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kämpft wird. Nicht als ob wir den Arbeiterausschüssen der Regierungsvorlage den Wert einer Konzession an die Klasseninteressen der Arbeiter beilegten; die Vertreter deS Kapitalis- mus aber tun es. Nicht daS Streitobjekt kennzeichnet den Kampf, sondern die Methode des kapitalistischen Kampfes. Es dürfe nicht der Anschein erweckt werden, als ob man durch die Gesetzgebung den Arbeitern Konzessionen machen wolle. Dieses Argument wurde in den verschiedensten Variationen unzählige Male gegeir die Regierungsvorlage ins Feld geführt. Die Regiernngsvorlage sucht allerdings diesen Anschein zu erwecken. Denn so sehr sich die preubische Regierung ihrer Eigenschaft als Aus- schuß der herrschenden Klasse, des nnt der Junkerkaste versippten Grostkapitalismus bewußt ist. so sehr liegt ihr doch an der Aufrecht" erhaltung der Fiktion des sozialen Königtums als einer über d. Klassen schwebenden Macht, und deshalb mutz sie je nach Zeit Gelegenheit sich den Anschein geben, als machte sie der unterdr5. i Klasse Konzessionen auf Kosten der Herrschenden. Aber l- nur den Anschein. Ihre Herkunft kann sie ja gar nicht verleugnen. Wirkliche Konzessionen an die Arbeiterklasse würden ihre eigene Grundlage erschüttern und sie kann sie überdies auch nicht durch- setzen gegen den Willen der die Gesetzgebung beherrschenden Kapitalistenklasse. Deshalb war auch das Leitmotiv der Ver- teidigung ihrer Vorlage durch den Grafen Bülow die Berufung auf die Interessen der Monarchie und nicht die Berufung auf die Interessen der Arbeiter. DaS Unternehmertum sieht nun aber gerade in den Arbeiter- auSschüssen ob mit Recht oder Unrecht, kann dahingestellt bleiben eine Konzession an die Arbeiterklasse, den ersten Schrit, die An» erkennung des Prinzips der Gleichberechtigung der Arbeiter, und bekämpft sie unter diesem Gesichtspunkte ohne Rücksicht auf die Sonderinteressen desmonarchischen Gedankens". Der mutz immer in die Brüche gehen, wo ein offener Klassenkampf tobt: er hat keine Daseinsberechtigung mehr als Ausdruck eines Klasseninteresses. Arich wo sich die i'lblehnung der wenn auch nur scheinbaren Arbeitervertretung gegenüber den Unternehmern in die Form kleidet, daß man der Sozialdemokratie keine neue Waffe in die Hand geben wolle und deshalb Kautelen gegen Mißbrauch der Arbeiterausschiisse durch die Sozialdemokratie schaffen wolle, ist das nur eine Umschreibung des Grundsatzes: Keine Konzession an die Arbeiterklasse, keine Gleichberechtigung der Arbeiter; der Unternehmer ist der Herr, der Arbeiter hat zu gehorchen I Denn wenn man grundsätzlich die Gleichberechtigung des Arbeiters anerkennen wollte, dann müßte man ihm natürlich auch das Recht zuerkennen, eine Politik nach seinem Belieben zu treiben, politisch so zu denken und zu handeln, wie es ihm nützlich erscheint, und alle öffentlichen Institutionen mit seinem Geiste zu durchtränken und seinen Interessen dienstbar zu machen, soweit ihm daS möglich ist. Indem man dem Arbeiter verwehren will, sozialdemo- kratische Politik zu treiben, spricht man ihm auch die Gleichberechti- gung ab. Das ist nichts anderes, als wenn den Arbeitern verwehrt werden soll, beispielsweise ultramontane Politik zu treiben. Und das ist ja auch nichts Neues. Nationalliberale Unternehmer ver- suchen ja auch den Arbeitern ultramontan-politische Betätigung zu verwehren. Unternehmer aller bürgerlichen Parteien erheben den Anspruch, die Arbeiter sollen nur die Politik treiben, die dem Unter- nehmer gefällt. Es ist die Verweigerung der Gleichberechtigung des Arbeiters gegenüber dem Unternehmer. So handelt auch die Regierung als Unternehmer, indem sie in den fiskalischen Betrieben den Arbeitern die sozialdemokratische Betätigung verwehren will, und so ist auch von Rcgierungsorganen in dem Kampfe um die BergarbeiterauSschiisse ausgesprochen worden, daß natürlich die Ausschüsse nicht zu sozialdemokrafischer Politik mißbraucht werden dürsten. Wenn die Regierung sich den Anschein gibt, als ob sie durch ihre Vorlage den Arbeitern Kon- Zessionen mache doch nur auf dem Wege zur Anerkennung der Gleichberechtigung, so gibt sie sofort selber zu, datz das nur eine Attrappe ist, indem sie den Besttebungen, die sozialdemokrattsche Politik aus den Ausschüssen fernzuhalten, Berechtigung zuerkennt. Sie will so wenig wie die Unternehmer den Arbeitern Gleich- berechtigung gewähren. Ob die Arbeiter sich bewußt waren, daß sie einen Klassenkampf führen, ist gleichgültig: die Unternehmer, ihre Presse, ihr Parlament, ihre Regierung haben selber den Klassencharakter des Kampfes auf- gedeckt. Und in diesem Punkte sind die Ulttamontanen, so sehr sie sich als Arbeiterfreunde aufspielen, nicht besser. Auch sie vertteten im Grunde nur den Standpunkt des Kapitalismus, auch sie verweigern dem Arbeiter die Anerkennung der unbedingten Gleichberechtigung. Wenn sie noch so ernstlich für die Arbeiterausschüsse eintteten, so doch nur in der Hoffnung und Absicht, daß ihre Arbeiter gute, treue Ultramontane bleiben und beileibe keinewüste sozial- demokratische Verhetzung" in die Arbeiterausschüsse tragen'werden. Sehr charatteristtsche Auslassungen über die Gefahren des sozial- demokratischen Mißbrauchs der Arbeiterausschüsse enthielten erst in voriger Woche dieMärkische Vollszeitung" und dieKölnische Volkszeitung". Deutlicher wird noch der ZcntrumSabgeordnete Fuchs, der imTag" am Donnerstag einen Artikel über die Arbeiterausschüsse schreibt. Herr Fuchs sagt in dem Artikel ganz offen: Man kann zunächst darüber streiten, ob es prinzipiell richtig ist, seine Stellung zu sozialen Maßnahmen von der Frage abhängig zu machen, ob sie der Sozialdemokratie nützen oder schaden, jedenfalls wird man anerkenne» müssen, daß diese Frage als ausschlaggebend in die Wagschalt fallen dürfte... Man darf sich nur daran erinnern, welche einflußgebende Stellung die Sozialdemokratie bei den Gewerbegerichten einnimmt, die sie ja nahezu ausschließlich mit ihren Anhängern besetzt hat. Man kann der Ansicht sein, daß die Besetzung eines Gerichts- Hofes lediglich mit den Anhängem einer Partei außerdem noch ihre schweren Bedenken hat, indem ein solches Richterkollegium nur zu geneigt erscheinen dürfte, sich in seinen Entscheidungen von der Parteipolitik beeinflussen zu lassen. Jedenfalls ist es kein sehr er- hebendes Gefühl für die b ü r g e r l i ch e n E l e m e n t e, sich von Leuten aburteilen zu lassen, die den Kampf gegen die bürgerliche Gesellschaft und den Staat selbst auf die Fahne ge- schrieben haben, in dessen Namen sie doch Recht sprechen. Ganz abgesehen von der unrichtigen Behauptung, daß die Gewerbegerichte nahezu ausschließlich mit Sozialdemokraten besetzt seien bekanntlich bestehen sie zu gleichen Teilen aus Arbeitern und Unternehmern mit einem amtlich bestellten Juristen an der Spitze so kann es vom Standpunkte der Gleichberechtigung für nichtsozialdemokratische Elemente doch nicht unangenehmer fein, sich von Sozialdemokraten aburteilen zu lassen, als für Sozialdemokraten, sich von Nichtsozialdemokraten aburteilen zu lassen. Es mutz noch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die sozialdemokratischen Gewerberichter Arbeiter sind, und zwar ausschließlich solche Arbeiter, die in ihrem Berufe tätig sind. Herr Fuchs gibt hier ausdrücklich zu, datz er den Arbeitern die sozialdemokratische politische Betätigung verwehren will, wie er ja auch bezüglich der Arbeiterausschiisse und allersozialen Maßnahmen' die Frage, ob die Arbeiter sich darin sozialdemokratisch betättgen könnten, ausdrücklich als ausschlaggebend anerkennt. Er sagt dann weiter in dem Artikel, daß fiir die Folge bei der sozialen Gesetzgebung diese bisherigen Konstruktionsfehler vermieden werden müßten. Das offene Bekenntnis des Herrn Fuchs ist sehr wertvoll. Es zeigt was für uns natürlich nichts Neues ist daß auch die Ultramontanen den Arbeitern die Anerkennung der Gleichberechtigung verweigern. Zwischen der Politik der offenen Unternchmervertreter und der offiziellen Politik des Zcnttums ist nur der Unterschied, daß jene auch den Anschein von Konzessionen an die Arbeiter venneiden wollen, dieses aber ebenso wie die Regierung die Arbeiter glauben machen möchte, es gewähre ihnen Konzessionen. Auch das Zentrum gewährt den Arbeitern in Wahrheit keine Gleichberechttgung. Es erkennt nur dann dem Arbeiter einige Scheinrechte zu, wenn und soweit die Arbeiter seiner Fahne folgen. Nicht dem Arbeiter will es Kon- Zessionen machen, sondern dem ulttamontanen oder dem Zentrum gutgesinitten Arbeiter. Der nicht gutgesinnte Arbeiter soll nicht gleichberechsigt sein. Nicht das Interesse der Arbeiterklasse ist für das Zentrum maßgebend, sondern das Partei-Jnteresse. Sind die Arbeiter sozialdemokratisch, dann hat das Zenttum kein Interesse mehr daran, ihnen Konzessionen zu machen. So erweist sich auch das Zentrum als ein Feind der Gleichberechtigung der Arbeiter und damit als ein Feind der Arbeiterklaffe. Die Arbeiterausschüsse könnten ja doch, wenn sie auch mit noch so viel Rechten ausgestattet würden, weder die Staatsordnung noch die kapitalistische Wirtschaftsordnung umstürzen. Sie könnten immer nur ganz speziell die Interessen der einzelnen Arbeitergruppe gegenüber dem einzelnen Unternehmer hinsichtlich der Lohn- und Arbeitsverhältnisse wahrnehmen. Wenn das Zentrum trotzdem diese Ausschüsse unter dem Gesichtspunste der sozialdemokratischen Gefahr bettachtet, so ent- hüllt es damit nur seinen Charakter als einer kapitalistischen Partei, die nur zeitweilig aus OpportuiutätSrücksichten, nicht aus Grundsatz für Arbcitcrinteressen eintritt._ Zur Marokkofrage. Nach anscheinend offiziösen Aeußerungen deutscher Blätter be- absichtigt der Reichskanzler nähere Erörterungen über Marokko nicht mit der stanzösischen Regierung allein zu Pflegen, sondern in einer internationalen Konferenz der an dem Madrider Vertrag von 1880 beteiligten Staaten. DieKölnische Zeitung " gibt hierüber folgende Riitteilungen: Ueber die Unterredung, die am Dienstag zwischen dem stanzösischen Botschafter Bihourd und dem Unterstaatssekretär v. Mühlberg stattgefunden hat, verlautet jetzt, daß Herr Bihourd sich im wesentlichen darauf beschränkte, die von Herrn Tclcasss in der stanzösischen Kammer öffentlich abgegebenen Erklärungen zu wiederholen und die Bereitwilligkeit Frankreichs auszudrücken, mit Deutschland über solche Punkte in Unterhandlung zu treten, die. esFils bedenkenerregend bezeichnen würde. Wir besorgen, daß mit dieser Mitteilung wenig gewonnen ist. Der deutsche Stand- Punkt ist bekannt genug, um keinen Mißverständnissen zu unter- liegen. Deutschland vertritt die Gleichberechtigung aller in Ma- rokko interessierten Mächte, und diese Gleichberechtigung scheint gefährdet durch das augenscheinliche Bestreben Frankreichs , unter der Firma der xsnsttg.tiou paoillgus friedliche Durchdringung) allmählich die Hand auf Marokko zu legen und es zu einem zweiten Tunis zu machen. Diese Besorgnis ist auch nach den gestrigen Erklärungen des Herrn Bihourd nicht entkräftet, und für die praktische Politik erscheint es daher wertvoller, mit denjenigen Mächten zur Regelung der marokkanischen Frage in einen Meinungsaustausch einzutreten, die seinerzeit an der Madrider Konserenz beteiligt waren. Es würde dies Verfahren auch vor allem den Borteil haben, in klarster Weise den bisher noch manchmal auftauchenden Verdacht zu widerlegen, als ob Deutschland in Marokko Sondcrvorteile für sich herausschlagen wolle. Die au Marokko interessierten Mächte wiffen schon jetzt, woran sie in dieser Beziehung sind, und es ist wahrscheinlich, daß sich die Behandlung der marokkanischen Frage im Sinne internarionaler Aussprache unter Zugrundelegung der Madrider Konferenz weiter entwickeln wird." In Fransteich hat sich die.Erregung über die Schwierigkeiten, die in der Marokkofrage entstanden sind, infolge der Kammerdebatte am Mittwoch erheblich gemildert. Insbesondere die Sozialisten haben zunächst erreicht, was sie verlangt haben:.Der französische Minister hat das erste Wort zu Verhandlungen mit Deutschland genommen. I a u r s s schreibt in derHnnianits": Die Rede deS Ministerpräsidenten läßt uns hoffen, daß das Problem verstanden und entsprechend dem Willen der Kammer und den Interessen Frankreichs in seiner wahren Form aufgestellt werden wird. Herr Rouvier hat recht gehabt, zu sagen, daß es unheilvoll wäre, diese ernste» Probleme mit Portefeuillestreitig- leiten zu verinischen. Das war auch unsere Ansicht. Es wäre uns peinlich gewesen, hätten wir aus Anlaß der Maroklofrage eine Regierungskrisis herbeifiihren müssen, die vielleicht vom Auslande als Verzicht auf unsere Rechte gedeutet worden wäre. Wenn unsere Diplomatie schwere Fehler begangen hat, gegen die wir vom ersten Tage ab protestiert haben, s» ist doch die deutsche Diplomatie auch durchaus nicht schuldlos. Sie hat durch eine Reihe unklarer kondittoneller Darlegungen und thea- ttalischer Proteste dazu beigetragen, die Schwierigkeiten zu ver- größern." Die französische Regierung hofft in den gegenwärttgen Schwierig- leiten auf die moralische Unterstützung Englands. König Eduard kreuzt gleich Wilhelm II. durch daS Mittelmeer und sprach in Algier vor; von da wird gemeldet:Zu einem Diner, das vom Könige von England an Bord seiner Jacht gegeben wurde, tvaren der Gouverneur von Algier und Vertreter der Zivil- und Militär- behörden geladen. Bei dem Diner brachte der König einen Trink- spruch auf Frankreich aus." Ferner wird demL.- A." aus Paris gemeldet:Die Ankunft des englischen Königspaares in Marseille ist für den 28. April angekündigt. Man erwartet, datz der König sich 48 Stunden in Paris aufhalten werde. Auf diesen Besuch und deffen Bedeutung soll Delcassö mit seiner gestrigen Aeußerung: Ein Minister des Auswärtigen spricht nicht ungestraft!" angespielt haben." Der Klingelbeutel geht um. Wir erzählten jüngst von der Abounentenklage derPost", die im Bettel bei den Kapitalisten der Großindusttie wehmütig erklingt. Die Bekämpfung der Sozialdemokratie durch Bettelbriefe wird aber anscheinend immer mehr die einzige Methode, welche die Schützer der heiligsten kapitalistischen Güter gegen unsere Partei aufzuwenden verstehen. Auch derReichsverband gegen die Sozial- demokratie" macht sich hervorragend bemerkbar durch aus- giebiges, sich in kürzesten Fristen wiederholendes und stets dring- sicheres Schwingen des Klingelbeutels. Das folgende Schreiben des Reichsverbandes, das uns zugeht, obschon es nicht für uns bestinimt ist, legt erneutes Zeugnis von dem Geldbedarf dieser Sozialisten- vernichter ab: Reichsverband gegen die Sozialdemostatie. Berlin W., Köthenerstr. 6 pt., im März 1905. Ew. Hochwohlgeboren! Am 9. Mai 1904 ist in Berlin derReichZvcrband gegen die Sozialdemokratie" gegründet worden, der alle tteu zu Kaiser und Reich stehenden Deutschen ohne Unterschied ihrer religiösen und politischen Stellung zum Kampf gegen die revolutionären Be- strebungen der Sozialdemokratie einigen will. Näheres über seine Ziele und Zwecke wollen Sie bitte aus anliegendem Aufruf ersehen.(Der Aufruf enthält die früher schon mitgeteilten Anpreisungen der vorzüglichen Zwecke deS Reichsverbandes. D. Red.) Bisher haben sich dem ReichSverbande trotz der kurzen Zekt seines Bestehens über 20 000 Mitglieder angeschlossen. Wir werden jedoch unserer großen Aufgabe erst dann gerecht werden können, Ivenn unser Verband ebensoviel Hunderttausende von Mitgliedern zählt, und besonders, wenn uns zur Erfüllung unserer Zwecke möglichst große Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ew. Hochwohlgeboren würden uns zu Dank verpflichten, wollten Sie dem A. Schaaffhausen scheu Bankverein, Berlin IV. 8, auf Konto 5 Reichsverband zur Aus- führuug unseres Vorhabens einen Beitrag anverttauen und dadurch die vaterländische Arbeit des Reichsverbandes fördern helfen. Die Namen der Spender werden nicht öffentlich bekannt ge- geben. Quittung erfolgt direkt durch die Geschäftsstelle, Berlin W. S, Köthenerstr. 6. Mit vorzüglicher Hochachtung Der Borstand v. L i e b e r t Dr. B 0 V e n s ch e n Generalleutnant z. D., Vorsitzender. Geschäftsführer. Bei der umfangreichen Werbetätigkeit, welche der Reichsverband zurzeit unternimmt, ist es unvermeidlich, daß Herren, welche auf verschiedenen Gebiete» des öffentlichen Lebens eine Rolle spielen, wiederholte Zusendungen von Wcrbebriefcn erhalten. Sollten Sie daher eine gleiche oder ähnliche Zuschrift bereits empfangen haben oder sie Ihnen von feiten der Landesverbände oder Ortsgruppen enieut zugehen, so bitten wir die Wiederholung entschuldigen zu wollen und das Material an andere Stellen weiterzugeben. Vielleicht hat die Verbreitung der Klingelbeutelei durch den Vorwärts" größeren Erfolg für denReichsverband" als seine eigenen Bemühungen. Uebrigen? bewundern wir, daß Generalleutnant v. Liebert die staatsretterische Aufgabe, der er sein Heldenleben gewidmet, also mühselig anpreisen muß und dennoch nur den zehnten Teil der Mitglieder erwirbt, den er für nötig hält. Die Gründer und Ausschußmitglieder des ReichSverbandcs sind nicht nur durchweg bedeutende Stützen Gdcr konservativen und national- liberalen Partei, sondern auch vielfach hervorragend kapitalistisch begabte Herrschaften und verschwägert und versippt mit zahllosen Persönlichkeiten, welche durchaus in der Lage sind, sich die Rettung ihrer heiligsten Portemounaie-Jnteressen etivaS kosten zu lassen. An erster Stelle der Ausschußmitglieder ist verzeichnet der_ Reichtags- Abgeordnetc Graf Arnim- Muskau, einer der schioerreichsten Ritter- gutsbesitzer der Ober-Lausitz. der freilich, als er von der Not eines hungernden Kindes durch Bebel vernahm, den Ausspruch tat: Der Vater wird wohl alles versoffen haben! Vielleicht übernimmt der Reichsverband dies Wort als Losung seines politischen Wirkens. Würdig ist er dieser Losung, denn, während in den Aufrufen des Verbandes das Won zu lesen ist, daß der Verbanddie berechtigten Bestrebungen der Arbeiter auf Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage ausdrücklich anerkennt", betätigen die konservativen und nationalliberalen Ausschußmitglieder �gerade jetzt diese Anerkennung durch Umgestaltung einer geringen Schutzvorlage der Bergarbeiter in eine verbrecherische Vorlage zur Knebelung der Bergarbeiterschaft. Finden sich doch unter den Ausschußmitgliedern neben Herrn v. Armm-Muskau die Mitglieder der preußischen Dreiklassennation v. Dirksen- Grödiyberg, Hilbck, Hirsch- Essen, v. Klitzing-Königsberg, Borster-Köln, Freiherr v. Zedlitz und Neu- kirch. Auch Freiherr v. Manlenffel, der im Herrenhaus gegen jedes Volksrecht tobt, ist in der lieblichen Schar der Leiter dieses famosen Reichsverbandes I »- Sndwcstafrikanische Verluste. Berlin , 20. April. Ein aintliches Telegramm meldet auS W i n d h u k: Auf Patrouille am 7. April 1905 bei G e i d a m ge­fallen: 1. Leutnant Wilhelm Bandermann, geboren am 30. März 1880 zu Berlin . 2. Unteroffizier Sophus Heuer, geboren am 18. Januar 1383 zu Hannover . 3. Reiter Wilhelm Stein, geboren am 27. September 1833 zu Bannen. 4. Unter- offirier Ludwig Schümann, geboren am 25. August 1878 zu Beselin. 5. Gefteiter Georg Wernthaler, geboren am 31. Oktober 1883 zu Landshut . 0. Reiter P a u l M e w i u S, ge- boren am 21. Dezember 1882 zu Aschersleben . Verwundet: 1. Gefteiter Albert Enßle, geboren am 29. 7. 79 zu Heubaib, leicht Streifschuß rechte Hüfte. Im Gefecht am 13. April 05 bei T s a n a r 0 b gefallen: 1. Oberveterinär Adani Hagemeier, gebore» am 20. 7. 76 zu Ellerberg. 2. Unteroffizier Otto Kraatz, geboren am 3. 8. 77 zu Brandenburg . 3. Gefreiter Gottlieb Weimar, geboren am 12. 4. 82 zu Unterheinrieth. 4. Reiter Ernst Käseberg, geboren am 12. 1. 83 zu Wolfenbüttel . Verwundet: 1. Gesreiter Hermann Köttgen, geboren am 18. 10. 81 zu Kettenis, schwer Schuß rechten Unterschenkel. 2. Reiter Georg Laas, geboren am 14. 10. 34 zu Leipzig , schwer Schuß Untersiefer. 3. Reiter Paul Dietrich, geboren am 9. 12. 83 zu Leipzig -Reudnitz , schwer Schuß linken Oberschenkel. 4. Reiter Franz Neff, geboren am 15. 10.83 zu Weier, leicht Fleischschuß linker Oberschenkel. Beim Ueberfall der Farm Ondekarimba am 13. 4. 05 gefallen: Reiter Hermann Krebs, geboren am 23. 2. 82 zu Weedern. Unteroffizier Fritz Bernschein, geboren am 7. 2. 80 zu Eckartsberga , am 16. 4. 05 im Lazarett Windhuk am Typhus ge- fiorbcn. Huelatid. Sozialdemokrattsche Siege. Aus Wien wird uns vom 18. April geschrieben: Wie bereits telegraphisch mitgeteilt, ist am Sonnabend Genosse Johann Resel in dem steirischen Landgemeinde- bezirk Bruck zum Abgeordneten für den Reichsrat gewählt worden. Die Wahl ist ein ganz ungewöhnlicher Erfolg: DaS Ergebnis einer klugen Politik und einer energischen und ziel- bewußten Agitatton, die ebensowohl jeden Arbeiter in den Bannkreis unserer Ideen zu ziehen, wie die der Arbeiterschaft benachbarten kleinbürgerlichen und kleinbäuerlichen Schichten für die volkstümliche Partei zu geivinnen verstand. Ter Land- gemeindebezirk, in dem der Sozialdemokrat in der Sttchwahl gewählt wurde, gehört der sogenannten privilegierten Kurie an: die Wahlberechttgung ist an eine Steuerzahlung von 8 Kronen geknüpft, also an einen Zensus, der die breite Masse vom Wahlrecht noch beträchtlich ausschließt. Die Möglichkeit, auch in den privilegierten Kurien Fuß zu fassen. ist durch zwei Tatsachen geschaffen worden, durch die Steuerreform des Jahres 1896, welche die Personal­einkommensteuer schuf und damit den Arbeitern mit 1256 Kronen das Wahlrecht gibt, dann durch die verschiedenen Landtags- Wahlreformen, wodurch das frühere indirekte(mittels Wahl- männern ausgeübte) und mündliche Wahlrecht in ein direktes und geheimes verwandelt wurde, welche Landeswahlreformen gemäß der Verfassung auch das Wahlrecht des betreffenden Landes zum Reichstage verändern. So ist Genosse Resel der zweite sozialdemokratische Abgeordnete, der aus dem Zensus- mahlrecht kommt; vor ihm ist S e i tz in dem Wahlbezirl Floridsdorf gewählt worden, dessen große industrielle Be- völkerung die kleineren, dem Landbezirke angegliederten städttschen Orte im Wahlkanrpfe bezwangen. Die Wahl in Bruck ist um so verblüffender, als der Bezirk ein sogenannter Landgeineindebezirk ist, also nach der schablonenhaften Auf- fassung ein agrarisches Besitzttlm darstellt. Man darf sich die österreichischen Landgemeindebezirke nicht so vorstellen, wie die agrarischen im Gebiete des deutschen Reichs­tages. Das österreichische Gesetz ordnet nämlich die Wahlbezirke nicht territorial, sondern scheidet vorweg