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Nr. 98. 22. Jahrgang. 3. Wqe Ks Joroirls" KM» MMM Donnerstag, 27. April 1905. Kaufmannsgerichtswahlen. Die amtlichen Formulare für die Wahllegitimation sind unentgeltlich außer beim Magistrat, P o st st r. 16, auch an folgenden Stellen zu haben: Bureau des Zentralverbandes der Handlungsgehiilfen und-Gehulfinnen Deutschlands  , Neue Friedrichstr. 26 I: Bureau der Gewerkschaftskommission, Eugel- Ufer 15; Expedition desVorwärts", Lindenstr. 69: Jakob Wiebe, Gr. Frankfurterstr. 38. berliner I�aclmcbtm Wider die Pfaffenherrschaft. Von diesem im Verlage der Buchhandlung Vorwärts er ichienenen Werke liegt nunmehr auch der zweite Band komplett vor. Es ist unserem am 7. Februar 1961 verstorbenen Partei genossen Emil R o s e n o w nicht vergönnt gewesen, die Arbeit zu vollenden: mitten im Schaffen riß ihn der Tod hinweg Die Kapitel XVHI bis XXVII sind von Heinrich S t r ö b e verfaßt. Der zweite Band beginnt mit der Schilderung der schwäbisch-fränkischen Bauernrevolution im zweiten Viertel des sechzehnten Jahrhunderts, geht dann zur thüringisch  -sächsischen Bauernbewegung über, um hierauf den Untergang des mittel alterlichen Kommunismus zu behandeln. Im siebzehnten Kapitel des Werkes, dem letzten von Rosenow  , ist eingehend die Aus richtung desneuen Zion" in der wesffälischen Stadt Münster  dargestellt und eine plastische Charakteristik der merkwürdigen Gestalt des Johann von Lehden gegeben. Der Verfasser der weilt längere Zeit bei diesem kühnen Interpreten der christ lichsn Lehre und weist mit Energie die Verleumdungen zurück, die geflissentlich über die Persönlichkeit desPropheten" als auch über die Agitation der Wiedertäufer im allgemeinen in Umlauf gesetzt sind. Eine Wiedergabe der Darstellung des Münsterschen Rektors Kessenbrock über die grausame Marterung und Hinrichtung Johanns und seiner Gefährten bildet den Schluß dieses Kapitels. Dann führt Ströbel uns im dritten Teil des Buches in die Zeiten der Gegen reformation und in die Lächerlichkeiten des Buchstabenglaubens hinein und gibt vom Wirken des Jesuitenordens ein anschauliches Bild. Die Greuel des Hexenwahns werden geschildert und in lichtvoller Darstellung, die u. a. das landläufige Bild von Wallenstein   berichtigt, ziehen in den Kapiteln XVHl bis XXVI die Schrecken des 36jährigen Religionskrieges an uns vorüber. Das Schlußkapitel zeigt, wie nach dem großen Wahne die Geisteskultur wieder einsetzte, schildert den all mählichen Sieg der Wissenschaft über das Dogma und weist auf das sozialisttsche Proletariat als den Ucberwinder der Pfaffenherrschaft hin. Wohl selten hat in neuerer Zeit ein Buch mehr Anfeindungen erlebt als dieKulturbilder". Der Bedenken in Freundes� kreisen haben wir bei Besprechung des ersten Bandes gedacht und erwähnt, daß der Vorwurf gegen RosenowsPfaffen Herrschast", daß es ein Tcndenzwerk sei, mit gutem Gewissen hingenommen werden könne. Wir stehen im Kampfe rings von Feinden umgeben, und haben, wo es nur angebracht ist, auch die Geschichtswissenschaft für uns zu verwerten. In Rosenows Buch lassen wir Tatsachen, Ergebnisse geschichtlicher Forschung, lassen wir hervorragende Zeitgenossen reden, und wenn das Mitgeteilte in der Gegen wart einen guten Resonanzboden findet, wie der ungeahnte Erfolg des Buches zeigt, so spricht dies für das Bedürfnis der Bevölkerung nach einer gesunden geistigen Kost, wie sie im ersten Bande der Kulturbilder gegeben ist. Daß die Dunkelmänner und namentlich die der katholischen Kirche   das Buch heftig anfeinden, ist selbstverständlich und soll ihnen nicht übel genommen werden. Die Herren kämpfen eben für ihre Interessen. Welche Furcht vor dem Buche in Zentrumskreisen herrscht, zeigt die Tatsache, daß katholischerseits eigens eine Broschüre als Warnung vor dervergiftenden Lektüre" herausgegeben wurde. Ihr Titel schon ist bezeichnend Die roten Pfaffentöter oder Wozu die Sozial demokraten die Kirchengeschichte fälschen". Ein unbekannter Herr I. Offenbach, dem etwas vom Esprit seines musikalischen Namensvetters zu wünschen wäre, hat die Schriftdem christ lichen Volke zur Warnung" in Dieburg   erscheinen lassen. Wes Geistes Kind der Verfasser ist, zeigt die Stelle in der Broschüre, in der er die wohl oder übel von ihm zugegebene Ver derbnis der Kirche erklärt. Schuld daran ist das Streben nach Bildung, nach heidnischer Bildung, das im Zeitalter des Humanismus die führenden Geister betörte. Er schreibt wörtlich: Besonders die jüngeren Humanisten förderten die religiöse Gleichgültigkeit und Frivolität. Sie untergruben durch ihre in gefälliger, ja bezaubernder Sprache geschriebenen, aber durchaus schlüpfrigen Schriften Religion und Sittlichkeit. Weite Kreise der menschlichen Gesellschaft waren von heidnischer Bildung durchseucht. Alles schwärmte für altheidnische Kunst und Wissenschast. Auch der geistliche Stand wurde von dieser Verderb lichen Zeitströmung ergriffen. Ist es da zu verwundern, daß gerade in dieser Zeit namentlich ein Mann nach einem sehr an- stößigen Vorleben durch Bestechung den Weg zum Thron fand: Ein Kind dieser traurigen Zeit und das Opfer dieser heidnischen Bildung?" So urteilt mit kirchlicher Approbation ein Zentrums- mann über eine Zeit, in der ein Hutten jubelnd ausrief: Die Geister wachen auf; es ist eine Lust zu leben l Und dieser Zentrumsschüler hat den Mut, dem sozialdemokratischen Verfasser derKulturbilder" Förderung der Unkultur vor- zuwerfen. Wer eine aus der Angst vor Aufklärung zutage geförderte Agitationsschrift wieDie roten Pfaffentöter" liest, erkennt so recht die Notwendigkeit von Büchern im Sinne des Rosenowschen. An unseren Parteigenossen liegt es, dafür zu sorgen, daß überall, wo noch die Finsternis herrscht, dieKulturbilder" Eingang finden. Berlin   Saut Tempel und streut Blumen. In der gestrigen Stöung der gemischten Deputation, die zur Vorberatung der von der Stadt Berlin   aus Anlaß der Vermählungsfeierlichkeiten für den Einzug des Kronprinzenpaares zu treffenden Veranstaltungen ge- wählt worden ist, legte Stadtbaurat Ludwig H o f f m a n n die Ent- würfe zur Ausschmückung der Feststraße beim Einzüge der Prinzessin Cäcilie vor. Der Grundgedanke der Dekoration ist: Berlin   streut der einziehenden Prinzessin Blumen. Der Hauptschmuck wurde für den Pariser Platz vorgesehen, wo der Oberbürgermeister mit' den städtischen Behörden die Prinzessin begrüßen wird. Zwischen den ersten Lindenbäumen wird ein leichter Triumphbogen errichtet, ein oberer Abschluß ist ein offener Tempel. Vor und in dem Tenrpel sollen in drei Reihen übereinander weißgekleidete Kinder mit rosa Rosenkränzen auf den Köpfen stehen und mit Rosenzweigen der Prinzessin entgegenwinken. Auch die Ehrenjungfrauen, die vor der Tribüne die Prinzessin erwarten, werden ebenfalls rosa Rosenkränze tragen. Die Berliner  Stadtvertvaltung zeigt sich also wieder einmal der großen kommu- nalen Aufgaben gewachsen. Das Konzept seiner gewiß von Bürger- demut triefenden Begrüßungsrede hat der Herr Oberbürgermeister wohl der Deputation nicht vorgelegt. Sein Name bürgt nach seinen bisherigen Leistungen für die gediegenste Ausführung. Tagesordnung für die Sitzung der Stadtverordneten-Bersammlung am Donnerstag, den 27. April, nachmittags 6 Uhr: Die Akten betreffend die Wahl des Bankiers und Handelsrichters Richard Dyhrenfurth, Alsenstraße 7, und des Kaufmanns Ernst Gohlicke, Friedrichstratze 63, zu Stadtverordneten.   Vorlage betreffend die Aufnahme des Dienstmädchens Gaenfch in die Wunderlich- Stiftung. Vorschläge des Ausschusses für die Wahlen von un- besoldeten Gemeindebeamten. Wahl von drei Stadtverordneten und drei Bürgerdeputierten für das Kuratorium der technischen Mittelschule sowie je eines Mitgliedes für die Hochbaudeputation und die Tiefbaudeputatton mittels Stimmzettel. Die ausführlichen Projekte und Kostenanschläge für Bauten auf den Rieselgütern. Die Neuregelung des Betriebes bei den städtischen Fluß-Bade- anstalten an der Schillingsbrücke, Mühlen- und Fruchfftraße, den Verkauf des an der Berlinerstraße, Ecke Mühlenstraße in Pankow  belegenen Grundstückes, die Festsetzung der Fluchtlinien für eine Uferstraße längs des rechten Spreeufers von der Waisenbrücke bis zum Mühlendamm und den Abschluß von Verträgen mit dem Fiskus über Herstellung dieser Straße und Verkauf des Grundstückes Mühlen- straße 3, den Erwerb der zur Freilegung der südlichen Seite der Seestraße auf der Strecke von Müller- bis Malplaquetstraße erforder- lichen Grundflächen, die Veräußerung eines Trennstückes des Grundstückes Brombergerstt. lt/Rüdersdorferstr. 70 und die Be- willigung eines Zuschusses zu den Kosten der von dem geschäfts- führenden Ausschusse für die Schiller-Feier in Berlin   in Aussicht genommenen Festlichkeiten. In der gestrigen Sitzung der städtischen Hochbaudeputation unter dem Vorsitz des Stadtrats N a m s l a u tvurden die Entwürfe und Kostenanschläge in Höhe von 117 066 M. für die Erweiterung der Rinderställe auf dem städt. Schlachthofe, sowie die für einen Neubau einer Turnhalle auf dem Grundstück der 31. Gemeindeschule, Alt- Moabit 23, der auf 28 500 M. veranschlagt ist, und für eine Er- Weiterungsanlage zum Zweck der Kühlung der im Kücheugebäude des Rudolf Virchow  -Krankenhauses liegenden Kellerräume in Höhe von 11 600 M. genehmigt. Pastorenstreik. Aus der Zionsgemeinde wird folgender Vorfall gemeldet: In der Zionsgemeinde sind im Mai 1901 von den Gemeindekörperschasten einstimmig, also auch mit Zustimmung der Geistlichen unter denen sich auch der Superintendent der Diözese befindet zwei liberale Prediger gewählt worden. Diese beiden Herren hatten ihren Namen mit unter die zugunsten des ge matzregelten Predigers v. Fischer von St. Marcus erlassene Er klärung gesetzt. Das Elisabeth- Siechenhaus in der Eberswalder straße wurde, da ein eigener Geistlicher dafür nicht angestellt ist, bisher durch einen Prediger der Zionsgemeinde unentgeltlich und ehrenamtlich mit geistlicher Arbeit versorgt. Im Falle der Hinderung dieses Herrn durch Amt oder Krankheit hatte derselbe die anderen Geistlichen aus Zion, in letzter Zeit auch die beiden neugewählten Herren gebeten. die geistlichen Funktionen an dem Elisabeth-Siechenhause für ihn auszuüben. Vor einigen Wochen nun ist dem ersterwähnten Geistlichen von feiten des Kuratoriums des Elisabeth-Siechenhauses, unterzeichnet F. v. Ranke, Pfarrer der Elisabeth- Gemeinde, die schriftliche Aufforderung zu gegangen, den beiden liberalen Herren von Zion die Kanzel des Elrsabeth- Siechenhauses nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Der Adressat hat darauf dem Kuratorium mitgeteilt, daß, wenn den Herren Amtsbrüdern, die berufen sind, an der großen Zionsgemeinde das Predigeramt auszuüben, die Kanzel des Elisabeth-Siechenhauses verboten wird, er dies als einen Schimpf und als eine Beleidigung sowohl seiner Amtsbrüder als der Gemeinde-Körperschaften von Zion ansehen und auch seinerseits seine Tätigkeit im Dienste des Elisabeth Siechenhauses einstellen miisse. Es wird interessant sein zu erfahren, welche Stellung das Konsistorium zu dieser Frage einnehmen wird. Der Beschluß der lokalorganisierten Maurer, wonach die Teil nehmer an der Dombaufeier auf ein Jahr von der Mitglied� schaft ausgeschlossen sein sollen, wird natürlich von der bürger- lichen Presse wiedergegeben. Während die meisten Zeitungen sich in dieser Angelegenheit mit kurzen gehaltlosen Bemängelungsphrasen begnügen, glaubt ein Blatt, das am e h e st e n Ursache hätte, hübsch stillzuschweigen, der Angelegenheit einen Leitartikel widmen zu müssen. Die katholischeMärkische Volkszeitung" nämlich. Bei deni Organ einer Religionsrichtung, in der Intoleranz oberstes Dogma ist, und die mit einem Angehörigen, der sich für eine politisch, wisien- schaftlich oder religiös radikale Anschauung erklären würde, gewiß nicht viel Federlesens machte, ist dies allerdings ein starkes Stück. Wir begnügen uns dumit, einfach die Komik dieses Widerspruchs zu konstatieren, erstens weil das Geschrei des Zentrumsblattes an sich ohne Belang ist und zweitens weil es die Sünde seiner Heuchelei in einem Punkte selbst durch eine sattsam radikale Anschauung wieder gut zu machen sucht. Bei Erörterung der in der Maurerversammlung kundgegebenen Ansicht, daß solchen Leuten wie den Festteilnehmern auch zuzutrauen sei, daß ie bei gegebener Gelegenheit auf ihre Arbeitsbrüder, auf ater und Mutter schössen, schreibt das Blatt wörtlich: Natürlich, wer nicht strikte so denkt, wie die Schreier zu denken wenigstens vorgeben, dem ist Dieb st ahl, Raub und Mord, kurz jede S ch l e ch ti g k e i t zuzutrauen." Wir haben es bei verschiedenen Gelegenheiten nicht an einer deutlichen Charakterisierung des Schießens auf Vater und Mutter ehlen lassen. Daß etil Zentrumsblatt diese Handlung anscheinend vorbehaltlos mit Diebstahl, Raub und Mord, kurz mit jeder Schlechtigkeit auf eine Stufe stellt, konstatteren wir neidlos und mit Genugtuung als ein fteimütiges Bekenntnis. Manche Sünde 'oll derMärk. Volksztg." darob verziehen werden. Die Rigaerstraße beabsichtigt der Wkagistrat freizulegen. Die Verhandlungen mit den Eiaenttimern sind bis auf die mit der Firma Lange u. Gutzeit von Erfolg gewesen. Diese Firma verlangt aber einen Preis, der noch durch andere Bedingungen, Erlaß aller Anliegerbeiträge, wesentlich" erhöbt wurde. Diesen Forderungen gegenüber hat der Magistrat die Enteignung der erforderlichen Flächen beschlossen und ersucht nun die Stadtverordneten-Versamm- lung um ihre Zustimmung. Durch diese Enteignung wird die Frei- legung der Rigaerstraße wieder verzögert. Niedriger hängen. Ein Leitartikel der P o st" über die Aus- perrung der rheinischen Brauer beginnt: Seit der Brauereidirektor R o e s i ck e, der später durch seinen Dauermarsch hinter der Leiche deS Sozenhäuptlings Liebknecht eine gewisse traurige Berühmtheit erlangt hat, in Berlin   mit den ausständigen Arbeitern den faulen Frieden chloß-c." Dreckseele bleibt Dreckseele I Die gerichtliche Vernehmung der Witwe Krause, die gestern nach- mittag im Krankenhause am Urban stattfand, hat im wesentlichen nichts Neues zutage gefördert. Die Frau bestätigt im allgemeinen ihre früher gemachten Aussagen auch unter ihrem Eide. Einige Be- nchtigungen ihrer ersten Bekundung hatte sie schon vorher gemacht. Daß früher angegeben wurde, der vermißte und noch immer nicht gefundene Hund habe keine Marke, hat seinen besonderen Grund. Die Dogge war als Wachhund steuerfrei, durste dafür aber auch nicht auf der Straße herumlaufen, sondern mußte an der Leine geführt werden. Um darum herumzukommen, hatte man ihm eine alte Marke angehängt. Den Verdacht der Täterschaft lenkt Frau Krause jetzt auf Einbrecher, die sie öfter heimsuchten, zuletzt vor einem Jahre. Damals erbeuteten sie einige Uhren und Goldwaren. Das Befinden der Überfallenen Frau bessert sich immer weiter. Sie glaubte gestern schon das Krankenhaus verlassen zu können. Der in Treptow   ge- sehene Hundekadaver wurde gestern am Engel-Ufer gelandet. Es ist nicht der der deutschen   Dogge der Frau Krause, sondern hat viel länger im Wasser gelegen, als diese vermißt wird. Bei einem Fahrstuhlunfall kam in der Handelsstätte Belle- Alliance der Fahrstuhlführer Robert Kaiser schwer zu Schaden. Beim Reinigen der Seile erlitt er an der Hand eme schlimme Quetschung, sodatz er nach der Unfallstation in der Wilhelmstraße gebracht werden mutzte. Zwei internationale Taschendiebe wurden gestern auf dem Bahnhof Alexanderplatz   festgenommen. Der eine nennt sich Kuropatiwa, der andere Kuscher. Dieser wurde vor einigen Tagen schon einmal ein- gesperrt unter dem dringenden Verdacht, in der Friedrichstraße einer Dame das Portemonnaie und eine Stadtbahnkarte aus dem Pompadour gestohlen zu haben. Er beteuerte seine Unschuld und da die Bestohlene nicht ermittelt wurde, so ließ der Untersuchung"- richter ihn wieder laufen. Gestern sah ein Beamter, daß er auf den: Bahnhof Alexanderplatz   gemeinsam mit Kuropattwa arbeitete, und nahm beide fest. Die Ausrede, daß er soeben erst in Berlin  eingetroffen und harmlos durch die Straßen gegangen sei, konnte er jetzt nicht mehr gebrauchen. Dafür behauptet er nun, er habe sich nach seiner Entlassung noch in Berlin   aufgehalten, um für die gemeinsame Heimreise einen Freund zu suchen. Der>Raubanfall auf den Geldbriefträger Ulm.   über den vor einiger Zeit aus der Franseckistraße berichtet wurde, ist jetzt voll« ständig aufgeklärt. Ulm   wurde damals, wie wir mitteilten, auf seinem Bestellgange aus dem Hinterhalt überfallen und mit einer Feile leicht verletzt. Er verlor kein Geld und konnte seinen Dienst gleich nach der Vernehmung fortsetzen. Der Täter entfloh auf die Hülferufe des Ueberfallenen, wurde aber verfolgt und auf dem Boden eines Hauses in der Nachbarschaft ergriffen, nachdem er die Feile weggeworfen hatte. Er wurde festgestellt als ein Bäcker Karl Piper, leugnete aber hartnäckig und behauptete, er habe auf dem Boden, wo man ihn faßte, nur übernachtet. Jetzt hat er endlich vor dem Untersuchungsrichter ein Geständnis abgelegt. Er hatte Ulm   drei Tage lang beobachtet, um seine Bestellgänge kennen zu lernen um» einen Hinterhalt auszukundschaften, und die Feile für den Ueberfall eigens mitgenommen. Kaninchenfleisch. Der Zentralverband deutscher Kaninchenzüchter hatte im Etablissement Buggenhagen in den Tagen vom 21. bis 25. April eine Kaniucheuausstellung veranstaltet. Die gut beschickte Aus« stellung wies zahlreichen Besuch auf. Wer zu Hause einige Kaninchen hält, der ließ sich das Vergnügen nicht nehmen als Kaninchenzüchter" und Interessent, von noch mehr interessierten Kindern begleitet, die Kauinchenausstcllung aufzusuchen. Alle Arten und Abarten von Kaninchen wurden bewundert. Der Bund der Kaninchenzüchter beabsichtigt eine Verkaufsstelle für Kaninchenfleisch zu errichten. Bisher wird Kaninchenfleisch wohl ausschließlich von der ärmeren Bevölkerung gegessen, die den Genuß von Rinder- und Schlveinefleisch nur selten erschwingen kann. Der billigere Preis dürfte wohl der einzige Vorzug des Kaninchenfleisches sein. Die beteiligten Kaninchenzüchter beabsichtigen nun den Verkaufspreis für das Pfund Kaninchenfleisch auf 50 Pf. festzusetzen. Ob dieser nicht unerhebliche Preis einen erhöhten Kaninchenfleischkonsum herbei- führen wird, dürfte wohl sehr zweifelhaft sein. Ein dritter Fall von Genickstarre, der jetzt im Krankenhause am Friedrichshain   festgestellt ist. bietet dadurch besonderes Interesse, daß das Wesen der Krankheit erst zehn Tage nach ihrem Ein- tritt mit Sicherheit von den Aerzten erkannt wurde. Es handelt sich um die 18jährige Tochter Hedwig des Gerichtskanzlisten Bunde aus der Schliemannsttaße. 3, die als Kindermädchen bei einer Familie Z. in der Lothringerstraße 38 bedienstet war. Am Palm- sonntage besuchte das junge Mädchen seine Eltern. Da es gegen Abend über Frost klagte und sich bei ihm auch Erbrechen einstellte. so verblieb es einstweilen bei den Eltern. Obgleich der Krankheits  - zustand nicht besorgniserregend war, wurde am nächsten Tage doch ein Arzt zugezogen, der die Diagnose auf Magen- und Darmkatarrh stellte. Eine Besserung in dem Befinden der Kranken trat nicht ein und so wurde sie am Mittwoch vor Ostern nach dem Krankenhause am Friedrichshain   gebracht. Die Eltern, die dann täglich im Kranken- Hause Erkundigungen nach dem Befinden ihrer Tochter einzogen, er- hielten immer wieder den Bescheid, daß es sich um eine Gehirnhaut- entzündung handele. Erst vorgestern(Dienstag), also zehn Tage nach Beginn der Krankheit, wurde den Eltern die Mitteilung ge« macht, daß die Tochter an Genick st arre leide. Gleichzeitig wurde angeordnet, daß nicht nur ihre eigene Wohnung, sondern auch die« jenige, in der das Mädchen bisher bedienstet war, sofort zu des- infizieren sei. Dieses ist mittlerweile auch erfolgt. Das Befinden der Patientin, die nach einer Isolierbaracke deS Krankenhauses ge­schafft wurde, ist befriedigend, so daß die Aerzte auf einen günstigen Verlauf der Krankheit rechnen. Auch aus Neu-Ruppin   wird jetzt ein Fall von Genickstarre gemeldet. Dort erkrankte an, Sonnabend das zweijährige Kind eines Arbeiters und verstarb vorgestern unter verdächtigen Er- scheinungen an den Folgen einer Gehirnhautentzündung. Die Be- Hörden trafen sofort Maßnahmen, um eine weitere Ausdehnung der Seuche zu verhindern. Der Genickstarrefall in Dallgow  , Kreis Neu- Ruppin, ist vereinzelt geblieben. Um eine Weiterverbreitung der epidemischen Genickstarre zu verhindern, haben die Militärbehörden verfügt, daß bei den jetzt stattfindenden Konttollversammlungen die zur Kontrolle Verpflichteten aus den feucheverdächttgen Orten sich nicht zu stellen haben. So sind auch die Kontrollverpflichteten aus Dallgow  , die sich heute, Donnerstag, zu stellen hatten, abbeordert worden. Vergeßlichkeit. Recht unangenehm ist dem Arbetter Hermann Victor Fouquet aus der Halleschenstr. 18 seine Vergeßlichkeit ge- worden. Er geht abends mit einem Phonographen in Gastwirt- schasten und verdient sich damit einige Groschen. In der Nacht zum 16. Slpril gab er dem Wirt eines Lokales in Südosten den Apparat in Verwahrung, doch kann sich Fouquet weder auf den Namen des Wirtes, noch auf die Straße, in der das Lokal gelegen ist, be« innen. Vielleicht verhelfen diese Zeilen dem Manne wieder zu einem Eigentum. Unter den Rädern deS Autos. Der neun Jahre alte Sohn Georg des Arbeiters Stein aus der Köpenickerstraße 160 spielte am zweiten Feiertage, nachmittags um 6 Uhr, mit dem sechsjährigen Knaben Erich Stumpf aus demselben Hause auf der Straße Kriegen", als vom Schlesischen Tore her ein Automobil mit vier Insassen herangerast kam. Der Knabe kehrte dem Fahrzeuge den Rücken und wurde von ihm umgestoßen und über den Kopf gefahren. Schwerverletzt wurde er nach dem Krankenhause Bethanien gebracht, Ivo er bald nach der Aufnahme starb. DaS Publikum, das in großer Menge nach Treptow   hinaus spazieren ging, wollte den Chauffeur Willy Vambernitz, den Sohn einer Witwe aus der Gneisenaustratze 84, und die Insassen durchprügeln und wurde nur durch das Einschreiten der Polizei davon abgehalten. Ein Schutz- mann brachte Bambernitz und die anderen nach der Wache deS 53. Reviers in der Wrangelstraße. In selbstmörderischer Absicht stürzte sich gestern abend gegen 9% Uhr der Leutnant a. D. v. Gracht aus einem Fenster d«S zweiten Stockes in der Schützenstratze 27. Nach Anlegung eines Notverbandes durch einen sofort herbeigerufenen Arzt wurde der Schwerverletzte von zwei Schutzleuten nach der Unfallstation gebracht. An seinem Aufkommen wird gezweifelt.