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< Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Nr. 303. Mittwoch, den 31. Angnst 1893. 9. Jahrg. Uon der Cholera� AliS H a m b u r g wird derVosfischen Zeitung" von einem Arzte geschrieben:Die Lage der Dinge in Hamburg   ist nach rme vor überaus ernst. Als das Wetter umschlug, hoffte man. daß die Erkrankungszahl herabgehen werde. Diese Annahme hat sich aber als irrig erwiesen. Am Sonntag war geradezu herbst- liches Wetter, und doch ist die Arbeit der Aerzte ganz un- vermindert geblieben. Ein vielbeschäftigter Arzt auf St. Pauli willfahrte meinem Ansuchen, ihn aus seinem ärztlichen Gange ein Stück weit begleiten zu dürfen. Dq ist mir eines insbesondere anfgefallen. Die stumpfe Resignation, mit welcher die arbeitende Bevölkerung sich in die Schrecken der Seuche ergiebt. Wie etwas Selbstverständliches wird die Anordnung des Arztes zur Heber- führung des Kranken in das Cholerahospital entgegengenommen. In einem Hausquartier, das ich mit besuchte. war eine Frau mit zwei Kindern der Seuche erlegen. Nach ihnen erlrankte ein Einlieger oder Schlafbursche der Familie. Da übernahm es, weil kein anderer zur Stelle war, ein halbwüchsiges Mädchen, den Transport des Kranken zu ver- anlasse». An anderer Stelle war der Todtenschcin für einen Hasenarbeiter auszufertigen. Ohne Thräne und ohne einen Klagelaut, ohne mehr Worte zu machen als gerade uothwendig waren, brachte die Frau Dinte und Feder berdei. Als wir das Haus verließen, hörte ich. wie der Wirth Klage darüber führte, daß es bis zur Abholung der Leichen so lange dauere. Aber auch ohne daß man einen Arzt auf seinem Gange begleitet, be- kommt man. und zwar auf offener Straße, des Elends genug zu sehen. Hier begegnet man einem der improvisirten Kranken- wagen, an dessen Fenster man das erdfahle Gesicht eines Cholera- kranken erblickt. Dort sieht man in etwas schnellerer Gangart einen Leichenttansport-Wagen dahin fahren. Weiter auf seinein Wege stößt man vor einem Hause aus eine Ansammlung von Frauen. Männern und Kindern, welche zuschaue», wie ein Kranker fort­geschafft wird. Dicht umlagert sah ich Nachmittags das Portal des Eppendorser Krankenhauses, bei dem Transportwagen stetig aus- und einfuhren. Vielfach hört man �in Hamburg   der Medizinal- Verwaltung den Vorwurf machen, daß die Vorkehrungen gegen die Cholera nicht hinreichend und rechtzeitig getroffen wurden. Auch im ärztlichen Verein von Hamburg   kam am Sonnabend Abend dieser Umstand zur Sprache, dawider wird zur Entlastunc der Hamburger Behörde, wohl mit Recht, ins Feld geführt, daj man auf einen Cholera-Einsall von so plötzlicher und außer gewöhnlicher Heftigkeit durchaus nicht gerüstet sein konnte; gegen eine Seuche von so verheerender Gewalt wie die jetzige Hain- burger sei überhaupt nur wenig auszurichten. Eines sollten aber die Vorgänge in Hamburg   lehren: daß man sich beim Bestehen der Choleragesahr, nicht wie es jetzt in Berlin   geschieht, auf das Abwarten legt. Jeder Tag des Wartens kann unsäglichen Schaden an Menschenleben bringen; rüstet man aber, und die Cholera verschont Berlin  , so wäre das immerhin nur ein Verlust un Geld." Demselben Blatt wird auS Hamb urg unterm 29. d. gemeldet: Der Polizeiches Senator Dr. H a ch m a n n theilte in der Bürger- schafts-Sitzung mit, daß bis heute MitststJ von 3400 Erkrank­ten etwa 1070 gestorben seien, und sprach sich zuversicht- lich dahin auS, daß die Seuche ebenso schnell schwinden werde, wie sie gekommen. Das Mitglied Gerard verlangte unter lautem Beifall der überfüllten Tribünen die sofortige Absetzung des Medizinalinspektors Dr. Kraus, welcher die Cholera- diagnose um mehrere Tage zu spät gestellt habe.') Aussehen er- regte ferner die Mittheilung des Bürgerschasts-Mitgliedes und Arztes Dr. Hagedorn, wonach das Reich s-Gesundheits- amt nicht aufVeranlassung Hamburgs, sondern aus diejenige der viel später infizirten Stadt Altona   Beamte nach Hamburg   entsendet habe." Wenn Dr. Kraus seines Amtes entsetzt würde, so wäre dies gerechtsertigt, aber mit ihm müßte der ganze Patrizierklünael, der die Freie und Hansestadt Hamburg   kraft seiner Geldsack- Vorrechte deherrscht, kurzer Hand sortgeschickt werden. Kraus ist nur ein Beamter jener Geschlechter-Klique, die in Hamburg   regiert, während die große Masse der Steuerzahlernix to seggen" hat. Das schofelste K r ä m e r- I n t e r e s s e ist die Triebfeder der hamburgischen Bourgeois- Politik, die Angst vor einer Schädigung dessüßen Handels" war die Haupt- Ursache jener Taktik des Todtschweigens, die nicht mit Menschen- leben, sondern mit Kaffeesäcken, nicht mit Staatsbürgern, sondern mit Petroleum-Tankschiffen rechnet, und nicht blos Hamburg  , sondern ganz Deutschland   bedroht. Offen, sofort offen eingestehen, daß die asiatische Cholera in Hamburg   ihren Einzug gehalten hat, heißt die Renste der Rheder, der Kaffeekönige, der Händ- ler, der Makler, der Börsenspekulanten, der Assekuradeure um etliche Prozente herab- setzen. Und heilig, dreimal heilig ist das Eigenthum. Es ist ein Sakrileg, die prosttlichen Geschäfte zu störe», das Kaffee- Termingeschäft ist ein Tempel, hütet euch vor der Tempel- schändung und schweigt von der Cholera! Daran trägt natürlich die Schuld Herr KrauZ, wie die Schuld am Kulturkampf nicht etwa trug Bismarck  , der Busen- freund des Hamburger Patrizierthnms, sondern der obskure Ge- heimderalh Krätzig. Die Unsähigkeit der Bourgeoisie zur Durchführung öffent- licher Aufgaben tritt Haarschars zu Tage in Hamburg  . Welche jainmerliche Verwaltungs- Politik, die der Stadl gesundheitsschädliches Trinkwasser liefert I Der Stadt, d. h. demMob", der sich nicht Sekt und Rothwein kaufen kann! Der Polizeichef Dr. H a ch m a n n erklärt so zuversichtlich. daß die Cholera so schnell gehen werde, wie sie gekommen sei. Das ist derselbe Dr. Hachmann. der unter dem Sozialistengesetz für Hamburg   der kleine Puttkamer war, der rücksichtslos verbot, beschlagnahmte, unterdrückte, der mit beispielloser Härte nicht blos die Preßzensur übte. Glaubt Herr Hachmann etwa, es herrsche noch der kleine Belagerungszustand in Hamburg   und die asiatische Cholera lasse sich ausweisen wie ein armer Teufel von Zigarrenarbeiler oder Tischlergescll? Rathlos und hilflos steht die Hamburger Geldsack-Koterie der Seuche gegenüber, die nur da erntet, wo bodenlose Loddrigkeit der Verwaltung, engherzig st e Kapitalisten-Selbstsucht, unglaubliche Be- *) Nach dem Berichte desHamburger Echo"(Nr. 203 vom 30. d. M.) sagt« Dr. Hachmann:Vor etwa acht Tagen, am 22. August, Mittags, gelangte der erste Bericht des Medizinal- inspektors. Herrn Dr. Kraus, in meine Hände. Darin heißt es: Ich erlaube mir anzuzeigen, daß ich glaube, daß die Cholera hier ausgebrochen ist.(Lachen.) Am 17. August trat der erste Erkrankungsfall ei», am 13. August häuften sich die Fälle. Eine wiffenschaftliche Entscheidung darüber, ob die asiatische Cholera vorliegt, kann ich erst geben, wenn die mit der Untersuchung be- trauten Faktoren das Vorhandensein des Bazillus nachweisen." Der Nachweis des Vorhandenseins des Bazillus wurde am 22. August erbracht, aber nicht bei dem am 17. August Ver- porbenen, sondern bei am 16. und 19. August Erkrankten und Verstorbenen. Damit war die asiatische Cholera als vor- Händen lonstatirl." schränktheit eines verzopften, vervetterten und leistungsunfähigen Geschlechterregiments gefäet haben. Hier hat die Kritik schonungslos einzusetzen, die Impotenz der Kapitalistenklasse, sobald gesellschaftliche Funktionen in Frage stehen, zu geißeln, und nicht die Handlanger des Regimes. die Krethi und Plethi, die den Herrschenden zu Diensten sind? sondern diese Herrschenden selbst in ihres Wesens Herrlichkeit dem Volke zu zeigen. Die Mehrheit der Hamburgischen Bevölkerung bekennt sich zur Sozialdemokratie, alle drei Reichstags-Wahlkreise haben Arbeitervertreter, in der stadtstaatlichen Ver- waltung herrscht eine lächerlich kleine Gruppe von Großkapitalisten. die Arbeiterschaft zahlt zwar Steuern, trägt alle Lasten, ist aber von allen Rechten ausgeschlossen. Es lebe der Zensus! heißt die Losung. Wenn je, so ist angesichts der jetzt zu Tage tretenden Kläglichkeit des herrschenden Systems der Weg geebnet, um die verrottete Protzenwirthschaft abHausen zu machen. Nach den furchtbaren Lehren der Cholera- Epidemie wird die Einsicht sesbst dem Blödesten aufgehen, daß eine Verwaltung, die eine gtößere Zahl sozialpolitisch denkender Mitglieder hat. nicht blos den Feind bekämpft, wenn er erscheint. sondern diejenige Strategie verfolgt, die in Gesund- heitspflcge und sozialer Reform allein grundsätzlich ist, die Strategie des Vorbeugens, die Prophylaxis. Und schrillt nicht in das furchtbare Trauerspiel der Ham- burger Seuche das Schellengeklingel der Narrheit, erscheint nicht der Hanswurst aus der Bühne und erklärt durch den Mund des staatlichen Krankenhaus-Kolleginms:Bei dem Umfang, den die Cholera-Epidemie in unserer Vaterstadt an- genommen hat, fehlt es in den Krankenhäusern und den pro- visorisch eingerichteten Lazarethen an Pflegekräften. Patriotische junge Männer und Frauen werden dringend aufgefordert, Hilfsdienste als Pfleger und Pflegerinnen zu leisten"! Tragödie, ragikomödie! DemReichs-Anzeiger"(Nr. 204 vom 30. d. M.) entnehmen wir Folgendes: Den, kaiserlichen Gesundheitsamt wird amt- l i ch aus Hamburg   gemeldet, daß daselbst am 29. August 447 Erkrankungen und 173 Todesfälle an Cholera vorgekommen sind. Am 27. August wurden aus dem Regierungsbezirk Stade  je ein Choleratodcsfall aus Königreich und Neuenfelde  (Kr. Jork) und eine Erkrankung aus W i s ch h a f e n(Kr. Kehdingen) ge­meldet, am 30. August eine Erkrankung aus Buxtehude  . Aus dem Regierungsbezirk Schleswig   liegen folgende Nachrichte» vor: Altona   28. August 35 Erkr., 15 Todesfälle, W a n d s b e ck 27. August 5 Erkr.. 3 Todesfälle, 28. August 2 Erkr.. 1 Todesfall. Kiel   26. August 4 Erkr.. 27. August 3 Erkr.. 3 Todesfälle, 23. August 4 Erkr., Elmshorn   und Blankenese   am 27. August je 1 Todesfall. H e m m e (Süderdithmarschen) am 27. August 1 Erkr., Lauenburg  27. August 19 Erkr., 5 Todesfälle, 28. August 15 Erkr., 2 Todesfälle, Hinschenfelde  (Stormarn  ) 27. August 1 Er- krankung, 28. August 2 Erkr.. 1 Todesfall, S ch i f f b e ck(Stor- marn) 27. August 1 Erkr., Poppenbüttel  (Stormarn  ) 28. August 2 Erkr., 1 Todesfall, Rethwischfeld(Stormarn  ) 28. August 1 Erkr., Rendsburg  , Schülp  (Kreis Rends- bürg), S u k st o r f(Kr. Kiel), Pinneberg   und Heid- graben(Kr. Pinneberg) je 1 Erkr. am 29. August; ferner aus dem Regierungsbezirk Lüneburg  : Uelzen   27. August, Lauenburg  (sie)(Kr. Harburg), 29. August, und Over(Kr. Harburg), 30. August je 1 Todesfall. Im Krankenhause zu Leipzig   wnrde bei einem auS Ham­ burg   gekommenen Schlosser am 29. August die Cholera fest- gestellt. DemHamburger Echo" entnehmen wir folgenden Be- richt der Zahl der in Hamburg   gemeldeten Erkrankungen und Sterbesälle an Cholera: Zahl der Datum Erkrankungen Sterbefälle 26. August 416 150 27. 433 145 23. 143 72 Durch Hamburger Arbeiter wurde die Cholera in Mecklenburg   eingeschleppt. Bisher wurden im Süden und Südwesten des Landes an der Elbe   zwei Todesfälle und drei Erkrankungen festgestellt. Im Polizeigefängniß zu Altona  , schreibt die Nalional-Zeitung"(Nr. 500 vom 30. d. Mls.) ist die Cholera konstatirt worden. Mit Rücksicht darauf hat der Justiz- m i n i st e r angeordnet, daß dieleichteren" Straf- und Untersuchungsgesangenen einstweilen aus dem Altonaer Gefängniß entlassen werden, um einer Uebersüllung vorzubeugen. Infolge dieser Verfügung gelangten etwa 150 Personen vor- läufig zur Entlassung. Im Einverständniß mit der Behörde haben die Vorstände sämmtlicher Kampfgenossen- und Krieger- vereine von Altona   und Ottensen   beschlossen, für dieses Jahr unter Berücksichtigung der Lage der Dinge von der Veranstaltung einer Sedanseier Abstand zu nehmen." Bremen  , 30. August. WieBösmann's telegraphisches Bureau" erfährt, wird der Norddeutsche Lloyd   aus jedem der von hier abgehenden Passagierdampfer bis auf Weiteres zwei Aerzte anstellen. Die Desinfektion der Dampfer wird mit größter Sorgfall täglich ausgeführt und von den Aerzten persönlich über- wacht. Das gesamnile Gepäck der Reisenden wird in einer Baracke, die für diesen Zweck erbaut ist, desinfizirt. An die Mannschaft sowie an die Paffagiere wird während der Fahrt nur abgekochtes oder mit einigen Tropfen Salzsäure vermischtes Wasser verabreicht. D a r m st a d t, 29. August. Der Sohn des Bäckermeisters Bopp in der Mühlstraße ist an der asiatischen Cholera erkrankt. Er kommt von Hamburg  . Die Behörden trafen die entschiedensten Maßregeln.(Frks. Ztg.") Nürnberg  , 29. August. Der diesjährige deutsche   Natur- forscher- und Aerztetag ist wegen der Cholera abgesagt worden. In H i r s ch b e r g ist wegen der drohenden Choleragefahr von der Abhaltung eines Kinder- und Volksfestes am Sedantage Abstand genommen worden. K o h l f u r t, 29. August. Durch Medizinalbeamte fand auf dem hiesigen Bahnhof die Einsetzung einer Sanitätswache und die Errichtung einer Krankenstation stall. Sämmlliche Züge werden auf choleraverdächtige Reisende untersucht. Halle a. S., 30. August. Nach Mittheilung des Ober- bürgermeisters Staude in der gestrigen Stadtverordneten-Sitzung hat die ärztlich« Beobachtung der beiden choleravcrdächtigen Er- krankungen Wurstvergistung im ersten und Durchfall ohne Er- brechen im zweiten Fall ergeben. T h o r n, 30. August. Gestern ist hier der erste Cholerafall vorgekommen. Der der hiesigen Jsolirstation eingelieferte er- krankte Arbeiter Schönwald verstarb kurz nach der Ankunft. Der Garnison   ist das Baden in der Weichsel   verboten worden. Frankfurt   a. M., 30. August. DieFranks. Ztg." er- klärt die gestrige Nachricht über den Ausbruch der Cholera für unzutreffend. Bremen  , 30. August. Diese Nacht ilt ein zweiter Cholera- Todesfall vorgekommen; heute wurden zwei Erkrankungen ge- meldet. Die Schwimmbäder sind geschlossen. In Bremerhafen  hat sich bis jetzt kein Cholerafall ereignet. Der Frachtverkehr zu Schiff mit Hamburg   ist geschlossen. Kopenhagen  , 30. August. Bau-Jnspektor Professor W. Th. Walther ist in Aarhus   im Alter von 73 Jahren kurz nach seiner Ankunft aus Hamburg   unter choleraähnlichen Symptomen gestorben.''Dozent Salomonfen an der hiesigen Universität, ein Schüler Koch's, ist telegraphisch nach Aarhus   be- rufen worden, um bakteriologische Untersuchungen bei der Sektion vorzunehmen. Kopenhagen  , 30. August. Durch Verfügung der Re- gierung wird die Einfuhr mit der Post aus Deutschland   von Lumpen, gebrauchter Watte, Kratzwolle, Papierabfall, Frucht, Gemüse und Blumen verboten. Gebrauchte Wäsche. Kleidungs- stücke und Betten können mit der Post nur eingeführt werden, wenn sie per Schiff über Warnemünde  , Lübeck   oder Kiel   befördert werden. Alle Packet«, welche Gegenstände der bezeichneten Art enthalten, werden nach der Zollrevision von den Grenz-Post- anstalten zurückgesandt; gleiches geschieht auch mit Waaren- proben. Helsingborg  , 30. August. Die Verwaltung der schwe- dischen Westküstenbahn hat Krankenpflegerinnen engagirt, welche seit Freitag aus allen Hauptziigen mitfolgen und besonders mit Zügen, welche durchreisende Passagiere befördern. Jede Kranken- pflegerin ist mit Medizin und Desinfektionsmitteln versehen und hat das Recht, die nöthigen Jsolirungen anordnen zu können. H a v r e, 29. August. Gestern sind hier 60 Cholera- Erkrankungen und 24 Todesfälle vorgekommen. Petersburg, 29. August.  (Amtliche Mittheilung.) Im Gouvernement Ssamara erkrankten am 27. d. M. 501 Personen an der Cholera und starben 302, im Gouvernement Ssaratow er- krankten 530 und starben 253, im Gouvernement Rjäsan erkrankten 200 und starben 82; am 26. und 27. d. M. erkrankten im Gouvernement Tambow   419 und starben 191, im Jekaterinodar  - gebiet kamen 970 Erkrankungen und 560 Todesfälle vor; in den Städten ist die Epidemie im Abnehmen begriffen, zum Theil bereits erloschen. Nach Meldungen aus Persien   wären bis zum 19. August in Tabris   etwa 1000 Todesfälle vor- gekommen. In Astara nehme die Epidemie ab, in Ardebil   zu. Antwerpen  , 29. August. In einem hiesigen Hospital sind heute zwei Personen an der Cholera erkrankt und zwei ge- storben. 30. August. Seit gestern sind hier 22 Cholera- Erkrankungen und 4 Todesfälle vorgekommen. Die im Hafen liegenden infizirten Schiffe werden an einer mitten im Flusse be- legenen Stelle isolirt und einer gründlichen Desinfektion unter- zogen werden. Kopenhagen  . 29. August. Gegenüber den Herkünften aus den deutschen   Nordseehäfen von der dänischen bis zur holländischen Grenze ist heute eine Quarantäne angeordnet worden. London  , 29. August. Um die unbeschränkte Einwände- rung bedürftiger Ausländer, welche die Cholera verbreiten könnten, zu verhindern, beschloß die Regierung Verordnungen zu erlassen, wonach sämmtliche Schiffsahrts-Gesellschaften verpflichtet werden, an Bord ihrer Schiffe alle diejenigen Auswanderer zurück- zuhalten, welche nicht genaue Auskunft über diejenigen Personen geben können, bei denen sie zu wohnen beabsichtigen. Der Zweck der Maßregel ist die Benachrichtigung der Lokalbehörde, damit die- selbe die Ueberwachung der betreffenden Personen ausüben könne. Amsterdam  , 29. August. Ein heute auf dem Dampfer Urania  " gestorbener Heizer ist, wie ein Medizinalinspektor fest- gestellt hat, der asiatischen Cholera erlegen. Die Leiche ist heute beerdigt worden. Die Sanitätskommisston hat Maßregeln ge- troffen, um die weitere Ausbreitung der Cholera zu verhindern. Wien  , 29. August. Die Landesbehörden sind angewiesen worden, infolge Fortdauer des ungünstigen Gesundheitszustandes in Frankreich   den Reisenden aus Frankreich   gegenüber dieselben sanitären Maßnahmen anzuwenden wie bei Reisenden aus Ruß- land und dem Deutschen   Reiche. So sollen auch die französischen  Reisenden einer fünftägigen ärztlichen Ueberwachung unterworfen werden. Der Verkehr direkter Eisenbahnwagen von Berlin   durch Tirol ist eingestellt. Der Wagenwechsel sowie die ärztliche Re- vision der Reisenden und des Gepäcks findet in Kufstein   statt. Bern  , 30. August. Der Bundesrath hat ein am 2. Sep- tember in Kraft tretendes Verbot der Ein- und Durchfuhr von tischen, Schalthieren. als Austern, Scekrebsen re.. ferner von aviar aus Rußland  , Deutschland  , Belgien   und Frankreich  , mit Ausnahme von direkten Sendungen aus den Mitlelmeerstationen, sowie Büchsenpräparaten erlassen. Ferner ist ein Rundschreiben des Bundesralhs an die Kantone betreffend Maßnahmen zum Schutze gegen die Cholera, sowie eine Anleitung zur Desinfektion und eine Verordnung über Maßnahmen betreffend die Verkehrs- anstalten publizirt. Am 1. September sollen Desinfektions- beamte und Aerzte zur Ueberwachung des Personenverkehrs er- nannt werden. San tander, 30. August. Sämmtliche Schiffe, die auS verseuchten Häfen kommen, müssen in Quarantäne gehen, die da- niit eintreffenden Paffagiere müssen sich einer siebentägigen Beobachtung im Lazareth   unterziehen..' H a v r e, 80. Angnst, Gestern kamen hier 71 choleraartige Erkrankungen vor, von denen 17 einen tödtlichen Verlauf nahmen. Wien  , 29. August. Der Referent des Obersten   Sanitäts- raths Kusy trat heute im Auftrage des Ministerpräsidenten Grasen Taaffe eine Inspektionsreise an zunächst nach Mähren  . Schlesien  , Galizien   und der Bukowina behufs Information über die gegen die Cholera getroffenen Maßnahmen und behufs mündlichen Meinungsaustausches mit den Landesbehörden bezüglich eines weiteren Vorgehens. Wien  , 29. August. Der Minister de? Innern beauftragte die Gesellschaft vom Rothen Kreuze mit Rücksicht auf die Cholera- gefahr die nöthigen sanitären Vorkehrungen zu treffen. Die Bnndesleitung erklärte sich daher heute in Permanenz, um ein- gehend die Frage der Errichtung mehrerer Spitäler undsReserve- baracken zu beralhen. Infolge starken Andranges von Reisenden ans Deutschland   auf der Station Halbstadt ist daselbst ein Waggonwechsel, ärztliche Revision der Reisenden und des Gepäcks sowie Desinfektion des letzteren angeordnet worden. Haag, 29. August. Die niederländische Regierung hat anläßlich des Austretens der Cholera in Havre   sämmtliche Plätze an der Nordküste von Frankreich   von Brest   bis zur belgischen Grenze, sowie sämmttiche Plätze in Frankreich  , die an Gewässern liegen, welche in den Kanal munden, für von der astatischen Cholera infizirt erklärt. N e w- A o r k, 29. August. Das Gesundheitsamt erließ eine Verordnung, wonach alle Schiffe, die aus Häfen kommen, welch« von der Cholera instzirt sind, einer drei bis fünftägigen Quaran- täne zu unterwerfen sind. Die Reisenden werden nach der Hoff- manninsel gebracht und erst nach erfolgter Desinfizirung des be- treffenden Schiffes darf dasselbe, falls an Bord keine Cholera- fälle vorkamen, in den Hafen einlaufen. Nach einer Meldung aus Panama   sind dort alle atlantischen Häfen für Schiffe, welche von choleravcrdächtigen Häfen aus- gelaufen sind, geschlossen. S e m l i n, 29. August. Das Gerücht über den Ausbruch der Cholera im hiesigen Orte ist unbegründet. Der Gesundheils- zustand der Bevölkerung ist ein befriedigender. Die ankomnien-