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s». 107. 32. Illhrgaag. rilMt Ks Jormärls" Krim   llolUliitl Dienstag, 9. W 1905. msssm Berliner f�acbrlcbten. Schillerfeier. TaS feiernde Berlin  . Berlin   ist begeistert, feierlich gestimmt; offiziell wie inoffiziell wird das Andenken Schillers gefeiert. Vor dem Schauspielhause, wo sein marmornes Denkmal steht, wie vor dem Opernhause wird sich ein Festgepränge entfalten. Hofmarschall von Kalb macht sein Honneur und bemüht sich, die schwere Kränkung zu vergessen, die ihm angetan wurde. Frommgläubige Seelen, die sonst jede Toleranz für sündhafte Schwäche halten, verehren heute Schiller, der sich zu keiner Religion bekennen wollte. Bezopfte Ge- lehrte, Bändiger der freien Kunst, Spießbürger aller Art, orden- behängte und-besternte Beamte mit wichtiger Bureaumiene schwärmen für Schiller  ; sogar hohe Militärs sind nicht abgeneigt, war ja von Adel, versteht ficht Berlin   ist aus Rand und Band seit Wochen schon. Keine Zeitung, keine Schrift ohne Schiller-Artikel, fast keine Rede ohne Schiller-Erinnerungen, keine Bühne ohne Schiller-Dramen, keine Stammtischrunde ohne Schiller-Zitate. Und da gibt es Menschen, die auf all die Aufregung spöttisch blicken und von einem Schiller- Rummel reden. Unglaublich. Auf dem Gendarmenmarkte, der noch immer nicht Schiller  -Platz heißen soll, da steht er, der Gefeierte, von Begas' Künstlerhand ge- bildet und blickt mit hoheitsvoller Miene auf das begeisterte Berlin  . Haben sich doch wohl etwas gebestert, die lieben Berliner, seit den verflossenen hundert Jahren, als sie den lebendigen Schiller manch- mal recht unfreundlich behandelten. Die gefühlvollen Schiller- Artikel z. B. in der.Vossischen Zeitung" gegen die bösartige, keifende Kritik seiner Dramen in derselbenVossischen Zeitung" von damals zeugen sicherlich von einem guten Fortschritt. Und Tante Voß war zu jener Zeit viel bedeutender und angesehener als heute, obgleich' sie nur dreimal in der Woche erschien und keine Leitartikel brachte. Manchmal wurde sie überschattet von der Wichtigkeit desIntelligenz- blattes". welches nur Anzeigen enthielt. Schwer fiel es den Berlinern, Geschmack an Schillerscher Dramatik zu gewinnen; sie amüsierten sich viel besser bei Kotzebues Theaterstücken, der damals die Bühne beherrschte. Der Berliner   war ncch etwas ungehobelt; seine ästhetische Erziehung wollte keine rechten Fortschritte machen. Er nahm z. B. seinen Teckel, Mops oder Spitz mit in die Oper und freute sich, wenn das liebe Hundevieh mitheulte. Er liebte den Radau im Theater so sehr, daß die hohe Obrigkeit strenge Verbote gegen Pfeifen, Klappern, Trampeln und andere Störungen erlast'en mußte. Dabei träumt« der arme Schiller von dem Ideal der Schaubühne als einer moralischen Anstalt. Und nicht nur die guten Berliner  , auch die höchsten Negierungs- kreise Preußens wußten Schiller   nicht nach Gebühr zu schätzen. Als der Dichter, durch Bemerkungen des Kabinettsrats Beyme angeregt, durch diesen dem König Friedrich Wilhelm   III. das Angebot machen ließ, gegen ein Jahresgehalt von 2000 Talern nach Berlin   über- zusiedeln, um dort an der Hebung dcS Theaters zu arbeiten, da wurde Schiller nicht einmal einer Antwort gewürdigt. Und es war nicht einmal der junge Anfänger Schiller  , sondern der Dichter auf der Höhe seines Ruhmes, der so behandelt wurde, denn Schillers Brief wurde im Juni 1804 geschrieben. Heutzutage freilich sind die Hohenzollern ttinstfreundiicher geworden. Hat doch Herr von Wild«nbruch sogar den Roten Adlerorden lV. Klasse erhalten. Die Begründung Schlllerß für seine verhältnismäßig hohe Forderung wird den heutigen Berlinern komisch vorkommen. Er meinte nämlich, daß man bei den großen Entfernungen in einer Stadt wie Berlin   sich doch wohl eine Kutsche halten mühte. Man muß dabei bedenken, daß Schiller kränklich war und daß dieGroße Berliner" ihren Betrieb noch nicht eingerichtet hatte. Nach heuttgen Begriffen war Berlin   freilich ein kleines Nest. Die Stadt hatte im Jahre 1300 nicht mehr als 172 000 Einwohner, darunter 133,700 Zivilpersonen. Im Jahre 1304 wurden 132 107 gezählt, darunter 156 661 Zivilpersonen. Berlin   ist groß geworden und die Berliner wurden gescheidter und reifer. Die Hunderttausend hat sich in die Million umgewandelt, und in der Million ist eine geistige Massenbewegung entstanden. die lebhaft kontrastiert mit der Dumpfheit und Stumpfheit der Masse von ehemals. Es strebt und drängt auS den Tiefen nach den Höhen des Lebens, nach Schönheit und Freude, nach Lebensglück und Lebens- genuß; es» gärt in den Massen. Eine neue Kulturbewcgung ist ent- standen, getragen von den Massen. Da wird Schiller   geliebt, ge- würdigt und hochgeschätzt, und er gilt akS Mitstreiter und Mithelfer in den Kämpfen gegen Unterdrücker und Unterdrückung. In dieser Bewegung werden ihm Denkmäler gesetzt unid Feiern bereitet. weniger laut und nicht offiziell anberaumt, aber weit mehr seinen Idealen entsprechend._ Siegesfest. Vor Jahren kam eines TageS der Redakteur eines bürger­lichen Blattes zu uns, um geknickt, in tiefer Niedergeschlagen- heit uns zu bitten, doch in Rücksicht auf ihn und seine Familie nichts darüber zu berichten, daß er wegen Preßvergehens zu einem Monat Gefängnis verurteilt worden sei. Es war, wie wir zur Ehre der bürgerlichen Presse ausdrücklich er- klären wollen, der Redakteur eines unparteiischen Blattes; aber selten ist uns der Unterschied zwischen dem. was Männer und Eunuchenseelen unter Wohlanständigkeit ver- stehen, klarer geworden als in diesem Augenblick. Auch in der bürgerlichen Welt sollte der Redakteur einer noch nicht ganz der unparteiischen Charakterlosigkeit verfallenen Zeitung es als Auszeichnung einschätzen, wenn er mit feiner Person für seine Ueberzeugung eintreten darf; was Sozialdemokraten über eine Verurteilung in politischen Prozessen denken, das spiegelte sich humorvoll in einer Ansprache wieder, die unser Genosse Gradnauer vorgestern hielt, als zu Ehren unseres aus dem Gefängnis entlassenen Kollegen Karl Leid sich eine größere Anzahl Parteigenossen mit ihren Familien im Norden Berlins   versammelt hatten. Gradnauer erinnerte an den Kongreß von St. Gallen  , wo unser der- storbener Kokosky eine Liste herumgehen ließ, in der alle An- wesenden ihre Gefängnisstrafen registrieren sollten. Man kann sich denken, welch eine stattliche Zahl von Monaten da schließlich zusammengerechnet wurde; als aber einige wenige der Kongreßteilnehmer mangels einer Bestrafung die Rubrik unansgcfüllt lassen mußten, ergoß sich voller Ent­rüstung ein allgemeines Pfui über sie. Der Sozialdemokrat ist stolz auf seine Gefängnishaft, wie der 5kriegcr auf seine Verwundungen; man sucht sie nicht mutwillig, hat einen aber die Kugel getroffen, dann hat man alle Ursache, sein Haupt höher zu erheben. Unser Kollege Leid hat die Haftstrafe von der Dauer eines vollen Jahres, die er in Tegel   erlitten, dem Anschein nach ohne allzu schwere Schädigung überstanden. Ohne Zweifel ist die Wahrscheinlichkeit, daß er sich vielleicht in ebensoviel Wochen erholen wird, wie andere vor ihm in Monaten, der humaneren Behandlung zuzuschreiben, die infolge unserer zahllosen Schilderungen früherer Quälereien selbst im rückständigen Preußen in Uebung zu kommen scheint. Trotz der Selbstbeköstigung und einiger anderer kleinerer Vergünstigungen, die nach den preußischen Gefängnisordnungen zwar schon jeit je zuläKg waren, die aber den politischen Verbrechern früher konsequent versagt wurden, trotz dieser Milderung des Loses politischer Gefangenen bleibt im Gefängnis noch genug übrig, was Körper und Seele an- greift. Wie beschämend ist es schon, wenn ein anständiger Mensch sich Beschränkungen in seiner Arbeit gefallen lassen muß, wenn er dulden muß, daß alle Briefe, die er schreibt, von Beamten gelesen werden, wenn die Annahme von Besuchen seiner Angehörigen und Freunde nicht in sein Belieben, sondern in das der Gefängnisdirektton gestellt ist. Ferner ist es be- fremdlich, daß Leid bei seiner einjährigen Haft sich täglich nur eine Stunde in freier Lust bewegen durfte, während nach der Gefängnisordnung eine längereFreizeit" zulässig ist und in früheren Fällen auch gewährt wurde. Genug, wenn auch Besserung erreicht ist, so bleibt doch, so lange überhaupt in Deutschland   noch der traurige Zustand besteht, daß Leute für Handlungen bestraft werden, die zu verfolgen in freien Ländern keinem Staatsanwalt einfällt, noch sehr, sehr viel zu tun übrig, um den Opfern polittscher Prozesse das Dasein im Gefängnis erträglicher zu gestalten. Als eine Anzahl Parteigenossen sich am Sonntag aus gemacht hatten, um Leid in Tegel   abzuholen, erlebten sie eine Enttäuschung. Auf höhere Anweisung hin war er in der Frühe nach dem Polizeipräsidium in Berlin   gebracht worden, um von dort entlassen zu werden. Eine Vorsichtsmaßregel, deren Zweck unerfichtlich ist, die aber die gute Sttmmung nicht sonderlich beeinträchtigte. Nicht lange dauerte es, und unser Kollege erschien mit Frau und Kindern im Festsaale, der sich inzwischen dicht gefüllt hatte. Gesangsvorträge, An sprachen im Namen des Parteivorstandes und der Redaktton und humoristische Danksagungen des gefeierten Verbrechers wechselten mit einander ab. Vor allen Dingen gingen die Worte, mit denen Bebel unseren Kollegen begrüßte, den Hörern zu Herzen. Auch die Poesie trat in ihre Rechte; in einem hübschen Begrüßungsgedicht unseres Parteigenossen Max Eichlcr, das von Massiisi vorgetragen wurde, hieß es: Bedenke, die Stunden, die Du gelitten, Sie waren Tage für uns gestritten, Und sie find Jahre, die zum Gelingen Unö alle, zum Teufel, vorwärts bringen I Der Vogel aber wurde abgeschossen, als derWiener Franzi" auftrat und ein lusttgeS Lied von der Kaiserinsel vortrug, dessen Refrain von den Versammelten im Chorus mitgesungen wurde. Man sieht, Senttmentalität ist nicht unsere Sache, selbst nicht bei einem Anlaß wie dem vorgestrigen. Warum auch den Kopf hängen lassen, wo alles, was unsere Gegner gegen uns unternehmen, für uns zum Guten ausschlagen muß, wo gerade aus den Wunden, die dem Einzelnen ge schlagen werden, unsere Partei, unsere Ideen sich Kraft und Stärke holen! Weil dem so ist, feiern wir den Tag, wo einer unserer Mitkämpfer aus dem Gefängnis in die Freiheit zurück� kehrt, nicht mit wehleidigen Vettachtungen, selbst nicht einmal in der Sttmmung des Ingrimms über die Rückständigkeit unserer polittschen Zustände, sondern vergnügt, ftoh erhobenen Hauptes als S i e g e s f e st. Ein Heißhunger nach frischer, strier Luft, nach Wald und See. nach dem ersten zarten Grün der Bäume hatte am ersten Maien sonntag die Berliner   Bevölkerung befallen. Wohl nirgendwo trat dieser Heißhunger so stürmisch zutage, als inmitten der Weltstadt, in der Charlottenstraße. Selten konnten den Menschensteund wohl auch unsere verkehrspolizeilichen Zustände trauriger stimmen als bei diesem Anlaß. An der Endstation der Berlin   Tegeler   Straßenbahn hatten sich wohl einige hundert Menschen versammelt. Männer, Frauen und Kinder, alle festlich gekleidet, harrten in Kampfstimmung der ankommenden Straßenbahnzüge. Sobald ein solcher Zug, der gewöhnlich aus einem Motor- und zwei Anhängewagen bestand, die Haltestelle erreicht hatte, nahm ihn das Publikum im Sturm. Oft wurde.mörderisch" gekämpft, und dem Schaffner war es unmöglich. Ordnung zu halten. Natürlich waren die Wagen im Augenblick überfüllt, und die Mahnungen des Beamten an die überzähligen Fahrgäste, den Wagen zu verlassen, blieben erfolglos. Es Ware ungerecht, wollte man gegen die Sttaßenbahndirettion besondere Borwürfe erheben; sie iieß in ganz kurzen Abständen Züge los und tat, soweit wir beurteilen konnten, was in ihren Kräften stand. Daß diese Kräfte durchaus nicht ausreichten, lag au der Unzuläng« lichkeit der Berliner   Verhältnisse an sich, die allerdings nach dem Willen derGroßen", wie ihr Prozeß mit der Stadt zeigt, dauernd konserviert bleiben soll. Was war zu tun? Der Schaffner schwitzte, die Zeit der Abfahrt war da und ohnmächttg gegen die überzähligen Passagiere mußte er mit ihnen die Wagen laufen lassen. So wurde denn gefahren bis zur ersten oder zweiten Haltestelle. Hier bot sich ein echt Berlinisches Schauspiel. Ein Schutzmann stand dort in klassischer Strammheit, mit dem Notizbuch in der Hand. Gemessenen Schrittes betrat er den Wagen, um sich zu überzeugen, daß zu viel Passagiere drinnen waren.Wieder ein Taler Strafe," erklärte jammernd der Schaffner, und was soll ich machen"?Lassen Sie doch ruhig den Wagen an der Station halten, bis die Ueberzähligen wieder draußen sind, und wenn es bis morgen früh dauert!" Dieser un- glaubliche Rat ist bezeichnend für den Vuchstabengeist, für die Ver- ständnislosigkeit, die Hülflosigkeit, mit der die Polizei fungiert, so- bald Ereignisse eintreten, dre von den alltäglichen, sozusagen be- hördlich zulässigen, irgendwie abweichen. Auf Auffordern des Schutz- nianneS Verlasien einige Fahrgäste unter Protest den Wagen, die Mehrzahl bleibt auf gut Glück drinnen. Hierauf verläßt auch der Schutzmann den Schauplatz, klappt sein Notizbuch auf, notiert den Straffall' des Schaffners zwecks ordnungsgemäßer Anzeige und stellt sich von neuem stramm auf seinen Posten, um den nächsten Wagen abzuwarten, bei dem sich dasselbe verkehrshindernde Schauspiel wiederholt. Der Schaffner ist ohne Schuld, und wir können daher nicht gut annehmen, daß die Polizei unter diesen außerordentlichen Umständen wirklich den Mut haben wird, von dem armen Mann den Straftaler zu erheben. Auch dem Publikum sind keine großen Vor- würfe zu machen. So polizeifromm der Berliner   ist, er ist aber immer noch nicht soweit, um vor Antritt seines Sonntagsausflugs sich die Straßenbahn« Fahrordnung buchstäblich einzuprägen; und darauf sollte auch die Polizeibehörde Rücksicht nehmen. So an- gebracht diese Ordnung an gewöhnlichen Tagen ist, unter außer- ordentlichen Verhältnissen verkehrt sich ihre Wohltat in Plage. Und darauf kann auch die Polizei, ohne sich etwas zu vergeben, Bedacht nehmen, wie sie ja tagtäglich vor den Ueberfüllungen der Stadtbahn und der Hochbahn ein Auge zudrückt. Das Publikum, auf das die Fahrordnung ja wohl berechnet ist, will immer noch lieber unter Gedränge als gar nicht befördert sein. Schiller  - Feiern sind in diesen Tagen die schwere Menge ab- gehalten worden. Hübsch war die Feier der Berliner  Arbeiterinnenheime in der Berliner   Ressource. Eingeleitet wurde sie allerdings mit einem Musikstück, das zwar sehr hübsch ist, aber nicht sonderlich Schillerschen Geist atmer, mit Rossinis Tell- Ouvertüre nämlich. Hieran schloß sich ein Prolog in Stanzen; der Genius der Arbeit, von zwei Kranzbinderinnen geleitet, betätigte sich. Der Hauptteil der Feier war eine Darstellung derGlocke"; die Verse wurden vom Meister und drei Genien gesprochen, neun lebende Bilder hierzu bildeten eine hübsche Beigabe, Chorgesang und sogar ein Erntetanz begleiteten den Vortrag. Sehr hübsch wurde" im zweiten Teil Turandot dargestellt. Zum Schluß wurde der Chor aus demLied an die Freude  " gesungen und Schiller  ? Büste be« kränzt. Bemerkt sei, daß die Darstellung in den Händen von Berliner   Fabrikarbeiterinnen lag, die mit Verständnis und selbst« verständlich unter reichem Beifall ihrer Aufgabe gerecht wurden. terner hielten außer der Freien Volksbühne  , deren wir an anderer telle gedenken, die Berliner   Lehrerschaft eine Feier ab, ebenso die akadennsche Hochschule fiir die bildenden Künste. Einen Schiller  « Kommers beging die Berliner   Studentenschaft. Ob ein Umzug, den die Charlottenburger   Studenten von der Hütte in der Verliuerstraße aus bis zum Spandauer Bock veranstaltete, auch mit der Schiller  - begeisteruug etwas zu tun hat, wissen wir nicht. Aus Oesterreich  und ebenso aus Amerika   wird ebenfalls von zahlreichen Veran- staltungen zu Ehren Schillers berichtet. Ein Volks- Schiller« preis ist, wie aus Bremen   berichtet wird, in der Höhe von je tausend Mark verteilt worden, und zwar an Gerhart Hauptmann  (fürRose Berndt  "), Karl Haupttnann(für das DramaDie Bergschmiede") und Richard Beer-Hofmann  (für die TragödieDer Graf von CharolaiS"). Diesem Resultat, das vorgestern nachmittag in einer Sitzung der Preisrichter und der Goethe-Bund- Delegierten verkündet wurde, sind lange Beratungen voraus« gegangen. Zweihundertfünfzig Stücke waren eingereicht: von diesen Ichlug der Ausschuß die Herren Dr. Ludwig Fulda  , Dr. Erich Freund  (Breslau  ), Baron zu Pullitz(Stuttgart  ), Dr. Gerh. Hellmers Bremen) eine Auswahl von achtundfünfzig Werken vor(in Paranthese: eine sehr gute Auswahl!), und ans diesen blieben bei einer weiteren Siebung außer den schließlich preisgekrönten Dramen noch fünf andere übrig, die für die Ehrung in Betracht kamen: HalbesSttom", Gerhart Hauptmanns  Die versunkene Glocke  " undDer arme Heinrich  ". HofmannSthalsElettra" und Karl Voll  « möllers als Manuskript eingereichtes SchauspielDer deutsche Graf". Gerhart Hauptmann   will seinen Anteil wieder dem Stiftungsfond einverleiben. Der Magistrat hat beschlossen:bei der Beratung des nächsten Etats nur diejenigen Anträge auf Anwendung der Gehalts- und Anstellungsverhältnisse der städtischen Beamten und Angestellten zu berücksichtigen, die bei ihm bis zum 15. August 1905 eingegangen sind; ferner: künftig nur alle drei Jahre, vom nächsten Jahre ab gerechnet, die Gehalts- und Anstellungsverhälwisse von Amtswegen einer Prüfung zu unterziehen und alle m der Zwischenzeit ein« gehenden, auf diese Verhältnisse bezüglichen Anträge regelmäßig bis zu dieser Prüfung zurückzustellen. Eingegangen sind inzwischen schon 14 verschiedene Anträge auf Gehaltserhöhungen. Bon der 228 Millionen-Anleihe der Stadt Berlin   sind nach dem soeben erschienenen Verwaltungsbericht des Magistrats im letzten Etatsjahr 48 448 300 M. für folgende Zwecke verwendet worden: für die städtischen Gasanstalten nahezu 10 Millionen, für die Kanalisations­werke rund 7 Millionen. Zur Erhöhung des Betriebsfonds 5, für die Martthallenverwaltung 3,18 Millionen usw. Es verblieb ein Bestand von nahezu 20 Millionen, der beim Depositenkonto asserviert wird. Die Gcsamtschuld der Stadtgemeinde betrug am Ende de? Berichtsjahres SoQll3 Millionen Mark; beteiligt hieran sind die Kanalisattonswerke mit 100,6 Millionen, die Wasserwerke mit 50, die Gaswerke mit 42>/z, die Markthallen mit 27 Millionen Mark usw. Die Zuzüge nach Berlin   sind im ersten Viertel des JahreS 1905 sehr viel zahlreicher gewesen als in demselben Zeitraum von 1904. Diesmal sind im ersten Vierteljahr bereits 56 825 Per« sonen zugezogen, dagegen hatte das echte Viertel des vorigen JahreS nur 61 449 Zuzüge gebracht. Auch die Wegzüge von Berlin   haben sich gegenüber dem Vorjahr vennehrt, aber bei weitem nicht so stark, wie die Zuzüge. Für das erste Viertel dieses Jahres wurden 46 530 Personen als von hier weggezogen gemeldet, während fiir denselben Zeitraum deS Vorjahres 45 301 Wegzugsmeldungen gezählt worden waren. Durch die Zuschläge, die wegen vermutlicherUnvollständigkeitder Meldungen zu den gemeldeten Wegzügen gemacht werden, erhöhen sich diese für das erste Vierteljahr 1905 auf 56 027, für daS erste Vierteljahr 1904 auf 54095. Hiernach wäre das Mehr an Weg« zügen auf knapp 2000 anzunehmen, während das Mehr an Zuzügen, wie oben ersichtlich ist, weit über 5000 beträgt. Diesmal ist übrigens der nicht häufige Fall zu verzeichnen, daß schon daS erste Viertel- jähr einen Keinen ZuzugS-Ueberschuß. rund 800 Personen, ergeben hat. Im vorigen Jahr dagegen hatte daS erste Viertel mit einem sehr bettächtlichen Wegzugsüberschuß abgeschlossen, der sich auf rund 3600 belief. Der Alkohol. Der 35 Jahre alte Straßenbahnfahrer Joseph Spill aus der Großen Frankfurterstr. 62 war in den ersten nenn Jahren seiner zehnjährigen Ehe ein nüchterner und ordentlicher Mensch. DaS letzte Jahr aber trank er immer mehr. Vor vierzehn Tagen wurde er deshalb entlassen und fand nun keine Stellung mehr. Vergeblich bereute er seinen Lebenswandel und gab sich alle Mühe, Arbeit zu finden. Gestern erhängte er sich auf dem Trocken- boden. Er hinterläßt seine Frau mit drei Kindern von zwei bis acht Jahren. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich Sonntag auf dein Müggelsee. Die beiden aus Berlin   stammenden Lackierer Garlet und Paul Stock, die mit der 17jährigen Arbeiterin Meta Kein eine Bootsfahrt unternommen hatten, brachten durch absichtlich herbei- geführtes Schaukeln das Boot zum Kentern, wobei sämtliche Insassen ins Wasser fielen. Die beiden Lackierer erttanken, während das Mädchen gerettet wurde. Einige Mitglieder des RudervcreinS .Friedrichshagen" hatten den Vorgang ans der Ferne bemerkt und fuhren in scharfem Tempo heran. Zwei von den Mitgliedern, den Lehrern Holmund Baß, gelang eS, die mit den Wellen ringende Meta Kein zu retten. Dagegen waren die Versuche, die beiden männlichen Insassen aus dem Wasser zu ziehen, trotz aller Anstrengung vergeblich. Erst gegen Abend konnte die Leiche des einen der beiden Ertrunkenen geborgen werden. DaS junge Mädchen, das sich bald erholt hatte, konnte später den Heimweg nach der elterlichen Wohnung antreten. Dienstmädchen und Herrschaft. Angeblich aus Verzweiflung über schlechte Behandlung sprang gestern nachmittag das 19 Jahre alte Dienstmädchen Martha K., das in Halensee   in Dienst gestanden hatte, an der Charlottenburger   Schleuse in die Spree. Man warf dem Mädchen einen Rettungsring zu, den es aber von sich wies. Dann sprang ein Schiffer ins Waffer und brachte die bereits Unter- gegangene mit eigener Lebensgefahr ans Land. In einem Restaurant am Nonnendamm kam das Mädchen wieder zu sich und wurde den Angehörigen zugefiihrt. Das Dienstmädchen ValeSka Sch. ver­giftete sich infolge Streitigkeiten mit ihrem Dienstherrn in der Wohnung ihrer Eltern in der Köslinerstraße mit Lysol und starb bald daraus. Das 15jährige Dienstmädchen Anna B. trank am Sonntag abend um 0ll2 Uhr in der Oranienburgerstraße Essigsäure, um sich das Leben zu nehmen. Es war von seiner Herrschaft wegen Unzuverlässigkeit entlassen worden und hatte Furcht, zum Vater zurückzukehren. Als der Bruder das Mädchen nach Hause bringen wollte, trank es das Gift. Der Bruder riß ihm jedoch das Fläschchen aus der Hand, so daß nur eine geringe Ouantttät m den Manzen gelangte. Ein Schutzmann geleitete das Mädchen nach der Königlichen Klinik in der Ziegelstraße, wo diesem der Magen aus­gepumpt wurde. Auf Anordnung des Arztes erfolgte sodann die Ueberführung nach der Charit». Ein neuer Schwindel. Durch einen neuen und eigenartigen Trick sind von einem Hotelschwindler einige hiesige Hotels gebrandschatzt ivorden. Vor einigen Tagen kam ein Herr mit einem langen Ulster und einer Reisetasche in ein erstes Hotel und ließ sich ein Zimmer geben. Am anderen Morgen wurden die Hoielbedienjtete« durch lautes, anhalteudes Klutgol« fe..|