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aSer ein begeisterter Anhänger der Hohenzollern sind, kann ich das nicht mehr. Rechtsanw. Dr� Liebknecht: Ist ihm denn wegen dieser Frechheit, daß er Ihnen ins Gesicht sagte, Sie seien kein anständiger Mann, eine Disziplinarstrafe zudiktiert worden? Zeuge: Nein. Bert.: Kommt denn so etwas öfters vor? Zeuge: O ja. das kommt auch bei anderen vor und wird dann bestraft. Aber meine Erfahrung war die, daß bei Grosse mit Disziplinarstrafen nichts zu erreichen war. Auf weitere Fragen bekundet der Zeuge weiter: Grosse war anders als die anderen. Er war bedeutend roher, als andere Gefangene. Einmal sagte er, als wieder das Ge- sprach auf seine Tat gebracht wurde: was er getan habe, sei gar nichts so Besonderes: es gebe eine Masse Leute, die anderen die Hälse abschneiden, aber doch nicht nach Plötzensee kommen. Beisitzer Landgerichtsrat Gräber: Sind Sie nicht der Meinung, daß Große deshalb ein so unbotmäßiges Wesen an den Tag gelegt hat, weil man ihm alles hingehen ließ und er infolge der mancherlei Vergiinstigimgen glaubte. daß er sich alles gestatten dürfe? Zeuge: Diesen Eindruck hatte ich allerdings. Rechtsanw. Dr. Liebknecht: Aber diese eben erwähnte unglaub- lich rohe Aeußerung tat er doch im Beginne der Strafzeit. Zeuge bestätigt dies. Auf die Frage von Rechtsanw. Liebknecht, was er unter dem etwas hysterischen Zustand verstehe, erwidert Zeuge: Einen etwas anormalen Erregungszustand. Rechtsanw. Liebknecht: Sind andere jugendliche Gefangene nicht von einer gewissen Weichheit, so daß sie leicht zur Reue an- zuregen sind? Dr. Baer erklärt in seinem Buche die Verstocktheit und Verschlossenheit für etwas Anormales bei jugendlichen Ver blechern. Zeuge: Das ist individuell sehr verschieden. Große war im Unterschied von allen anderen der rohcste und unverschämteste. Sachverst. Dr. P l a c z e k: Glauben Sie, daß diese Gemütsroheit bei Grosse erst im Gefängnis sich herausgebildet hat, oder daß sie ihm angeboren war? Zeuge: Ich meine, daß sie sich so schnell doch nicht entwickeln konnte. Es war wohl Anlage oder cS kann auch Mangel an Erziehung sein, bei der wohl eine feste Hand gefehlt hat. Sachverst. Dr P l a c z e k: Hat Grosse bei dem RcligionSunter- richt einmal eine Störung verursacht? Zeuge: Nein. Rechtsanw. Dr. Liebknecht: Grosse soll auch gewisse philo sophische Anwandlungen gehabt und vor seinen Mitgefangenen mit solchen philosophischen Gedanken geprahlt haben. Dem Zeugen ist hiervon nichts bekannt, doch ist ihm manchmal von Mit- gefangenen des Grosse gesagt worden, daß dieser manchmal viel durcheinander rede. Sachverst. Medizinalrat Dr. K o e n i g: Nach den von einer sehr sorgsamen, vorzüglichen Beobachtung zeugenden Bekundungen des Herrn Predigers scheint es doch, daß dem Grosse auch das rudimentärste ethische Empfinden, jedes Gefühl der Liebe, der Dankbarkeit fehlt. Zeuge: An seinen Angehörigen, speziell der Mutter, scheint er mit Liebe zu hängen. Doch ist auch das wohl abhängig von dem Matz des Nutzens, den er von ihnen erwartet; einer reinen, selbstlosen Zuneigung halte ich ihn kaum für fähig. Sachverst. Dr. K o e n i g: Die moralische Stufe, auf der er steht, ist wohl ungeheuer tief, eigentlich wohl die eines Tieres? Zeuge: Sie ist sehr tief; aber den Vergleich mit dem Tier möchte ich doch ablehnen. Sachverst. Dr. L e p p m a n n: Haben Sie nicht auch die Er- fahrung gemacht, daß jugendliche Verbrecher aus der Großstadt ver- stockter sind, als solche vom Lande. Der Zeuge und Dr. Baer bestätigen diese Erfahrung. Rechtsanw. Dr. Liebknecht: Kennen Sie auch Werner, den Mitschuldigen der Grosse? Zeuge: Diesen habe ich nur oberflächlich kennen gelernt. Rechtsanw. Dr. Liebknecht: Ergaben sich mit diesem ebenso diele Schwierigkeiten als mit Grosse. Dr. Baer(ruft): Gar keine. Zeuge: Nein: nur Mitgefangene, die mit ihm zusammen schliefen, klagten, er stöhne des Nachts und leide an Halluzinationen; er wurde deshalb in Einzelhast gelegt. Rechtsanw. Dr. L i e b k n e ch t: So, so. Auch der, das ist ja interessant. Der Staatsanwalt erklärt, er behalte sich vor, den jetzigen Gefängnisarzt Dr. Koch als Zeugen und Sachverständigen zu laden. Dann wird die Sitzung auf Freitag S'/z Uhr vertagt. **# Berichtigung. Am Schlüsse unseres gestrigen Berichtes heißt eS in der Aussage des Zeugen St.,er sei auch nur ganz kurz von Dr. Pfleger untersucht worden". Tatsächlich lautete die Aussage des Zeugen: Ich wurde gefragt, ob ich mich krank fühle. Ich sagte, daß ich an Magenkräinpfen und an Blutungen am Aster litte. Darauf wurde ich gefragt, ob ich augenblicklich daran leide. Hierauf antwortete ich mit Nein, und dann hieß eS sofort: raus. Der Zeuge ist also bei der Aufnahme gar nicht untersucht worden. GenverkfckaMickes. Berlin und Qmgegend. Zu« Streik der Berliner Teppichweber ist zu berichten, daß der Streik unverändert fortdauert. Die Situation steht für die Strei- kenden äußerst günstig. Streikbrecher befinden sich nur in geringer Zahl in einem Betriebe, trotz der größten Anstrengungen, Arbeits - willige zu erlangen. Die Fabrikanten glauben, die Streikenden werden durch die Mietszahlung gezwungen sein, nach dem ersten Juni die Arbeit bedingungslos aufzunehmen; in dieser Hinsicht werden sie sich gewaltig täuschen. Die Streikenden, einschließlich der Handweber von Benian und Nowawes , sind guten Mutes und fest entschlosien, den Streik bis zu einer beftiedigenden Einigung durchzuführen. Da der Streik die neunte Woche dauert, ersuchen die Streikenden, sie in diesem Kampfe moralisch zu unterstützen und den Zuzug aller Arbeiter nach diesen Betrieben fernzuhalten. Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck ersticht. Der Streik der Bretterträgcr. Der neue Lohntarif war bis gestern nachmittag für 13S Arbeiter unterschriftlich anerkannt. Für die am Wasser tätigen Arbeiter ist er allgemein bewilligt. Der Holzhändler-Verband, dem allerdings kaum die Hälfte der in Betracht kommenden Arbeitgeber angehört, nimmt zurzeit»och eine abwartende Stellung ein, obgleich man offenbar geneigt ist, einen allgemein geltenden Tarifvertrag abzuschließen. Allerdings ist es nach einem durch ein gedrucktes Zirkular mitgeteilten Beschluß den Mitgliedern bei 1000 M. Geldstrafe verboten, die Forderungen der Streikenden zu bewilligen; doch soll, wie verlautet, am Montag darüber be- fchlossen werden, wie sich der Verband zu den Forderungen stellt und ob mit der Streikleitung verhandelt werden soll. Die Streikenden halten einmütig zusammen. Eine am Freitagabend 8 Uhr im Gewerkschaftshaus stattfindende Versammlung der Mit- aliedschaft II des Hafenarbeiter-VerbandeS wird über die allgenieine Lage des Streiks beraten. Bon der Freien Verewigung selbständiger Barbiere, Friseure und Peruckeumachcr erhalten wir eine Zuschrift, der wir folgendes ent- nehmen: Wir ersuchen die Lohnlommission, anzugeben, wann schon einmal ein Mitgliederverzeichnis von uns veröffentlicht worden ist l Der Referent der öffentlichen Versammlung der Selbständigen am Montag, den 22. Mai, Rosenthaler Hof, bat ausgeführt:Meine Herren, rufen Sie doch, wenn Ihnen das eine oder andere zu Be- mängelung Veranlassung gibt, das EinigungSamt an!" Derselbe Herr ist Obmann der Lohnkommission. DaS EinigungSamt hat nach heute eingezogener Auskunft unsere Anrufung den Gehülfenorganisationen noch nicht übermittelt. So wird man also gehängt, bevor man etlvaS verbrochen. Des weiteren wird uns Genossenfang vorgeworfen. Wir ersuchen die Lohnkommission, unsere Annonce vom 30. Mai durchzulesen. Im übrigen hat die Generalversammlung eS jedem freigestellt, zu bewilligen; nur sind die Abmachungen vor dem Einiguiigsamt für uns als Korporation maßgebend. Wir verwahren uns ent- schieden dagegen, daß man uns Genoffenfaug vorwirft. Ans diesem Grunde haben wir unS nicht an die Genoffen gewandt. Wir wollen aber auch nicht, wie vor vier Jahren, an die Wand gedrückt werden, weil der größte Teil unserer Mitglieder gleichzeitig im Wahlverein sind. Der Beauftragte: F. Deichsel, Pappel-Allee S. Die Arbeitgeber der Berliner Herren-Maßschneiderei nahmen gestern abend in zahlreich besuchter Versammlung eine Re solution an, in welcher es heißt: Nachdem die Ortsgruppe Berlin des Allgemeinen Deutschen Verbandes der Herrcn-Maß- schneiderei davon Kenntnis hat, daß die Vcrbandsleitung München in Sachen des Streiks in Gießen dahin unterrichtet ist, daß die Arbeitnehmer daselbst seitens ihrer Vcrbandsleitung angewiesen sind, mit den dortigen Arbeitgebern zur Beilegung des Streiks vor dem Gcwerbegericht in Unterhandlungen zu treten, und falls aus diesen Verhandlungen eine Einigung nicht herbeigeführt werden kann, von gleicher Stelle angewiesen sind, sich dem Schiedsspruch des angerufenen Einigungsamtes bedingungslos zu fügen, verlangt die heute tagende Hauptversammlung, daß seitens des Zentral- Verbandes dieser Schritt begangen wird. Deutlches Reich. Lohnbewegungen in Schleswig- Holstein . An dem General- streik der Schneider sind bis jetzt beteiligt: in Kiel 230 Ge- sellen in 22 Geschäften, in Flensburg zirka 100 Gesellen. In Itzehoe haben, wie bereits gemeldet, die Unternehmer, nach Bei- legung des Bauhülfsarbeiter-Streiks, die Bauhandwerker-Aussperrung zwar für beendigt erklärt, die Maurer und Zimmerer aber haben die Arbeit noch nicht wieder aufgenommen; si» fordern als Autworr ans die frivole Aussperrung eine Erhöhung des Stundenlohnes von 48 auf 53 Pf. Die Unternehmer haben die Forderung abgelehnt und schwarze Listen versandt. Der Werftarbeiterstreik in F l e n s- bürg und der Tischlerstreik in Neu münster dauern un- verändert fort. Alle Einignngsvcrsuche sind bis jetzt an dem Widerstaude der Unternehmer gescheitert. Zur Lohnbewegung der Zigarettenarbciterinnen Dresdens . Die dem Arbeitgeberverbande angehörenden Zigarettenfirmen Dresdens haben die Androhung, allen Arbeitern und Arbeiterinnen, die bis zum 27. Mai nicht aus dem Deutschen Tabakarbeiter- Verbände aus- getreten sind, die Arbeit aufzukündigen, in die Tat umgesetzt mit Ausnahme der FirmaKosmos", die am Sonnabend mit ihren Arbeitern Frieden schloß. Diejenigen Arbeiter und Arbeiterinnen, die tägliche Kündigung hatten, sind sofort entlassen. Man sucht, da ungleiche Aufkündigungszeiten in den einzelnen Betrieben herrschen, diesen Mißstand weidlich auszunutzen, um Zer- splitterung in die Reihen der Arbeiterinnen zu tragen. Dieser fein eingefädelte und angewandte Plan wird aber nicht gelingen, da alle organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen erklärt habe», am Mittwoch in den allgemeinen Ausstand einzutreten. Es handelt sich um eine über 4000 Personen zählende junge Arbeiterinnen- organisation. Die Firmen SelowSky, Casanova und Kasaki, die dem Arbei�geberverbande nicht angehören, haben bewilligt und herrscht dort deshalb Ruhe. Htiglsnd. Der Maurerstreik in Zürich ist beendet, nachdem er acht Wochen gedauert. Durch Vermittelung der Regierung kam zwischen Ver- tretern der beiden Parteien eine Einigung zustande, der auch die Arbeiter und Unternehmer in gesonderten Versammlungen ihre Zu- stiwmung gaben. Der Vertrag legt die bereits bestehende tägliche Ivstündige Arbeitszeit fest, die Dauer der Mittagspause von 1 bis IMt Stunden, je nach der Jahreszeit, und bestimmt den Stundenlohn mit 53 Rappen fürleistungsfähige Maurer", mit 40 Rappen für dito Handlanger und mit 32 Rappen für Pflasterbuben. Für Ueber- stunden, Nacht- und SonntagSarbeit sind Lohnzuschläge von 50 Proz. zu gewähren. Für junge und alte Arbeiter soll der Lohn durch Vereinbarung" bestimmt werden. Der Vertrag gilt auf ein Jahr und er läuft weiter, wenn er von keiner Seite gekündigt wird. Den Minimallohn haben die Arbeiter nicht erreicht und insofern eine Niederlage erlitten. Als Erfolg bleibt einzig die vertragsmäßige Festsetzung der Arbeits- und Lohnbedingungen. Als Lehre bleibt für die Arbeiter, d. h. für die Italiener, die endliche gewerkschaftliche Organisation und Leistung genügender Beiträge. In diesem Streik waren die Italiener unorganisiert und die ganzen Kriegskosten zahlt die organisierte Arbeiterschaft der übrigen Berufe. Das sind durch- aus ungesunde und unbefriedigende Verhältnisse.(Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.) Die Dachdeckeraussperrung in St. Gallen wurde durch Zuge- ständnis eines Stundenlohnes von 60 Rappen für tüchtige, von 55 Rappen für gewöhnliche und von 45 Rappen für Hülfsarbeiter beendet.(Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.) Die Zuschneider w sämtlichen Kleiderfabriken zu Plößnitz in Mähren sind nach einem uns zugegangenen Privattele- g r a m m in den Ausstand getreten. Zuzug ist fernzuhalten. (Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.) Die Metallarbeiter Budapests befinden sich im General- streik. Bisher sind 27 000 Arbeiter am Streik beteiligt. Eine hiesige Patronenfabrik, welche für russische Lieferung größere Patronen- lieferungen übernommen hat, bot dem Streikkomitee für jeden Streckenden täglich eine Krone. DaS Angebot wurde jedoch zurück- gewiesen. Der Sttaßenreinigcrstreik in Stockholm ist für die bei Privat- Unternehmern tätigen Arbeiter mit Erfolg beendet. Bon ihnen wurde die Arbeit am Montagabend wieder aufgenommen. Die städtischen Arbeiter hatten den Beschluß gefaßt, die Arbeit zu den von den Chefs der städtischen Werke vorgeschlagenen Verhandlungs- bedingungen wieder aufzunehmen. Als sie jedoch am Montagmorgen die Arbeit beginnen wollten, wurden sie, wie ein Telegramm meldet, zurückgewiesen. Versammlungen. Die Verwaltungsstelle Berlin der Deutschen Metallarbeiter- Gewerkschaft hielt imRosenthaler Hof" ihre gutbesuchte General­versammlung für das 1. Quartal 1905 ab. Z e d l c r gab einen ausführlichen Bericht der Verwaltung. An der Hand von Auf- Zeichnungen berichtete der Redner über Differenzen in folgenden Be- trieben und Abteilungen: A. ö.-G.(Avtomobilbau, Gummiwerke, Kabelsaal), Taxameter-Gcscllschaft, Gebr. Arndt, MediziniicheS Warenhaus, Schöning, Streik bei Lorenz, Turbincnbau(A. E.-G.), Mainzer Motorwagen-Fabrik(Maßregelung), Jachmann. Außer- dem ist die Gewerkschaft am Modelltischlerstreik beteiligt. Gleich- falls ist der Rohrlegertarif seitens der Arbeitnehmer gekündigt worden, und finden zurzeit die Beratungen über einen neuen Tarif statt. Es haben stattgefunden 7 VcrwaltungSsitzungen, 6 Ver- trauensmänner-Konferenzen, 2 Monats- und 2 öffentliche Ver- sammlungen sowie 81 Werfftattbesprechungen, an denen die Ge- werkschaft teilnahm. An der anschließenden Diskussion beteiligten sich Schröder und S ch l e n k e r. OrtSkassicrer W i c S n e r macht zunächst auf den gedruckten Kassenbericht aufmerksam und i verliest die Einnahmen, die für Januar bis März zusammen 7765,55 M., und die Ausgaben, die 5958,32 M. betragen, so daß einschließlich des Bestandes vom 31. Dezember 1904 am 31. März 1905 4796,13 M. in der Ortskasse waren. Verkauft wurden an Beitragsmarken 10 727, an Gürtlermarken 3712 Stück. Auf- genommen wurden 295 Mitglieder. In der Ausgabe nimmt wieder die Streik- und Maßregelungs-Uuterstützuug die erste Stelle ein, und zwar wurden dafür 2130,15 M., ferner für Agitation 205,43 M. verausgabt. Zum 3. Punkt teilte Zedier mit, daß die diesjährig» Maifeier nur geringe Aussperrungen gebracht hat. Einzelne Be- triebe, darunter das Medizinische Warenhaus, haben eine Woche lang ausgesperrt. Unterstützung erhielten 6 Kollegen. In Sachen Schultz wird auf das Statut verwiesen. Von Wiesner wird hierauf die Maifeier und Maßregelung usw. der Kollegen auS der Union zur Sprache gebracht. Der Fall zeitigte eine sehr lebhafte Debatte. An der Diskussion beteiligten sich mehreremal Schlenker, Zedier, Schröder, Richter, Jurk. Semmler, Schulz, Oester Held, Walter und B u t h. Ein Antrag Schlenker, der seinem Inhalt nach besagt, daß die Beteiligten der 1. Schicht keine Unterstützung erhalten können, wird nach mehrmaliger Abstimmung bis zur nächsten Versammlung auf Antrag Zedier zurückgestellt, und soll diese Sache in der nächsten Versammlung erledigt werden. Kurt Schmidt wurde dann zum Revisor(für Dannenberger) und Reinhardt zum zweiten Schriftführer gewählt. ie TZahlrechtsdebatte in Hamburg . Hamburg , 31. Mai,(Privatdepesche desVorwärts".) In der gestrigen Bürgerschaftssitzung sprach Bildhauer Haider namens der Mehrheit der Linken für die Senatsvorlage. Er beantragte Annahme der Verfassungsänderung ohne Ausschutzprüfung und Ver. Weisung des Wahlgesetzes an einen Ausschutz. Heßlein(Linke) ist für Ausschußprüfung der ganzen Vorlage. Der Antrag Haider wurde von 79 Mitgliedern unterstützt. Präsident Engel erklärt die ungetrennte, gleichmäßige Behandlung der Gesamtvorlage für erforderlich; jed>> Trennung sei unerwünscht. Antisemit Schock ist nicht von der Notwendigkeit überzeugt, daß die Vorlag- Gesetz werden muß. Die Sozialdemokraten müssen zu verantwortlicher Mitarbeit herangezogen werden. Die Vorlage greife hier hindernd ein. Eine Wahl nach Berufsftänden wäre ihm sympathisch. Die Klasscnwahl erdrückt die Mittelschichten und lege den Klassenkampf gesetzlich fest; sie raub? die Hoffnung auf Förderung des sozialen Friedens. Senator Holtbusen: Könne man nichts Besseres bieten, dann müsse man die Vorlage annehmen, sonst sei das Staats» intereffe durch die Sozialdemokratie bedroht. Rechtsanwalt Petersen(Rechte, Eickel des früheren Bürgermeisters Petersen) spricht wirksam gegen die Vorlage. Die Statistik der Vorlage sei nicht objekttv. Regierung und Bürgertum hätten nichts getan, im, den neuzeitlichen Anforderungen zu entsprechen. Die Vorlage würde das Bürgertum auch nicht zu Taten aufrütteln, sondern einschläfern. Wer mit solchen Uebcrtteibungen arbeite, wie der Verfasser der Motive zur Vorlage, dem müsse man mißtrauen. Die Vorlage widerspricht der geschichtlichen Ent- Wickelung Hamburgs. fNotable und Grundeigentümer würden in der ersten und zweiten Klasse nochmals privilegiert, die Arbeiterklasse dürfe deshalb nicht benachteiligt werden, weil sie sozialdemokratisch wählt. Die Vorlage könne wohl die Sozialdemokrane auf eine be- stimmte Zahl Sitze beschränken, aber die EntWickelung der Sozial- demokratie nicht hindern. Senator v. Melle versucht noch einmal die Möglichkeit einer sozialdemokratischen Mehrheit nachzuweisen. Emil Fischer(Soz.) erörtert den Anlaß zu dem jetzigen Bürgerrechlsgesctz und dessen Wirkung. Es sei nur eingetreten, was' man damals gewollt. Er kritisiert die Zahlen der Senatsvorlage und die neuen statistischen Wenn man die Sozialdemokratie hindere, komme nicht frisches Blut in die Bürgerschaft. Die Vorlage pfeife aus den Willen des Volkes. Der Senat wolle als Vorsehung der Bürger gelten. Die Wünsche der Bürger fänden keine Berücksichtigung. Das ver- sprochene Verantwortlichkeitsgefetz fehlt noch immer; die guten Vor- sätze ans der Cholerazeit feien vergessen. Die Debatte wurds noch fortgesetzt._ Letzte Nachrichten und DepcFchen. Gewaltige Aufregung in Petersburg . Petersburg, 31. Mai. (Privatdepesche desVorwärts".) Die Nachrichten von Roschdjestwenskys Niederlage wirken nieder- schmetternd. Alle Zeitungen verurteilen den BureaukratismuS und verlangen die sofortige Einberufung der Bolksvcrtreter-Ber- samtnlung. Tie Regierung ist in großer Angst. Heute nacht dis- kutierte daS Ministerkomitee über die sofortige Einberufung der! Bollsvertretcr-Bersnmmlnng. In Zarskoje Selo sitzt heute der Rat, bestehend aus Minister» und hohen Beamten, und man er» wartet heute abend Veröffentlichung wichtiger Beschlüsse. Der Gefangene Roschdjestwensky. Tokio , 31. Mai. (W. T. B.) Admiral Roschdjestwensky ist im Marinehospital von Sasebo angekommen. Das Marine- departement gibt bekannt, daß während der Schlacht nur drei Torpedoboote verloren gegangen sind. Washington , 31. Mai. (W. T. B) Eine dem Staats» departement zugegangene Depesche aus Tokio besagt, Admiral Roschdjestwensky habe einen Schädelbrnch, der eine Operation nötig mache. Sein Zustand sei ernst, aber nicht lebensgefährlich. Zum russisch-japanischen Krieg. Washington , 31. Mai. (W. T. B.) Der amerikanische Ge- sandte in Tokio telegraphierte heute an das Staatsdepartement: Die Japaner brachten zwei erbeutete russische Hospitalschiffe, die sie im Verdacht haben, daß sie strategisch am Kamps beteiligt waren, nach Sasebo . Die russischen Offiziere werden auf Ehrenwort frei» gelassen werden._ Japanisch-amerikanische Geschäftsabschlüsse New York, 31. Mai. (W. T. B.) Mit amerikanischen Firmen sind Geschäftsabschlüsse in einer Höhe von fünf Millionen Dollar erfolgt, nach denen mit größter Beschleunigung elektrische Aus- rüstuiigsgegcnständc, Maschinen, Werkzeuge und sonstiger Bedarf für die japanischen Regierungsarsenale verschifft werden sollen. Die Opfer des Halberstädter Eisenbahnunglücks. Halbcrstadt, 31. Mai. (W. T. B.) Zu der Zugentgleisung de? Schnellzuges 132 auf Bahnhof Hcndeber Darmstadt wird in Ergänzung der gestrigen Meldung weiter amtlich gemeldet: Schwerverletzt sind: Max Haudner ans Braunschweig , Frau Stadtdircktor Dr. Willmann aus Vegesack bei Bremen , sowie Frau Wiecker aus Halberstadt . Unter den leicht Verletzten, die nach An- lcgung eines Notverbandes sofort die Fahrt fortsetzten, befinden sich die Tochter der letzteren, sowie der Baumeister Ernst Giese in Halle an der Saale. _ Zum Zigarettenarbeiterstreik in Dresden . Dresden , 31. Mai. (Privattclegramm desVorwärts".) In 25 Firmen befinden sich nunmehr die Arbeiterinnen im Ausstände. Die Fabrikanten halten hartnäckig an der Forderung fest: Austritt aus dem Deutschen Tabakarbeiter-Verband. Die Zahl der auS- ständigen Arbeiterinnen beträgt gegenwärtig 2399 und steigt ftünd- lich. Große Begeisterung herrsch: unter den um ihr KoalitionS- recht kämpfenden Arbeiterinnen. Gesunkener Rheindampfer Köln , 31. Mai. (W. T. B.) Heute vormittag sank hier auf dem Rhein beim Laden der GüterdampferIndustrie 22" der Rhein » Seeschiffahrtsgesellschaft auf bisher unaufgeklärte Weise. Berantw.Red.! Franz Rehbein , Berlin . Lenftateveraniw.(mit Ausnahme der«Ne«eWett'-Beilage):Th.GIocke, Berlin . Druck«.Verlag: BorwättSBuchdr.».BerlagSanstPaul Singer kd Co., BerlinLV. Hierzu Z Beilagen u.UnterhaltungSbl