Ae Schrecke« des Krieges.Das Zentral-Komitee der deutschen VereineG»m Roten Kreuz teilt nachstehendes mit:Die Schrecken des Krieges in Ostasien schildert ein eben ein-getroffener kurzer, aber vielsagender Brief des Chefarztes desdeutschen Vereinslazaretts vom Roten Kreuz in Charbin, datiertvom 12. März 1905.„Wir sind jetzt in vollster Tätigkeit," heißtes u. a.,„haben gegenwärtig 54 Mann und erwarten im Laufedes Nachmittags weitere 96, so daß wir mit einem Bestände von150 Mann voll belegt sind.... und wie viele werden nochdazu kommen? Sie werden jetzt meine Forderung an Betten,Bettwäsche usw. verstehen. Das gesamte Personal hat schonseine Bettstellen hergegeben, um die Säle gleichmäßigmit solchen füllen zu können. A la guerre, commeä la guerre. Wir haben es alle gern getan, getreuder Devise zu helfen, wo und wie immer wir können."„Ich habe gestern zum ersten Male die Schrecken des Kriegesgesehen. Fast nur vereiterte Wunden, vcrjauchte Amputation--stumpfe, Sepsis und schon der zweite Fall von Tetanus jWund-Starrkrampf). Wir haben von 5 bis VolS Uhr gearbeitet, um nurdie notwendigsten Verbände zu machen."...„Wir werden vielmehr Verwundete aufnehmen müssen, als wir ahnten. Charbindeginnt sich zu füllen und jeder Tag bringt Taufende neuer Bcr-wundeter. Unsere Patienten kommen fast alle aus den Schlachtenvom Ende vorigen und Anfang dieses Monats, sind auf demHauptverbandsplatz verbunden, in den Hülsssanitätszug gebrachtund 10—14 Tage ohne Verband, ohne Pstcge, zum Teil ohnegenügende Nahrung transportiert worden? denn sie lagen alle inden fiir Sanitiitszweckr völlig unbrauchbaren Güterwagen. Siekönnen sich vorstellen, in welchem Zustande sie zu uns kamen.Diese Nachricht, die vom offiziösen deutschen Depeschen-bureau mitgeteilt wird, widerlegt bündigst alle schönfärberischenrussischen Nachrichten lpolitische(Übersicht.Berlin, den 7. April.Nachlese und Ferien im Reichstage.DieReichstagssitzung amFreitag war sehr kurz; fand sie dochüberhaupt nur statt, weil der alte Bureaukrat und Hakatistvon Tiedemann plötzlich geschäftsordnungshüterischeBauchschmerzen verspürt und die Vornahme der dritten Lesungdes Kolonialnachttagsetats gleich nach der zweiten durch seintribunizisches Veto verhinderte. Tiedemannsj zartbesaitetesparlamentarisches Gewissen hatte das gute, daß es dem Ge-nossen Ledebour Gelegenheit gab, den Kolonial-schwärmern ein paar beachtenswerte Worte des Generalmajorsv. Fransois ins chauvinisttsche Stammbuch zu schreiben. Herrv. Frantzois weist mit Nachdruck darauf hin, daß die ange-drohte Entwaffnung die Witbois zum Aufstand gettieben hat.Im Anschluß daran mahnte unser Fraktionsredner eindringlichvor der Entwaffnung der Ovambos, welche von den deutschenChamberlainiten in allen Tonarten gefordert wird. Nachdemder Antisemit L a t t m a n n sich noch einmal gegen die Land-gesellschaften gewandt hatte, schloß die Berattmg mit der An-nähme des Etats durch die gesamtbürgerliche Mehrheit.Die Frage der Ferien verursachte noch eine ziemlich aus-gedehnte Geschäftsordnungsdebatte, die indessen einen rechtheiteren und friedferttgen Charakter trug. Nur ein einzigerDebatter war gereizt: nämlich der Präsident Graf Balle-st r e m, dessen Vorschlag, schon am 2. Mai die Sitzungenwieder zu eröffnen, nur bei den treugehorsamen National-liberalen Unterstützung fand. Die Redner aller anderenFrakttonen, darunter Genosse Singer, sprachen sich für den»10. Mai aus. Dieser Termin wurde dann auch von der großenMehrheit zum Beschluß erhoben, obwohl der Graf-Präsidentim unlauteren Wettbewerb mit der hochseligen PrinzessinCassandra die unheilvollsten Folgen, für die er das störrische- Haus verantwortlich machte, auf den achttägigen Aufschubprophezeite.Leider hatte die kurze Sitzung noch ein bedauerliches Nach-spiel. An der Spitze der 10. Mai-Mehrheit hatte mit großerVerve Ballesttems eigener Parteifreund. Dr. Spahn, ge-fochten: wie die geschäftige Fama behauptet, um dem auto-kratisch veranlagten Magnaten auf dem Präsidentenstuhle diegewohnheitsmäßige Beiseiteschiebung des Seniorenkonventszu versalzen. Dem sei, wie dem wolle: jedenfalls schritt sofortnach Schluß der Sitzung der Präsident auf Dr. Spahn zuund stellte ihn sichtlich erregt zur Rede. Es entspann sich einelebhafte und wohl kaum liebenswürdige Unterhaltung, welchedurch einen plötzlichen Ohnmachtsanfall des Dr. Spahn einjähes Ende fand. Der Zentrumsführer wurde bewußtlos indas Präsidentenzimmer geschafft, und es scheint sich leider umj eine ernste Krankheit zu handeln.—'DaS preußische Abgeordnetenhaus hätte gestern zuerst überden Antrag G a m p auf Sperrung der Muttingen für fünfJahre verhandeln sollen. Aber die preußischen Dreiklassen-wahl-Erkorenen trauten sich nicht zu— und sie müssen sichja kennen— daß Pflichtgefühl oder Interesse an diesenbrennenden Fragen des Bergbaus sie in beschlußfähiger Zahlzusammenhalten könnte. So nahmen sie denn die Wahl-Prüfungen vorweg. Beanstandet wurden nur die dreikonservattven Mandate für Herford-Halle-Bielefeld. Da-gegen wurden trotz der zahllos nachgewiesenen dreisten Wahl-beeinflussungen von Regierungsbeamten zugunsten der anti-polnischen Kompromißkandidaturen für Mogilno-Wongrowitzund andere posensche Großstädte- diese Mandate für gülttgerklärt. Herr v. Neumann-Hanseberg konstatierteeinen Rechtsanspruch der preußischen Landräte von Junkergnaden auf Beschränkung der Wahlfreiheit. Nur Zentrumund Freisinnige suchten heuchlerisch den Schein zu wahren, alsob es bei öffentlicher Stimmabgabe überhaupt etwas wie Wahl-freiheit geben könnte. Konservativ« und Nationalliberalebrachten heut nicht genug Tartüfferie auf, um wegen desbißchen mehr oder weniger Wahlterrorismus sich als die rechts-mäßigen Mandatsinhaber gegenüber anderen unberechtigtenaufzuspielen.Der Antrag Gamp, der somit an die zweite Stelle gerücktwar, trug die Unterschrift sämtlicher Parteien außer denNationalliberalen. Diese allgemeine Zustimmung war ihmim Landtage deshalb sicher, weil, es einer der denkbardümmsten Schwabenstreiche ist. Er will auf'6 Jahre hinausalle Mutungen sperren, d. h. den Wert der schon bestehendenGruben und Zechen in die Höhe treiben. Und nach 5 Jahren?Darauf wußte keiner Antwort zu geben. Den Freisinnigenwar wenigstens die Torheit, die sie mit diesem Antrage be-gangen haben, inzwischen aufgegangen. Sie schlugen vor, ihnin eine Kommission zu versenken, und an eine allgemeineReform der Bestimmungen des Berggesetzes über Mutung undVerleihung zu gehen. Davon bat wieder der HandelsministerMöller flehentlich Abstand zu nehmen? das sei für seine gesetz-geberische Unfähigkeit eine zu schwere Aufgabe. Einen feinenZug der Selbswerspottung bot der nationalliberale Redner,.der Mg. M a c c o. Er warnte vor dem Gesetz wegen der zuerwartenden Preissteigerung der Gruben? gerade das Abge-ordnetenhaus müsse sich ängstlich hüten, auch nur dm An-schein zu erweckm, als ob es'das Kapital begünstige. Dannsang er das hohe Lied der privatkapitalistischen Ausbeutertätig-keit im Berggewerbe. Der Entwurf wanderte schließlich ineine Kommission von 14 Mitgliedern. Man kann schon jetztmit voller Sicherheit sagen, daß aus dieser ganzen Aktion derGesetzgebung ebensowenig herauskommen wird, wie bei derganzen jetzigen Berggesetzgebung. Wagte doch nicht ein Mit-glied des Hauses, auch nur anzudeutm, daß die Bodmschätze,vor allem die jetzt noch nicht gehobenen, der Nation gehörenund ihr erhalten bleiben müssen.Zum Schlüsse verschlechterte daS Abgeordnetenhaus dieAusführungsbestimmungen zum Reichssmchmgesetz, indem esdie Anzeigepflicht für schwere Tuberkuloseerkrankungen strich,auf daß nicht durch sie die Familie zerrüttet werde. Morgenwill das Abgeordnetenhaus diesen Gesetzentwurf weiter verschlechtern._Deutsches Geld tu Marokko. Der Londoner„Standard" meldet,es sei von deutscher Seite der marokkanischen Regierung ein Darlehenangeboten worden, damit sie die französischen Banken bezahlenkönne; die Unterhandlungen über das Darlehen seien im Gange.Hierzu erfährt dte„Voss. Ztg.":„Bezüglich der Meldung, dermarokkanischen Regierung sei von deutscher Seite ein Darlehen an-geboten worden, um ihr die Möglichkeit zu geben, sich von ihrenVerpflichtungen gegenüber französischen Banken zu befteien, erfahrenwir, daß derartige Verhandlungen, wenn sie überhaupt schweben,ohne Zutun oder Vermittelung der deutschen Regierung geführtwerden. Die Schuld Marokkos bei den stanzösischen Banken beträgtnur 20 Millionen."—Budgetkommission.Bei der Wciterberatung des Gesetzentwurfs über die Wettenbei öffentlich veranstalteten Pferderennen(Totalisator-gesetz) entspann sich eine lange Debatte über§ 6, dev vorsieht.daß Vereine, denen die Erlaubnis'zum Betriebe eines Wcttunter-nehmens erteilt worden ist(Rennvereine), die Hälfte des Ertragesder Reichs-Stempelabgabe von Wetteinsätzcn bei den von ihnenveranstalteten Pferderennen zur Verwendung für'Zwecke derLandes-Pferdezucht überwiesen erhalten sollen. Auf diese Weisesollen die Rennvcreine ein wertvolles Privileg erhalten. Auch istes in unserer Steuergesetzgebung noch nicht' dagewesen, daß privateVereinigungen direkten Anteil an Staatseinnahmen haben sollen.Deshalb beantragte Abg. Paasch e, die Stempelabgabe auf dieHälfte herabzusetzen und den Vereinen die Erlaubnis zu geben,daneben eine Abgabe in gleicher Höhe zu erheben. Abg. Gröberwies mit Recht auf die �Ungeheuerlichkeit hin, die darin liegt,'fürPrivatvereine Reichssteuern zu erheben: wenn man mit solchem Ver-langen für andere Vereine an die Behörden'herantrete, dannsetze man sich der Gefahr aus, auf seinen Geisteszustand untersuchtzu werden! Auch müsse man fragen, wie denn die Einnahmen derRennvereine verwendet würden: bisher seien daraus zumeistRennpreise gestiftet worden, während für andere Zwecke sehrwenig übrig bleibe. Notwendig sei, zunächst die Steuerfreiheit dersogenannten„ Vereinstotalisatoren" aufzuheben; sodann müßtenüber die Verwendung der Steuereingänge die Behörden ent-scheiden;'man könne die Hälfte des Erträgnisses den Vereinen zumZwecke der Landes-Pferdezucht zukommen lassen. Ministerv. Podbielski bekämpfte die Ansicht Gröbers, das Reich müsse dieVerwendung der aufgenommenen Gelder überwachen, mit demHinweis darauf, daß das Reich keine Organe dazu habe.'DerReichsschatzsekretär v. Stengel legte dar, daß theoretische Be-denken allerdings gegen die Vorlage sprächen, aber praktisch würdendoch' die Rennvereine in ihrer'Finanzgebarung wohl überwacht.Abg. Erzberger betonte, daß der Antrag Gröber das Aeutzerstedarstelle, was das Zentrum bewilligen werde. Gegen ihn sprachsich der Abg. Graf'Oriola aus. Auch Abg.'Singer machteden Einwand geltend, daß dadurch das Wettgeschäst eigentlichstaatlich patronisiert werde. Bei Aufrechterhaltung unseresprinzipiellen Standpunttes müßten wir aber'doch dem AntrageGröber zustimmen, weil das Reich die Verwendung seiner Gelderkontrollieren müsse; das könne sehr wohl durch Organe der Landes-regierungen geschchen. Man könne bei Annahme des AntragesGröber die Zwecke der Pferdezucht dadurch fördern, daß man denRennvereinen eine Stellung als Hülfsorgane der Behörden ge-währe und ihnen eine Mitbestimmung über'die Verwendung derGelder einräumen. In'Gemäßheit dieser Anregung wurde derAntrag Gröber dahin ergänzt, da die Hälfte der Äempelabgcckeden Regierungen der Einzelstaaten'zu Zwecken der Pferde-zucht übergeben werden soll; diese sollen sie dann an die Renn,-vereine weitergeben.— Nach dem Schluß der Plenarsitzung wurdegleich noch die'zweite Beratung des Gesetzes vorgenommen. Eskam im'wesentlichen darauf an, die von den Vertretern der Renn-vereine vorgeschlagenen allzu hohen Minimalstrafcn aus dem Gesetzherauszubringen. Die Vertreter der sozialdemokratischen Parteitraten dafür ein. daß nicht jemand, der eimnal eine ausländischeZeitung verkauft,'in der Rennwetten angepriesen Iverden, vielleichtgar zu mehrmonatlicher Gefängnisstrafe'verurteilt werden kann.Die Kommission schloß sich in ihrer Mehrheit diesen Anregungenan und ließ bei der Strafabmessung mildernde Umstände zu.—Damit war die Arbeit der Budgetkommission erledigt. Nach denFerien wird sie sich mit der Weiterbcratung dev Pensionsgesetzebefassen.—_Verstoß gegen die Immunität der Reichstagsmitglieder.„OhneGenehmigung des Reichstages darf kein Mitglied deSiclben währendder Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlungzur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außerwenn es bei Ausübung der Tat oder im Laufe des nächstfolgendenTages ergriffen wird." Gegen diese Bestimmung im Artikel 31der Reichsverfassung ist verstoßen worden bei einer H a u S-s u ch u n g, die vor einiger Zeit bei dem ReichstagS-AbgeordnetenJessen als Redakteur in Flensburg vorgenommen worden ist. DieFreisinnige Volkspartei bat über diesen Verstoß in einem AntragBeschwerde geführt, der der Geschäftsordnungskommission überwiesenwurde. In dieser Kommission gab am Donnerstag auf Grund desAktenmaterials ein Regierungskommissar Auskunft. Auf Grunddieser Auskunft beschloß die Kommission alsdann, es für erwiesen zuerklären, daß die Untersuchungshandlung gegen den dänischen Reichs-tagsabgeordneten Jessen während der Dauer der Legislaturperiodeohne vorherige Genehmigung deS Reichstages einen Verstoß gegendie Reichsverfassung darstelle.—Der Landesausschuß von Elsaß-Lothringen nahm mit geringenAenderungen die Regierungsvorlage betreffend das V e r s a m m-lungS- und Vereinsrecht an. Der Antrag Blumenthal, beiöffentlichen Kundgebungen den Mitgebrauch der französischen Sprachezuzulassen, wurde angenommen.—.Nene Millionen in den Sand der Kalahari!Die„National-Zeitung" bringt einen längeren Artikel über dieletzten Kriegsereignisse im südlichen Teil des südwestafrikanischenKriegsschauplatzes. In diesem Artikel wird der Genugtuung Aus-druck gegeben, daß es gelungen sei, die Bondelzwartsbandcn unterdem Kommando von Morris und Marengo zu zerstreuen. Morrissei, wie ja schon offiziell gemeldet, unterwegs gefallen, währendMarengo auf britischem Boden entwaffnet worden sei. Trotz dieserErfolge werde aber der Feldzug in Südwestaftika noch von voraus-sichtlich sehr langer Dauer sein. Bis„die letzten vom Krieg übriggebliebenen Räuberhorden durch Hunger aus ihren Gebirgsschluchtenvertneben worden seien", darüber könnten noch Jahre ver-gehen..»Für da» dentfche Volk gilt es daher«och für«Ssehb««Zeit, sich mit Geduld zu wappnen und Geduld i» seine»Beutel zu tun."Schließlich werde aber auch das deuffche Volk erkennen, daß dievielen Millionen, die zu dem Kriege gebraucht worden seien, dochnicht nutzlos in den Sand der Kalahari geworfen worden seien, dader Wert unserer ältesten Kolonien alsdann gerechtere Beurteilungerfahren werde, wenn auch die Erschließung derselben erst durch ein„großzügiges Kulturprogramm" ermöglicht werden könne.Also auch die rosenrotesten Kolonialoptimisten rechnen«och miteiner jahrelangen Kriegsdauer in Südwestafrika Z•An der Kriegsführung gegen die Hottentotten und BondelzwattSübt ein vom 16. Februar datierter Brief aus Gideon, der aus derFeder eines Stettiner Farmers stammt, äußerst scharfe Kritik. Erwirft in seinem Briefe der Militärverwaltung eine geradezusinnlose Vernichtung des von den Eingeborene«mühsam genug erbeuteten Eigentums vor. Er schreibt nämlich:„Wir müssen leider die offiziellen, dem Leser in der Heimatmaßgebenden Berichte über Erbeutung von Vieh und Transport«wagen dahin richtig stellen, daß das Beutevieh gewöhnlich nicht inSicherheit gebracht wird und dem Feinde wieder in die Höndefällt, so daß er sich bald wieder erholt, und daß die ersberte»Wage» regelmäßig verbrannt werde». Damit wird dem Farmerdie Zukunft unterbunden, denn Vieh- und Trcmsportwagen sindseine Existenzmittel, und der Truppe wird es unmöglich gemacht,das überall kaputgefahrene Zugvieh zu ersetzen."Der Reichskommissar für Südwestafrika, Dr. Rohrbach..schilderte ja unlängst das Klima und die landwirtschaftlichen Bor«zöge unserer südwestafrikanischen Kolonie in den idealsten Farben.Welcher Art das Klima und die Bodenbeschaffenheit des größtenTeils dieser Kolonie in Wirklichkeit ist, kennzeichnet folgende Mit-teilung einer Zeitungskorrespondenz:„Welch furchtbaren Leiden die deutschen Soldatenin S ü d w e st a f r i k a bisweilen ausgesetzt sind, geht aus einemBriefe hervor, den ein aus der Provinz stammender Soldat in dieHeimat gesandt hat. Nach Schilderung der Ankunft in Lüderitzbucht(am 14. Januar) heißt es da:'„Hier in Lüderitzbucht trat uns gleich ein KriegSbild vorAugen: in den Bergen hatte man eine Patrouille verdurstetaufgefunden. Der Gefreite lebte noch, war aber vom Durstwahnsinnig geworden, seine beiden Kameraden fand man totmit geöffneten Pulsadern— sie hatten ihr eigenes Blut ge-trunken."Auch die Neuangekommenen Truppen sollten alsbald afrikanischeTemperaturen kennen lernen. Sie wurden schnell mobil gemacht undritten ins Innere, Tag und Nacht, nachts drei Stunden Ruhe.„Was das Reiten hier heißt, kann man sich klar machen: eineglühende Hitze, der glübende, feine Sand staub schlägteinem ins Gesicht, nirgends ein Baum oder Strauch, ohne Trink-wasser, damit wird hier in der Wüste gespart, als ob ein Glas 20 M.koste. Der schlimmste Tag war der 27. Januar, unseres KaisersGeburtstag, wir hatten über 50 Grad Hitze."—Hueland,Nach Ronen.Paris, 5. April.(Gig. 23er.) Der Kongreß von Ronenhat in der Kammerfraktion der?. 8. R zwei Rückwirkungenentgegengesetzter Art gezeitigt.Erstens haben zwei Frakttonsmitglieder, GabrielD e v i I l e- Paris lind N o r m a n d- Rhüne, die Frakttonverlassen. Deville begriindet seinen Rücktritt mit der ihnimmer vorteilhaft kennzeichnenden Offenheit:«Ich verlasse die Frattion, weil die Fraktion den Bloc ver-läßt; ich verlasse sie, weil sie in dev Kammer die Politik'derVerständigung unter den Republikanern aufgibt, die einzig wirksame Politik, die sich in dieser Stunde'mehr denn je aufzwingt,die von der'Frattion sechs Jahre lang betätigt wurde und die sievor einigen Tagen fast einsttmmig erklärte, fortsetzen'zu wollen�— die Politik, die jeder einzelne ihrer Mitglieder— dessen binich ganz sicher—'m seinem Wahlkreise fortzusetzen' Sorge tragenwird.— Ich werde von neuem ein unabhängiger Sozialist, inErwartung der Zeit, da Ihr enttäuscht ein für'das allgemeineInteresse unzuttägliches Experiment'aufgebet, das es Euch zuversuchen beliebt.— Ich kann Euch nicht sagen: Gut Glück,'aberich sage Euch: Auf Wiedersehen!..."Der Abg. Normand beruft sich in seinem Demissions-schreiben auf den Bloc-Ursprung seiner Wahl: Ein„Er-wählter des Bloc s", da seine Kandidatur von einergemischten republikanischen und sozialistischen Konferenz auf-gestellt wurde, könne er natürlich nicht länger der Frakttonangehören, nachdem sie aus dem Bloc ausgetreten ist. Weiterverweist der Bloc-Sozialist auf die Notwendigkeit, nach derTrennung zwischen Kirche und Staat erst recht— dieRepublik z u verteidigen, sintemalen die steige-wordene Kirche die Republik erst recht gefährden könnte!...Es sei übrigens erwähnt, daß Deville und Normandstattltengemäß der Fraktion überhaupt nicht hätten angehörendürfen, da Normand der?. 8. b'. nicht angehört, währendDeville aus der Partei ausgeschlossen wurde.Die Gerüchte über weitere Demissionen aus der Frakttonhaben sich nicht bestätigt.Die Fraktton selbst hat sich dem Kongreß von Rouen ge-fügt. Ein Antrag auf die„ausnahmsweise" Teilnahme ander Linksdelegation zwecks Sicherung des Trennungsentwurfeshat nur o Stimmen vereinigt. Ter Gegenantrag vonI a u r d s, der darauf verweist, daß der Erfolg der Reformeinzig von der disziplinierten Gruppierung der Mehrheit umdie mit der Regierung geeinigten Kammerkommissionj alvhängt,— hat 14 Stimmen erzielt. Zwei Fraktionsmitgliederhaben sich enthalten und etwa zehn sind der wichtigen Sitzungferngeblieben. Man sieht, die Fraktion nimmt den Kongreß-beschluß von Rouen mit recht mäßigem Eifer zum Herzen.Oesterreich-Ungarn.Budapest, 7. April. Abgeordnetenhaus. Der gesterneingebrachte Anttag Kossuth betreffend die Aufhebung des Be«schlusseS vom 18. November vorigen Jahres über die Haus-o r d n u n g wurde mit großer Majorität angenommen.Der Ministerpräsident Graf v. Tisza begründete seine ablehnendeHaltung, indem er sagte, infolge des Ausfalles der Wahlenund der Bildung einer neuen Majorität finde er es natür«lich, daß diese den Beschluß über die Hausordnung umstoße.Das Abgeordnetenhaus habe jetzt eine solche Minorität, dieauf dem Standpunkt steht, daß sie das Recht der Majoritätstets respektieren werde. Es sei schon darum eine spezielleAnordnung überflüssig, welche das Recht der Majorität sichere, wiedies im vorigen Jahre nöttg gewesen. Er wünsche imr zu konsta-tteren. daß die liberale Partei den Beschluß vom 18. November inder Ueberzeugung gefaßt habe, daß das Interesse des Landes diesenSchritt gebieterisch erheische. Die liberale Partei übernehme fürdiesen Beschluß erhobenen Hauptes die Verantwortlichkeit.— DasHaus beschloß mit großer Majorität die Bildung einer Kommissionvon 21 Mitgliedern zur Abfassung einer an den König zu richtendenAdresse.—