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Nr. 201.

Erscheint täglich außer Montags. Prets pränumerando: Viertels jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg. fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags: Nummer mit ilustr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Bfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Desterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.

Vorwärts

9. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg Inserate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uýr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Fernsprech- Anschluß Amt 1. v. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Parteigenossen!

Laut Beschluß des vorjährigen Parteitages in Erfurt soll der diesjährige Parteitag in Berlin stattfinden.

Derselbe wird hiermit auf

Sonntag, den 16. Oktober, nach Berlin

in das Lokal zu den Konkordia- Sälen, Andreas­straße 64, einberufen.

Als provisorische Tagesordnung ist festgesetzt: Sonntag, 16. Oktober, Abends 7 Uhr, Vor versammlung. Konstituirung des Parteitages. Fest­setzung der Geschäfts- und der Tagesordnung. Wahl einer Mandats- Prüfungskommission.

Montag, 17. Oktober und die folgenden Tage: 1. Geschäftsbericht des Parteivorstandes.

Berichterstatter: Richard Fischer.

2. Bericht der Kontrolleure durch August Raden. 3. Bericht über die parlamentarische Thätigkeit der Reichstagsfraktion.

Berichterstatter: Paul Singer.

4. Die Maifeier 1893.

Berichterstatter: Albin Gerisch. 5. Der internationale Arbeiterkongreß in Zürich . Berichterstatter: Ferdinand Ewald. 6. Das Genossenschaftswesen, der Boykott und die Kontroll­Schuhmarke.

Berichterstatter: J. Auer.

7. Die wirthschaftliche Krise und ihre Folge: der all­gemeine Nothstand.

Berichterstatter: W. Liebknech t. 8. Der Antisemitismus und die Sozialdemokratie. Berichterstatter: A. Bebel. aus den Reihen der Parteigenossen, welche bei den voraufgehenden Punkten der Tagesordnung nicht bereits ihre Er­ledigung gefunden haben.

9. Berathung derjenigen Anträge

10. Wahl der Parteileitung und Bestimmung des Drtes, wo sie ihren Sitz zu nehmen hat.

Parteigenoffen! Die Wichtigkeit der Tagesordnung läßt einen sehr starken Besuch des Parteitages erwarten. Um nun die nothwendigen Vorbereitungen rechtzeitig und nach jeder Richtung treffen zu können, empfiehlt es sich,

Feuilleton.

Nadbrud verboten.)

Die Waffen nieder!

( 8

Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner . Zweites Buch. Friedenszeit.

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Vier Jahre später. Meine beiden nunmehr fiebzehn­und achtzehnjährigen Schwestern sollten bei Hofe vor­gestellt werden. Aus diesem Anlaß entschloß auch ich mich, wieder in die Welt" zu gehen.

Sonntag, den 28. August 1892.

wenn die Genossen mit der Wahl der Delegirten*) und mit der Einsendung ihrer Anträge nicht bis zum legten, zu lässigen Augenblick warten.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

nahmen und Anordnungen werden rechtzeitig bekannt ge= geben werden.

Mandatsformulare sind durch das Parteis Nach§ 8, II. Absatz unserer Partei- Organisation bureau zu beziehen und wird, sobald dieselben fertig sind, find Anträge der Parteigenossen für die Tagesordnung eine bezügliche Bekanntmachung erfolgen. Alle auf den des Parteitages bei der Parteileitung einzureichen, die Parteitag bezüglichen Zuschriften, Wünsche, Anfragen zc. dieselben spätestens zehn Tage vor der Abhaltung des find nur an das Parteibureau: Parteitages durch das offizielle Partei Organ bekannt zu geben hat."

Um letzteres zu ermöglichen und da die eingehen­den Anträge Anträge vor ihrer Veröffentlichung erst einer Ordnung und Sichtung unterzogen werden müssen, ersuchen wir die Anträge bis spätestens Ende September an das Parteibureau unter der Adresse

einzusenden.

J. Aner, Berlin SW., Razzbachstr. 9

Die gewählten Delegirten oder Vertrauensmänner der betreffenden Orte werden deshalb ersucht, von der erfolgten Wahl und der Adresse des Gewählten rechtzeitig Nachricht an das Parteibureau gelangen zu lassen.

Die Adresse des Lokal- Romitees, sowie die von demselben im Jutereffe der Delegirten zu treffenden Maß

zu richten.

J. Auer, Berlin SW., Razbachstraße 9,

Berlin , 27. August 1892.

Mit sozialdemokratischem Gruß Der Parteivorstand.

Sentimental?

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Da laut Beschluß des Parteitags in Erfurt neben dem Die Kreuz- Zeitung " meint, die von einem Theil der Geschäftsbericht des Partei- Vorstandes auch der Bericht über Nationalliberalen zur Schau gestellte Radau- Begeisterung die parlamentarische Thätigkeit der Reichstags- Abgeordneten für die alte Raketentiſte von Friedrichsruhe sei sentimental". dem Parteitag gedruckt unterbreitet werden soll, so werden wir hätten nicht gedacht, daß die Kreuz- Zeitung " so naiv sein könnte. Den geriebenen Profitpolitikern als sonstige diese Berichte, um eine genaue Kenntnißnahme schon vor Politiker taugen sie allerdings nichts, welche die den Verhandlungen zu ermöglichen, den Delegirten schon höflicherweise noch so genannte nationalliberale Partei " vor Beginn des Parteitags zugesandt werden. bilden, haben Sentiments*) und Sentimentalitäten allezeit fern gelegen. In dieser Beziehung, freilich auch nur in dieser, waren sie stets vortreffliche Realpolitiker. Sie ver­stehen zu rechnen, und die wohltönenden Wörter und Redens arten, an denen ihr Parteileriton so reich ist, sind nur arithmetische Bezeichnungen für eine bestimmte Summe von benn mit Kleingeld geben die Herren sich nicht ab. Wenn Goldkronen und Silbermark. Oder nur von Goldkronen man Schienen flickt und Stempel fälscht, dann muß es auch etwas Ordentliches einbringen sonst ist der natio­nale Herensabbath die dabei verbrannten Wachskerzen und Talglichter nicht werth. Was ist diesen rechnenden Profitpolitikern das Deutsche Reich" und das Bater land"? Und was sind sie dem Deutschen Reich" und dem Vaterland"? Bringt es kein Geld in den Kasten, anu dann mag es ihnen gestohlen sein, und ist beim Bruder Kosack oder dem Bruder Franzmann mehr zu verdienen, dann mag Reich und Vaterland zum Teufel gehen, und sie fatbuckeln vor dem Bruder Franzmann, und üssen den schmierigen Bruder Kosack. Die Reichsgründung war ihnen nur ein einfaches Gründergeschäft freilich ein und gutes war, ihnen so viele Millionen und Milliarden sehr großes und sehr gutes- und daß es ein so großes eingebracht hat, das verdanken sie ganz wesentlich dem Ex­Reptilvater und Millionärzüchter, der jetzt als alte Raketen­

Partei.

§ 9. Der Parteitag bildet die oberste Bertretung der Zur Theilnahme an demselben sind berechtigt: 1. die Delegirten der Partei aus den einzelnen Wahl­freifen, mit der Einschränkung, daß in der Regel fein Wahlkreis durch mehr als 3 Personen vertreten sein

darf.

Infoweit nicht unter den gewählten Vertretern des Wahlkreises Frauen fich befinden, fönnen weibliche Bertreter in besonderen Frauenversammlungen gewählt werden;

2. die Mitglieder der Reichstags- Fraktion; 3. die Mitglieder der Parteileitung.

leitung haben in allen die parlamentarische und die geschäft­Die Mitglieder der Reichstags Fraktion und der Partei liche Leitung der Partei betreffenden Fragen nur berathende

Stimme.

Der Parteitag prüft die Legitimation seiner Theilnehmer, wählt seine Leitung und bestimmt seine Geschäftsordnung selbst.

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*) Gefühle im Sinne des Schwärmerischen.

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mit meinem ganzen Seelenleben verwachsen, daß ich punkt. Um ihm einstens eine gute Lehrerin sein oder eine Zerreißung nicht hätte überleben, nicht doch, um seinen Studien folgen und ihm eine Geistes­verschmerzen können, war ja meine Liebe nicht gewesen; kameradin werden zu können, wollte ich selber soviel Wissen dazu hatte unser Zusammensein zu kurz gedauert. Wir als möglich mir aneignen; zudem war Lesen die einzige hatten uns angebetet, wie ein paar feurige Verliebte; aber Berstreuung, die ich mir erlaubte so vertiefte ich mich Herz in Herz, Geist in Geist aufgegangen, in gegenseitiger denn von neuem in die Schätze unserer Schloßbibliothek. Hochachtung und Freundschaft fest verbunden, wie dies Namentlich drängte es mich, mein einstiges Lieblingsstudium manche Eheleute nach langen Jahren getheilter Leiden und die Geschichte wieder aufzunehmen. In der letzten Zeit, Freuden sind, das waren wir beide nicht gewesen. Auch als der Krieg von meinen Zeitgenossen und von mir selber so ich war ja sein Höchstes. sein Unentbehrlichstes nicht; wäre schwere Opfer gefordert hatte, war mein früherer Enthusiasmus er sonst so frohgemuth und ohne zwingende Pflicht start abgekühlt word en, und ich wünschte denselben durch sein Regiment hat niemals ausrücken müssen fort von entsprechende Lektüre wieder anzufachen. Und in der That, mir? Zudem war ich in den vier Jahren allmälig eine es gewährte mir manchmal einen gewissen Troft, wenn ich Andere geworden; mein geistiger Gesichtskreis hatte sich ein paar Seiten Schlachtenberichte mit den daran geknüpften in vielem erweitert; ich war in den Besitz von Kenntnissen Heldenverherrlichungen gelesen, zu denken, daß der Tod und Anschauungen gelangt, von welchen ich zur Zeit meines armen Mannes und mein eigenes Wittwenleid als Die verstrichene Zeit hatte ihr Werk gethan und meiner Verheirathung keine Ahnung gehabt und von welchen Barzellen in einem ähnlichen großen geschichtlichen Vorgang meinen Schmerz allmälig gelindert. Die Berzweiflung auch Arno das wußte ich jetzt zu beurtheilen fich enthalten waren. Ich sage manchmal" nicht immer. wandelte sich in Trauer, die Trauer in Wehmuth, die feinen Begriff gemacht, und so hätte er meinem jezigen So ganz und gar konnte ich mich doch nicht mehr in jene Wehmuth in Gleichgiltigkeit und diese endlich in erneute Seelenleben wäre er auferstanden- in mancher Richtung Stimmungen meiner Mädchenzeit zurückversehen, wo ich es Lebensfreudigkeit. Ich erwachte eines schönen Morges zum fremd gegenüber gestanden. der Jungfrau von Orleans hätte gleich thun mögen. Bewußtsein, daß ich eigentlich in einer beneidenswerthen, Wieso diese Wandlung mit mir geschehen? Das ist so Vieles, Vieles in den gelesenen überschwänglichen Ruhmes­glückverheißenden Lage mich befand: dreiundzwanzig Jahre gekommen: tiraden, welche die Schlachtenberichte begleiteten, flang mir alt, schön, reich, hochgestellt, frei, Mutter eines aller- Ein Jahr meiner Wittwenschaft war verstrichen, die falsch und hohl, wenn ich mir zugleich die Schrecken der liebsten Knaben, Glied einer liebenden Familie waren Verzweiflung erste Phase in Trauer übergegangen. Schlacht vergegenwärtigte so falsch und hohl, wie eine das nicht Bedingungen genug, um des Lebens froh zu Aber noch in eine sehr tiefe, herzblutende Trauer. Bon einer als Preis für eine echte Perle erhaltene Blechmünze. Die werden? Wiederanknüpfung geselliger Verbindungen wollte ich durchaus Perle Leben ist die wohl ehrlich bezahlt mit den Blech­Das kurze Jahr meines Chelebens[ lag hinter mir wie nichts wissen. Ich meinte, fortan müsse mein Leben nur noch phrasen der geschichtlichen Nachrufe?. ein Traum. Ja ich war in meinen schönen Husaren mit der Erziehung meines Sohnes Rudolf ausgefüllt sein. Bald hatte ich den Vorrath der in unserer Bücherei sterblich verliebt gewesen; ja. mein zärtlicher Mann hatte Nie mehr nannte ich das Kind" Ruru" oder Korporal"; vorhandenen historischen Werke erschöpft. Ich bat unseren mich sehr glücklich gemacht; ja-die Trennung hatte die Babyspielereien des verliebten Elternpaares waren da- Buchhändler, er möge mir ein neues Geschichtswerk zur An­mir großen Kummer, sein Verlust wilden Schmerz hin; der Kleine war mein Sohn Rudolf" geworden, sicht schicken. Er schickte Thomas Buckle's" History of bereitet aber das war vorbei, vorbei. So innig meines ganzen Strebens, Hoffens, Liebens geheiligter Mittel- Civilisation". Das Werk ist nicht vollendet," schrieb der

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