Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Nr. 198.Donnerstag, den A3. Angnst 189I.9. Jalfrg.Lolinles.Neber die Zustände in der königlichen Charitee bringtdie letzte Nummer der„Deutschen medizinischen Wochenschrift"einen Artikel ihres Redakteurs, des Geh. Sanitätsraths DoktorEuttmann, der uns ein grauenvolles Bild davon giebt, wiejenes Institut seinen Zwecken, darunter dem der Förderung dermedizinischen Wissenschaft entspricht oder vielmehr nicht entspricht.Wir lassen den Artikel folgen:„Die Erkenntniß der Krankheitsursachen, die großen Fort-schritte auf dem Gebiete der Gesundheitspflege und in fast allenZweigen der medizinischen Wissenschaft und Praxis haben einenvollständigen und zwingenden Umschwung im Bau und in derEinrichtung unserer Krankenhäuser vollzogen. Eine wenigrühmliche Ausnahme macht unser größtes Krankenhaus,die Charitee, welche die Mehrzahl unserer klinischenUniversitäts-Jnstitnte und das pathologische Institut um-faßt. Nicht nur in unserer Fachpresse und in denTageszeitungen, sondern auch in vielfachen Berichten an diemedizinischen Fachblätter des Auslandes sind diese VerhältnisseGegenstand abfälliger Beurtheilung gewesen. Diese Mißständesind oft und eingehend auch in unserer Wochenschrift beleuchtetworden, und wenngleich es gerade kein angenehmes Thun ist, sooft Gerügtes zu wiederholen, so erfordert es doch die großeWichtigkeit der Sache, so lange darauf zurückzukommen, bis dienothwendige Remedur geschaffen ist.Die allgemeinen Krankenhäuser sind in unserer Zeit auch diewichtigsten Einrichtungen der öffentlichen Gesundheilspflege, weilsie. zweckmäßig eingerichtet, die Ausbreitung epidemischer Krank-heilen verhüten, und weil die Zahl Derer stetig wächst, welche imFalle der Erkrankung auf die Hospitalpflege angewiesen sind.Wie eine tadellose Verwaltung und das ärztliche Eingreifen,bilden auch die äußeren Verhältnisse, unter welche wir dieKranken zu bringen haben, einen Faktor von mindestensgleicher Wichtigkeit. Wie sich diese äußeren Verhältnisse in derCharitee gestalten, wollen wir, ohne dieselben'eingehend zuerörtern— es ist dies ja oft genug geschehen— in einzelnenZügen markire». Die Charitee ist im Wesentlichen, und ab-gesehen von dem vortrefflich eingerichteten Institut für In-fektionskrankheiten und dem ebenfalls in den letzten Jahren er-bauten Kinderpavillon, ein Komplex von alten Gebäuden, derenbauliche Zustände völlig ungeeignet, und deren hygienische Ein-richtungen, trotz der hier und da angebrachten Flickerei, für einKrankenhans geradezu verwerflich sind. Neben dieser hygienischenUnzulänglichkeit tritt noch ein Moment in den Vordergrund, dasfür sich allein schwerwiegend genug wäre, um mit diesem Gebäudekomplex, der als eine wenig angenehm berührende Traditionder modernen Fürsorge für das allgemeine Wohl gegenübersteht,schnellstens aufzuräumen— ich meine den Umstand, daß das Kranken-Hans auch in anderen wichtigen Beziehungen de» baupolizeilichen An-forderungen kaum mehr entspricht. Allein der sorgsamen Verwaltungist es zu danken, daß wir bisher nach dieser Richtung hin vorSchlimmerem bewahrt worden sind. Alle Sorgsamkeit jedochkann bei den vorhandenen Zuständen zu Schanden werden.Die Charitee ist in der Regel mit 1K00— 1700 Kranken be-legt, eine Zahl, die, abgesehen von den heutigen Forderungen andie hygienischen Einrichtungen, mit den verftigbaren Räumen imvollsten Widerspruche steht, und sachentsprechend aus 1200 odernoch weiter beschränkt werden müßte. Auch die gewissenhaftesteVerwaltung, und diese wird anerkanntermaßen in vollstem Um-fange der Charitee zu Theil, kann die daraus erwachsendenSchäden nicht hintanhalten, deren Schilderung wohl überflüssigist. In einem diesen Krankenräumen ebenbürtigen Zustande,der für sich den Ninischen Unterricht an, Krankenbett fast un-möglich macht, befinden sich auch die Auditorien. Ueber dieRäume der Laboratorien thut man am besten, zu schweigen. Wiesoll mit solch' unzulänglichen Mitteln der klinische Unterrichtgedeihen? Die moderne Medizin bedarf für die Lösungchrer Aufgaben auch der modernen Hilfsmittel. Soll Berlin,dieses Hauptzentrum im Gange der neuen Eroberungen, durch Nicht-bewilligung der nöthigen Mittel aufgehalten werden?In dem baufälligen pathologischen Institut, woselbst sich dievon Virchow angelegte pathologisch- anatomische Sammlung be-findet, eine Sammlung, die ihresgleichen in der Welt sucht, ist*3 kaum möglich, die für den Unterricht nothwendigen Präparateübersichtlich zu placiren, das Gros ist derart untergebracht, daßdie großen Aortheile, welche derartige Präparate den Lernendenbieten, denselben entzogen sind, abgesehen von der Gefahr, dieserPräparate durch die Baufälligkeit und Feuergesährlichkeit verlustigZu gehen. Durch die mangelhaften Zustände in dem Charitee-Krankenhause ist der bedeutsame Schritt auf dem Wege der Re-form, durch welche die Aufgaben der Klinik der Praxis näher ge-bracht werden sollen, lahm gelegt. Würde es nicht auch an-gemessen sein— und dem Vernehmen nach sollen diesbezüglicheVerhandlungen schweben— unsere musterhaften städtischen Heil-anstalten auch für den Universitäts- Unterricht in der einen oderanderen Weise nutzbar zu machen? Die Pflicht sowohl der staat-stchen wie der städtischen Verwaltung ist in dieser Richtung umfo zwingender, als ja unter allen Kundigen nicht der geringsteZweifel besteht, daß die klinischen Anstalten Berlins auch ihrerZahl nach für die praktische Ausbildung der vielen hiesigenMedizin- Studirenden nicht ausreichen, eine Thatsache, aufwelche auch die zahlreichen Klagen z. B. des deutschen Aerzte-tages über die praktische Unzulänglichkeit der medizinischenSchulung zu einem nicht geringsten Theile zurückzuführen sind.Die hier gerügten Zustände sind offenkundig; unsere Finanz.läge, mag sie auch gegenwärtig nicht günstig sein, darf solchenUedelständen gegenüber nicht angerufen werden, am wenigstenZu einer Zeit, wo es noch möglich ist, 57 Millionen aus demletzten Ertrag der Zölle den Kreisen und Gemeinden zu über-weifen. Es giebt kaum eine andere Universitätsstadt, derenklinische Einrichtungen nicht entsprechend der fortschreitenden Er-kenntniß ausgestattet sind; mögen endlich Stadt und Staat zu-sammenwirken, um in Berlin gedeihliche Zustände zu schaffenund die Hauptstadt des Deutschen Reichs auch, wozu sonst ja alleVoraussetzungen vorhanden sind, zu einem Bororte der medizini-Ichen Ausbildung zu machen."So Sanitälsrath Dr. Guttmann, der Vertreter der Wissen'fchast.— Abgesehen von einzelnen Neuschöpfungen„ein Komplexvon alten Gebäuden, deren bauliche Zustände völlig ungeeignet,und deren hygienische Einrichtungen, trotz der hier und da an-gebrachten Flickereien, für ein Krankenhaus geradezu verwerflichsind"— 16- bis 1700 Kranke, wo blos 120» untergebracht seinsollten— Auditorien und Laboratorien unzulänglich zum klini-fchen Unterricht— baufälliges pathologisches Institut, in demeine Sammlung von für die Wissenschaft hervorragendstem Werthe,-die in der Welt ihres gleichen sucht", so untergebracht ist, daßalle durch sie möglichen Vortheile„den Lernenden entzogenwerden" u. s. w. u. s. w.: Das ist eine von berufener Seitekommende Kritik, die für sich selbst spricht. Hier, wo es sich umdas leibliche Wohl der Menschheit handelt, wo es sich darumhandelt, die sich mit diesem Wohl beschäftigende Wissenschaft zuUnterstützen, sie in jeder Beziehung zu fördern, da ist kein Geldvorhanden, da thut man nichts zur Besserung. Auf der anderenSeit« arbeitet man aber eifrig und mit Dransctzung riesigerwitmmen oh der Verfeinerung militärischer Einrichtungen, dieim Interesse von Kultur, Fortschritt und Wissenschaft besserunterblieben. Wir können nur im Namen der leidendenMenschheit und im Namen des Fortschritts in derWissenschaft verlangen: Fort mit solchen jämmerlichen Ein-richtungen, wie sie Dr. Guttmann schildert, und an ihrerStelle her mit einem Institut, das in allen seinen Theilen denneuzeitlichen Anforderungen von Heilkunst und medizinischerWissenschast entspricht iDie Beamten-Vereine lösen nun schon seit einer Reihevon Jahren nach ihrer Art gewaltig an der sozialen Frage herum,und in erster Linie muß es sich dabei die bekannte BotschaftWilhelm's I. gefallen lassen, von diesen Vereinen als Richtschnurihrer Bestrebungen bezeichnet zu werden. Eine besondere Artdieser Beamtenvereine ist der Berliner Osfizierverein, dessen Ge-schäftsgebahren den hiesigen Uniform-Schneidern erst ganz kürzlichAnlaß zu öffentlichen Erörterungen geboten hat. Der genannteVerein hatte es als der Weisheit letzten Schluß erkannt, daß beiden von ihm ausgegebenen Lieserungen nur noch an den Ar-beits löhnen gespart werden könne, und hatte dementsprechendauch die Löhne der Uniformschneider bemessen.Dem denkenden Arbeiter wird einleuchten, wohin solche„sozialen Reformen" führen. Eugen Richter's Spar-Agnes istsolchen Vereinen gegenüber das reine Waisen-Mädchen.Wer in Zukunft billig seine Uniform kaufen will, derhandelt und schachert nicht mehr mit dem Kleiderhändler, sonderntritt dem Osfizierverein als Mitglied bei, und falls er hier keineAufnahme findet, wendet er sich an einen der zahlreichen Be-amtenvereine, die in Berlin und in anderen Städten bestehenund vor allen Dingen darauf Bedacht nehmen, für ihre Mit-glieder die sämmtlichen Bedarfsartikel möglichst billig zu be-sorgen. Ob der Arbeiter dabei zu kurz kommt, interessirt dieHerren Beamten und die Beamtenvereine nicht; für sie scheintdie soziale Frage, natürlich auch im Sinne der vorerwähntenAllerhöchsten Botschaft, gelöst zu sein, wenn die Beamten durchVermittelung des betreffenden Vereins ihre Bedürfnisse zu billigenPreisen befriedigen können.In diesem Sinne arbeiten bereits gegenwärtig in Berlin undaußerhalb hunderte von Vereinen und theilen in ausführlichenRcchnungs- Abschlüssen einander mit, was sie bei billigen Ein-kaufspreisen für ihre Mitglieder erspart haben. Daß die Er-sparnisse größten t Heils Lohnabzüge sind, dieden Arbeitern gen» acht werden, ahnen die HerrenBeamten schwerlich. Bei den Offizierunisormen ist diese That-fache zuerst öffentlich in die Erscheinung getreten und besprochenworden, und ganz ähnlich steht es mit allen anderen Gebrauchs-gegenständen, zu deren Herstellung menschliche Arbeit direkt oderindirekt verwendet wird? Kaufen die Herren Beamten billiger,so können sie das nur, indem sie die Löhne drücken, anders wer-den sie wohl billigere Preise schwerlich erzielen.„Aber wir wollen ja nur den faulen Zwischenhandel besei-tigen, der viele Prozente für sich einstreicht, ohne den Werth derWaare zu erhöhen," so hören wir manchen brav gesinnten Be-amten sagen, der vielleicht, weil früher selber Arbeiter, noch gar-nicht ernstlich daran gedacht hat, daß er die Arbeiter bei seinemVereins- Sparsystem schädige. Nun, es mag ja in einzelnenFällen vorkommen, daß ein Kaufmann von seinem Verdiensteinige Prozente bei den Beamten-Bereinen einbüßt, aber aufdie Dauer ist das einfach n i ch t m ö g l i ch. Da der HändlerUnternehmer ist, so wälzt er alle Unkosten, wenn er sie vomKäufer nicht bezahlt bekommt, aus den Arbeiter direkt oderindirekt ab.Was will es denn bedeuten, wenn einige Beamten-Vereinein entfernten Gegenden des Reiches, z. B. in den Reichslandcn,gröbere Mengen an Lebensmitteln einkaufen und um einen etwasgeringeren Preis als die dortigen Kaufleute an ihre Mitgliederabgeben? Gewöhnlich rührt dieser billigere Preis daher, daß dieseBeamten-Vereine von ihrer Behörde protegirt werden, daßman ihnen Lagerräume und dergleichen unentgeltlich ge-währt. und daß, wenn sie sich eigene Verkaufs-kokalitäten beschassen, diese mit weniger Komfort auS-gestattet sind, als die der anderen Verkäufer. Eskann ja ausnahmsweise einmal ein Händler oder ein Monopol-Inhaber den Preis für den einen oder anderen Bedarfsartikelübermäßig in die Höhe treiben, aber das sind und bleiben Ans-nahmen, die noch' keineswegs das Dasein von Vereinen recht-fertigen, die auf ein stetes Herunterdrücken der Preise halten.Dieses Bestreben der Beamtenvereine ist ein für die Ent-Wickelung unserer sozialen Verhältnisse besonders bedenkliches, vordem wir bei Zeiten warnen wollen. Diese Preiserfparnisse anGebrauchsgegenständen werden nach den anerkannten wirthschaft-lichen Gesetzen den Arbeitern vom Lohne abgezwackt, und wenndiese Thatsache in Zukunft erst öfter, wie beispielsweisebeim Osfizierverein, nachweisbar wird, so wird dieseVereinsmeierei der Herren Beaniten anstatt zum sozialenFrieden, zu einem sehr heftigen sozialen Kriege führen, der vondem Arbeiter, welcher hierbei um seine Existenz kämpft, mitgrößter Erbitterung ausgefochten werden wird.Wir rathen zum Frieden! Mögen alle diese Beamten- undsonstigen Ersparungs-Vcreine sich überlegen, daß systematische?Zreis-Herabsetzu»gen unfehlbar auch systematische Lohndrückereienür die Arbeiter im Gefolge haben. Geht dies Ersparungssystemder zahlreichen Beamten-Vereine so sorl, so ist der Tag nichtfern, wo sie den Arbeitern als deren gefährlichste wirthschaftlicheGegner und Feinde gegenüberstehe» werden. Wir glauben bisjetzt noch nicht, daß dies die Absicht der Beamten-Vereine ist,aber der von ihnen eingeschlagene Weg kann leicht dahin führen.Deshalb beherzige man bei Zeiten unsere Warnung.Lohnrcduktionen sind jetzt in den industriellen Etablissementswieder an der Tagesordnung. An Arbeitskräfte» ist eben keinMangel und so weiß der Fabrikant, daß er seinen Leuten schonetwas bieten kann. Dieselben müssen sich wohl oder übel aller-Hand Abzüge gefallen lassen, denn sie wissen genau, daß ihnenauf jede Beschwerde die Antwort zu Theil wird: Wenn Ihnendas nicht paßt, so können Sie ja gehen, ich bekomme Ersatz soviel ich immer haben will. Und das ist leider auch der Fall,denn die beschäftigungslose Rescrve-Armee ist so groß, daß fürjeden frciwerdenden Arbeitsplatz sofort Dutzende von Bewerbernvorsprechen. Nicht nur, sdaß heule die große Arbeitslosigkeit de»Fabrikanten zu Nutze kommt, sie haben sich auch noch eineFabrikordnung zugelegt, die ihnen alle Rechte einräumt, währendsie den Arbeitern nur Pflichten auserlegt. In den Fabrikordnungenspielt die Kündigungsfrist eine so große Rolle, daß man meinensollte, es sei wenigstens nach dieser Richtung hin Licht und Schattengleichmäßig vertheilt. Wenn man aber näher zusieht, dann be-nierkt man erst, daß auch hier mit zweierlei Maaß gemessen wirdund daß der Arbeiter eigentlich vogclfrei ist, denn bei der kleinstenKleinigkeit droht dem Arbeiter die sofortige Entlassung.In einer hiesigen Lampenfabrik wurde einem Arbeiter an-gekündigt, daß er sich für eine Lieferung von je 100 Stück seinerWaare einen Abzug von 1 M. gefallen lassen müsse, sonst—Entlassung. Das hätte pro Woche einen Lohnausfall von 6 M.bedeutet. Ter Arbeiter wartete die Entlassung nicht ab, sondernlegte aus freien Stücken die Arbeit nieder, da der Lohn ein auchnur auskömmliches Dasein nicht ermöglichte. Vorher waren abernoch Nachforschungen angestellt worden, wer dem Arbeiter dieMittheilung von dem reduzirten Akkordlohn gemacht hatte. Alsdas ermittelt war, wurde der betreffende Arbeiter sofort entlassen,die Fabrikordnung gestattet das.Das„Ausrangiren" älterer Arbeiter ereignet sich jetzt eben-falls sehr häufig, da muß immer die gegenwärtige schlechte Ge-schäfslage herhalten. In einer Kartonsabrik in der Feilnerstraßewar ein Arbeiter dreißig volle Jahre beschäftigt. Er hatte inder Fabrik seine Lehrzeit durchgemacht und war dann während27 Jahren dem Geschäft treu geblieben. Seit langen Jahrenbezog derselbe einen Wochenlohn von 15 M. Als er einmalun« eine geringe Zulage anhielt, wutde ihm bedeutet, daßdas nicht angängig sei, wenn er mehr verdienenwolle, möge er nur seine Frau mitarbeiten lassen, sie sei starkund kräftig genug. Seit der Zeit aber scheint man stets in derFurcht gelebt zu haben, daß sich das Gesuch um eine Zulagewiederholen werde. Deshalb mußte der„schlechte Geschäftsgang"herhalten, denn der Arbeiter erhielt jetzt seine Kündigung.Jüngere Arbeitskräfte sind zur Genüge vorhanden und an denenspart der Fabrikant pro Kopf noch 3 Mark, denn dieselben er-halten nur 12 Mark Wochenlohn.Aehnlich geht es in allen Betrieben zu: der Arbeiter schlechtbezahlt und der famosen.Fabrikordnung" unterworfen, derUnternehmer lediglich aus seinen Vortheil bedacht, stets daseigene„Ich" in den Vordergrund drängend. Es gehört ein ge-höriger Posten Optimismus dazu, wenn sich heute noch einigePolitiker hinstellen und uns lange Predigten halten über dasgute und herzliche Einverständniß zwischen„Kapital und Arbeit".Sie können sich ihren Sermon ruhig sparen, denn auf diesenLeim kriecht wirklich kein Arbeiter mehr.Ueber die Gehaltsverhältnisse der„hohen" und„höheren" Gemeindebcamten deutscher Städte macht die„Deutsche Gemeinde- Zeitung" beachtenswerthe Mittheilungen,denen folgende Zusammenstellung entnommen ist: Die Gehälterbetragen in Mark: Oberbürgermeister: Berlin 301100. Frank-furt a. M. 26 000, Breslau 25 000, Magdeburg 23 000,Köln 20 000, Düsseldorf 13 000, Elberfeld 18 000, Stettin 16 500,Königsberg 15 500, Bannen 13 500, Aachen 12 000, Krefeld 11500und Wohnung. Erste Beigeordnete bezw. in Städten mit Magistrats-Verfassung Zweite Bürgermeister: Berlin 18 000, Frankfurt a. M.13 500, Magdeburg 12 500, Breslau, Leipzig, Altona 12 000,Köln 9500, Düsseldorf 9000, Barmen 8500, Dortmund 8400.Nächst höchst besoldeter Beigeordneter bezw. Magistratsmitgliedausschließlich der Stadt-Bauräthe und Stadt-Schulräth«: Berlin12 000, Frankfurt a. M., Breslau 10 000, Altona 9000, Magdeburg8600, Köln, Dresden 8100, Leipzig 3000, Stadt-Bauräthe Köln 19 000und 9000, Berlin 18 000 und 15 000, Frankfurt a. M. 12 000und 10 000, Elberfeld 10 000, Magdeburg 9500, Barmen 9000.Breslau 3700, Dortmund 8400, Leipzig 8100 und 7300, Aachen8000 und 6000, Altona, Essen 7500. Düffeldorf 6900 und 6000,Krefeld 6900, Stadtschulräthe: Berlin 12 000 und 10 000, Magde-bürg 9600 und 8200, Elberfeld 9000, Breslau 3400. Gas-,Elektrizitäts- und Wasserwerks-Direktoren: Berlin Oberdirektor12 500,(W.) 15 000,(G.) 13 600, Magdeburg(G. SB.) 13400,Köln(G. E. W.) 12 000, Breslau(G. SB.), Elberfeld(G. SB.),10 000, Düsseldorf(G. W.) 9400, Leipzig(G.) 9300. Dresden(G.)9025, Dortmund(W.) 9000, Elberfeld(E.) 7000, Breslau(E.)6500. Bau-Jnspektoren: Berlin 7300—6600, Frankfurt a. M.7800 bis 5100, Köln 7600 bis 9600, Magdeburg 6500 und5000, Breslau 0000 bis 5000, Dresden, Düsseldorf,Elberfeld, Altona, Dortmund. Krefeld 5000. Brand-direktoren: Köln(auch Fuhrpark) 9025, Breslau 8400, Magde-bürg 6240, Leipzig 5700, Dresden 5120, Frankfurt a. M. 4950,Altona 4350. Stadtschul- Inspektoren: Frankfurt a. M. 8000,Altona 7500. Köln 7500 und 6400, Barmen 7000, Berlin 6900bis 6000, Düsseldorf 6400, Krefeld 6300, Dresden 6000, Breslau5300. Schlacht- und Viehhof- Direktoren: Leipzig 5950. Köln5300, Magdehurg 5500, Frankfurt a. M. 5100, Elberfeld, Essen4500, Dortmund 3900, Düsseldorf 3500 und Wohnung. Garten-Direktoren: Frankfurt a. M. 5600, Magdeburg 5000, Köln4800, Leipzig 4475, Aachen 4000, Dresden 3920. Direktoren derStatistischen Aemter: Berlin 7500, Breslau 5700, Dresden 5300,Leipzig 4800, Frankfurt a. M. 4600. Magdeburg. Altona 3600,Köln 3500. Stadtreutmeister, Rendanten der Stadthaupttasse:Köln, Aachen 7000, Berlin 6000, Frankfurt am Main5600, Essen 5400, Breslau 5250, Düsseldorf, Elber-feld 5000, Altona 4530, Magdeburg 4350, Krefeld4000. Sparkassen- Rendanten: Berlin 6000, Köln 5300,Dresden, Düffeldorf 4700, Breslau 4650, Elberfeld. Dortmund4500, Magdeburg 3075, Barmen 3000. Bureaudirektoren, ErsteStadtsekretäre: Berlin 7500 und 6000, Frankfurt a. M. 6100,Crefeld 6000, Aachen 5600, Breslau 5450, Düsseldorf, Altona5000, Elberfeld 4700, Barmen, Dortmund, Essen 4500. Köln 4000.Vorsteher der Geometer-Bureaus. Stadt-Geometer: Berlin 7800.Frankfurt a. M. 6100, Essen 5000, Breslau 4550, Düsseldorf,Elherfeld, Dortmund 4200, Magdeburg, Crefeld 4000, Köln 3800.Eine Znsammen- und Gegenüberstellung der Gehälter und Löhneder stadtischen„nnteren" Beamten und Arbeiter mit den vor-stehenden dürste nicht ohne Interesse sein. Vielleicht findet sichauch hierzu die„Deutsche Gemeinde-Zeitung" bereit.In der Berliner Aktiengesellschaft für Eisengießeretund Ntaschinenfabrikation in Charlottenburg wurde amDienstag Nachmittag 3 Uhr der Arbeiter E. Höhne, welcher mitSchleifen von Gußtheilen beschäftigt war, durch das Platzen derSchmirgelscheibe von drei Stücken schwer verletzt. Dieselbenflogen den» Arbeiter an Brust, Kopf und Kinnlade mit solcherWucht, daß derselbe einige Schritte zurücktaumelte und zu Bodengestürzt wäre, wenn nicht ein Kollege den Zusammenbrechendenaufgefangen hätte. Per Krankenkorb wurde der Verunglückte nachdem Krankenhaus in Moabit transportirt. Die Aerzte vermochtennicht, sofort über die Schwere der Verletzungen Auskunft zugeben, jedenfalls wird Höhne wochenlang auf dem Krankenlagerzubringen müssen, wenn anders seine vollständige Genesung über-Haupt zu erwarten ist.In der Fabrik sind Unfälle ähnlicher Art schon wiederholtvorgekommen, es ist aber davon nie etwas in die Oeffent-lichkeit gedrungen. Ter vorstehend geschilderte Unfall istin erster Linie darauf zurückzuführen, daß an der Schmirgel-fcheibe jegliche Schutzvorrichtung fehlte. Eine vorschriftsmäßigangebrachte Schutzkappe hätte das Unglück verhindern müssen.Weshalb dieselbe nicht angebracht war, ist nicht unsere Sache zuuntersuchen: es ist aber Faktum, daß in verschiedenen gewerb-lichen Etablissements über die Arbeiter eine größere Kontrolleherrfcht, als über die Schutzvorrichtungen, welche an denMaschinen angebracht sein solle». Die„Sparsamkeit" spielt daeben eine große Rolle,— so groß, daß derselben«in Menschen-leben ohi� weitere Gewissensskrupel geopfert wird. Die HerrenAktionäre, welche ihre 16—17 pCl. Dividende vergnügtschmunzelnd einstreichen, sind vielleicht mit einer solchen Spar-samkeit nicht ganz einverstanden. Sie haben sich aber um Nichtsweiter zu bekümniern, sie bezahlen ihre„Leute" und denen liegtdie Verantwortlichkeit ob. Der Aktionär ist immer und ewig derMann ohne Obligo.Zwei Opfer unserer sozialen Verhältnisse. DerSchlosser Hermann M. war schon längere Zeit arbeitslos undauf die Unterstützung Anderer angewiesen, wie das meistens der