Mr. 196.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Eernsprech- Anschluk Amt I, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Der Moloch.
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Dienstag, den 23. August 1892.
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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
trat, da war der Entschluß gefaßt, flipp und klar mit der Die Armee des modernen Militarismus muß aber für Scharnhorst'schen Idee zu brechen, und die preußische den Angriffskrieg ebenso gut zu haben sein, wie für den Als im Frühjahr 1890, zu Anfang der ersten Session Heeresor ganisation alles demokratischen Wesens, bis Vertheidigungskrieg, und für den Bürgerkrieg ebenso gut des Reichstage, nach den letzten Neuwahlen, der damalige auf die letzten Refte zu entkleiden. Die Militär- als für den auswärtigen Krieg. Kriegsminister sein Herz entdeckte und der Budgetkommission reorganisation unter Wilhelm I. war der denkbar Und je mehr die Klaffengegensäße sich zuspitzen, je mehr seine Schwärmerei für die Scharnhorst'sche Idee" anver- gründlichste Bruch mit der Scharnhorst'schen Idee, deren der Militärstaat das Klassenbewußtsein des Klassenstaates traute, da schüttelte jeder Weltkluge den Kopf und revolutionärer und demokratischer Charakter sich mit dem erlangt, desto mehr drängt die Eventualität des Bürgerfagte sich: Hohenzollern 'schen Militärstaat nicht vertrug und sich krieges neben der des auswärtigen Krieges sich hervor, defto Dieser romantische Traum wird nicht verwirklicht jetzt erst recht nicht mit ihm verträgt, seit dieser Militär- mehr tritt, dem entsprechend, die innere Mission" werden. Im ausgereiften preußischen Militärstaat die staat par excellence ein lassenstaat comme il faut des Heeres gegenüber der äußeren in den Vordergrund. Scharnhorst'sche Idee, den idealen Jugendtraum des Mili- geworden ist, der sich berufen glaubt, die Interessen der Wäre dem nicht so, wir hätten längst die zweijährige tarismus, durchführen wollen, das ist eine noch hoffnungs- besitzenden Klasse gegen die Arbeiterklasse, den Kapitalismus Dienstzeit, und viel mehr noch. Das Junkerthum wäre lofere Aufgabe als die Quadratur des Zirkels. Die Scharn- gegen den Sozialismus zu vertheidigen. nicht im Stand gewesen, den junkerlichen Militarismus zu horst'sche Idee, das heißt die Idee der allgemeinen Volks- Was soll aus dem Militärstaat werden, wenn jeder retten, wenn die Bourgeoisie nicht den Militarismus brauchte bewaffnung, konnte wohl auftauchen in einer Zeit, die noch Schuster und Schneider so gut Soldat und General werden ihn brauchte, nicht gegen den äußeren Feind, nicht gegen unter dem Einfluß der französischen Revolution und ihrer, kann, wie der Junker? Und was aus dem Klassenstaat, Russen und Franzosen , nein gegen den inneren Feind, gegen auch die Kriegskunst revolutionirenden Massenaufgebote" wenn jeder Staatsbürger Soldat ist und das arbeitende das Proletariat, gegen die nationalen" deutschen Ar- levées en masse stand, und der die modernen Klassen- Volk in dem Gebrauch der Waffen geübt, wenn König beiter. gegenfäße noch unbekannte Begriffe waren. Heute ist sie Stumm" nicht wehrhafter" ist als jeder seiner" 20 000 Noch vor dreißig Jahren schwärmte unsere Bourgeoisie unmöglich." Arbeiter? für das Milizsystem, für das Volksheer. Heut wirft sie Und so ist's gekommen der damalige Kriegsminister Nein, das geht nicht. Und der arme Herr Verdy du dem Moloch des Militarismus Milliarden über Milliarden ist gegangen, das Lock- und Trugbild der zweijährigen Bernois hatte geschlafen, als er 1890 in jener famosen in den Rachen nur um Ruhe" zu haben, nur weil sie Dienstzeit ist verflogen, und der stahlgepanzerte Militarismus Sigung der Budgetkommission seinen Traum von der Ver- hofft, in dem stehenden Heer eine millionenarmige Mordsans phrase und ohne sentimentales Beiwerk steht vor uns, wirklichung der Scharnhorst'schen Jdee ausplauderte. maschine zu haben, welche die sozialistischen Arbeiter jeden hungriger denn je, neue Opfer heischend, immer mehr Das Umgekehrte wäre Wahrheit gewesen mehr Augenblick über den Haufen zu schießen vermag und Opfer - nach der eisernen Logik der Thatsachen. Strammheit, mehr Drill, längeres Drillen- nach der absoluten bereit iſt. Fürwahr, es bedurfte nicht der klärenden Worte" des Entdemokratisirung der Armee die absolute Entindividualisi- Der Sozialismus hat die Bourgeoisie, wie von anderen Kaisers, um die Situation zu klären und die rosigen rung, Entmenschlichung*) des Soldaten, d. h. die Verwandlung Jugendeseleien" auch von der des Volksheeres, der allWöllchen der Selbsttäuschung wegzublasen. Es braucht nur des Soldat gewordenen Menschen in eine Maschine, die nicht gemeinen Voltsbewaffnung geheilt. Der Klassenstaat der eines Blicks auf die Entwickelung des Militarismus, auf persönlich denkt, nicht persönlich fühlt, die einfach Ordre Bourgeoisie bedarf des Militarismus. Der Brüsseler Kondie Geschichte Preußens, des Militärstaats par excellence, parirt, auf Kommando fich bewegt, marschirt, springt, greß hatte Recht: Militarismus steht und und auf die allgemeine politische Lage und jede Illusion tödtet- schießt, haut, sticht, wann und wohin ihm befohlen fällt mit dem Klassenstaat-nur der Sozialismus kann verschwindet; scharffantig, massig breiten sich vor uns aus wird, auf Kommando Vater, Mutter, Bruder todtschießt, uns von der Geißel der stehenden Heere befreien und den die harten, halsstarrigen Thatsachen, an denen nicht zu haut, sticht, ohne mit den Wimpern zu zucken, stolz ist, die ewigen Frieden uns bringen, und wir bekommen eine rütteln und nicht zu deuten ist. Und sie reden eine Unteroffiziersprämie" zu verdienen, und durch eine breite neue Wilitärvorlage ohne zweijährige Dienstzeit. Sprache, die auch der Taubste verstehen muß, falls er nicht Kluft sich von jedem nicht uniformirten Staatsbürger ge= König Mammon und der Moloch sind siamesische Zwil blöde. trennt dünkt, thurmhoch erhaben über ihm. Das nennt linge. Kapitalismus und Militarismus find unzertrennlich. Die Hohenzollern - Monarchie ist eine Soldaten- Mon- man den richtigen militärischen Geist", und um ihn Beider müssen wir uns entledigen, auf daß Wohlfahrt, archie. Der Militarismus ist ihr Kind, ihre ur- handelt es sich. Und bei kurzer Dienstzeit ist dieser mili- Freiheit und Friede herrsche auf Erden. eigenste Schöpfung, die sie durch ihre glorreichen" Siege tärische Geist" nicht herzustellen.
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von 1866 und 1870/71 allen sogenannten Großstaaten des Die militärische Tüchtigkeit ist's nicht, was in Frage europäischen Festlandes aufgezwängt hat. Die Scharnhorst- steht. Ein Milizsystem mit Jugenderziehung zur Wehrsche Idee der allgemeinen Wehrhaftigkeit, des Volks in haftigkeit kann ohne Zweifel weit tüchtigere Soldaten
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der
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Waffen" war für den Hohenzollernſtaat nur eine augen- schaffen, als der Militarismus ſelbſt bei höchster Bollendung. Politische Uebersicht.
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blickliche Verirrung, zu der er sich unter dem wuchtigen, Soldaten, die von Jugend an militärisch ausgebildet, im feinen Widerstand zulassenden Druck der Verhältnisse ent- Turnen, Manövriven, Fechten, Schießen und Marschiren schloß, weil er sich anders nicht retten konnte, die er aber geübt worden sind, werden im Krieg- wie der gesunde Die Ausdehnung der Unfallversicherung auf das allezeit verabscheute wie später den„ Ludergeruch der Menschenverstand jedem Ueberlegenden sagt ungleich Handwerk, die Seefischerei u. s. w. dürfte nach den Revolution". Die Abneigung Friedrich Wilhelms III. leistungsfähiger sein, als die bestgedrillten Maschinen des Berliner Politischen Nachrichten" schon den nächsten Reichsgegen die schmutzige, abscheuliche Landwehr" ist bekannt, Militarismus. Allein auch nur im Krieg mit einem tag beschäftigen. Da jedoch in den verschiedensten Branchen wenn auch im Widerspruch mit der idyllischen Geschichts äußeren Feind, und nur in einem Vertheidigungskrieg. Für die Gefahr für Leben und Gesundheit der Arbeiter und legende zum Schul- und Hausgebrauch. Der Militärstaat einen Angriffstrieg sind sie nicht zu haben, und nicht für vornehmlich die Unfallgefahr nicht größer sei, als im geder Hohenzollern sah die Landwehr nie für voll an, und einen Bürgerkrieg. wöhnlichen Leben, und gesetzliche Kriterien schwer anzugeben als 1848 und 1849, in den zwei tollen Jahren", der demoseien, so werde man sich des administrativen Weges bedienen, fratische Charakter der Landwehr etwas bedenklich zu Tage und zwar im Allgemeinen alle dem Handwerk u. s. w. an
Feuilleton.
Nagbrua verboten.]
Die Waffen nieder!
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Wohlgemerkt, nicht Entmenschung.
Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner . " Dann kann man sich fügen. Aber hoffen das erfüllung! heißt" also wünschen, daß einem solch bittere Pflicht erwachse Bitter? So ein frischer, fröhlicher Krieg muß ja was Herrliches sein. Du bist eine Soldatenfrau
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bas nicht
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Punktes" theilte er immer leuchtenden Auges mit; die hier und da, leider immer spärlicher werdenden Friedens aussichten hingegen konstatirte er stets mit einer gewissen Niedergeschlagenheit.
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Es war ja tein bedrohter Herd da, keine Barbaren horden standen vor den Thoren einfach politische Spannung zwischen zwei Kabinetten Wenn also mein Mann begeistert in den Krieg ziehen wollte, so war es doch nicht so sehr das dringende Bedürfniß, Weib und Kind und Mein Vater war auch ganz Feuer und Flamme für Baterland zu schützen, als vielmehr die Lust an dem aben- den Krieg. Die Besiegung der Piemontefen würde ja nur ein teuerlichen, Abwechselung bietenden Hinausmarschiren Kinderspiel sein, und zur Bekräftigung dieser Behauptung Der Drang nach Auszeichnung Beförderung... Nun regneten wieder die Radetzky- Anekdoten. Ich hörte von dem ja, Ehrgeiz ist es- schloß ich diesen Gedankengang drohenden Feldzug immer nur vom strategischen Standpunkt schöner, berechtigter Ehrgeiz, Luft an tapferer Pflicht- sprechen, nämlich ein Hin- undHerwägen der Chancen, wie und wo der Feind geschlagen würde und die Vortheile, welche uns" Es war schön von ihm, daß er sich freute, wenn daraus erwachsen mußten. Der menschliche Standpunkt er zu Felde ziehen müßte; aber noch war ja nichts nämlich daß, ob verloren oder gewonnen, jede Schlacht unzäh entschieden. Vielleicht würde der Krieg gar nicht aus lige Blut- und Thränenopfer fordert, tam gar nicht in Bevergiß brechen, und selbst für den Fall, daß man fich schlage, tracht. Die hier in Frage stehenden Interessen wurden als so wer weiß, ob gerade Arno wegkommandirt würde sehr über alle Einzelschicksale erhaben dargestellt, daß ich Ich fiel ihm um den Hals... es geht ja doch nicht immer die ganze Armee vor den Feind. mich der Kleinlichkeit meiner Auffassung schämte, wenn Du mein lieber Mann, sei ruhig; ich kann Nein, dieses so herrliche, abgerundete Glück, welches mir mir bisweilen der Gedanke aufstieg: Ach, was frommt auch tapfer sein... Wie oft habe ich's den Helden das Schicksal zurecht gezimmert hatte, konnte doch dieses den armen Todten, was den armen Berfrüppelten, was Heldinnen der Geschichte nachempfunden, welch felbe Schicksal nicht so roh zertrümmern.- Arno, mein den armen Wittwen der Sieg?" Doch bald stellten erhebendes Gefühl es sein muß, in den Kampf zu vielgeliebter Mann, Dich in Gefahr zu wissen, es wäre ent- fich als Antwort auf diese verzagten Fragen wieder ziehen. Dürfte ich nur mit- an Deiner Seite fechten, fallen feßlich!... Solche und ähnliche Ergüsse füllen die in die alten Schulbuchdithyramben ein: Ersatz für alles oder siegen!" jenen Tagen beschriebenen Tagebuchblätter. bietet der Ruhm. Doch wie, wenn der Feind siegte? Brav gesprochen, mein Weibchen aber Unsinn. Von da ab sind die rothen Hefte eine Zeit lang voll Diese Frage ließ ich einmal im Kreise meiner mili Dein Plaz ist hier an der Wiege des Kleinen, in dem auch Kannegießerei: Louis Napoleon ist ein Intrigant... Defter- tärischen Freunde laut werden- wurde aber schmählich ein Vaterlandsvertheidiger groß gezogen werden soll. Dein reich tann nicht lange zuschauen... es tommt zum Kriege... niedergezischt. Das bloße Erwähnen von der Möglichkeit Platz ist an unserem häuslichen Herd. Um diesen zu Sardinien wird sich vor der Uebermacht fürchten und nach- eines Schattens eines Zweifels ist schon antipatriotisch. Im Schüßen und vor feindlichem Ueberfall zu wahren, um geben... Der Friede bleibt erhalten... Meine Wünsche voraus seiner Unüberwindlichkeit sicher sein, gehört mit zu unserm Heim, und unsern Frauen den Frieden zu erhalten, trotz aller theoretischer Bewunderung vergangener Schlachten den Soldatenpflichten. Also gewissermaßen auch zu den ziehen wir Männer ja in den Krieg." - waren natürlich inbrünstig nach Erhaltung des Friedens Pflichten einer loyalen Lieutenantsfrau. * Ich weiß nicht, warum mir diese Worte, welche ich in gerichtet, doch der Wunsch meines Gatten rief offenbar die ähnlicher Fassung doch schon oft zustimmend gehört und andere Alternative herbei. Er sagte es nicht grad' heraus, Das Regiment meines Mannes lag in Wien . Von gelesen hatte, diesmal einigermaßen als" Phrase" flangen... aber Nachrichten über die Vergrößerung des schwarzen unserer Wohnung hatte man die Aussicht
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