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lieben aufsuchen können. Der Dauer ihres Aufent Halts sei keinerlei Grenze gesetzt. Nur dürften die Schiffe keine Munition an Bord nehmen oder angesichts des Er scheinens feindlicher Schiffe nicht sofort in kriegerischer Absicht den Hafen verlassen. Es liegt auf der Hand, daß eine derartig gehandhabte Neutralität Frankreichs der russischen Flotte das Fehlen eigener Häfen vollständig ersetzen würde, daß fran> zösisch Cochinchina von der Flotte RoschdjesttvenSkys dnrchans als Operationsbasis benutzt werden könnte! Daß dadurch die Chancen der Japaner für die Kriegsführung außer ordentlich verschlechtert würden, braucht nicht auseinander� gesetzt werden. Japan wird deshalb alles aufbieten, um Frankreich zu verhindern, seine Neutralitätspflichten in dieser Weise auszulegen. Auch wird es jedenfalls in London die energischesten Vorstellungen machen, um durch die englische Diplomatie auf die französische Regierung einzuwirken. Wie sich Frankreich diesen Vorstellungen gegenüber benehmen wirb bleibt abzuwarten. Jgpan hat ja bereits, wie eine gestrige Depesche bewies, erklärt, daß es im äußersten Falle nicht da vor zurückschrecken werde, die russischen Schiffe auch innerhalb der französchen Gewässer anzugreifen. Immerhin bleibt es fraglich, ob Japan diesen letzten gefährlichen Schritt wagen wird. Von dem Ver halte« Frankreichs hängt also jedenfalls die Gestaltung der materiellen Lage in Ostasien ab! Jedenfalls beweist die Diskussion über das, was unter Neutralität zu verstehen ist, daß es im Kriege überhaupt ein Völkerrecht nicht gibt, sondern daß nicht das Recht, sondern einfach die Macht entscheidet. Japan hat ja gegen über China seine Rechte energisch gewahrt, ohne selbst vor einem Völkerrechtsbruch zurückzuschrecken. Genau so würde jede andere Nation verfahren, sofern sie über die entsprechende Macht verfügt. Das Recht ist nicht nur innerhalb des gesell schaftlichen Lebens eines einzelnen Staates ein überaus schwankender Begriff, einewächserne Nase", sondern erst recht im Völkerleben l poUtifcde Geberfiebt. Berlin , den 18. April. Zentrum und Bergarbeiterschutz. Niemals hat das Zentnim so kläglich über seine eigene Macht stellung geurteilt wie jetzt. Die uktramontane Presse fällt aus einer Ohmnacht in die andere, um nachzuweisen, daß das Zentrum sich gänzlich versagen müsse, trotz aller herzlichen Wünsche, der preußischen Verhöhnung der Bergarbeiter eine kräftige Aktion im Reiche ent gezeuzustellen. DieKölnische Volkszeitung" versucht sich sogar andauernd in dem plumpen Germaniastil, den sie sonst ab- zulehnen pflegt. DerVorwärts" wiederholt, meint sie, noch immer sein hinterlistiges Sprüchlein, das Zentrum solle die Regierung zwingen, an den Reichstag zu gehen. Wie es das machen soll, vergißt das sozialdemokratische Blatt noch immer zu sagen. Voraussichtlich würde das Zentrum sofort das Rezept benutzen, um die Beseitigung des Jesuitengesetzes und noch einiges andere durchzusetzen. Diese stets wiederholten Versuche, dem Zentrum eine Verantwortlichkeit aufzubürden, die es nicht hat und nicht haben kann, sind der reine Mumpitz, um einmal berlinisch zu reden, mff die ganz Dummen berechneter Mumpitz. DerVor- wärts" sollte sich doch endlich die Mühe sparen. DaS Zentrum stellt sich in seinen Preßäutzerungen nicht nur ohnmächtig, sondem yuch dumm. Es tut so, als ob es etwas nicht nur Unmögliches, sondern auch ganz Geheimnisvollss wäre, was wir ihm zumuten. WerselbstdieDeutscheTageszeitung"weiß, was daS Zentrum «michen kann und was es zu erreichen hat, wenn ihm sein Eintreten für die Bergarbeiter denn Ernst ist. Das Zentrum braucht nichts weiter zu tun, als unmittelbar nach Wiedereröffnung des Reichstags ein aus- gearbeitetes Bergarbeiters chutz«Ge setz etwa unter Zugrundelegung der preußischen Vorlage und natürlich mit den vom Zentrum selbst in der Kommission gewünschten Ber- b�sserungey im Reichstag einzubringen. Eine Mehrheit würde der Gesetzentwurf, unbeschadet unserer Verbesserungsbemühungen, im Reichstag finden. Die Sozialdemokratie stellt also gar keine aus- schweifenden Forderungen an das Zentrum. Sie mutet nur dem Zentrum zu, daß es seine eigenen Wünsche und seine eigene Neberzeugung formuliert. DieDeutsche Tageszeitung" sieht denn auch die Möglichkeit einer solchen Zentrumsaktion durchaus ein. nur tröstet sie sich, daß das nicht sogleich geschehen könne. Das Organ des Bundes der Landwirte meint, daß das Zentrum selbstverständlich nichts anderes tun könnte, als einen Antrag im Reichstag einzubringen:Ver- nünftigerweise könnte der Antrag nicht eher eingebracht werden, ehe die gesetzgeberische Aktion im Landtage vollständig gescheitert wäre. Der Antrag würde dann in der Reihenfolge der Initiativanträge beraten werden und bestenfalls im Herbst zur Erörterung kommen." DieDeutsche Tageszeitung." befindet sich mit diesem geschästs- ordnungsmäßigen Verschleppungsvorschlag in esnem starken Irrtum. Zunächst ist es gar nichtvernünftig", daß das Zentrum im Reichs- tage etwa darmif Rücksicht nehmen müßte, wenn im Abgeordneten- hause die Angelegenheit verschleppt werden sollte. Wozu warten? Preußische Aktionen können vom Reichstag nicht als entscheidend be- trachtet werden! Sodann braucht der den Gesetzentwurf ent- haltende Antrag durchaus nicht in der Reihenfolge der Initiativ- antrüge beraten werden. Es ist gelegentlich der Zolldebatten beim Antrag Aichbichler ausdrücklich von der Mehrheit des Reichs- tages festgestellt worden, daß die Reihenfolge der Initiativanträge nur an den S ch w e r i n s t a g e n innegehalten werden müffe, daß dagegen an jedem anderen Tage jeder beliebige Antrag sofort auf die Tagesordnung gesetzt werden kann. Demgemäß besteht nicht diirmindeste geschäftsordnungsmäßige Schwierigkeit, den Antrag unmittelbar nach Wiedereröffnung des Reichstages auf die Tages« ordnung zu setzen. Ist aber der Antrag einmal vom Reichstag angenommen worden, so hat das Zentrum zahlreiche Mittel in der Hand, um in diesem Falle den Bundesrat zur Annahme deS Gesetzes zu zwingen, da nichts ohne daS Zentrum im Reiche geschehen kann. Wie immer man über die Wichtigkeit des jetzt noch bestehenden kleinen Restes des Jesuitengesetzes denken mag, das Zentrum wird darin mit uns übereinstimmen, daß die halbe Million Bergarbeiter und die prinzipielle Frage des Arbeiterschutzes denn doch wichtiger ist und durchaus es rechtfertigen würde, alle parlamentarischen Mittel zur Erzwingung der Reform anzuwenden. Im übrigen kommt es also zunächst nur auf einen ReichStagSbeschluß an. Aber das Zentrum will aus der Bergarbeiterftage keinen Konflikt machen.' Mit Recht deutet dieDeutsche Tageszeitung' eine Rede des Zentrums-Abgeordneten T r i m b o r n, die er in Köln ge- halten, in der Weise, daß das Zentrum sich auS der Front zurück- ziehen möchte. Herr Trimborn hielt esnicht für unmöglich, daß schließlich die beiden konservativen Parteien die Vorlage besser I leute aufzufordern und anders gestalten werden. Ob sie so gestaltet wird, daß«nehmen, da war wir zustimmen können, fährt er fort, ist eine andere Frage. Wir haben im Landtage nicht die Mehrheit, gegen uns sind die Konservativen und Nattonalliberalen. Daß eine Vorlage zu stände kommt, der wir zustimmen können, halte ich nicht für gut möglich, dagegen halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß etwas zustande kommt, dem die Regierung zustimmt". Mit anderen Worten: das Zentrum hofft, daß sich die Mehr- heit des Abgeordnetenhauses mit der Regierung auf irgend eine Mißgeburt einigt und daß dann das Zentrum behaupten kann, nachdem die preußische Gesetzgebung eine vollendete Tatsache geworden, nicht mehr den Reichstag bemühen zu dürfen. Ganz zutreffend erläutert dieD. T.-Z." diese Zentrumstaktik, indem sie die Trimbornschen Aeuße- rungen dahin auslegt, daß das Zentrum vielleichtgegen dasGesetz stimmen werde, wenn die Regierung die Beschlüsse zweiter Lesung als an- nehmbar erklärt, aber darauf verzichten werde, die Sache an den Reichstag zu bringen. Auf die Absicht, durch irgend welche belanglosenKonzessionen" die Arbeitertrutz-Vorlage in Preußen zu fixieren, weist auch die folgende Aeußernng derKreuz-Zeitung " hin: Man hat fast den Eindruck als habe die Kommissions- Minderheit den Wunsch, daß die Parteien der Kommissions- Mehrheit auf ihrem Schein bestehen und daß sie der Reichs- tagSmehrheit die Gelegenheit geben möchte, eine ihrer größeren sozialpolitischen Mtionen mit stark demokratischer Färbung in Szene zu setzen." Für uns scheint in der Tat kaum zweifelhast, daß dieKreuz- Zeitung " recht behalten wird. Man wird auf ein paar Bestimmungen in der zweiten Lesung wieder Verzicht leisten, andere so fassen, daß sie äußerlich als mit der Verfassung übereinstimmend behauptet werden können preußffche Minister Pflegen ja, man braucht nur an die Ansiedelungs- Novelle zu denken, die Verfassungs- Be- stimmungen ganz nach Wnnsch zu recken. im übrigen aber wird man diese Zuchthausvorlage gegen die Bergarbeiter gesetz- geberisch in Preußen verabschieden und damit dem Zentrum den erwünschten Vorwand geben, daß es nicht mehr möglich sei, den Reichstag mit der Bergarbeiterschutzfrage zu beschäftigen. Die christlichen Arbeiter werden selbstverständlich auf diesen grotesken Schwindel nicht hineinfallen, sie werden vielmehr gerade in dem Umstand, daß in Preußen ein derartiges Gesetz zustande käme, einen verstärkten Anlaß für das Zentrum erblicken, durch Reichsgesetzgebung diese Monstrosität wieder zu beseitigen.-» herfiel, ja man behauptete sogar, daß es unwahr fei, daß Kon- missionsmitglieder und Zeugen gcmaßregelt worden wären. Das Rheinisch-Westfälische Tageblatt" in Bochum behauptete sogar, daß die Beamten das Gegenteil bezeugen könnten. All dies Geschreibsel ist aber nicht imstande, die Tatsache aus der Welt zu schaffen, daß die Inhaber der Statistenrollen bei der Untersuchungskomödie von den Zechenverwaltungen dem Hungertode überliefert werden sollen. Einen neuen Beweis, wie human unsere Grubenverwaltungen sind, lieferte wieder der. April. Trotz der Erregung unter den Bergarbeitern über die Behandlung der Bergarbeiter-Forderungen durch die Regierung, den Landtag und vor allen Dingen durch die Landtagskommission haben die Zechen- gelvaltigen auf einer' ganzen Reihe von Zechen bedeutende Kündigungen von Arbeitern vorgenommen. So find auf der ZecheBorussia", einer wahrenMusterzeche", 20 Mann gekündigt, aufDahlbusch" sind es ebenfalls zirka 40 Mann, General Llumenthal" 22 Mann, darunter zwei Vertrauensleute des Bergarbeiter-Verbandes,Friedrich der Große " kündigte zirka 70 Mann, Germania" I und ll kündigte 5 Mann, ZecheDorstfeld" I und II sollen ebenfalls Kündigungen vorgenommen haben, das Gerücht spricht von 3040 Mann. AufDahlhauser Tiefbau" sind eben- falls Arbeiter gekündigt. Unter den Gekündigten befinden sich bor allem die Kommissionsmitglieder, Zeugen, Vertrauens- l e u t e und alle diejenigen Kameraden, welche sich während des Streik� hervorgetan haben. Auf der ZecheEwald" Fortsetzung wurden 88 Mann gekündigt, diese Zeche soll vorläufig stillgelegt werden. Der aufblühende Ort Erkenschwick ", wird damit schwer getroffen.- Dies ist erst die Nachricht von einzelnen Zechen, wie wird es im ganzen Ruhrrevier stehen? Glauben unsere Grubenbesitzer mit solchen Maßnahmen Frieden unter den Arbeitern zu stiften? Denken sie nicht an das Wort:Wer Wind säet wird Sturm ernten?" Zum Eisenbahnerstreik in Italien . Die Lage ist einstweilen unverändert. Nach den Depeschen desWolffschen Telegraphenbureaus" ist der Streik nur ein mrtieller, und selbst da, wo die Eisenbahner geschlossen in den Streik eingetreten sind, soll infolge des Militärs und der Streikbrecher der Dienst im notwendigsten Umfange aufrechterhalten werden können. Die bürgerlichen Morgen blätter in Rom stellen denn auch bereits einen voll- tändigen Mißerfolg der ausständigen Eisen b a h n e r fest und triumphieren über den Sieg derguten Sache". Möglicherweise ist dieser Siegesjubel etwas verfrüht Nach einem Bericht desBerliner Tageblatt" sah es um den Verkehr von Rom aus gestern sehr trübselig aus Ferner meldet uns ein in den ersten Morgenstunden auf gegebenes Telegramm unseres römischen Korrespondenten das Folgende: Rom , 18. April. Hier sind gestern nur 4 Züge ausgelaufen. Die Verkehrt Hemmung ist bereits eine vollständige. In der gestrigen Kammer fitzung fand eine lebhafte Diskussion über den durch die Kommissions- beraüing veränderten Gesetzentwurf statt. Dieser modifizierte Entwurf enthält ökonomische Verbesserungen der Lage der Arbeiter. Er sieht auch ein obligatorisches Schiedsgericht mit gleicher Ver tretung beider Teile vor. Er behält jedoch den berüchtigten Arttkel 17, der das Streikrecht aufhebt, bei. Die Sozialisten beabsichtigen eine Obstruktton. Sie haben drei Tagesordnungen eingebracht. Es verlautet, daß mehrere Minister Maffenverhastungen vor- schlugen. Fortts widersetzte sich jedoch energisch diesem Vorschlag- Ein Teil des Marinegefchwaders wurde nach Genua entsandt. Ueber den weiteren Verlauf der Verhandlung in der Deputtertenkammer meldet noch das Wolffsche Bureau: Rom , 17. April. Deputtertenkammer. Nach Wieder aufnähme der Sitzung erklärt S o n n i n o, es sei die Pflicht aller, darauf hinzuarbeiten, die schädlichen Folgen des gegen- wärttgen Zustandes zu verringern. Er, Redner, und seine Freunde würden, obwohl sie nicht gewohnt seien, das höchste Staatsinteresse Erwägungen des Opportunismus oder der parlamentarischen Taktik unterzuordnen, trotz seiner Mängel für den Gesetzentwurf stimmen. Damit beabsichtigten sie nicht etwa dem Ministerium das Ver- trauen zu volleren, sondern es geschehe lediglich, um die Autorität des Staates zu stützen.(Lebhafter Beifall!) Prinetti spricht sich für den Privatbetrieb der Eisenbahnen aus. F e r r i(Sozialist) erkennt die Schwierigkeit der Lage an. Er ist für die Ueber- nähme des Eisenbahnbetriebes durch den Staat. Redner spricht längere Zeit unter großer Unruhe des Hauses zugunsten der Forderungen der Ausständigen, deren Rechte mißkannt würden. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Ferraris, hebt hervor, daß alle Redner die Notwendigkeit an- erkannt hätten, daß der Eisenbahnbetrieb vom Staate übernommen würde und weist auf die sehr bemerkenswerten Borteile hin, welche das Gesetz von 1902 den Angestellten der Bahnen gebracht habe unter erheblicher Vermehrung der Aufwendungen, die von 8 bis auf 20 Millionen steigen werde. Sodann setzt der Minister die weiteren Verbesserungen auseinander, die in der gegenwärtigen Vorlage enthalten seien. Die Angestellten der Eisenbahnen beklagten sich mit Unrecht darüber, daß ihre berechtigten Forderungen verkannt würden. Wenn sie der Regierung keine Ungelegenheiten ver- ursachten, würde es dieser leichter sein, ihre Wünsche in der nächsten Zukunft zu erfüllen.(Beifall.) Er freue sich, daß Sonnino versprochen habe, bei diesem Anlasse die Regierung zu unterstützen, denn nur das einmüttge Zusammenhalten aller könne die Eisenbahnftage einer Lösung entgegenführen, ivelche den höchsten Interessen des Landes wirklich entspreche.(Lebh. Zustimmung, Beifall.) Die Generaldebatte wird hierauf geschloffen. Die Besprechung der einzelnen Artikel wird auf morgen vertagt. Auch dieser Teil der Debatte beweist, daß es nur die Sozialisten sind, welche auf der Seite der Eisenbahner stehen. Sämtliche bürgerlichen Parteien sind mit der Knebelung der Eisenbahner und der Eskamotterung des Koalittonsrechts der- selben einverstanden! Man bemäntelt diese Entrechtung einer großen Arbeiterkategorie damit, daß der letzte Streik eine Auflehnung gegen das Parlament d. h. den V o l k s- willen überhaupt sei. Als ob nicht dies Parlament die schlimmste Vertretung der herrschenden Klassen wäre, gegen die die Arbeiter eben ihren ökonomischen Kampf zu führen gezwungen sind! » veutlckes Reich. Die Rache der Grubenbesitzer. Man schreibt uns aus dem Ruhrrevier: Als der preußische Bergmaimstag in Berlin beschloß, die Berg - nicht mehr an den Zechenuntersuchungen teilzu- s die Zechenpresse, welche über diesen Beschluß Bom evangelischen Arbeiterbundr. Der Bergarbeiterstreik hat auf dieses schnurrige Gebilde, das von Schildknappen der rheinisch-westfälischen Großindustrie als eine Art Schafhürde geschaffen wurde, wie Sprengpulver gewirtt. Die Macher des Bundes haben bekanntlich gegen den Streik Stellung genommen. Damit beschäftigte sich dann eine Versammlung des Bundes in Bochum , die den Erfolg hatte, daß die Mitglieder, meist Bergarbeiter, den Saal verließen und den Vorstand allein ließen. Jetzt hat sich wieder der weitere Vorstand des Bundes, fast ausnahms- loS Vertreter von Unternehmerinteresien, mit den Stteillgkeiten befaßt. Es soll versucht werden, den Abg. Franken, der Gegner der Berggesetz« Novelle ist und deshalb auS der Leitung des Bundes ausgetreten war, zum Wiedereintritt zu veranlassen. Der Lorstand sprach sich gegen die Regierungsvorschläge über die Arbeiterausschüsse aus; sie würden nur den Sozialdemokraten und Ultramontanen zugute kommen. Hoffentlich gefallen diesem Bunde, der mit dem Namen Arbeiter nur unlauteren Wettbewerb treibt, die Beschlüste der Kommission bester. Jedenfalls würdenArbeiterausschüsse" nach den Kommissions- befchlüssen den, Vorstande des evangelischen Arbeiterbundes aus ein Haar ähneln._ Die Finanzgebarung der Sozialdemokratie. Die Sozialdemo- kratie ist die einzige Partei, die vor der ganzen Oeffentlichkeit über ihre Finanzverhältnisse in allen Einzelheiten Rechenschast ablegt. Sämtliche anderen Partei-Organisationen verschleiern ihre gefchäst- .licheu Angelegenheiten undurchdringlich. Unser öffentliches Verfahren hat auch den Borzug, daß über unsere Finanzen und die Ehrlichkeit unserer Rechnungsführung auch die bürgerlichen Parteien mit rührender Sorgfalt wachen. Selbst die Herrschasten, die den Arbeitern jeden Pfennig Lohn mehr miß- gönnen, sind unendlich besorgt, daß die Beiträge der Parteigenossen für die Sozialdemokratie ja nicht in unrechte Hände gelangt, oder zu unrechten Zwecken verwendet wird. Es ist ganz merkwürdig, wie sehr unsere Gegner auf die Rechtschaffenheit in der Sozialdemokratie hinzuwirken suchen. Man müßte denken, es könnte ihnen nichts lieber sein, als wenn bei uns alles drunter und drüber geht und niemand mehr Vertrauen zu der Partei hat. Allerdings läuft unseren Superrevisoren manche sonderbare Bor- stellung unter, weil sie naturgemäß niemals aus ihrem eigenen Anschauungskreise sich völlig loszulösen vermögen. DieKon- servative Korrespondenz" findet z. B., daß der sozial- demokrattsche Parteikassierer über Beträge, die ihm behufs Unterstützung der Bergarbeiter zugegangen findsouverän verftigt". Es werde in der letzten imVorwärts" Nr. 89 veröffentlichten Quittung mitgeteilt, daß 6353,65 M. dem Unter- stützungsfonds der sozialdemokratischen Partei und 110,25 M. dem Verband deuffcher Berg- und Hüttenarbeiter überwiesen worden seien.Mit welchem Rechte?" fragt dieKonservative Korrespondenz" sorgenvoll. Wir können die Sorge m, serer Freund» beheben. Das Recht leitet sich aus der Veröffentlichung des Parteikassierers vom 2. März 1906, abgedruckt im Vorwärts" vom 3. März. ab.Indem wir hiermit", heißl es in dieser Veröffentlichung,im Einverständnis mit der Leitung des deutschen Bergarbeiterverbandes die Sammlung schließen, sagen wir namens der Bergleute des Ruhrgebietes allen Gebern für die bewiesene Opferwilligkeit herzlichen Dank. Etwaige weitere Ein- gänge werden wir, sofern die Geber nicht andere Verfügung treffen, dem Nnterstnvungsfonds der sozialdemokratischen Partei Deutschlands überweffen." Damit war bereits das Recht für die von derKonservativen Korrespondenz" bedenklich gefundene Verwendung erwirkt. Zum Ueberfluß hat aber der Parteikassierer noch bei allen später ein- eaangenen größeren Beiträgen die Spender in besonderen Briefen efragt, ob sie gegen die Üeberweisung an die Partei etwas ein« zuwenden hätten. Es ist auch in der Tat in einzelnen Fällen daraufhin die eingesandte Summe zurückgezogen worden. Nun kennt also dieKonservative Korrespondenz" den Rechts- titel und sie kann beruhigt fein,_ daß wir in der Anwendung von Gepflogenheiten der Souveränität ihren Kreisen keine Kon- iurreuz machen.__ Bom Polizcikampf gegen die Polen . Vor einigen Tagen wurde vor dem Schöffengericht Charlotten- bürg eine Anklage gegen die zehn Vorstandsmitglieder desSokol" verhandelt, deren Einleitung und Verlauf in hohem Maße charakte- ristisch ist für jene Politik der Nadelsttche, in der sich das mächtige Preußen gegenüber unseren polnischen Mitbürgern nicht genug tun kann und deren naturgemäße Folge eine fortgesetzte verstärkte Aufhetzung des polnischen Teils unserer Bevölkerung ist. Die Angeklagten waren bezichtigt, am 29. Oktober 1904 in einer Ver- 'ammlung des TurnvereinsSokol", in welcher öffentliche An- gelegenheiten erörtert werden sollten, und in welcher sie in ihrer Eigenschaft als Borstandsmitglieder des Vereins als Vorsteher, Ordner und Leiter aufgetreten sind, einem Abgeordneten der Polizeibehörde den Zutritt und die Einräumung eines angemessenen Platzes verweigert zu haben. Einige von den Angeichuldigten ollten außerdem dem Abgeordneten der Polizei in rechtmäßiger Aus- Übung seines Amtes durch Bedrohung Widerstand geleistet haben. Ein großes Aufgebot von Zeugen war zur Stelle, ebenso ein Sachverständiger der polnischen Sprache. Die Angeklagten wandten ein>md hatten von vornherein eingewendet, daß es sich um ein harmloses Stiftungsfest des Vereins gehandelt habe, an dem sie zu- meist überhaupt nicht als Ordner oder in irgend einer anderen Funktion teilgenommen hätten, daß von einer Bedrohung mit Ge- walt gegenüber dem Polizeibeamten gar nicht die Rede geloefen sei. Die Beweisaufnahme verlief überraschend. Die von dem Sachverständigen gelieferte Uebersetzuna einiger Annoncen bestätigte, daß diese Annoncen sich auf die Veranstaltung vom 29. Oktober 1904 gar nicht bezogen und für einen politischen Charakter der Veranstaltung durchaus nicht zu verwerten waren, selbst nicht einmal dafür, daß. woran sich die Anklage schließlich auch noch klammerte, eine öffent- liche Lustbapkit oh,» polizeiliche GeueHrniguug veranstaltet gewesen