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fei Die Vernehmung des einzigen Belastungszeugen, des durch die angeblichen Delikte der Angeklagten betroffenen Polizei- Wachtmeisters Balzerzak, aber bestätigte Wort für Wort die Angaben der Angeklagten. Der Beamte bezeugte, daß offenbar eine geschlossene Lustbarkeit vorgelegen hat, daß alle Vorgänge, die er beobachten konnte, gänzlich harmloser und unpolitischer Natur ge- Wesen seien, daß überhaupt das fragliche Stiftungsfest des.Sokol" sich in nichts von der üblichen Art harmloser Stiftungsfeste unter- schieden habe und schließlich, daß keine Rede von einer Bedrohung mit Gewalt gewesen sei, man ihm vielmehr nur höflich, aber be- stimmt erklärt habe, daß man ihn mit Rücksicht auf den unpolitischen Charakter der Veranstaltung nicht im Lokal dulden könne. Es ergab sich des weiteren, daß die Angeklagten einfach, weil sie die Mtglieder des Vereinsvorstandes bildeten, angeklagt worden waren, ohne daß irgend welche Feststellungen über die Funktionen der Einzelnen bei der Veranstaltung stattgefunden hatten. Der Amtsanwalt selbst gelangte zum Antrag auf Frei- sprechmig, nachdem von der Vernehmung der zahlreichen sonst vor- handenen Zeugen Abstand genommen war. Der Verteidiger der Angeklagten, Rechtsantvalt Dr. K. Liebknecht, beantragte nicht nur die Freisprechung, sondern auch die Uebernahme der notwendigen Aus- lagen der Angeklagten einschließlich der Verteidigungskosten auf die Staatskasse, indem er darauf hinwies, daß die Anklage in selten oberflächlicher Weise vorbereitet und geradezu unerklärlich sei, da ja die Bekundungen des Wachtmeisters Balzerzak der Polizei wohl bekannt sein mußten, und bei einem auch nur einigermaßen den Anforderungen der Strafprozeßordnung entsprechenden Vor- bereitungsverfahren die Anklage nicht hätte erhobeii werden können; es habe sich nicht nur die Schuld der Angeklagten nicht erweisen lassen, sondern geradezu die Unschuld der Angeklagten positiv ergeben. Der Gerichtshof schloß sich dem an und legte unter Freisprechung der Angeklagten auch die notwendigen Auslagen der Angeklagten einschließlich der Berteidigungskosten der Staatskasse auf. Wer aber denkt, daß damit die.Kaninchenjagd" beendet fei, kennt die Beharrlichkeit nicht, mit der die preußische Anklagebehörde politische Prozesie bis aufs Messer durchzukämpfen pflegt. Der Amts- anwalt selbst hat Freisprechung beantragt tut nichts I Auf höhere Anordnung ist Berufung eingelegt und die Staatsanwaltschaft wird den Siegeslorbeer zu pflücken suchen, den die Amtsanwaltschast selbst preisgegeben hat._ Nrunkirchen, 15. April. sEig. Ber.) Vor dem Kriegsgericht Saarbrnckei» kam am 13. d. M. das Verfahren gegen den Gendarm W a l l i c z e k zum Abschluß, nachdem die erste Verhandlung vom 22. Dezember 1904 zu einer Vertagung geführt hatte. Die Ver- Handlung geschah, wie damals, jetzt wiederum unter Ausschluß der Oeffentlichkeit wegen Gefährdung von Staatsinteressen; auch dieselben Zeugen waren erschienen, nämlich Landrat Frhr. v. Laur sOttweiler), Landgerichtsdirektor Heidermannsund ein Beamter, derimProzeßHilger- Krämer, woselbst Geydarm Walliczek als Zeuge die für die Berg- behörde so unangenehmen Enthüllungen machte, die Aussagen steno- graphisch ausgenommen hatte. Bcrgrat Wiggert hatte vom Landrat von Ottweiler   die Versetzung des Gendarm verlangt, weil dieser.parteiisch" sei; er sollte unter anderem über den Durchfall des Bergbeamten-Kandidaten bei der Reichstagswahl 1903 große Freude an den Tag gelegt haben. Die Versetzung ist auch erfolgt. Daß Walliczek. dem natürlichen Gefühl für Recht und Wahrheit folgend, die Wahlmachenschaften des Bergrats Wiggert von Heinitz(jetzt Oberbergrat   in Breslau  ) bekannt gab, anstatt nach berühmten Mustern die Aussage zu verweigern und das ungeheuer dehnbare Amtsgeheimnis vorzuschützen, brachte ihn vor das Kriegs« gericht wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Das Kriegsgericht muß indes zu der Ueberzeugung ge« kommen fem. daß in dem eigenartig gelagerten Fall keine strafbare Handlung vorgelegen hat, denn es sprach Walliczek ftei. Auch die Urteilsbegründung erfolgte unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. Inzwischen ist Walllczek ab 1. Mai von Thörnich(Mosel  ), wohin er von Neimkirchen-Elbersberg aus versetzt worden war, wieder ins Saar-Revier nach Wehrden bei Völklingen   versetzt worden. Ein königstreuer Arbeiter als MnjestätSbeletdiger. Aus München  , 17. April, wird uns geschrieben: Mit einem Majestätsbeleidigungs-Prozeß, der schon deshalb eines komischen Anstriches nicht entbehrt, weil der Angeklagte sowohl als der Denunziant Ausschußmitglieder des ultramontanen Schirmer- schen Verbandes der Post- und Telegraphenbedienfleten sind, der sich bisher auf seine Königstreue nicht wenig einbildete, hatte sich heute die erste Straftammer bei Ausschluß der Oeffentlichkeit zu beschäftigen. Wegen je eines Vergehens der Be- leibigung des deutschen   Kaisers, des Kronprinzen, des Prinzen Ruprecht und der Prinzessin Ludwig Ferdinand von Bayern  hatte sich der 51 Jahre alte Vorarbeiter im Telepbonamte Wilhelm Flechse! zu verantworten. Er wuroe be- schuldigt, daß er anläßlich der kronprinzlichen.Elenden"-Aeuberung in der Werkstätte gegenüber den Telephonarbeitern Johann Haller  und Joseph Springer Beleidigungen in bezug auf den Kronprinzen und seinen kaiserlichen Vater ausgestoßen habe. Ferner habe er die Orientreise des Prinzen Ruprecht von Bayern   zum Gegenstand be- leidigend kritischer Betrachtungen gemacht. Endlich gab ihm die Kritik, die die liberale Presse im Herbste 1904 an das Erscheinen der Prinzessin Ludwig Ferdinand auf dem deutschen Katholikentag knüpfte, Veranlassung, Angriffe auf die Frauenehre der Prinzessin zu machen. Der Angeklagte Flechse! versuchte die ihm zur Last gelegten Aeußerungen eine andere Deutung zu geben. Die ganze Anzeige sei ein Racheakt des ihm unterstellten Ardeiters Haller, den er wegen seiner aufrührerischen Reden und eines von ihm verfaßten Zeiwngs- artikels im Verbandsorgan der vorgesetzten Behörde gemeldet habe. Die Feindschaft zwischen ihm und Hallcr habe außerdem darin ihre Ursache, daß Haller, der das Amt eines Obmannes bekleidete, auf seine Veranlassung wegen Unterschlagung von Ver- bandSgeldern aus dem Postverbande ausgeschlossen worden(ei. Der Staatsanwalt beantragte in Rücksicht auf die Schwere und die Roheit der Beleidigungen eine Gefängnisstrafe von 10 Monaten. Das Urteil gegen den königstreuen Majestätsbekeidiger lautete auf vier Monate GefängnisI Die Mitglieder des ultramontanen Postverbandes werden schon mit ihrem Eintritt in den Verband auf ihre königstreue Gesinnung geaicht._ Grsamtverluste in Dentsch-Südwefiafrika. Unsere Gesamtverluste im südwestafrikanischen Aufftande haben von Beginn der Unruhen bis Ende März 1905 betragen 1396 Köpfe, davon entfallen auf die Schutztruppe 1030, auf die Marine 116, auf Farmer. Reservisten, Ermordete 250, farbige Soldaten sind nicht mitgerechnet. Die Summe der Toten beträgt 957, die der Ver­wundeten 439. Gefallen'sind 367, den Wunden erlegen 24, an Krankheiten gestorben 352, vermißt werden 95, ermordet sind 93, tödlich verunglückt 24, verunglückt aber lebend sind 12, verwundet wurden 427. » SiegeStrophSe aus Siidwestafrika. Man schreibt uns aus Kiel  :_ Auf die sittliche Schulung, die unsere Kolonialtruppen im Hererokriege durchmachen, wirft folgender Vorgang, der der.Schlesw.-Holst. Volksztg." berichtet wird, ein grelles Licht. In einer Gaardener Gastwirtschaft saßen zwei Seesoldaten, die mit dem Transport am Montag aus Südwestasrika zurückgekehrt waren und erzählten den aufhorchenden Spießbürgern von ihrem Soldatenleben im Kaffernkriege. Sie rühmten sich, daß sie eine ganze Anzahl Hereros niedergeknallt hätten,ohne sich dabei etwas zu denken". Der eine erzählte:.Ich hatte eine Menge Vieh zu bewachen, als mir ein Herero zirka 50 Stück stahl. Wenige Tage daraus wurde der Dieb gefangen und mir ausgeliefert. Als er sich widersätzlich zeigte, habe ich ihn aufgehängt. Zum Andenken schnitt ich ihm ein Ohr ab und trocknete es in der Sonne." Und in der Tat: der Mann hätte das Ohr in einer kleinen Schachtel bei sich und zeigte es im Gastzimmer herum. Hueland. Ein Btutbad in Limoges  . In Limoges   ist es gestern zu einem Blutbad gekommen. Von den ausgesperrten Porzellanarbeitern waren mehrere ver- hastet worden, da sie m der Erregung über die brutale Aus- sperrung durch die Porzellanfabrikanten und weitere Pro- vokationen einige Ausschreitungen begangen hatten. Die Ursache dieser nur zu begreiflichen Erregung der Arbeiter bestand in dem frivolen Willkürakt der Unternehmer, 15 000 Porzellanarbeiter auf das Straßeupflaster zn werfen und sie und ihre Familien dem Hunger zu überantworten, wobei noch zu bemerken ist, daß die Löhne der Porzellanarbeiter in Limoges   außerordentlich niedrige waren. Die Ausschreitungen bestanden in dem Einschlagen einer Tür, dem Umwerfen eines Automobiles und dem Absingen der Internationale, in Pfeifen, Schreien, Veranstalten eines Zuges w. Gegen diese Demonstranten ging die Polizei und das von auswärts herbeigerufene Militär sehr rigoros vor. Sechs der Arbeiter wurden inhaftiert. Gestern nun zogen mehrere tausend Arbeiter vor das Ge- fängnis, um die Auslieferung der Gefangenen zu verlangen. Als sie ihnen verweigert wurden, begannen die Arbeiter nach den offiziellen Telegrammen gegen das Gefängnis vorzugehen und den Versuch zu machen, die Türen zu erbrechen. Hierauf ging die Kavallerie zum Angriff gegen die Arbeiter vor. Die Menge soll alsdann die Truppen mit Steinen beworfen haben, worauf die Soldaten wider de« Befehl ihrer Borgesetzten eine Reihe scharfer Schliffe aus die dicht gedrängte Masse abgaben. Zwei Arbeiter wurde« ge- tötet, mehrere andere wnrde» verwundet. Außerdem wurden 30 Personen verhastet. Ueber die Aussperrung der Arbeiter wird uns berichtet: Aus Limoges   berichtet man von einer neuen Gewalttat der großen Porzellanfabrikanten. Mit brutaler Rücksichtslosigkeit haben diese Fabrikprotzen den größten Teil der bei ihnen beschäftigten Arbeiter aufs Pflaster geworfen. Es handelt sich für die Unter- nehmer um Vernichtung der Arbeiterorganisation, die in jüngster Zeit mehrere Erfolge zu verzeichnen hatte. In der Fabrik von Theodore Haviland, der größten am Orte, kam der Kampf zum Ausbruch. Fortgesetzte Lohnreduzierungen, niederträchtige Be- Handlung durch die Meister trieben die dort beschäftigten 1200 Arbeiter in den Ausstand. Den Unternehmern kam das zur rechten Zeit. Kurz erklärten sie: Entweder sind innerhalb acht Tagen alle Arbeiter wieder zur Arbeit zurückgekehrt oder wir schließen auch unsere Betriebe. Die sofort eingeleiteten Verhandlungen wurden von den Unternehmern in die Länge ge- zogen und ihr Erfolg vereitelt. Am 12. und 13. April begann die Aussperrung. 24 Fabriken mit 95 Oefen feiern, in 7 Betrieben mit nur 20 Oefen wird weiter gearbeitet. Gegen 15 000 Arbeiter find durch diesen Willkürakt der Unternehmer ohne Arbeit.   Die Erregung der Bevölkerung gegen die Fabrikfcudalen ist allgemein und äußert sich in Demonstrationen. Auch die Händler befinden sich auf feiten der Arbeiter. Die Ausständigen veranstalteten am letzten Freitag einen Massenumzug durch die Stadt. Vor jeder geschlosienen Porzellanfabrik wurde Halt gemacht, die wenigen noch Arbeitenden wurden herausgeholt und unter dem Singen der Internationale ging der Zug weiter. Unruhen und Tumulte fanden nicht statt. Doch trotz alledem riefen die Unternehmer und die reaktionären bürger- lichen Blätter nach Militär und Gendarmerie. Wer weiß wie es gekommen wäre; denn schon verbreitete sich das Gerücht von dem Anrücken des Militärs. Da setzte sich der Bürgermeister Labussiere sofort in der Nacht telephonisch mit dem Minister des Innern in Verbindung und verlangte stritte Fernhaltung der Truppen und der Gendarmerie. Der Minister gab nach. Die Truppen blieben fort. Am anderen Tage richtete der Bürgermeister jedoch noch ein Telegramm an den Mnister, in dem er die Schuld für die statt- gehabten Manifestationen den Fabrikanten und deren provo- zierenden Verhalten zuschob und betonte, daß die Demonstrattonen in völlig ruhiger Weise verlaufen seien. Der Anblick des Militärs würde nur zu neuen Ruhestörungen Anlaß geben. Und im Schluß- satze des Telegramms heißt es dann:Ich bestehe mit Nachdruck darauf: Herr Minister, daß das Versprechen, welches gestern abend Sie mir zu aeben die Güte hatten, gehalten und auch der Präsekt von Ihrer Entscheidung unterrichtet wird." Diese ruhige, ver- ständige, imponierende Haltung des Bürgermeisters hatte den ge- wünschten Erfolg. Wohl grisf man von reaktionärer Seite den einsichttgen Beamten in schmutzigster Weise an, aber es blieb bei der Ruhe. Der Präfekt leitete die Zusammenberufung eines Schiedsgerichts ein und forderte die Fabrikanten wie die Arbeiter- organisation zur Ernennung von Beisitzern auf. Viel verspricht man sich in Arbeitertteisen nicht von dem Schiedsgericht; denn die brutale Herrschsucht der Unternehmer ist bekannt. Sie werden den Kampf noch nicht abbrechen wollen. Und die Arbeiter find fest entschlossen, an ihrem Koalittonsrecht festzuhalten, koste es, was es wolle. Nach dieser Schilderung wäre also daS Blutbad unzweifel­haft vermieden worden, wenn man nicht trotz des Protestes des sozialisttschen Bürgermeisters dann später doch fremdes Militär requiriert hätte. Nach all dem Vorhergegangenen konnte dies Heranziehen der bewaffneten Macht die bis dahin ruhig gebliebene Bevölkerung nur noch mehr erbittern. Die Antwort auf die Heranberufung des Militärs waren die er- wähnten Ausschreitungen und Demonstrationen. Als man daraufhin durch die Verhaftung der wirklichen oder angeblichen Exzedenten noch Oel   in das Feuer goß, kam es zu deni traurigen Zusammenstoß. Die übergroße Schneidigkeit der Behörden, die über den Kopf des Bürgermeisters hinweg dem Unternehmertum Liebesdienste leisten zu müssen glaubten, hat unzweifelhaft das beklagenswerte Blutbad ver- ffchuldet I Limogrs, 18. April.  (W. T. B.) Berittene Gendarmerie bewacht daS Gefängnis, dessen Türen eingeschlagen wurden. Die Zahl der Toten beträgt zwei; nur drei Verwundete blieben im Krankenhause, die meisten konnten ihre Wohnungen erreichen. 22 Verhaftungen wurden vorgenommen. Sechs Offiziere und 63 Soldaten wurden durch Eisenstangen, Pflastersteine und Flaschenscherben, mit welchen die Ausständigen warfen, mehr oder weniger schwer"getroffen. Die von den Behörden angestellten Ermittelungen ergaben, daß einzelne Schüsse von den Manifestanten auf die Truppen ab- gegeben wurden.(?) Eine Verstärkung der Truppen wird heute hier erwartet. Die Flagge aus dem Rathause ist auf Halbmast gehißt und mit einer Trauerschleise versehen. Ein Erlaß des MunizipalratS erhebt Einspruch gegen die Anwesenheit des Militärs in den Straßen und sagt, die Soldaten hätten auf eine harmlose Menschenmenge ge- schössen. Der Erlaß ermahnt die Bevölkerung, ihren Zorn zu be- meistern, um eine Wiederholung der traurigen Vorkommnisse zu verhüten. m Paris  , 18. April. Deputiertenkammer. Reille(konservativ) interpelliert wegen der Vorgänge in Limoges   und erhebt gegen die Regierung den Vorwurf, daß diese sie ganz unvorbereitet getroffen hätten. Ministerpräsident R o u v i e r unterbricht den Redner und sagt, übertriebene Maßnahmen hätten noch viel schwerere Störungen herbeiführen können.(Beifall.) G a u t h i e r(Natto- nalist) wirft der Regierung vor, den Arbeitern nichts als leere Versprechen gegeben zu haben, man müsse sich also nicht wundern, wenn sie sich zu Gewaltmitteln hinreißen ließen. Der Redner verlangt, daß eine Untersuchung eingeleitetlwerde, um festzustellen, wer verantwortlich zu machen sei. Vaillant(Soz.) sogt, daß die Verant- Wartung dem Ministerium zugeschrieben werden müsse, welches den Arbeitgeber gegen den Arbeiter in Schutz nehme. Vaillant tadelt das Verhalten der Arbeitgeber, deren einer, wie er sagt. die Schamlosigkeit gehabt habe, eine fremde Fahne zu hissen, in der Hoffnung, daß man diese nicht beleidigen würde. Niederlande  . veber den Gesetzentwurf zur Bolksverdiimmung, wieHet Volk" die von der Regierung vorgeschlagene Novelle zum Unterrichtsgesetz nennt, wird seit einigen Wochen in der Zweiten Kammer verhandelt. Unsere Parteigenossen und ihr Wortführer Ter L a a n haben alles aufgeboten, um dieses Attentat auf die EntWickelung des öffentlichen Volksschulwefens abzuwehren, das durch die Erhöhung der Subsidien für die klerikalenbesonderen" Schulen um 2 Millionen Gulden begangen werden soll. Er wolle nun nicht mehr als versuchen zu retten, was noch gerettet werden könne, erklärte Van der Zwaag am Mittwoch bei Begründung eines von ihm und unseren Parteigenossen eingebrachten Amendements, das eine Her- absetzung der Schüler, die als Maximalzahl auf einen Lehrer kommen sollen, bezweckt. Das Amendement wurde jedoch mit 53 gegen 28 Stimmen abgelehnt und ebenso zwei minder weitgehende, von bürgerlicher Seite eingebrachte Anträge dieser Art. Die sozial- demokratische Fraktion und Van der Zwaag haben am Donnerstag zu den weiteren Verhandlungen eine Reihe Amendements ein- gebracht, die hauptsächlich darauf gerichtet sind, Garantien für einen einigermaßen ausreichenden Unterricht zu erlangen. Asien  . Von den Philippinen. Die Regierung ist bemüht, überall auf den Inseln Schulen nach amerikanischem Muster einzurichten. Vor kurzem wurde in Manilla   die zweite Jahreskonvention der Schul- vorstände auf den Philippinen   abgehalten und über die Bestrebungen zur Volksbildung manches Interessante berichtet. Man legt großen Wert darauf, außer den amerikanischen   Lehrkräften viele Ein- geborene als Lehrer zu gewinnen. Man hat schon 4000 eingeborene Personen angestellt, braucht aber wenigstens 6500. Die Zahl der Kinder zwischen 6 und 15 Jahren wird auf 1200 000 berechnet. Vorläufig ist die Einrichtung getroffen, jedem Kinde drei Jahre lang Unterricht zu erteilen. Gewöhnlich müssen die Kinder für den Unterricht immer erst eingefangen werden; sie kommen aber bald freiwillig und lernen gut. Gegenwärtig werden 342 000 Kinder unterrichtet; im März 1904 waren es 227 000 und im September 1903 nur 182 000. Es wird beabsichtigt, in jeder Provinz eine Hoch- schule und drei technische Schulen zu errichten, darunter eine Kunst- und eine Schiffahrtsschule. Auch der Bau einer großen Universität ist geplant. Es kommt darauf an, wie die Gelder einlausen. Fünf Prozent der Zolleinnahmen fließen in den SchulfondS. Die Filipinos entwickeln große Fähigkeiten und sind ehrgeizig wie die Japaner. Von den Amerikanern werden sie noch in jeder Weise bevormundet und als unreif zur Selbstverwaltung ihres Landes erklärt. ?Zus der Partei. Ein Provinzial-Parteitng für Hessen-Nassau   fand am Sonntag in Frankfurt   a. M. statt. Dem Bericht des Agitationskomitees ist zu entnehmen, daß in dem Bezirk in 11 Vereinen 6672 organisierte Parteigenossen sind, wozu noch 838 Genossen kommen, die regel- mäßig Beiträge zahlen, ohne einem Verein anzugehören. Die Zahl unserer ReichstagSwählerstimmcn in den Wahlkreisen des Bezirks betrug bei der letzten Wahl 74 374. Am günstigsten steht die Zahl der Organisierten zur Zahl der Wähler mit etwa 15 Proz. im Wahl- kreise Hanau   Gelnhausen  . Der Parteitag beschäftigte sich nach Erledigung geschäftlicher Fragen mit der L a n d g e m e i n d e- O r d n u n g für Hessen- Nassau  . Auf Vorschlag des Referenten Hoch- Hanau wurde be- schloffen: a) die AgitatiouSkommission zu beauftragen, 1. einen Führer durch die Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Hessen- Nassau   herauszugeben. 2. eine Konferenz der sozialdemottatischen Gemeindevertreter in der Provinz Hessen-Nassau   einzuberufen; d) den einzelnen Parteiorten zu empfehlen, für ihre sozialdemokratischen Ge- meindevertreter dieKommunale Praxis" zu halten. Sodann referierte Lehmann- Mannheim über die preußisch- süddeutsche Eisenbahngemeinschaft. Dazu wurde folgende Resolution angenommen: Der sozialdemottattsche Parteitag für die Provinz Hessen-Nassau  hält die allgemein durchgeführte Zentralisation im Eiseitbahnbau und Eisenbahnbetrieb für die betriebstechnisch und wirtschaftlich höher stehende und deshalb anzustrebende Organisationsform. Und er fordert deshalb entsprechend des Artikels 4. Ziffer S der Reichs- Verfassung, wonach das Eisenbahnwesen der Gesetzgebung des Reiches unterliegt, die Ueberführung des bundesstaatlichen Eisenbahnwesens in die Verwaltung des Reichs unter Beseitigung des preußischen Uebergewichts im Reiche. Der' Parteitag erklärt sich gegen eine Regelung dieser Materie zwischen den einzelnen Bundesstaaten durch Staatsverträge, namentlich auch gegen die beabsichtigte Bildung einer Bettiebsmittel-Gemeinschaft, weil dadurch 1. die Entscheidung über den Betrieb, die Neuanlagen, die Personen- und Gütertarife in das preußische Klassenparlament verlegt wird, in welchem gehindert durch ein ungerechtes Wahlgesetz die breite Masse des werktätigen Volkes esne Vertretung nicht hat, und in welchem infolge seiner Zusammensetzung die Verkehrs- und arbetterfeindlichen Tendenzen überwiegen; 2. der bisherige verkehrshemmende Zustand nur eine geringe Milderung erfahren würde, indem der Grund zu den von den preußischen Eisenbahnverwaltungen praktizierten volkswirtschaft­lich widersinnigen und moralisch im höchsten Grade verwerflichen Umleitungen der Frachtgüter auch ferner bestehen bleibt und 3. die menschenunwürdige 4. Wagenklasse, deren Beseitigung der frühere preußische Eisenbahnminister von Maybach schon nn Jahre 1891 in Aussicht gestellt hatte, auch für die süddeutschen Staaten eingeführt werden soll, ohne eine andere Tarifermäßigung zu bringen, als die, ftir welche ohnehin eine zwingende Notwendigkeit besteht." In Württemberg   gibt es jetzt 11 839. organisierte Parteigenossen gegen 10 479 im vorigen Jahre. Die Zahl unserer Reichstagswahl  - stimmen 1903 betrug 99 743. Die Einnahmen auS Mitglieder­beiträgen beliefen sich 1904 auf 11 505 M. Zn 95 Orten hat die Partei 108 Gemeinderäte und 176 BürgerauSschußmitglieder. Eine Konferenz sozialdemokratischer Gemeindevertrcter für Elsaß- Lothringen  , die am Sonntag in Colmar   tagte, beschloß, durch Petitionen an den Landesausschuß für die Einführung einer Wert- zuwachssteuer zu wirken. Es gibt gegenwärtig in Elsaß-Lothringen   57 sozialdemokratische Gemeindevertteter. Nämlich: in St. Ludwig 1, in Mülhausen   19, in Rixheim   2, in Gebweiler 2.   in Bühl   2, in Gllnsbach 2, in Colmar   1, in Straßburg   16, in Grafenstaden 1, in Ostwald 2, in Schiltigheim   3, in Markirch 3, in Bischweiler 1, in Wölferdingen (Lothr.) 1 und in Metzingen  (Lothr.) 1. Soziales* Die Intelligenz und Tüchtigkeit im Zuchthause. Die Wiener  «Fackel" teilt einen Erlaß einer österreichischen Strafanstalt vom 10. März 1905 mit, womit diese sich an Unter« nehmer wendet und ihre.Sträflingskräfte" zur Herstellung von Exportwaren empfiehlt. In dieser amtlichen GeschästSempfehlung findet sich folgende Stelle: «Insbesondere wolle sich die geehrte Firma äußern, ob im bejahenden Falle dieselbe geneigt wäre, solche Artikel dänn hier anferttgen zu lassen, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, daß gerade die k. k. Strafanstalt Stein welche ihren Belag- räum aus der Residenz füllt über tüchtige, geschulte, zum Teile selbst hochintelligente, alle Industriezweige umfassende Arbeitskräste verfügt...."