IW�n MMelskanVeS f�kzustelken, insbesondere na'ch der Nich- tung, ob zurzeit ein Niedergang desselben stattfindet und auf welche Gründe er zurückzufuhren ist. Eine probate Methode, jener gleich, die neuerdings von strebsamen Privatdozenten der Medizin vielfach praktiziert wird, die erst ein heilkräftiges Serum entdecken und hinterdrein das dazu passende Krankheitsbild...._ Keine Mißstände im Bergbau. Nach dem Muster der berühmten Untcrsuchungskommissionen kommt jetzt auch die Berggesetzkommission des Abgeordneten- Hauses zu der Ueberzeugung, daß die Ruhrbergleute herrlich und in Freuden leben und keinen Grund zu Klagen haben. Von der Festreise der Kommission berichtet die„Rheinisch- Westfälische Zeitung": „Der Wg. Spahn, der die Arbeiterkolome auf„Minister Stein " besuchte, erklärte freimütig, daß er so etwas doch noch nicht gesehen habe. Andere Abgeordnete, darunter eine Gruppe von Konservativen, kamen vor einem Ort mit 24 bis 2ö Grad. Einige der Herren meinten, daß sie sich diese Temperatur viel schlimmer vorgestellt hätten und zugeben müßten, daß es bei heißem Ernte- Wetter viel schwieriger zu arbeiten sei. Im allgemeinen wurde zugegeben, daß Mißstände nicht von der Kommission beobachtet worden seien, daß man sich im Gegenteil die gesamte Lage der Arbeiterverhältnisse ganz anders vorgestellt habe." Derselben Ansicht, daß nämlich die Klagen der Bergleute unberechtigt seien, ist übrigens auch Minister Möller. Wie auS dem schriftlichen Bericht der Kommission hervorgeht, wehrte er sich sehr entschieden gegen den Vorwurf, die Regierung hätte den Unternehmern zugemutet, mit der Siebenerkommission über die Forderungen der Bergarbeiter zu verhandeln. Man habe ihnen, so heißt es in dem Bericht, nicht zugemutet, über die Forderungen zu verhandeln, sondern eine Verhandlung generell stattfinden zu lassen für den ganzen Bezirk, um alle die hauptsächlichsten Einzelklagen zu behandeln, und, wie er überzeugt sei, im wesentliche» zu entkräften. Wenn man auf diesen Gedanken, den er gehabt habe, eingegangen wäre, so würde diese Aktion sehr wesentliche Grundlage» deS Streiks beseitigt haben. Es ist wirklich nicht einzusehen, was der„Verständigung" zwischen Abgeordnetenhaus und Regierung noch im Wege steht.—_ Freisinnige Gegner des Privateigentums. Aus einer schon erwähnten Schrift über den Bergarbeiter- streik,„Kraftprobe im Ruhrgebiet ", vom Arbeitersekretär Anton Erkelenz , herausgegeben vom Ausbreitungsverbande der deutschen Gewerkvereine(Hirfch-Duncker) in Düsseldorf , zitieren wir folgende Stelle über die Wirkungen des heutigen Bergrechts: Findet der Schürfer Kohle, so hat er dies bei der Bergbehörde anzumelden. Gegen Erlegung von 1,Si) M. Stenipelkosten, also im übrigen ganz kostenlos, erhält er dann das sogenannte Mutungsrecht, und zwar bis zu einer Ausdehnung von 2 139 909 Quadratmeter um das Bohrloch herum. Der Besitzer des Mutungsrechtes hat aber nun keineswegs die Verpflichtung, die gefundenen Kohlen auszubeuten, er kann das Feld ruhig liegen lassen, kann es auch verkaufen, und zwar so teuer wie er will, danach fragt der Staat nicht. Der Muter hat ferner das Recht, anderweitig erneut Kohle zu schürfen, und er kann sich so in den Besitz der Kohlen ganzer Länderstriche setzen, mit der einzigen Pflicht, für ein Gebiet in oben genannter Größe jedesmal 1,59 M. Stcmpelkosten zu bezahlen. So gibt es Gesellschaften, z. B. die Internationale Bohrgesellschaft in Erkelenz , die weiter nichts tut, als die Felder nach Kohle abzusuchen. Sie fördert selber keinen Zentner Kohlen, Ivar aber trotzdem im vorletzten Jahre in der Lage, 35 Proz. Dividende zu verteilen und im letzten Jahre gar 75 Proz. Wie sie das macht? Nun, sie besitzt die Kohlenfelder, die ihr ganze 1,69 M. gekostet haben und verkauft diese an andere Gesellschaften zu horrenden Preisen. Was sie verkauft ist Naturprodukt, keines Menschen Hand hat daran je etwas verbessert, und doch ziehen die Besitzer der Aktien Millionen Gewinne daraus. Wehberg führt in seiner Broschüre:„Die Verstaatlichung des Bergbaues" ein eklatantes Beispiel aus. Als die Bergbaugesellschaft„Concordia" in Ober- hausen im Jahre 1899 ihre Aktien an der Berliner Börse einführen wollte, hatte sie ein Aktienkapital von 6 599 999 M., davon betrug allein die Grubengerechtsame, also das Recht, die Kohlen aus der Erde zu holen, 3 759 999 M. Was also die Vorbesitzer für 1,59 M. vom Staat geschenkt erhalten hatten, das setzte man hernach in die Bilanz mit beinahe 4 999 999 M. ein. Und diese Summe müssen natürlich die Kohlenverbraucher verzinsen. In den allerletzten Tagen noch veröffentlichte der Bergwcrksverein„König Wilhelm" in Essen seine Bilanz pro 31. Dezember 1994. Sein Aktienkapital betrug 6 999 999 M., aber die Grubcngerechtsame betrug allein 4 749 999 Mark— mehr als zwei Drittel des Aktienkapitals, und diese Grubengerechtsame hat vielleicht ursprünglich ebenfalls nur 1,59 M. gekostet, natürlich zuzüglich der Bohrkosten. Ein anderes Beispiel: Das noch in Geltung befindliche Berggesetz schreibt noch die Zahlung einer Bergwerkssteuer vor. Das heißt, für das Recht Kohlen zu fördern, erhob der Staat alljährlich eine Steuer. Im Jahre 1393 wurde durch den Handclsminsiter Freiherrn v. Berlepsch die Berg- Werkssteuer aufgehoben, womit man doch den Grubenbesitzern ein Geschenk machte, während dieselben Leute zu gleicher Zeit über die Lasten der sozialpolitischen Gesetzgebung klagen. Eine wie hohe Summe der Staat heute bei der gestiegenen Kohlenförderung aus dieser Bergwerkssteuer ziehen könnte, davon bringt Adolf Damaschke in seinem Buche:„Die Bodenreform" einen klassischen Beweis:„Im Jahre 1393 erhielt die Prinz Arenbergsche Familie— einer dieser Arenberg ist heute Führer des Zentrums— als Ersatz für ihre in der Eise! gelegenen reichsunmittelbaren Besitzungen, die an Frank- reich fielen, die Standesherrschaft Necklinghausen in Westfalen . Zu dem standesherrlichen Rechte gehörte auch das Recht der Erhebung von Bergwerksabgaben. Die Arenbergs waren zunächst gern bereit, auf dieses Recht zu verzichten. Noch im Jahre 1823 Hot der da- malige Herzog von Arenberg dem preußischen Staate die Abtretung dieses Rechtes gegen eine einmalige Entschädigung von 1999 Talern an. Der preußische Staat lehnte aber aus seiner falschen Volks- wirtschaftlichen Auffassung heraus das Angebot ab. Heute werden in der Standesherrschast Recklinghausen jährlich 7 999 999 Tonnen Kohlen gewonnen. Ter Herzog von Arenberg beansprucht und er- hält von jeder Tonne 89 Pf. Abgabe, das macht jedes Jahr 5 699 999 Mark." Erhöbe der preußische Staat von jeder Tonne Kohlen 89 Pf., und er könte das ohne die Kohlen zu verteuern, so hätte er jetzt bei einer Gesamtförderung von 69 999 999 Tonnen jedes Jahr eine Einnahme von 43 999 999 M. Und alle diese Gewinne läßt man von den wenigen Grubenbesitzern einstreichen. Den Gipfel des Wahnsinns hat aber der preußische Staat noch in den letzten Jahren erreicht. Derselbe kaufte von Privatgesellschaften die Grubengerechtsame der Gewerkschaft„Vereinigte Gladbeck". Die- selbe Gerechtsame, die er früher für vielleicht 1.S9 M. ausgegeben hatte, nahm er jetzt für viele Mllionen wieder zurück. Derselbe Unsinn zeigt sich bei der Bergwerksgesellschaft„Hibernia". Das Aktienkapftal dieser Gesellschaft beträgt 69 999 999 M. Dieselbe besteht aus neun Gruben, deren Gerechtsame vielleicht seinerzeit dem Staate 13,59 M. eingebracht haben. Heute stehen dieselben nach der letzten Bilanz mit 29 142 633 M. zu Buche, und der (Btaai, der diese„Hibernia" kaufen will, ist bereit, diese Summe zu zahlen. Unter solchen Umständen muß man sich fragen, ob nicht Vernunft zum Unsinn wird. Wem gehören die Schätze, die in der Erde liegen? Gehören sie wenigen Besitzern oder allen Menschen zum gemeinsamen Gebrauch? Haben wenige Besitzer das Recht, auf Grund dieser allen zugehörigen Ding« die Massen der Menschen auszubeuten, ihre Tätigkeit zu befleuem mit einer Abgabe, die schwerer drückt als alle Staatssteucr? Ja, noch mehr als das. Diese wenigen Grubenbesitzer können, wenn sie wollen, die ganze Förderung einstellen oder können noch viel höhere Preise nehmen, als sie es jetzt tun, alles das im Namen des dreimal geheiligten Privateigentums. Es muß einmal der zwingende Grundsatz auf- gestellt werden, daß ein solches Verfahren direkt unsittlich ist. WaS an Naturschätzen vorhanden ist, das muß allen gehören und allen zur Verfügung stehen, was Menschen Arbeit gemacht, das sei privates Eigentum des einzelnen. Von diesen Gesichtspunkten aus- gehend, darf es kein Privateigentum an Naturschätzen geben. Pro- dukte, die der Mensch herstellt, können beliebig erzeugt werden, Schätze der Erde sind feststehende Mengen, können durch keines Menschen Arbeit vergrößert werden. Sie tragen einen Monopol- charakter, denn in dem Augenblick, da die Kvhlenschätze einzelnen Personen zugehören, gewinnen diese einzelnen eine überwältigende Macht über alle die, die nicht solche Schätze besitzen. Heute liegen die Dinge jedoch so, daß fast alle irgendwie erreichbaren Kohlen- selber, die Kohlen enthalten, genügend für viele hundert Jahre, sich im Besitz von Privatgesellschaften befinden. Alle Felder sind der- geben, und doch werden fast keine neuen Schächte tiefgebracht, weil dadurch dem Kohlensyndikat eine Konkurrenz erwachsen würde. Wir müssen deshalb und auf jeden Fall fordern, daß auf irgend einem Wege die Kohlenfelder wieder in den Besitz der Allgemeinheit gelangen. Diese Ausführungen sind in mehrfacher Beziehung inter - essant. Zunächst allgemein ist ihr Inhalt geeignet, über einen Teil der Herkunft der Bergwerksgewinne Licht zu verbreiten. Wenn diese Tatsachen auch nicht gerade neu sind, so ist ihre Wiederauffrischung gerade im gegenwärtigen Augenblicks wichtig genug. Interessanter ist aber, daß die Zusammen- stellung und die daraus gezogeneu Schlüsse auf die Verwerflich. keit des Privateigentums an den Bodenschätzen aus den Kreisen der Hirsch-Dunckerschen Arbeiter kommen. Es sind politische Anhänger der Freisinnigen Volkspartei , der Herren Eugen Richter und Müller-Sagan , die das Privateigentum an den Bodenschätzen als unsittlich bezeichnen. Wer das Privateigen- tum au den Naturschätzen ablehnt, der muß logischerweise auch das Privateigentum am Grund und Boden ablehnen. Bis zur Ablehnung des Privateigentums an allen Produktions- Mitteln sind diese freisinnigen Arbeiter allerdings noch nicht gediehen. Immerhin: wenn der Monopolismus auf dem Ge- biete der Kohlenproduktion ihnen die Einsicht in die Notwendig- keit der Aufhebung des Privateigentums an den Naturschätzen und insbesondere an den Kohlenschätzen beigebracht hat, dann darf man hoffen, daß der sich weiter entwickelnde Monopolis- mus auf anderen Produksionsgebieten sie dahin führen wird, auch auf diesen Gebieten die Schädlichkeit des Privateigentums einzusehen. Mit etwas schärferer Logik könnten sie das heut schon aus denselben Gründen einsehen, aus denen sie es für die Kohlenindustrie einsehen, denn wenn auch die Schädlichkeit eines Privatmonopols ein zwingenderer Grund für die Be- seitigung des Privateigentums ist, als die Nützlichkeit des Allgemeinbesitzes an allen Produktionsmikteln, so muß doch die Erwägung der Nützlichkeitsfrage am Ende zu demselben Resultat führen. Der Verfasser der Schrift erörtert ja auch die politische Seite der Frage und er ist sich klar darüber, daß der Bergbau auf keinen Fall dem reaktionären Dreiklassenparla- ment überantwortet werden dürfe, sondern nur dem Reichstage oder den Bundesstaaten nur unter der Bedingung der Ein- führung des ollgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts, das allein eine wirksame Kontrolle der Staats- betriebe durch das Volk ermögliche. Es bleibt dann also die Frage der wirtschaftlichen Nützlichkeit des Staatsbetriebes. offen. Soweit, sie für den Bergbau bejaht wird, kann sie für andere Großindustrien ähnlichen Umfanges nicht bestritten werden. Wer also das eine will, wird das andere logischer- weise nicht ablehnen können. Nur wird er dann seine Politische Vertretung nicht bei Eugen Richter suchen dürfen.— veutledes Reich. Wilhelmshavener Kaiserrede. Nach der„Evangelischen Kirchenzeitung" gaben wir eine Ansprache wieder, welche der Kaiser bei der Vereidigung der Rekruten m Wilhelmshaven im März d. I. gehalten haben soll. Wir hielten die Rede wegen ihres sehr sonderbaren Gedankenganges für unecht. Bon offiziöser Seite erfolgte keinerlei Aufklärung. Jetzt erhalten die „Berl. Neueste Nachr.", wie sie sagen, durch einen Augen- und Ohrenzeugen der Vereidigungsfeier eine Zuschrift, in der eine Stelle des Textes der„Evang. Kirchenztg." bestritten, die übrigen Ausfiihrungen jedoch als Aeußerungen des Kaisers bestätigt werden. Zugleich unternimmt der Gewährsmann der„B. N. N." eine Erklärung dieser Wilhelmshavener Rede: „Auf welche Weise der Bericht gerade in diese Kirchenzeitung gelangt ist und zu welchem Zweck, mnn ich nicht sagen, doch be- dauere ich den Vertrauensbruch sehr, umsomehr, als die Ver- breitung solcher für einen kleinen Kreis ex tempore(aus dem Stegreif) gehaltenen Ansprachen vom Kaiser nicht gewünscht wird. Bisher ist allen Vereidigungen nur eine christlich- religiöse Grundlage gegeben und sind fremde Nattonen bei dieser Gelegen- heit nie hier hineingezogen. Ich bin-der Ueberzeugung, daß Se. Maj. auch diesmal nicht eine solche Absicht gehabt hat, aber er wurde durch die Rede des evangelischen Geistlichen hierzu geradezu gedrängt. Der Geistliche, welcher die ans der Kindes- und Vaterlandsliebe entsprungenen vorzüglichen Eigenschaften der Japaner in seiner Ansprache gerühmt, hatte— meinem Gefühl nach— den Eindruck hinterlassen, daß es ganz gleich sei, ob Christ oder Heide; Kindes- und Vaterlandsliebe allein seien schon genügend, solche gewakttgen Kriegstaten und Erfolge zu zeittgen. Um diesen von dem Geistlichen sicher nicht gewollten Eindruck nicht unwidersprochen zu lassen— so nehme ich an— begann Se. Maj. damit, die Rekruten sollten auch bei solchen gewaltigen Erfolge» nicht glauben, daß eS gleich sei, Heide oder Christ, und es sei äuS solchen Siegen nicht zu folgern, daß Buddha unserm Herrn Christus über sei usw." Ich halte mich nicht für berechtigt, über die weitere Rede etwas zu sagen, jedoch ist der Satz:„Die Japaner wären eine Gottesgeißel wie einst Attila und Napoleon ' nicht gesprochen. Vielmehr wurde ungefähr ge- sagt:„Als unser Volk nicht mehr den rechten Glauben hatte, als Hochmut und Hoffahrt bei uns herrschten, da sandte uns Gott Napoleon als Gottesgeißel, ebenso wie er in früheren Zeiten anderen Völkern den Attila mit seinen Hunnen geschickt hat." Ich glaube, daß die provozierte Erwiderung Sr. Maj. keinen Anlaß bieten kann, daß die Japaner sich über diese Ansprache beschwert fühlen. Besser wäre es vielleicht gewesen, wenn der Geistliche sich darauf beschränkt hätte, nur eine christlich- religiöse Ansprache zu halten und Anspielungen, die nachher ausgebeutet werden können, zu unterlassen." Also der Geistliche trägt die Schuld I Der Kaiser war „provoziert" und die Ansprache war nicht für die Oeffentlichkeit be- stimmt. Und daS Mchttgste ist für den Gewährsmann der„Berl. N. N.", daß die Japaner hoffentlich sich nicht beschwert fühlen und der deutschen Industrie die Aufträge verweigern. Die Anschauungen des Kaisers selbst über Gottesgeißel und rechten Glauben können füglich nicht besprochen werden, ehe die Offiziösen die Echtheit oder Unechtheit des Textes feststellen. Derweilen wird bereit» wieder eine angebliche Kaiserred« i» der Sttaßburger„Bürgerzta." mitgeteilt. Bei der Kritik über die Parade hat danach der Kaiser gesagt: „Das russische Heer, welches bei Mulden gefochten, sei durch Unsittlichkeit und Alkoholgenuß— die betteffende Aeußerung habe noch drasttscher gelautet— entnervt. Nur so könne man sich die russische Niederlage bei Mulden erklären. Deutschland habe, nachdem Rußland seine Schwäche gegenüber der gelben Ge- fahr gezeigt, unter Umständen die Aufgabe, der Ausbreitung dieser Gefahr entgegenzutreten. Die Offiziere und Mann- schaften des deutschen Heeres sollten streng darauf halten, daß ihre Zeit gut ausgefüllt sei, damit sie nicht auf Unsittlichkeit und Völlerei verfallen. Man solle die Mannschaften scharf an« strengen, damit sie keine Zeit hätten, an derartiges zu denken." Das klingt wiederum alles völlig unwahrscheinlich. Bielleicht meldet alsbald ein Ohrenzeuge, daß auch in Straßburg der Kaiser mißverstanden sei, und daß auch die Russen keinen Anlaß haben, den deutschen Nachbarn zu zürnen.— Militär-PensionSgesetze. Die Budgetkommission des Reichstags trat am Donnerstag in die Spezialberatung zunächst des Gesetzentwurf» betr. die Pensionierung der Offiziere ein. Im§ 1 de» Regierungsentwurfs wurden auf Antrag des Zentrums, dem auch die Sozialdemokraten zustimmten. Aenderungen dergestalt vor- genommen, daß die Pensionsberechtigung nur bei dauernder Unfähigkeit zur Fortsetzung des aktiven Dienstes nach zehnjähriger Dienstzeit eintteten soll; ferner, daß die Pensionierung infolge Dienstbeschädigungen„ohne Rücksicht auf die Dienstzeit" eintteten soll, statt, wie es im Entwurf heißt,„auch bei kiirzerer als zehnjähriger Dienstzeit". Im§ 2 des Entwurfs wird bestimmt. daß der Anspruch bei Dienstbeschädigungen innerhalb zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Dienst erhoben werden muß; jedoch muß die Beschädigung vor dem Ausscheiden aus dem Dienst fest- gestellt sein. Mit Genehmigung der Militärbehörde k a nn jedoch von dieser Einschränkung(Bestimmung) abgesehen werden, wenn die Folgen einer Beschädigung sich erst später bemerkbar machen, bezw. wenn der Offizier von der Erhebung des Anspruchs abgehalten war, durch außerhalb seines Willens liegende Verhältnisse. Auf Antrag der Sozialdemokraten wurde beschlossen, daß in diesen Fällen von den oben erwähnten Einschränkungen abzusehen i st; das diskretionäre Ermessen der Militärbehörden wurde also ausgeschaltet. Wesentlich verändert wurde der§ 4 des Entwurfs, dessen erster Absatz in der Vorlage diesen Wortlaut hat: „Zum Nachweise der Dicnstunfähigkeit eines die Pensionierung nachsuchenden Offiziers ist die Erklärung des zuständigen Vor« gesetzten erforderlich, daß er nach pflichtgemäßem Ermessen den Offizier zur Fortsetzung des aktiven Militärdienstes für un- fähig hält."» Vom Zenttum war folgende Fassung beanttagt:„... ist die mit Gründen versehene Erklärung der zuständigen Vor« gesetzten und ein Gutachten der zuständigen Aerzte erforderlich, daß sie den Offszier...für dauernd unfähig halten." Durch ein Amendement zum Zentrumsantrag wurde hinter dem Worte„Offiziers" eingefügt:„der eine zehnjährige Dienstzeit zurück« gelegt hat". Weiter stimmte dann das Zentrum und mit ihm die übrigen bürgerlichen Parteien einer vom Abg. Dr. M u g d a n be- antragten Verschlechterung des erwähnten Zentrumsanttages zu, wo« nach statt eines Gutachtens der Aerzte in jedem Fall einer Pensionierung, solches nur erforderlich ist, wenn die Pensionierung auf Grund eines körperlichen Leiden? beantragt wird. Diese Verschlechterung veranlaßte die Sozialdemokraten, gegen den § 4 zu stimmen. Es sei hierbei besonders hervorgehoben, daß der Zenttumsredner, Abg. Erzberger, selbst das schnelle Tempo der Verjüngung des Offizierskorps in Deutschland monierte und darauf hin« wies, daß kein anderer Staat ein so junges Offizierkorps habe, als wie gerade Deutschland . Der Kriegsminister betonte, daß Offiziere nicht nur wegen körperlicher Mängel, sondern auch wegen Mangel an militärischen Fähigkeiten pensioniert werden müßten. Abg. Dr. Gradnauer sprach sich eindringlich für die ärztlichen Gut« achten in jedem Pensionierungsfalle aus. Es bestehe heute sehr große Neigung, Offiziere wegen angeblichen Mangels an militärischen Fähigkeiten vorzeitig zu pensionieren. Wer entscheidet über die Fähigketten? Nach dem Entwurf wieder nur ein einzelner Vorgesetzter. Es sei doch kaum anzu- nehmen, daß Offiziere, die bisher ihren Dienst ordnungsmäßig getan haben, plötzlich so völlig unfähig sein sollen. Wenn der Antrag, mehrere Vorgesetzte entscheiden zu lassen und in jedem Fall das ärztliche Gutachten zuzuziehen, auch kein vollkommenes Abhülfsmittel gegen vorzeitige Pensionierungen sei, so biete er aber doch eine ge- wisse Vorsorge dagegen. Abg. v. R i ch t h o f e n sah in diesem An« ttage eine Einschränkung der Kommandogewalt des Kaisers, zu deren Schützer und Anwalt er aufzuwerfen sich berufen fühlte. Eine Rolle, die jedoch der KriegSminister mit auffallender Schärfe für sich reklamierte. Eine längere Debatte führte der Z 5 herbei, der bestimmt, was als Dienstbeschädigung zu gelten hat. Die Fassung dieses Paragraphen legt von einer gewissen Generosität der Regie« rung Zeugnis ab, wie sie in den Gesetzesvorlagen zur Arbeiter- Versicherung vergeblich zu suchen ist. Der Paragraph fand schließlich gegen einige Stimmen des ZenttumS Annahme.— „Der Kampf um die akademische Freiheit", den die Studenten und einige Professoren offenbar ernst nehmen, obwohl oder weil nichts dahinter steckt, nimmt seinen Fortgang. Auf einer außer» ordentlichen Versammlung deutscher Hochschulen in Weimar haben die Studenten beschlossen� daß„an dem altüberlieferten Recht der Studentenschaft, ihre Angelegenheiten im Rahmen der akademischen Gesetze selbst zu ordnen" nicht gerüttelt werden soll. Die Herrchen protestieren, nachdem die akademische Freiheit der Wiffenschast und Lehre längst eingesargt ist.— Ruhstrat-Opfer. Aus Oldenburg wird berichtet: Indem Prozeß gegen den K e l l n e r M e y e r in der Angelegenheit Ruhstrat ist vom Landgericht die Anklage wegen Meineids beschlossen und die Verhandlung des Prozesses dem Bückeburger Schwur- gericht zugewiesen worden. Der gänzlich unbescholtene Kellner Meyer hat in dem tumul- warischen Dezemberprozeß Aussagen über die Spieltätigkeit des Poker- Ministers gemacht. Man scheint ihm eine Verwechselung von Pokern und Lustige Sieben zum Vorwurf zu machen— und das soll nun der Mei neid sein. Wie man richtig schwören muß und doch zugleich das Gegenteil der Wahrheit als öffentlichen Eindruck hervorrufen kann, das hat der Minister Ruhsttat durch die Tat ge- lehrt. Bevor man in Oldenburg schwört, sollte man bei dem Justiz- minister Unterricht nehme»; dann kann einem nichts passieren.— Eine Petition von Bergleuten auS dem Saarrcvier, an das«b- geordnetenhauS gerichtet, führt Klage darüber, daß die den Berg- leuten gezahlte Znvalidenpenfion im Verhältnis zu den geleisteten Beittägen zu gering sei. und daß, wenn sie bergfertig sind und in andere Berufe übergehen und in dieser Zeit Betträge zur Invaliden- Versicherung zahlen, dann, wenn sie ganz invalide werden, keine Erhöhung ihrer Pension eintritt. Von der Regierung wurde er- widert, daß der erste Punkt der Beschwerde ungerechtfertigt sei. daß überdies die Zahlung der Pension ans Statut beruhe und nicht durch Gesetz eingegriffen werden könne, daß der zweite Beschwerde- Punkt aber unrichtig sei, da in solchen Fällen die Pension um 2,40 M. monatlich erhöht werde. Trotz des Widerspruchs der Re- sierung beschloß die Handels- und Gelverbekommission des Abgeordnetenhauses Ueberlveisung als Material fiir die in Vor- bereiwng befindliche Novelle zum Knappschaftsgesetz. Zum Hammersteiu-Nachlaß. Die Mitteilungen deS Leußschen Buches über ein Angebot an den Grafen Botho Eulenburg nach dem Sturz CapriviS. das Reichskanzleramt zu übernehmen, werden von mehreren Seiten als falsch bestritten,—
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