<Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Nr. 303.Mittwoch, den 31. Angnst 1893.9. Jahrg.Uon der Cholera�AliS H a m b u r g wird der„Vosfischen Zeitung" von einemArzte geschrieben:„Die Lage der Dinge in Hamburg ist nachrme vor überaus ernst. Als das Wetter umschlug, hoffte man.daß die Erkrankungszahl herabgehen werde. Diese Annahme hatsich aber als irrig erwiesen. Am Sonntag war geradezu herbst-liches Wetter, und doch ist die Arbeit der Aerzte ganz un-vermindert geblieben. Ein vielbeschäftigter Arzt auf St. Pauliwillfahrte meinem Ansuchen, ihn aus seinem ärztlichen Gangeein Stück weit begleiten zu dürfen. Dq ist mir eines insbesondereanfgefallen. Die stumpfe Resignation, mit welcher die arbeitendeBevölkerung sich in die Schrecken der Seuche ergiebt. Wie etwasSelbstverständliches wird die Anordnung des Arztes zur Heber-führung des Kranken in das Cholerahospital entgegengenommen.In einem Hausquartier, das ich mit besuchte. war eineFrau mit zwei Kindern der Seuche erlegen. Nach ihnenerlrankte ein Einlieger oder Schlafbursche der Familie.Da übernahm es, weil kein anderer zur Stelle war, einhalbwüchsiges Mädchen, den Transport des Kranken zu ver-anlasse». An anderer Stelle war der Todtenschcin für einenHasenarbeiter auszufertigen. Ohne Thräne und ohne einenKlagelaut, ohne mehr Worte zu machen als gerade uothwendigwaren, brachte die Frau Dinte und Feder berdei. Als wir dasHaus verließen, hörte ich. wie der Wirth Klage darüber führte,daß es bis zur Abholung der Leichen so lange dauere. Aberauch ohne daß man einen Arzt auf seinem Gange begleitet, be-kommt man. und zwar auf offener Straße, des Elends genug zusehen. Hier begegnet man einem der improvisirten Kranken-wagen, an dessen Fenster man das erdfahle Gesicht eines Cholera-kranken erblickt. Dort sieht man in etwas schnellerer Gangarteinen Leichenttansport-Wagen dahin fahren. Weiter auf seineinWege stößt man vor einem Hause aus eine Ansammlung von Frauen.Männern und Kindern, welche zuschaue», wie ein Kranker fortgeschafft wird. Dicht umlagert sah ich Nachmittags das Portal desEppendorser Krankenhauses, bei dem Transportwagen stetig aus- undeinfuhren. Vielfach hört man �in Hamburg der Medizinal-Verwaltung den Vorwurf machen, daß die Vorkehrungen gegendie Cholera nicht hinreichend und rechtzeitig getroffen wurden.Auch im ärztlichen Verein von Hamburg kam am SonnabendAbend dieser Umstand zur Sprache, dawider wird zur Entlastuncder Hamburger Behörde, wohl mit Recht, ins Feld geführt, dajman auf einen Cholera-Einsall von so plötzlicher und außergewöhnlicher Heftigkeit durchaus nicht gerüstet sein konnte; gegeneine Seuche von so verheerender Gewalt wie die jetzige Hain-burger sei überhaupt nur wenig auszurichten. Eines sollten aberdie Vorgänge in Hamburg lehren: daß man sich beim Bestehender Choleragesahr, nicht wie es jetzt in Berlin geschieht, aufdas Abwarten legt. Jeder Tag des Wartens kann unsäglichenSchaden an Menschenleben bringen; rüstet man aber, und dieCholera verschont Berlin, so wäre das immerhin nur ein Verlustun Geld."Demselben Blatt wird auS Hamb urg unterm 29. d. gemeldet:„Der Polizeiches Senator Dr. H a ch m a n n theilte in der Bürger-schafts-Sitzung mit, daß bis heute MitststJ von 3400 Erkrankten etwa 1070 gestorben seien, und sprach sich zuversicht-lich dahin auS, daß die Seuche ebenso schnell schwinden werde,wie sie gekommen. Das Mitglied Gerard verlangte unter lautemBeifall der überfüllten Tribünen die sofortige Absetzung desMedizinalinspektors Dr. Kraus, welcher die Cholera-diagnose um mehrere Tage zu spät gestellt habe.') Aussehen er-regte ferner die Mittheilung des Bürgerschasts-Mitgliedes undArztes Dr. Hagedorn, wonach das Reich s-Gesundheits-amt nicht aufVeranlassung Hamburgs, sondernaus diejenige der viel später infizirten StadtAltona Beamte nach Hamburg entsendet habe."Wenn Dr. Kraus seines Amtes entsetzt würde, so wäre diesgerechtsertigt, aber mit ihm müßte der ganze Patrizierklünael,der die Freie und Hansestadt Hamburg kraft seiner Geldsack-Vorrechte deherrscht, kurzer Hand sortgeschickt werden. Kraus istnur ein Beamter jener Geschlechter-Klique, die in Hamburg regiert,während die große Masse der Steuerzahler„nix to seggen" hat.Das schofelste K r ä m e r- I n t e r e s s e ist die Triebfeder derhamburgischen Bourgeois- Politik, die Angst vor einerSchädigung des„süßen Handels" war die Haupt-Ursache jener Taktik des Todtschweigens, die nicht mit Menschen-leben, sondern mit Kaffeesäcken, nicht mit Staatsbürgern, sondernmit Petroleum-Tankschiffen rechnet, und nicht blos Hamburg,sondern ganz Deutschland bedroht.Offen, sofort offen eingestehen, daß die asiatischeCholera in Hamburg ihren Einzug gehalten hat, heißt dieRenste der Rheder, der Kaffeekönige, der Händ-ler, der Makler, der Börsenspekulanten, derAssekuradeure um etliche Prozente herab-setzen. Und heilig, dreimal heilig ist das Eigenthum. Es ist einSakrileg, die prosttlichen Geschäfte zu störe», das Kaffee-Termingeschäft ist ein Tempel, hütet euch vor der Tempel-schändung und schweigt von der Cholera!Daran trägt natürlich die Schuld Herr KrauZ, wie dieSchuld am Kulturkampf nicht etwa trug Bismarck, der Busen-freund des Hamburger Patrizierthnms, sondern der obskure Ge-heimderalh Krätzig.Die Unsähigkeit der Bourgeoisie zur Durchführung öffent-licher Aufgaben tritt Haarschars zu Tage in Hamburg.Welche jainmerliche Verwaltungs- Politik, die der Stadlgesundheitsschädliches Trinkwasser liefert I Der Stadt, d. h.dem„Mob", der sich nicht Sekt und Rothwein kaufen kann!Der Polizeichef Dr. H a ch m a n n erklärt so zuversichtlich.daß die Cholera so schnell gehen werde, wie sie gekommen sei.Das ist derselbe Dr. Hachmann. der unter dem Sozialistengesetzfür Hamburg der kleine Puttkamer war, der rücksichtslosverbot, beschlagnahmte, unterdrückte, der mit beispielloser Härtenicht blos die Preßzensur übte. Glaubt Herr Hachmann etwa,es herrsche noch der kleine Belagerungszustand inHamburg und die asiatische Cholera lasse sich ausweisen wieein armer Teufel von Zigarrenarbeiler oder Tischlergescll?Rathlos und hilflos steht die Hamburger Geldsack-Koterieder Seuche gegenüber, die nur da erntet, wo bodenloseLoddrigkeit der Verwaltung, engherzig st eKapitalisten-Selbstsucht, unglaubliche Be-*) Nach dem Berichte des„Hamburger Echo"(Nr. 203 vom30. d. M.) sagt« Dr. Hachmann:„Vor etwa acht Tagen, am22. August, Mittags, gelangte der erste Bericht des Medizinal-inspektors. Herrn Dr. Kraus, in meine Hände. Darin heißt es:„Ich erlaube mir anzuzeigen, daß ich glaube, daß die Cholerahier ausgebrochen ist.(Lachen.) Am 17. August trat der ersteErkrankungsfall ei», am 13. August häuften sich die Fälle. Einewiffenschaftliche Entscheidung darüber, ob die asiatische Choleravorliegt, kann ich erst geben, wenn die mit der Untersuchung be-trauten Faktoren das Vorhandensein des Bazillus nachweisen."Der Nachweis des Vorhandenseins des Bazillus wurde am22. August erbracht, aber nicht bei dem am 17. August Ver-porbenen, sondern bei am 16. und 19. August Erkranktenund Verstorbenen. Damit war die asiatische Cholera als vor-Händen lonstatirl."schränktheit eines verzopften, vervettertenund leistungsunfähigen Geschlechterregimentsgefäet haben.Hier hat die Kritik schonungslos einzusetzen, die Impotenz derKapitalistenklasse, sobald gesellschaftliche Funktionen inFrage stehen, zu geißeln, und nicht die Handlanger des Regimes.die Krethi und Plethi, die den Herrschenden zu Diensten sind?sondern diese Herrschenden selbst in ihres Wesens Herrlichkeitdem Volke zu zeigen.Die Mehrheit der Hamburgischen Bevölkerung bekenntsich zur Sozialdemokratie, alle drei Reichstags-Wahlkreisehaben Arbeitervertreter, in der stadtstaatlichen Ver-waltung herrscht eine lächerlich kleine Gruppe von Großkapitalisten.die Arbeiterschaft zahlt zwar Steuern, trägt alle Lasten, istaber von allen Rechten ausgeschlossen. Es lebe der Zensus!heißt die Losung. Wenn je, so ist angesichts der jetzt zu Tagetretenden Kläglichkeit des herrschenden Systems der Weg geebnet,um die verrottete Protzenwirthschaft abHausen zu machen. Nachden furchtbaren Lehren der Cholera- Epidemie wird die Einsichtsesbst dem Blödesten aufgehen, daß eine Verwaltung, die einegtößere Zahl sozialpolitisch denkender Mitgliederhat. nicht blos den Feind bekämpft, wenn er erscheint.sondern diejenige Strategie verfolgt, die in Gesund-heitspflcge und sozialer Reform allein grundsätzlich ist, dieStrategie des Vorbeugens, die Prophylaxis.Und schrillt nicht in das furchtbare Trauerspiel der Ham-burger Seuche das Schellengeklingel der Narrheit, erscheint nichtder Hanswurst aus der Bühne und erklärt durch den Mund desstaatlichen Krankenhaus-Kolleginms:„Bei demUmfang, den die Cholera-Epidemie in unserer Vaterstadt an-genommen hat, fehlt es in den Krankenhäusern und den pro-visorisch eingerichteten Lazarethen an Pflegekräften. Patriotischejunge Männer und Frauen werden dringend aufgefordert,Hilfsdienste als Pfleger und Pflegerinnen zu leisten"! Tragödie,ragikomödie!••Dem„Reichs-Anzeiger"(Nr. 204 vom 30. d. M.) entnehmenwir Folgendes:Den, kaiserlichen Gesundheitsamt wird amt-l i ch aus Hamburg gemeldet, daß daselbst am 29. August 447Erkrankungen und 173 Todesfälle an Cholera vorgekommen sind.Am 27. August wurden aus dem Regierungsbezirk Stadeje ein Choleratodcsfall aus Königreich und Neuenfelde(Kr. Jork)und eine Erkrankung aus W i s ch h a f e n(Kr. Kehdingen) gemeldet, am 30. August eine Erkrankung aus Buxtehude.Aus dem Regierungsbezirk Schleswig liegen folgendeNachrichte» vor: Altona 28. August 35 Erkr., 15 Todesfälle,W a n d s b e ck 27. August 5 Erkr.. 3 Todesfälle, 28. August2 Erkr.. 1 Todesfall. Kiel 26. August 4 Erkr.. 27. August3 Erkr.. 3 Todesfälle, 23. August 4 Erkr., Elmshorn undBlankenese am 27. August je 1 Todesfall. H e m m e(Süderdithmarschen) am 27. August 1 Erkr., Lauenburg27. August 19 Erkr., 5 Todesfälle, 28. August 15 Erkr.,2 Todesfälle, Hinschenfelde(Stormarn) 27. August 1 Er-krankung, 28. August 2 Erkr.. 1 Todesfall, S ch i f f b e ck(Stor-marn) 27. August 1 Erkr., Poppenbüttel(Stormarn)28. August 2 Erkr., 1 Todesfall, Rethwischfeld(Stormarn)28. August 1 Erkr., Rendsburg, Schülp(Kreis Rends-bürg), S u k st o r f(Kr. Kiel), Pinneberg und Heid-graben(Kr. Pinneberg) je 1 Erkr. am 29. August; ferner ausdem Regierungsbezirk Lüneburg: Uelzen 27. August,Lauenburg(sie)(Kr. Harburg), 29. August, und Over(Kr.Harburg), 30. August je 1 Todesfall.Im Krankenhause zu Leipzig wnrde bei einem auS Hamburg gekommenen Schlosser am 29. August die Cholera fest-gestellt.Dem„Hamburger Echo" entnehmen wir folgenden Be-richt der Zahl der in Hamburg gemeldeten Erkrankungen undSterbesälle an Cholera:Zahl derDatum Erkrankungen Sterbefälle26. August 416 15027.„ 433 14523.„ 143 72Durch Hamburger Arbeiter wurde die Cholera inMecklenburg eingeschleppt. Bisher wurden im Südenund Südwesten des Landes an der Elbe zwei Todesfälle unddrei Erkrankungen festgestellt.„Im Polizeigefängniß zu Altona, schreibt die„Nalional-Zeitung"(Nr. 500 vom 30. d. Mls.) ist die Cholerakonstatirt worden. Mit Rücksicht darauf hat der Justiz-m i n i st e r angeordnet, daß die„leichteren" Straf- undUntersuchungsgesangenen einstweilen aus dem AltonaerGefängniß entlassen werden, um einer Uebersüllung vorzubeugen.Infolge dieser Verfügung gelangten etwa 150 Personen vor-läufig zur Entlassung.— Im Einverständniß mit der Behördehaben die Vorstände sämmtlicher Kampfgenossen- und Krieger-vereine von Altona und Ottensen beschlossen, für dieses Jahrunter Berücksichtigung der Lage der Dinge von der Veranstaltungeiner Sedanseier Abstand zu nehmen."Bremen, 30. August. Wie„Bösmann's telegraphischesBureau" erfährt, wird der Norddeutsche Lloyd aus jedem dervon hier abgehenden Passagierdampfer bis auf Weiteres zweiAerzte anstellen. Die Desinfektion der Dampfer wird mit größterSorgfall täglich ausgeführt und von den Aerzten persönlich über-wacht. Das gesamnile Gepäck der Reisenden wird in einerBaracke, die für diesen Zweck erbaut ist, desinfizirt. An dieMannschaft sowie an die Paffagiere wird während der Fahrtnur abgekochtes oder mit einigen Tropfen Salzsäure vermischtesWasser verabreicht.D a r m st a d t, 29. August. Der Sohn des BäckermeistersBopp in der Mühlstraße ist an der asiatischen Choleraerkrankt. Er kommt von Hamburg. Die Behörden trafen dieentschiedensten Maßregeln.(„Frks. Ztg.")Nürnberg, 29. August. Der diesjährige deutsche Natur-forscher- und Aerztetag ist wegen der Cholera abgesagtworden.In H i r s ch b e r g ist wegen der drohenden Choleragefahrvon der Abhaltung eines Kinder- und Volksfestes am SedantageAbstand genommen worden.K o h l f u r t, 29. August. Durch Medizinalbeamte fand aufdem hiesigen Bahnhof die Einsetzung einer Sanitätswache und dieErrichtung einer Krankenstation stall. Sämmlliche Züge werdenauf choleraverdächtige Reisende untersucht.Halle a. S., 30. August. Nach Mittheilung des Ober-bürgermeisters Staude in der gestrigen Stadtverordneten-Sitzunghat die ärztlich« Beobachtung der beiden choleravcrdächtigen Er-krankungen Wurstvergistung im ersten und Durchfall ohne Er-brechen im zweiten Fall ergeben.T h o r n, 30. August. Gestern ist hier der erste Cholerafallvorgekommen. Der der hiesigen Jsolirstation eingelieferte er-krankte Arbeiter Schönwald verstarb kurz nach der Ankunft.Der Garnison ist das Baden in der Weichsel verboten worden.Frankfurt a. M., 30. August. Die„Franks. Ztg." er-klärt die gestrige Nachricht über den Ausbruch der Cholera fürunzutreffend.Bremen, 30. August. Diese Nacht ilt ein zweiter Cholera-Todesfall vorgekommen; heute wurden zwei Erkrankungen ge-meldet. Die Schwimmbäder sind geschlossen. In Bremerhafenhat sich bis jetzt kein Cholerafall ereignet. Der Frachtverkehr zuSchiff mit Hamburg ist geschlossen.Kopenhagen, 30. August. Bau-Jnspektor ProfessorW. Th. Walther ist in Aarhus im Alter von 73 Jahren kurznach seiner Ankunft aus Hamburg unter choleraähnlichenSymptomen gestorben.''Dozent Salomonfen an der hiesigenUniversität, ein Schüler Koch's, ist telegraphisch nach Aarhus be-rufen worden, um bakteriologische Untersuchungen bei der Sektionvorzunehmen.Kopenhagen, 30. August. Durch Verfügung der Re-gierung wird die Einfuhr mit der Post aus Deutschland vonLumpen, gebrauchter Watte, Kratzwolle, Papierabfall, Frucht,Gemüse und Blumen verboten. Gebrauchte Wäsche. Kleidungs-stücke und Betten können mit der Post nur eingeführt werden,wenn sie per Schiff über Warnemünde, Lübeck oder Kiel befördertwerden. Alle Packet«, welche Gegenstände der bezeichneten Artenthalten, werden nach der Zollrevision von den Grenz-Post-anstalten zurückgesandt; gleiches geschieht auch mit Waaren-proben.Helsingborg, 30. August. Die Verwaltung der schwe-dischen Westküstenbahn hat Krankenpflegerinnen engagirt, welcheseit Freitag aus allen Hauptziigen mitfolgen und besonders mitZügen, welche durchreisende Passagiere befördern. Jede Kranken-pflegerin ist mit Medizin und Desinfektionsmitteln versehen undhat das Recht, die nöthigen Jsolirungen anordnen zu können.H a v r e, 29. August. Gestern sind hier 60 Cholera-Erkrankungen und 24 Todesfälle vorgekommen.Petersburg, 29. August.(Amtliche Mittheilung.) ImGouvernement Ssamara erkrankten am 27. d. M. 501 Personenan der Cholera und starben 302, im Gouvernement Ssaratow er-krankten 530 und starben 253, im Gouvernement Rjäsan erkrankten200 und starben 82; am 26. und 27. d. M. erkrankten imGouvernement Tambow 419 und starben 191, im Jekaterinodar-gebiet kamen 970 Erkrankungen und 560 Todesfälle vor; inden Städten ist die Epidemie im Abnehmen begriffen, zumTheil bereits erloschen. Nach Meldungen aus Persien wärenbis zum 19. August in Tabris etwa 1000 Todesfälle vor-gekommen. In Astara nehme die Epidemie ab, in Ardebil zu.Antwerpen, 29. August. In einem hiesigen Hospitalsind heute zwei Personen an der Cholera erkrankt und zwei ge-storben.— 30. August. Seit gestern sind hier 22 Cholera-Erkrankungen und 4 Todesfälle vorgekommen. Die im Hafenliegenden infizirten Schiffe werden an einer mitten im Flusse be-legenen Stelle isolirt und einer gründlichen Desinfektion unter-zogen werden.Kopenhagen. 29. August. Gegenüber den Herkünftenaus den deutschen Nordseehäfen von der dänischen bis zurholländischen Grenze ist heute eine Quarantäne angeordnetworden.London, 29. August. Um die unbeschränkte Einwände-rung bedürftiger Ausländer, welche die Cholera verbreitenkönnten, zu verhindern, beschloß die Regierung Verordnungen zuerlassen, wonach sämmtliche Schiffsahrts-Gesellschaften verpflichtetwerden, an Bord ihrer Schiffe alle diejenigen Auswanderer zurück-zuhalten, welche nicht genaue Auskunft über diejenigen Personengeben können, bei denen sie zu wohnen beabsichtigen. Der Zweck derMaßregel ist die Benachrichtigung der Lokalbehörde, damit die-selbe die Ueberwachung der betreffenden Personen ausüben könne.Amsterdam, 29. August. Ein heute auf dem Dampfer„Urania" gestorbener Heizer ist, wie ein Medizinalinspektor fest-gestellt hat, der asiatischen Cholera erlegen. Die Leiche ist heutebeerdigt worden. Die Sanitätskommisston hat Maßregeln ge-troffen, um die weitere Ausbreitung der Cholera zu verhindern.Wien, 29. August. Die Landesbehörden sind angewiesenworden, infolge Fortdauer des ungünstigen Gesundheitszustandesin Frankreich den Reisenden aus Frankreich gegenüber dieselbensanitären Maßnahmen anzuwenden wie bei Reisenden aus Ruß-land und dem Deutschen Reiche. So sollen auch die französischenReisenden einer fünftägigen ärztlichen Ueberwachung unterworfenwerden. Der Verkehr direkter Eisenbahnwagen von Berlin durchTirol ist eingestellt. Der Wagenwechsel sowie die ärztliche Re-vision der Reisenden und des Gepäcks findet in Kufstein statt.Bern, 30. August. Der Bundesrath hat ein am 2. Sep-tember in Kraft tretendes Verbot der Ein- und Durchfuhr vontischen, Schalthieren. als Austern, Scekrebsen re.. ferner vonaviar aus Rußland, Deutschland, Belgien und Frankreich, mitAusnahme von direkten Sendungen aus den Mitlelmeerstationen,sowie Büchsenpräparaten erlassen. Ferner ist ein Rundschreibendes Bundesralhs an die Kantone betreffend Maßnahmen zumSchutze gegen die Cholera, sowie eine Anleitung zur Desinfektionund eine Verordnung über Maßnahmen betreffend die Verkehrs-anstalten publizirt. Am 1. September sollen Desinfektions-beamte und Aerzte zur Ueberwachung des Personenverkehrs er-nannt werden.San tander, 30. August. Sämmtliche Schiffe, die auSverseuchten Häfen kommen, müssen in Quarantäne gehen, die da-niit eintreffenden Paffagiere müssen sich einer siebentägigenBeobachtung im Lazareth unterziehen..'H a v r e, 80. Angnst, Gestern kamen hier 71 choleraartigeErkrankungen vor, von denen 17 einen tödtlichen Verlauf nahmen.Wien, 29. August. Der Referent des Obersten Sanitäts-raths Kusy trat heute im Auftrage des Ministerpräsidenten GrasenTaaffe eine Inspektionsreise an zunächst nach Mähren. Schlesien,Galizien und der Bukowina behufs Information über die gegendie Cholera getroffenen Maßnahmen und behufs mündlichenMeinungsaustausches mit den Landesbehörden bezüglich einesweiteren Vorgehens.Wien, 29. August. Der Minister de? Innern beauftragtedie Gesellschaft vom Rothen Kreuze mit Rücksicht auf die Cholera-gefahr die nöthigen sanitären Vorkehrungen zu treffen. DieBnndesleitung erklärte sich daher heute in Permanenz, um ein-gehend die Frage der Errichtung mehrerer Spitäler undsReserve-baracken zu beralhen. Infolge starken Andranges von Reisendenans Deutschland auf der Station Halbstadt ist daselbst einWaggonwechsel, ärztliche Revision der Reisenden und des Gepäckssowie Desinfektion des letzteren angeordnet worden.Haag, 29. August. Die niederländische Regierung hatanläßlich des Austretens der Cholera in Havre sämmtliche Plätzean der Nordküste von Frankreich von Brest bis zur belgischenGrenze, sowie sämmttiche Plätze in Frankreich, die an Gewässernliegen, welche in den Kanal munden, für von der astatischenCholera infizirt erklärt.N e w- A o r k, 29. August. Das Gesundheitsamt erließ eineVerordnung, wonach alle Schiffe, die aus Häfen kommen, welch«von der Cholera instzirt sind, einer drei bis fünftägigen Quaran-täne zu unterwerfen sind. Die Reisenden werden nach der Hoff-manninsel gebracht und erst nach erfolgter Desinfizirung des be-treffenden Schiffes darf dasselbe, falls an Bord keine Cholera-fälle vorkamen, in den Hafen einlaufen.Nach einer Meldung aus Panama sind dort alle atlantischenHäfen für Schiffe, welche von choleravcrdächtigen Häfen aus-gelaufen sind, geschlossen.S e m l i n, 29. August. Das Gerücht über den Ausbruchder Cholera im hiesigen Orte ist unbegründet. Der Gesundheils-zustand der Bevölkerung ist ein befriedigender. Die ankomnien-