions. parteien. Diese können sehr wohl, durch eine kluge und gewandte Mede, durch ein geschicktes Manöver bei der Abstimmung, ihre Chancen für eine Beteiligung am neuen Kabinett vermehren, können ihm eine Spize in ihr Lager hinüber aufzwingen. Sie haben sich aber unfähig, uneins und schwach gezeigt. Bon den Radikalen, die den stärksten Kontingent an Rednern stellten, stimmte etwa ein Drittel überhaupt für die Regierung. Die Banardellianer, oder, wie sie jetzt heißen, die konstitutionellen Demos traten brachten es faum auf 30 Stimmen und bei der zweiten, allerdings belanglosen Abstimmung( Tagesordnung Marsengo Bastia) waren auch die fast alle verflüchtet. Am größten war die Enttäuschung, die die Sonninianer bereiteten. Sie, die über zwei so bedeutende Blätter, wie den Corriere della Sera " und das Giornale d'Italie" verfügen, haben im entscheidenden Moment wohl 30 der Jhrigen zur Regierung übergehen sehen. Niemand hätte gedacht, daß sie so fläglich abschneiden würden; Sonnino wurde durch eine sehr gelegene Halsentzündung verhindert, eine große staatsmännische
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Halten, die fein Fiasto bas neue
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Rede zu
Staatsanwalt" zu Insterburg den Bescheid, daß das gegen ihn ein geleitete Verfahren eingestellt worden sei. Offenbar hatte die Unterfuchung keine Handhabe auf Grund dieses Gesezes gegen den Genossen ergeben. Jetzt am 28. März erhielt er jedoch vom Amtsgericht in Goldap folgenden Strafbefehl:
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Auf den Antrag der töniglichen Staatsanwaltschaft wird gegen Sie wegen der Beschuldigung, im Herbst 1904 im Kreise Goldap ruffische Auswanderer mit Wagen anderswohin als nach der nächsten Kontrollstation befördert zu haben,- Uebertretung gegen§ 5 und 7 der Polizeiverordnung des Herrn Regierungspräsidenten zu Gumbinnen vom 23. Dezember 1898 und 2. Juli 1904, wofür als Beweismittel bezeichnet ist: Beugnis des Weichenstellers Sch. in J. eine Geldstrafe on 10 M. oder fünf Tagen Haft festgesetzt. Zugleich werden Ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Diesem Strafbefehl ist folgende Kostenrechnung beigefügt: 1. Gebühr für den Strafbefehl 2. Schreibgebühr und Porto 8. Zeugengebühr
weiter
Das reichsländische Vereinsrecht. Aus Straßburg schreibt uns unser W- Sorrespondent unterm 30. März: Wie ich soeben höre, bat die vom Landesausschuß zur Beratung des Gesebentwurfes über das Vereins- und Versammlungsrecht gewählte Spezialkommission ihre Arbeiten beendet. Wenn nun auch von vornherein teine großen Hoffnungen an die politische und soziale Einsicht der größtenteils aus Notabeln bestehenden Kommission geknüpft werden konnten, so wurde doch ziemlich bestimmt erwartet, daß wenigstens die Ge werkschaften von den bezüglich der Minderjährigen, der Frauen und der Ausländer vorgesehenen reaktionären Bestimmungen aus. drücklich ausgenommen wurden. Ja, die gouvernementale„ Straß burger Post" ging sogar noch weiter und hielt es für wahrscheinlich, 1, M. daß die Anregungen des Genossen Emme I befolgt werden würden. 1,60 A Tatsächlich aber hat die Kommission, wie ich mitteilen fann, jede 14,05 Aenderung abgelehnt, abgesehen von dem Datum des Inkrafttretens Sa. 16,65 M. des Gesetzes! Ein Antrag von fierifaler Seite, die christ. Strafe und Kosten dieses Strafbefehls betragen also 26,65 M. Lichen Jünglingsvereine sollten das Monopol für Der 5 der sonderbaren Polizeivorschrift über das Auswanderer- die Aufnahme Minderjähriger haben( 1) wurde mit acht gegen sieben Stimmen abgelehnt, worauf ein Merifaler erklärt wesen heißt wörtlich: haben soll, er werde gegen das ganze Gesetz stimmen!
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Die Beförderung von russischen Auswanderern mit Wagen oder Schiff ist verboten. Ausgenommen von diesem Verbot find die von den Polizeibehörden bewirkten resp. unter Begleitung von Polizeiorganen stattfindenden Beförderungen.
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Die Herren von der Mehrheit, die feinen genügenden politischen Taft besaßen, um dem Vertreter der Sozialdemokratie Gelegenheit zur Aussprache in der Kommission zu geben, werden sich bei der weiten Lesung im Plenum zu sozialdemokratischen Anträgen äußern müssen. Und das Interesse der Oeffentlichkeit an der Reform ist in einem Maße gewedt worden, daß ein Niederstimmen diefer An
hätte. hät neue Ministerium hervor- Geldstrafe bis zu 60 M. bedroht. Fazit der Ab- In weiteren Paragraphen wird jede Uebertretung mit einer stimmung, aus der denn gegangen ist, ist also dieses: die Regierung hat kein Programm Diefe famose, unseres Erachtens völlig willkürliche Bolizeientwickelt und eine große Mehrheit, 281 von 444 Stimmen erhalten. verordnung das Auswanderungsgesetz des Reiches, das die träge der Sozialdemokratie ein ausgezeichnetes Agitationsmittel Die Opposition hat ebenfalls kein Programm entwidelt, sondern nur Materie erschöpfend regelt, gibt keine Handhabe zu diefer Un- liefern würde!- das Verhalten der Regierung kritisiert. Wer Sieger ist, ist also geheuerlichkeit bedeutet in der Praxis: Ein Deutscher, welcher leicht zu sagen, es ist die alte Mehrheit Giolittis. Beihülfe leistet, russische Deserteure vor der Zurückschaffung nach Genoffe v. Vollmar ersucht uns, zu unseren Bemerkungen über Was aber der Sieger ist, was er will, wozu ihm der Sieg dienen Rußland zu bewahren, wird straffällig. Man weist also nicht nur die Reichstagsfibung vom Freitag mitzuteilen, daß er auf teinerlei soll, das ist ein vollständiges Geheimnis, das erst durch die Taten Militärflüchtlinge nach Rußland aus, sondern man bestraft auch Würdigung der Petition um Abschaffung des§ 175 des Strafgesek des neuen Ministeriums gelöst werden kann. Bor Illusionen, daß Deutsche , die wenigstens in einzelnen Fällen sich bemühen, die Opfer buche eingegangen ist, sondern sich auf die Erklärung beschränkt hat, eine grundsäglich fortschrittliche Politik zu erwarten sei, muß man der russischen Barbarei zu verringern.- daß es sich in keiner Weise um eine Angelegenheit der Partei handle.-
sich von vornherein hüten!