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Ar. 108. 22. Jahrgang. 1. KeilM des Joniiitts" Kerlim ftlUInlt Pitlmoit), 10. Mai 1905. Die Schillerfeier. So ist denn der Jubeltag ach nein, es war ja Wohl eigentlich ein Trauertag! ohne besondere Jährlichfeiten dahingegangen. Berlin blieb von Regen verschont und der Glanzpunkt aller Schillerfeiern, der Festakt auf dem Gen- darmenmarkt konnte Programmäßig verlaufen. Daß etliche Schutzleute mit dem abgesperrten Publikum in Konflikt ge- rieten und zum Teil rücksichtsloser verfuhren als es nötig ge- Wesen wäre, sind wir ja aus der Berliner Oeffentlichkeit ge- wohnt und zählt nicht besonders mit. Innerhalb des von der Polizei festumschlossenen Kreises bewegte sich alles, was zur Gesellschaft, zur Respektabilität, gehört und gehören möchte, und da zum Unterschied von staatlichen und Hoffeiern auch das Zivil mitzählte und der Presse die günstigsten Plätze ein- geräumt waren, so konnte der deutsche Bürger immerhin davon träumen, daß das Volk in Waffen und das Volk im Gehrock in dem einen idealen Gedanken auf dem Gendarmenmarkt vereint sei. Daß ein anderes Volk nicht dabei war, nämlich das in der Arbeitsbluse, daß kein Arbeiter- verein seine Banner auf den Festplatz trug, wurde wohl kaum als eine UnVollkommenheit vermerkt. Der Riß, der durch die ganze Kulturwelt geht, wird als etwas Selbstverständliches empfunden; und wenn der Arbeiter sich unbehaglich gefühlt hätte in nächster Nachbarschaft Sr. Exzellenz des Herrn Ministers für Geistesfreiheit, wenn ihm der bunte Mummen- schanz der in Wichs und mit unzähligen Bannern und Fahnen einherstolzierenden Studenten und die viele Militärmusik gar wunderlich vorgekommen wäre, so hätten andererseits die terren Kriegervereinler und Jnnungsmeister sich durch die egenwart solcher Leute, die streiken, ihr bißchen Vergnügen vielleicht unnütz verkümmern lassen. Fünfzehnhundert Gemeinde- schüler und Schülerinnen waren auf der großen Freitreppe des Schauspielhauses plaziert; mögen sie die Zeit erleben, wo der siegende Sozialismus unser Volk zu einem wirklich freien und einigen Volk von Brüdern gemacht hat. Militärkapellen leiteten den Festakt mit Fanfaren ein. Mendelssohns Festgesang an die Künstler wurde dann von Zivilisten gesungen, worauf das Militär wiederum ein Musik- stück spielte, das zur Gedenkfeierdcs deutschen Dichters paßte wie man verzeihe den wenig feierlichen Ausdruck wie die Faust aufs Auge. Rossinis Tell-Ouvertüre nämlich. Den alten braven Herrn kgl. Armee-Musikinspizienten Prof. Roßberg, der vergnügten Antlitzes die Musikerkompagnien dirigierte, möchten wir für diesen Lapsus nicht verantwortlich machen. Dann kam etwas, worüber ungeteilte, ehrliche Freude laut ward. Fünfzehnhundert frische, fröhliche Kinderkehlen sangen das Lied an die Freude und die Reichardtsche Komposition zum Eleusischen Fest. Mögen die Kinder den Sinn der von ihnen gesungenen Worte der- standen haben oder nicht, aber es klang voller Jugendmut wie ein Sang aus fernen Zukunftstagcn und weckte Widerhall in allen noch nicht völlig vertrockneten Herzen. Herr R e i ck e, unser Bürgermeister, hielt hierauf die Festrede. Sie gab sich korrekt, stieß nirgendwo an und war gewiß vorher sorgfältig korrigiert worden. Daß es dennoch stellenweise wie warmer, fruchtbringender Frühlingshauch aus ihr wehte, lag wohl weniger an ihrem gar zu einwandfreien Inhalt, als daran, daß sie von einem Manne gesprochen wurde, der seinem Bürgermeisteramt zum Trotz sich Herzcnsfrische und Sinn für die Leiden und Leidenschaften der Menschheit zu bewahren ge- wüßt hat. Wir lassen die Rede hier folgen: Erhabener Geist! Zu Tausenden haben wir uns heute um Dein Denkmal von Stein versammelt, wir alle, ein lebendiges Denkmal Deiner zeitüberwindenden Größe. Wir alle haben uns hier versammelt, Dir Huldigungen zu erweisen, und Hundert- tausende jauchzen im deutschen Vaterlande Dir zu. Was Du in der bedrückenden Enge Deines Ringens und in Deiner heißen Sehnsucht Dir gewünscht hast, daß einst, hundert Jahre, nachdem Dein Leib in Staub zerfallen, noch Menschen Dein Andenken segnen möchten: herrlicher, als Du selber je ge- träumt, ist es heute in Erfüllung gegangen. Dankbar schauen wir als beglückte Enkel zurück auf Dein Leben und Streben, dessen Spuren uns durch unser geistiges Dasein begleiten, und steudiger Stolz hebt unsere Brust, wenn wir von unserem volkstümlichsten Dichter reden. Nicht dem schwung- vollen Lyriker gilt dies Gefühl, obwohl seine Gedichte und Balladen neben der Bibel wohl das erste und allgemeinste Band sind, das über alle sozialen Trennungen hinweg die Jugend de? einen mit der Jugend des anderen verbinden. Auch nicht dem gottbegnadeten Dramatiker, dessen Werke seit einem Säkulum Millionen von Herzen erschüttert und erhoben haben, und nicht dem geistreichen Verfasser philosophischer und historischer Werke. Nein! Wir alle fühlen, daß er uns noch ein Höheres geworden ist, daß ein Größeres in unseren Seelen an- klingt, wenn die Gestalt dieses Genius uns vor Augen tritt. Ein Wegweiser ist er uns geworden, ein Führer und Erzieher unseres Volkes. Den Weg vom Aesthetischen zum Ethischen, von der Kunst zur Sittlichkeit, vom Schönen zum Guten, hat er deutlich wie lein anderer uns gezeigt. Er hat uns gelehrt und gepredigt, wie große echte Kunst durch Verdoppelung der Seelen die große echte Tugend eines Volkes zeitigt. An den Tugenden der Vorgeschlechter entzündet er die Folgezeit, so hat er selber einmal diese gedankliche Brücke geschlagen. Allein, bedarf es denn dieses Umweges über die Kunst, um zur Sittlichkeit zu gelangen? Haben nicht die großen Religions- stister aller Zeiten ihre Taten getan, ohne diese Brücke zu be- treten? Gewiß, und auch heute noch gibt es wohl Stunden, da man jene Fragen verneinen mag. Die eben entwickelte Seele eine? jungen Menschenkindes in all ihrer blühenden Empfänglich- keit, warum sollte sie nicht alle Keime des Guten und Edlen willig in sich aufnehmen? Und jugendliche Völker sind solche jugendlichen Seelen. Oder wer hätte noch nicht als eine schönste Aeußerung des beglückten Herzens den heißen Drang gefühlt, allen Menschen Gutes zu tun? Aber solche weichen Zeiten sind der Volkheit selten beschieden, und auch im Leben des einzelnen haben sie keine bleibende Statt. Im allgemeinen schreiten wir Kinder einer schnellebigen Zeit daher, bepackt mit den Sorgen des Alters. Pflichten und Aufgaben, Glauben und Wünsche, Kämpfe und Sorgen machen aus uns nur zu oft müde Körper und gehetzte Seelen, die das Glück nicht mehr kennen, einer Empfindung leben zu dürfen. So verhärtet sich selbst dem Besten die Seele, und Unempfänglichkcit heißt unser schlimmes Erbteil. Da tritt der Dichter auf den Plan. Mit dem Pflug der Leidenschaft durchfurcht er die verhärtete Rinde, aufackert er mit der Worte und Töne Gewalt das schlummernde Volk der Gefühle, und im gelockerten Boden empfangen die geöffneten Seelen die Gefühle, die Keime guter und schöner Wahrheit. Aus solchem Grunde scheint nur, betritt Schiller die Bühne, zu solchem Ende führt er den großen Kampf der Leidenschaft in unsere Herzen. So konnte er nun selber ausgehen, ein Säemann, auszusäen die hohen Worte, von denen ein Volk lebt: die Liebe zur Freiheit, die Liebe zum Vaterlande und die Liebe zur aufrecht mannhaften Tat« kraft. Vor hundert.Jahren gesät und seit hundert Jahren geerntet. Nun schauen wir zurück. Schon einmal hat diese Stätte, auf der wir heute versammelt stehen, eine Feier gesehen, die dem gleichen Namen galt. Es war der 10. November 1859, damals eine Zeit innigsten Sehnens nach einem geeinigten großen deutschen Vaterlande, dem noch kein glücklicher Stern zu winken schien. Und heute ist es ein Menschen- alter, seit jene Sehnsucht glorreich in Erfüllung ging. Ein ungeahnter Aufschwung zur Macht und Größe unseres Vaterlandes. Mitbürger! Wie wir wissen und heute aussprechen dürfen, daß für dies eine große Ziel unser großer Schiller nicht umsonst gelebt und gelitten hat, so wollen wir, sein deutsches Volk, und wollen insbesondere auch wir, die Bürger seiner größten Stadt, nicht aufhören, im Namen Schillers auch um jener anderen idealen Güter, deren Vorkämpfer er uns gewesen ist, in Selbst- zucht und innerer Arbeit, wie er sie bei all seiner Begabung und all seinen Erfolgen seit Jahren und Jahren an sich geleistet hat, aber auch mit Liebe und mit Begeisterung, wie sie Krankheit und äußerer Not zum Trotz seine Feuerseele erfüllt haben, zu kämpfen und zu ringen. Dann wird dieser heilige Mann, wie ihn auch ein Großer unserer Nation genannt hat, für keinen von uns umsonst gelebt haben. Dann wird, wenn die Vorsehung unserem Volke Gesundheit beschert, auch neuer Segen und neuer Fortschritt unserem Vatcrlande nicht fehlen. Das walte Gott ! Nun spielten die Militärkapellen das Reiterlied aus Wallen- steins Lager und das Publikum sollte mitsingen: Aus der Welt die Freiheit verschwunden ist, Man sieht nur Herren und Knechte; Die Falschheit herrschet, die Hinterlist Bei dem feigen Menschengeschlecht. Es klang matt; einer genierte sich vor dem anderen, in Stimmung geschweige denn in Begeisterung zu geraten. Da fuhr der alte Professor Roßmäßler mit ehrlichem Zorn in die Menge hinein:Zum Donnerwetter, etwas forscher, meine Herren!" Die letzte Strophe wurde dann lauter gesungen. »* In einer RedeSchillers Bedeutung für das Maschinenzeitalter" beklagte Prof. Kammerer in der Technischen Hochschule die Schattenseiten des Kapitalismus und das Strebertum.Das Leben der meisten verläuft in einer vielbeschäftigten Unrast, auf- gezehrt von Kleinlichkeiten. Ueberall fehlt Einheit, Ruhe, Stimmung. Das Grundübel aber ist darin zu finden, daß bei der allzu raschen Umwälzung der wirtschaftlichen Verhältnisse vielfach Elemente an die Oberfläche geraten sind, die nicht eigener Tüchtigkeit, sondern aus- genützten Zufälligkeiten den Erfolg verdanken, und daß infolgedessen der Erfolg an sich als Wertmesser der Persönlichkeit gilt, gleichviel ob er dem äußeren Glück oder der eigenen Kraft entsprossen ist. Nur allzu häufig wird nicht die ernste Tat, sondern der leichte Erfolg, nicht die wirkliche Leistung, sondern die äußerliche Anerkennung angestrebt. Daher Fehlen des persönlichen Freimutes auf der einen Seite, Empfindlichkeit gegen ruhige sachliche Kritik auf der anderen Seite, UnWahrhaftigkeit und Unfreiheit allenthalben." Schließlich meinte der Festredner:Im Vorwärtsschreiten befinden sich IGemeinde und Staat nur dann, wenn sie sich den Grundzug der technischen Ver- waltung zu eigen machen, daß nur der regieren darf, den S a ch- kenntnis zu einenl wirklichen Herrscher macht. Hoffentlich wird ihm dieser Freimut an keiner Stelle übel genommen. Der Ausschuß für die Berliner Schillerfeier hat zum Gedächtnis des Dichters in fünf der größten Säle Berlins Festakte veranstaltet, an denen erste Kunstkräfte mitwirkten. Die Eintrittskarten hierzu waren wohl durchweg anbessere Kreise" verteilt worden, und in der Philharmonie, die wir besuchten, saß ein recht elegantes Publikum. Der Philharmonische Chor und das Philharmonische Orchester unter Leitung des Herrn Sicgftied Ochs wirkten mit; es war also für ein Gelingen des musikalischen Teiles volle Gewähr gegeben. Ueber- wälttgend war vor allem der Vortrag von Schillers Totenklage Auch das Schöne muß sterben"; die Kompositioir von Hermann Götz kam in so wunderbarer Schönheit und Reinheit zur Geltung, daß wir wünschten, auch ein Arbeiterpublikum könnte sich einmal an diesem Musikwerk erbauen. Doch die Musik war erklärlicherweise nicht die Hauptsache an dieser Schillerfeier; im Publikum, unseret- wegen im Volke, sollte durch Rede und Vortrag die Flamme der Begeisterung angefacht werden. Die Att, wie dies geschah, erschien uns nicht gerade glücklich. Daß der Schauspieler Holthaus die Kraniche des Jbykus zwar mit gewaltiger Lungenkraft, aber ohne rechte Stimmung vortrug, ist eine Entgleisung, die überall vor- kommen kann und den Festleitern nicht angerechnet werden darf. Kein rechter Reim, keine harmonische Ergänzung schien uns in der Hauptsache zu liegen, im Prolog einerseits, der von Ludwig Fulda verfaßt war und auch von diesem Dichter vorgewogen wurde, und in dem von dem Germanisten, Akademieprofessor Konrad B u r d a ch gehaltenen Vorwag. Friedrich Schiller , Gottesfunken. Herold aus Elysium, Deutsches Volk, aufs Knie gesunken, Ehrt in dir sein Heiligtum! Brüder, fliegt von euren Sitzen, Wenn ihr seinen Namen preist, Laßt den Blick zum Himmel blitzen, Diesen Becher Schillers Geist!" Welch eine unnatürliche Ueberschwenglichkeit vor unserem nüchtern kalkulierenden Bürgerpublikum, welch ein Abstand von den in ihrer Schlichtheit von Herzen kommenden und das Herz erhebenden Worten, die Georg Herwegh zum Hundertsten Geburtstage des Dichters an das deutsche Volk gerichtet. Die von Herrn Burdach gehaltene Festrede war einem modernen Professor angemessen. Der Herr hat den Sitz für deutsche Sprache und Literatur an der Akademie der Wissen- schaften inne und in seiner Rede nannte er Jakob Grimm seinen erlauchten Vorgänger._ Aber zwischen diesem markigen Manne und ihm ist fast ein Unterschied lvie zwischen dem ausstrebenden Bürgertum der vierziger und fünfziger Jahre und dem gesättigten unter Kaiser Wilhelm II. , das keine anderen idealen Wünsche hat, als gesichert vor der drohenden Revolutton des Proletariats gut verdauen zu können. Wohl wußte Herr Burdach die heutige Sinnesrichtung in Kunst und Dichtung zu würdigen, die von der idealistischen zu Schillers Zeit durchaus entfernt ist; und von gewissem Mut zeugten die Worte, daß Schiller über manches voller Zorn urteilen werde, wenn er heute das Berliner Kunstleben betrachten könne, daß dieser Zorn sich aber gewiß nicht über die Dichter ergösse, die im Gegensatz zur klassifizierenden Richtung als modern und naturalistisch verschrien werden, über Hauptmann und Ibsen . Aber die laute Verwahrung gegen die Auffassung, daß der Dichter desTell" und derRäuber" von der Demokratie als der ihre beansprucht werden könnte, das ostentative Spiel mit der Selbstverständlichkeit, daß Schiller im edlen Sinne eine aristokratische, dem Gemeinen abgewendete Natur sei. war überflüssig und wirklich nur zu verstehen aus dem Sweben des Herrn Burdach, nichts zp sagen, was er als Akadcmieprofessor nicht etwa sagen durfte. Die Universität hielt mittags im Opernhause ihre Schiller - Feier ab; der Rede des Professors Erich Schmidt gedenken wir an anderer Stelle. Aus dem Reiche liegt eine Unzahl Nachrichten vor über Schiller-Feiern. In Marbach , dem Geburtsort des Dichters, wurde eine Schiller-Linde gepflanzt. In Jena fand mittags die Feier der Universität im großen Saale des Volks- Hauses statt. Universitätsprofessor Michels hielt den Festvortrag und gedachte dabei Schillers Bedeutung für die Universität. Abends war eine allgemeine Festfeier im Volkshause, bestehend in Mustkaufführungen unter Leitung Professors Naumann und Vorwag Schlllerscher Dichtungen. Die Festrede hielt Professor Eucken . Im Nachbarorte W e ni ng en j en a. in dessen Kirche Schiller einst gewaut wurde, ist ein Schiller-Gedenkstein enthüllt und eine Schiller- Linde gepflanzt worden. Am nächsten Freitag werden auf besondere« Befehl des Herzogs von Sachsen-Meiningen die Meininger Hof- schauspieler im Jenaer Theater SchillersKabale und Liebe " als volkstümliche Vorstellung geben. Auch aus Stuttgart wird über festliche Veranstaltungen berichtet. Erwähnt sei noch, daß der Giordano Bruno-Bund im Berliner Rathause eine sehr beachtenswerte Schiller-Ausstellung ver- anstaltet hat, die viele Briefe und Reliquien enthält. 7. Generalversattunlung des Jevtralverbandes der Töpfer uud Serltfsgenossen. M ü n ch e n, 8 Mai. Im hübsch dekorierten Saale desEberlbräu" konstituierte sich gestern die von 59 Delegierten besuchte Generalversammlung. Der Punkt 2 der Tagesordnung(Taktik bei Streiks und Lohnbewegungen)' wird auf Antrag Berlin in geheimer Sitzung behandelt. Der Geschäftsbericht» der den Delegierten gedruckt vorliegt, bezeichnet das Fahr 1902/04 als ein Kampfjahr im vollsten Sinne des Wortes. Im Jahre 1903 fanden 10 Angriffsstreiks statt, bei denen 1740 Kollegen beteiligt waren. Von diesen waren 1212 verheiratet und hatten 2385 Kinder. Die Gesamtausgabe betrug 202 372 M. Ab- Wehrstreiks sind 4 zu verzeichnen, an denen 46 Kollegen beteiligt waren, davon waren 28 verheiratet und hatten 46 Kinder. Die Kosten bewugen 1619 M. Die Aussperrungsliste zeigt 21 Orte, in denen 1059 Kollegen ausgesperrt waren. Verheiratet waren 712 Kollegen, die 1523 Kinder besaßen. Die Ausgabe war 50 965 M. Von den Angriffsstreiks hatten 5 vollen, 5 teilweisen Erfolg, von den Abwehrstreiks waren 2 erfolgreich und 2 erfolglos. Bei den Aussperrungen waren 19 von Erfolg, d. h. der Wille der Unter» nehmer ging nicht durch und 2 waren erfolglos. Im Jahre 1904 sind 4 Angrisfsstreiks zu verzeichnen, an denen 172 Kollegen beteiligt waren. 146 wären verheiratet und hatten 380 Kinder, die Kosten betrugen 3013 M. Abwehrstreiks sind 8 zu verzeichnen. Daran beteiligten sich 123 Kollegen, von denen 90 verheiratet waren, welche 184 Kinder hatten. Die Gesamtausgabe war 8270 M. Die Aussperrung in Elbing verursachte eine Ausgabe von 770! Mark. Die Angriffsstreiks waren alle 4 erfolgreich, während von den Abwehrstreiks 3 erfolgreich, 1 teilweise erfolgreich und 2 erfolg- los waren, 2 waren am 1. Januar 1905 noch nicht beendet. Die Aussperrung in Elbing war erfolgreich. In Jahre 1903 waren 2845 Kollegen an den Streiks beteiligt, wovon 1952 verheiratet waren und 3954 Kinder hatten. Die Ge- samtausgabe betrug 254 956 M. Das Jahr 1904 zeigt 309 be­teiligte Kollegen, von denen 244 verheiratet tvaren und 581 Kinder hatten. Die Kosten betrugen 12 053 M. Insgesamt fanden in den zwei Jahren 48 Streiks statt mit 3154 Beteiligten. Verheiratet waren 2196 und hatten 4535 Kinder. Gesamtausgabe 267 009 M. Erfolgreich waren 34, teilweiser Er­folg 6, erfolglos 6, noch nicht beendet 2. In 27 Orten erreichten in 184 Betrieben 1319 Kollegen ins- gesamt eine wöchentliche Lohnerhöhung von 1595 M. und eine wöchent­liche Arbeitszeitverkürzung von 1126% Stunden. 12 Orte haben eine Arbeitszeitverkürzung zu verzeichnen. An allen Orten find fest- gelegte Tarife vereinbart, 7 hatten bisher keinen Tarif. Kosten verursachten diese Lohnbewegungen 185 M. Insgesamt fanden 1903 und 1904 69 Lohnbewegungen ohne Arbeitseinstellungen statt, an denen 5104 Kollegen beteiligt waren. Diese Lohnbewegungen waren sämtlich erfolgreich. Im Jahre 1903 waren 5 Bewegungen zur Abwehr von Ver- schlechterungen der Arbeitsbedingungen notwendig. Daran waren 243 Kollegen beteiligt und konnten die diesbezüglichen Bestrebungen des Unternehmertums erfolgreich abgeschlagen, tverden. Im Jahre 1904 lvaren ebenfalls 5 solche Bewegungen in 23 Bettieben, woran 176 Kollegen beteiligt lvaren, notwendig. Die gesamten Streiks und Lohnbewegungen ohne Arbeitseinstellung verursachten 267 194 Mark Kosten. Erfolgreich waren 110, teilweisen Erfolg hatten ö, erfolglos waren 6 Bewegungen. An Krankenunter st ützung leistete der Verband in den letzten zwei Jahren 37 438,15 M. An Sterbe-Unt er st ützung wurden 3209 M. bezahlt. Das Durchschnittsalter der verstorbenen Mitglieder betrug 39 Jahre 2 Monate. An Umzugsunter st ützung wurden 6583,27 M., an Wanderunterstützung 8347,40 M. bezahlt. Die Ausbreitung. des Verbandes ist eine erfreuliche zu nennen. Der Verband zählt zurzeit 10 553 Mitglieder in 142 Filialen. In den letzten beiden Jahren wurden 4153 Mitglieder aufgenommen, was eine Zunahme von 1371 Mitgliedern bedeutet. Die auf der Meißener Generalversammlung bcschloffene Arbeits losen- Unter st ützung wurde durch Urabstimmung mit 4818 Stimmen gegen 2837 Stimmen abgelehnt. Die von der Generalversammlung beschlossene Zweidrittelmajorität ist also nicht einmal annähernd erreicht worden. Das VerbcmdsorganDer Töpfer" hatte am Schlüsse des Jahres 1904 eine Auflage von 11 400 Exemplaren. Als ein Uebel- stand wurde es empfunden, daß die Redaktion im Nebenamte besorgt werden muß, wodurch es nicht möglich war, das Verbandsorgan auf der Höhe der Zeit zu halten, wie es im Interesse des Verbandes notwendig gewesen wäre. Die Einnahmen betrugen im Jahre 1903 132 127,12 M., die Ausgaben 176 112,63 M., im Jahre 1904 216 075,25 M. Ein­nahmen und 212 689,52 M. Ausgaben. Der erste Vorsitzende D r u n s e l ergänzte den Geschäftsbericht in einigen Punkten. An den Geschäftsbericht schloß sich eine ausgiebige Diskussion, in der Marsig u. a. eine Resolutton beantragt, daß gegenüber einer Bemerkung im letzten Generalversammlungs-Protokoll kon- statiert werden soll, daß die Kollegen der Potsdamer Filiale stets das Interesse des Verbandes gewahrt haben. Der Vertreter der Generalkommission, Silberschmidt, äußerte sich zu den Vorwürfen einiger Delegierten, als ob von der Generalkommission nicht das notwendige veranlaßt worden sei. Als sich der Zentralvorstand an die Gencralkommission um Hülfe wandte. wurden s o f o r t die nötigen Schritte getan, um die Zentralvorstände der anderen Verbände zu veranlassen. Zuschüsse zu gewähren. Wenn die Mittel nicht so reichlich flössen, da damals der Kampf in Crim- mitschau tobte, so trifft nicht die Generalversammlung die Schuld. Die Verbände sollten möglichst danach trachten, mit ihren eigenen Mitteln auszukoimnen. Nach einem Schlußwort des Vorsitzenden wird dem.Gesamt- vorstände einstimmig E n t l a st u n g erteilt. M a r s i g- Berlin zieht seine Resolution zurück. Mit allen gegen drei Stimmen wurde dem Kassierer ein Manko« geld von 100 M. jährlich bewilligt. V»z,>nerst>»ud am 8. Mai. Elbe bei AllM+1,42 Meter, bei Dresden 0,14 Meter, bei Magdeburg+ 2,10 Meter. U n st r u t bei Sttaußsurt+ 1,75 Meter. O d e r bei Ratibor+ 2,20 Meter, bei Breslau Ober- Pegel+ 5,34 Meter, bei Breslau Unter- Pegel+ 0,46 Meter, bei Frankfurt+ 2,00 Meter. Warthe bei Posen+ 1,36 Meter.