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3. to Jotmütte" Iniinn lolMIntt. partd-Hngclcgcnbeitcn» Fünfter Wahlkreis. Heute Dienstag 3>/z Uhr abends spricht Genosse Dr. David iin Alten Schützenhause, Linienstr. 5, überKonsum- Genossenschaften und moderne Arbeiterbewegung". Für zahlreichen Besuch dieser Volksversammlung bitten wir die Genossen und Genossinnen zu agitieren. Die Vertrauensleute. Sechster Wahlkreis. Heute Dienstag, den 11. April, abends 8'/z Uhr, hält der Genosse Eduard Bernstein im Kösliner Hof, Köslinerstraße 8, eine Gedächtnisrede zum 80. Geburts- tage Ferdinand L a s s a l l e s. Das Vortragsthema lautet: Was kann uns Lassalle heute noch lehren?" Bei der über- aus interessanten Tagesordnung erwartet zahlreichen Besuch Der Vertrauensmann. SerUner l�acdricbten.. Alte Häuser. Mit dem Beginn des neuen Quartals werden wieder eine ganze Reihe alter Häuser abgebrochen. Immer schneller der- schwindet Alt-Berlin; ganze Straßenzüge werden unigewandelt. Im Zentrum der Stadt hat die Neuzeit mit dem alten Häuser- gcrümpel ganz gewaltig aufgeräumt. Gegenwärtig ist man dort wieder an der Arbeit; man kann einer fast ununter- brochenen Kette von alten Häusern folgen, die jetzt abgerissen werden, wenn man in der Rosenstraße anfängt. Dort fallen die uralten Häuser Nr. 3 und 4, Nr. 2 ist ein Neubau an der Ecke der Heidcreutergasse; in dieser Gasse reißt man die Häuser nächst diesem Neubau, Nummer 5 und 6 nieder, und gegenüber diesen Abbauten werden die Nummern 12, 13 und weiter bis zur Ecke der Spandauer- straße abgebrochen, ebenso das Eckhaus und die beiden nächst- folgenden Häuser, die Nummern 78, 79, 80 Spandauerstraße. Diese drei, die ältesten der Straße, werden einem modernen Geschäftshause Platz machen. In dieser Kette sind über ein Dutzend ganz alter Häuser, die auf einmal fallen. Kloster- straße Nr. 26, 27, 28 werden ebenfalls abgerissen, Nr. 28 ist Ecke der Königstraße und eins von den Häusern, die dort vom alten Fritzen" gebaut wurden. Ecke Tauben- und Mark­grafenstraße wird das alte Rähmclhaus abgebrochen, ebenso das nächste, Taubenstraße 19. In der Krausenstraße fällt Nr. 36 mit der alten Kneipe von Donny. In der Leipziger- straße werden die Nummern 122 und 129 abgerissen, um modern eingerichteten Geschäftshäusern Platz zu machen. Manche Straßen bieten ein komisches Bild in dem Durchein- ander moderner stolzer Bauten und altersschwacher kleiner Häuschen, z. B. die Wallstraße. Wo die alten Häuser stehen, ist die Straße eng und hat nur schmale Seitenwege; wo die neuen Bauten stehen, ist die Straße hübsch breit angelegt. Die schnellen Veränderungen im Bilde der Stadt Berlin erregen oft kaum eine flüchtige Aufmerksamkeit. Daß das Neue überall das Alte verdrängen muß, ist ja selbstverständlich, und in einer Weltstadt hat man keine Zeit zu elegischen Be- trachtungen, wenn irgendwo ein paar alte Häuser, und seien es die ältesten, abgerissen werden. Immer weg mit dem Alten l Das Neue her I In alten Häusern steckt noch etwas von der alten Zeit und darum freut man sich, je mehr von diesen Zeichen einer alten Zeit verschwindet. Freilich, das ist nur äußerlich und die alten Gespenster schleichen und spuken noch umher, wenn auch die verwitterten Mauern ihrer Behausungen längst gefallen sind. Der in Demut ersterbende, beschränkte Untertanenvcrstand, der fromme Glaube, der tiefe Respekt vor Titeln, Würden, Uniformen, Orden, all dieguten alten Sitten" sind nicht so leicht ab- zubrechen und als Schutt wegzufahren, wie die alten Häuser, in denen sie gehegt und gepflegt wurden. Die Gespenster ziehen auch in die neuen Häuser wieder ein. aber sie finden dort einen Feind, der sie nicht zur Ruhe kommen läßt, und das ist der moderne Zeitgeist: seine Macht ist sehr gefürchtet und nicht mit Unrecht. _ Katzenjammer. Im Verlag der Buchhandlung Vorwärts gibt unser Partei- genösse Dr. Max Maurenbrecher bekanntlich den zweiten Band der Kulturbilder.Die Hohenzollern-Legende" heraus. Diese notwendige und verdienstvolle Tat wird ihm im nattonal- sozialen Lager anscheinend sehr übel genommen; und in der kürzlich gegründeten christlichen ZeitungDas Reich" weiß Licentiat Reinhard Mumm nichts anderes anzufangen, als dem Verfasser mit dem eschmacklosen Anwurf zu kommen, daß er seine eigene Vergangen- eit schände und da? Andenken seines Vaters mißachte. Dieser, ein Professor der Geschichte in Leipzig , hat nämlich eine Geschichte der .Gründung des Deutschen Reiches" geschrieben. Wir würden die gehaltlose Schmähung, die Herr Mumm an einem seiner früheren Parteifieunde begeht, nicht weiter erwähnen, wenn sie nicht der Aus- lasiung eines Mannes, der sich vom Sozialdemokraten zu einen, wütenden Sozialistenfresser hindurch gemausert hat, gegenübergestellt werden könnte. Max Lorenz nämlich hält sich ebenfalls bei dem Vor- haben Maurenbrechers auf, kommt aber im Gegensatz zu dem Ge- schelte des Herrn Mnmm,.Izu einer seltsam elegischen Betrachtung. Er schreibt imTag": Es ist üblich, solcheEntWickelungen" aus einem moralischen Defekt der Persönlichkeiten zu erklären, wie ja überhaupt noch imnier die politischen� Kämpfe durch Moralinsäure vergiftet werden. Solche Methode erklärt in den meisten Fällen gar nichts. Ich halte Herrn Maurenbrecher' obwohl ich längst keine Berührung mehr mit ihn, habe noch genau so für einen anständigen Menschen, wie etwa im Jahre 1896, als er mir, dem damaligen Sozialdemokraten, in öffentlichen Versammlungen zu Leipzig mit einem Höchstgrad�von nationaler und Monarch, tcher Leidenschaft entgegentrat. Es müssen meiner Ueberzeugung nach im bürgerlichen Geistes- und BildunaS- zustand liegende Momente sein, die solche Entwickelungen, wie die Maurenbrechers, ermöglichen Was ist'S eigentlich, daS der heutige Wissenschaftsbetrieb und die heuttge offizielle bürgerliche Bildung dem hungrigen Herzen einer begabten Jugend zu' b i e t e n hat? So gut wie nichts! Der herrschende HistorizismuS als Methode ist nur ein Zeichen von Geistesflachheit und P h a n t a s i e a r m u t. Immer wieder hört man von akademisch gebildeten Männern im Alter von 30 Jahren etwa, ihr größter und einziger Eindruck wäre Treitschke gewesen. Was aber machte Treitschke so groß? Sein subjektives Pathos, das das Wachsen und Werden des nationalen Staates vorfand, u», sich daran ob- jektivieren zu können. ES ist das Elend unserer Tage, daß der große Gegenstand fehlt, der erhabene sachliche Zweck, dem hungrige Herzen der jungen Generation sich ganz zu eigen geben könnten. Wir sind wurzellockcr geworden, zu sehr auf uns gestellt. Snb- jektivisten. Die Leichtferttgeren begnügen sich damit, werden literarische Artisten, gründen Zeitschriften. Die Tieferen suchen nach einer objektiven Macht und einem reellen Zweck, wo sie dienstbar sein können. Die katholische Kirche und die S o z i a l- demokratie diese beiden sind die stärksten und eindrucks- vollsten objektiven Mächte unserer Tage. Ob man vom protestantischen Boden, wenn man das protestantische Prinzip wirklich innerlich, als Erfahrung der Seele, begriffen hat, sich wieder zum Schoß der katholischen Kirche zurückzufinden vermag, ist mir zweifelhaft. Daß die S o z i a l d e m o k r a t i e die Leute anzieht, die von bürgerlicher Weisheit nicht satt geworden sind, erleben und erfahren wir. Wir sollten dieseÄbtrünnigen" nicht allein anklagen so sehr wir sie auch sachlich be- fehden müssen, sondern, uns die tieferen Gründe einer Geistes- schuld nicht verhehlen, mit der unserebürgerliche" Gesellschaft undmoderne" Geistesbildung belastet ist. Wir wollen nicht wünschen, daß der Herausgeber derAnti- sozialdemokratischen Korrespondenz" sich eines Tages zur Sozial- demokratie zurückmausere. Das wäre ein Unglück für ihn, da die Sozialdemokratie sich für ihn bestens bedanken würde. Aber daß selbst ein so fanatischer Scharfmacher wie Lorenz nur graueS Elend im bürgerlichen Lager sieht, ist ein Zeichen der Zeit. Der nach dem Rezeptdu sollst und mußr lachen pardon Hurrabrüllen" ver­übte Hohenzollernkultus scheint Verivüstend zu wirken. Ein Glück, daß wenigstens die paar Nationalsozialen unentwegt zur Stange halten._ DaS Eisenbahn -Museum. Die gesamten Partcrreräumlichkeiten des alten Hamburger Bahn- Hofes in der Jnvalidenstraße werden gegenwärtig umgebaut, da in diesen Räumen das geplante Eisenbahn-Museum Aufnahine finden soll. Zu diesem Zwecke sind die sämtlichen Bureaus aus dem Erdgeschoß entfernt worden, und aus den gesamten Zimmern und Sälen wird ein gewaltiger, nur durch Wandpfeiler getragener Naunr gebildet. Die frühere Bahnhofshalle wird in die Höhen- läge des Erdgeschosses gebracht und, mit einem Glasdach versehen, zu einem Lichthose des Museums umgewandelt. Dieser erhält vier Gleislagen und wird zur Aufnahme von Lokomotiven bestimmt. Es sollen dort Lokomotiven aller Art, besonders von den älteren, im'Gebrauch gewesenen Shstemcn, sowie Originale früher ge- bräuchlicher Personen- und Güterlvagen zur Ausstellung gelangen. In den Sälen werden Originale und Modelle ehemaliger und moderner Waggons, Modelle amerikanischer Wagen, amerikanischer und europäischer Bahnhofsanlagen, Signal- und Weichensysteme usw. aufgestellt,'und dadurch wird das Eisenbahn-Museum, das erste seiner Art, für das Eisenbahnwesen und die Eisenbahntechnik von ganz hervorragender Bedeutung sein. Das riesige Mittelportal, welches früher den Eingang zum Hamburger Bahnhof bildete, wird wieder geöffnet und als Hmipteingang zu dem Museum umgebaut. Es lag die Absicht vor, das neue Museum bereits im Sommer dieses Jahres zu eröffnen, und es sind aus diesem Grunde schon eine Anzahl Ausstellungsobjekte,'hauptsächlich Maschinen, geliefert worden. Diese sind provisorisch in einem Schuppen des Güter- bahnhofeS untergebracht. Die Bauarbeiten haben sich jedoch weit umfangreicher gestaltet, als ursprünglich angenommen wurde, und so dürfte vor Ansang nächsten Jahres kaum mit den Eiuräumungs- arbeiten begonnen werden können. Schnee im April ist in Berlin nicht so ganz selten, wie es mancher angesichts der wiederholten Schneefälle der letzten Tage an- genommen haben dürfte. Die Durchschnittsberechnung aus den jahrzehntelangen hiesigen Witterungsbeobachtungen ergibt, daß fiir Berlin der späteste Schnee etwa Ende der ersten Woche des April zu erwarten ist. Mithin wären diese Schneefälle sogarganz normal" gewesen. Wer das gilt fieilich nur für den Zeitpunkt ihres Eintrittes, nicht für ihre Dauer und Ergiebigkeit. Im vierzigjährigen Durchschnitt kommen in Berlin auf den ganzen Monat April nur ein biö zwei Tage mit Schnee, wobei jeder geringe Schneefall mit- gezählt ist. Hiernach muß der diesjährige April schon jetzt als ungewöhnlich schneereich angesehen werden, auch wenn kein« weiteren Schneefälle mehr folgen sollten. UebrigenS ist in Berlin sogar im Mai zuweilen noch Schneefall beobachtet worden. Der überhaupt s p ä t e st e Schneesall, den in neuerer Zeit die Berliner zu sehen bekamen, trat am 24. Mai ein. DaS war im Jahre 1867. Die klagende Straßenbahn. Die große Berliner Straßenbahn hat in der FeststellungSklaae der Stadt Berlin gegen die Straßen- bahn auf Zurückziehung des Einspruchs gegen die Konzessionierung einer Untergrundbahn Potsdamer Platz Spittelmarkt am Sonnabend Revision beim Reichsgericht augemeldet. Bekanntlich wurde die Straßcnbahngesellschaft in der ersten Instanz»ach dem Anttage der klagenden Stadt verurteilt, wogegen dieGroße Berliner" Berufung bei dem Kanunergericht einlegte. Das Kammergericht wies die BetufungSklägerin ab. indem eS der Anficht des Landgerichts beittat, daß die zwischen der Stadt Berlin und der Straßenbahngesellschaft geschlossenen Verträge einen Konkurrenz- ausschluß weder vorsahen noch bezweckten. Die Straßenbahn- aesellschast habe zwar zu erkennen gegeben, daß sie Konkurrenz fernhalten wolle, indem sie das Mitbenutzungsrecht ihrer Geleise durch andere Gesellschaften auf 400 Meter beschränkte, habe jedoch zweifellos damit nur gemeint daß Konkurrenzliuien nicht die- selben Strecken befahren dürsten. ES hätte sonst nahe gelegen, auch für die Parallelstraßen eine Beschränkung des Benutzungsrechtes fest- zulegen. Die Kosten dcS Rechtsstreits sind bekanntlich dadurch wesentlich, und zwar um zwei Drittel herabgesetzt, daß die Beschwerde- Instanz deS KammcrgerichtS die Höhe des KlageobjekteS von Millionen auf 10 Millionen herabgemindert hat. Pfrrdcfleischkonsum in Berlin . In der hiesigen Zentral- Roß- schlächterei wurden im Monat Februar d. I. 960 Pferde zur Unter- suchung lebend vorgeführt, von denen 5 als zum Schlachten un- geeignet zurückgewiesen wurden. Bon den geschlachteten 935 Pferden wurden nach der Schlachtung noch 7 zurückgewie>en, so daß insgesamt das F l e i s ch v o n 948 P f e r d e n z u m K o ns u m gelangte. Im Februar 1904 wurden von 936 untersuchten Pferden 914 zum Konsum zugelassen. I n R, x d o r f wurden im Februar d. I. 79 Pferde und 1 E s e l lebend untersucht, welche sämtlich geschlachtet und zum Konsum zugelassen wurden. Im Februar 1904 wurden 72 Pferde untersucht, loovon 69 zum Konsum gelangt sind. I« den fünf städtischen Heimstätten für Genesende sind zurzeit nicht nur sämtliche vorhandene Betten, deren Zahl 42V bettagt. besetzt, sondern eS sind bereits 262 Personen, welche ihre Aufnahme beantragt haben, vorgemerkt. Allein bei der Heimstätte zu Gütergotz, welche nur brustkranke Männer aufnimmt und welche 99 Betten be- legt hat. sind 166 Vormeldungen eingegangen. Die Wartezeit be- trägt hier 64 Tage, in Blankenburg sfür genesende Frauen und Wöchnerinnen) 18 Tage; Malchow 15 Tage und Heinersdorf 7 Tage. Nach einer Ducllprügrlei r�gt sich gewöhnlich das Gewissen der bürgerlichen Presse. So auch jetzt, wo der Farmer Zipplitt von einem russischen Ingenieur über den Haufen geschofftn worden ist. Die klerikaleKöln . Volks- zeitung" stellt über den Duellmord allerhand Betrachtungen an und sagt u. a.: Aber warum hat der Farmer, wenn er den Zweikampf nicht wollte, sich ttotzde», ans die Schießerei mit einen» wildfremden Menschen eingelassen? Warum dampfte er nicht einfach nach Südwestasrika ab und ließ den Raufbold so viel Löcher in die Natur schießen, wie er wollte? Er ist Reserve-Offizierl Das erklärt alles. Alles eigentlich wohl nicht. Wenn er auch als Reserve-Offizier fürchten mußte, bei grundsätzlicher Ablehnung deS Zweikampfes aus de», Offizier- korps gestoßen zu werden, wo war denn daS Ehrengericht, das doch nach kaiserlicher Anordnung Zweikämpfe nach Möglichkeit verhindern soll? Wenn berichtet wird, Zipplitt habe sich einem Ehrengerichte unterworfen, das zum Teil aus Studenten im zweiten Semester bestand, so kommt uns das trotz seiner Jugend (er war erst 20 Jahre alt) so ungeheuerlich vor, daß wir es nicht glauben können. Hier mußte doch das militärische Ehrengericht in Wirksamkeit treten, und konnte dies seine Aufgabe so verkennen, daß es einen beleidigten deutsche n Reserve-Offizier wegen einer solchen Sache vor die Pistole eines Ausländers und in den Tod trieb? Die bevorstehende Gerichtsverhandlung wird hoffentlich wenigstens über diesen Punkt eine befriedigende Auskunst bringen. Der Täter ist der- hastet worden. Aber welche Strafe wird er erhalten? Vielleicht ein paar Monate; wenn es ihm besonders schlimm ergeht, ein oder zwei Jahre Festung, möglicherweise mit nachfolgender Be- g n a d i g u n g. Jedenfalls erhält er nicht entfernt die Strafe, die er verdiente. Wenn zwei Arbeiter in der Kneipe in Streit geraten und in der nachfolgenden Prügelei der eine den andern tötet, so wird er wegen Totschlags ein paar Jahre Gefängnis erhalten. Wenn ein Arbeiter vierzehn Tage nach einem Wirtshausstreit, nachdem er sich inzwischen gründlich in der Messerstecherei geübt, auf seilen Gegner losginge und ihn niederstäche, so würde er, selbst wenn sein Gegner das gleiche versucht hätte, wahrscheinlich wegen Mordes verurteilt werden, jedenfalls nicht ohne jahrelange Freiheitsstrafe davonkommen. Muß man nicht über Klassen- justiz klagen angesichts der so verschiedenen Bestrafungvor- nehmer" Duellmörder und gewöhnlicher Messerstecher? Bemerkt sei hierzu, daß dem russischen Ingenieur nachgesagt wird, er habe sich von der Fabrik, wo er angestellt war, 14 Tage Urlaub geben lassen, um sich ordentlich e i n z n s ch i e ß e n. Zur Sache selbst tut es uns um dieKöln . Volksztg." wegen ihrer bewußten oder unbewußten Naivetät leid. Man muß lachen über die Ansicht, daß ein militärisches Ehrengericht eS nicht zugelassen hätte, daß ein beleidigter deutscher Reserve-Offizier sich vor die Pistole eines Ausländers stellte. Ja, uns will scheinen, daß diese Zumutung dem Gerechtigkeitsgefühl oder was man so nennen mag, des Militär-Ehrengerichts an die Nieren geht, denn warum sollte dieses den Raufbold um deswillen»ich, für satisfaktionsfähig halten, weil er Ausländer ist? Mit den Wölfen muß man culen, und da im Bürgertum der Titel eines Reserve- e u t n a n t s nun einmal als Ziel alles Strebens gilt, muß die Unbequemlichkeit einer Pistolenkugel mit in den Kauf ge- noinmen werden. So lange die Opfer des DuellblödsinnS noch i» derguten Gesellschaft" sentimental bejammert werden, so lange man sich ihnen gegenüber nicht konsequent auf den Standpunkt stellt, daß um einen Menschen, der sein Leben um eines albernen Vor- urteils willen aufs Spiel setzt, anch nicht weiter schade ist, so lange hilft alles Gezeter nichts. Und wer etwa nur auS der ungleichen Behandlung satisfaktiousfähiger und proletarischer Raufbolde auf K l a s s e n j u st i z schließt, der zeigt ebenfalls, daß ihm in der Naturgeschichte der deutschen Gerechtigkeit noch manches zu studieren übrig bleibt._ Warum sich die Bäckermeister für Schiller begeistern. Einen be- sonderen Aufruf zur regen Beteiligung an der Schiller-Feier erläßt der Verband deutscher BäckerinnnngcnGermania".Wir erinnern uns mit freudigen. Stolze" heißt eS darinan die Tatsache, daß beide Großväter des Dichters dem ehrsamen Bäcker- stände angehörten. Schon diese Tatsache macht uns war m." Den Festdichter der Berliner Bäckerinnung Paul Risch haben diese Beziehungen des Dichters zu dem Bäckergcwerbe zu einem besonderen FestspielUnter der Schiller-Linde" begeistert. Gleichzeitig hat er einSchiller-Gcdenkbuch" verfaßt, das die Berliner Bäckerinnung Germania " allen Bestellen, zum Selbstkostenpreise zugehen läßt. Darin wird eingehendachgewiescn, daß Schiller selbst leinen Tag dichtete, ohne vorher sich durch Backstnbenerzeugnisse gestärkt zu haben. Die Tatsache aber, daß auch kein einziger Fall nachweisbar ist, wo er sich über die Folgen von Backstubcn-Unsauberkeit beschwerte, wird ihn als den hervorragendsten Vertreter einer idealen Weltanschauung erscheinen lassen, vor dem sich die kleinliche Nörgelsucht von heute tief beschämt fühlen muß. Die Recntgen-Apparate wurden auch im Krankenhanse am Urban in steigendem Maße benutzt, sowohl bei Knochenbrüchen und Fremd« körpern, als auch seitens der inneren Abteilung bei Erkrankungen in der Brust- und Bauchhöhle. Da die bisherige Unterbringung der Apparate im Keller des OperationSgebäudeS der vermehrten In­anspruchnahme nicht mehr genügt, so haben die ärztlichen Direktoren den Anttag gestellt, de», Roentgen- Instrumentarium in geeigneten, noch zu erbauenden Lokalitäten einen Platz anzuweisen. Ein Diplomaten-Galnrock im Werte von 960 M. ist einen, HauS« diener der Firma Esders u. Dyckhoff in der Lcipzigerstr. 60 aus dem verschließbaren Kasten seines TranSport-DreiradeS gestohlen worden. Trotz der reichen Goldstickerei wird der Rock nach Ansicht der Firma für den Dieb kaum einen Weit haben, und eS ist an­zunehmen, daß er sich deS kostspieligen Garderobenstückes schon auf irgend eine Weise entledigt hat. Dem Angestellten erwachsen selbst« verständlich böse Unannehmlichkeiten aus dem Diebstahl. Vielleicht bewegen diese Mitteilungen denjenigen, der den Rock zurzeit in Händen hat, schon in Rücksicht aus den Hausdiener, ihn der Firma wieder zuzustellen. Bon einem Sttaßenvahnwagen nmgcfiosjen und getötet wurde in der Nacht zu gestern in der Friedrichstraße der Kaufmann H ä n e l aus Nowawes -Neuendorf, welcher sich besuchsweise in Berlin auf- gehalten hatte. H. wollte sich gegen 12 Uhr nachts nach de», Bahn- chofe Friedrichstraße begeben und beabsichtigte, einen vom Halleschen Tor kommenden Straßenbahnwagen der Linie 34 zu benutzen. Da der Wagen aber schon die Haltestelle am Halleschen Tor passiert hatte, so versuchte Häncl vor dem Hause 247 schnell über den Fahr- danim zu laufen, um die rechte Seite der Gleisstrecke zu erreichen und auf den in der Fahrt befindlichen Motorwagen aufzuspringen. Hierbei rannte er unmittelbar, auf kaum anderthalb Meter Entfernung, vor dem aus entgegengesetzter Richttmg kommenden Sttaßenbahnwagcn 1294 der Linie 63 auf das Nebengeleise. Wie- wohl der Wagenführer sofort Gefahrbremse gebrauchte und dann auch noch Gegenstrom gab, konnte bei der geringen Entfenmng ein Unglück nicht vermieden werden. Hänel wurde von der Schutzwcste erfaßt und zur Seite geschleudert. Er fiel so unglücklich, daß er eine starke Brustquetschung und einen Schädelbruch erlitt. Ein Schutz- mann brachte den Verunglückten nach der Unfallstation am Tempel- hofer Ufer, woselbst man nur den bereits eingettetcnen Tod konstatieren konnte. Auch bei diese», tranrigcn Vorfall zeigt sich, daß die jetzt gebräuchliche Art der Schutzvorrichtungen höchstens den Wagen, nicht aber das Publikum schützen kann. Ein großer Ladenbrand, bei dem ein Feuerwehrmann der- unglückte, kam Sonntag vormittag gegen 10 Uhr in der Neuen Friedrich straße 69, Ecke der Klosterstraße, aus und be- schäftigte die Feuerwehr fast zwei Stunden. Im Erdgeschoß deS Vorderhauses hat dort das Kurz-, Galanteric- und Lederwaren- Exportgeschäft von Wilhelm N e s ch k e einen großen Verkaufs- und Lagerraum eingerichtet, und zwar befindet sich das Lager auf der Hofseite. Hier war nun wenige Minuten vor Geschäftsschlutz, an- scheinend durch einen geheizten Ofen, Feuer entstanden, das mit großer Schnelligkeit um sich griff und erst bemerkt wurde, als Flammen in den nach der Straßenseite liegenden Berkaufsladen schlugen. Die sofort herbeigerufene Feuerwehr war in erster Linie darauf bedacht. das Feuer zn lokalisieren und nicht nur den BerkaiifSladen, sondern auch die nnnlittelbar neben dem Brandherde liegende und stark bedrohte Buchhandlung von C. BoaS, Nachfolger, zu schützen, waS auch nach fast einstündigem Wassergcben gelang. Die in dem Lagerräume auf großen Regalen aufgestapelten Kurzwaren, Posamenten und Spielsachen wurden total