Vrozeß in Trier! Gerade die königlichen Bergleute amDeister und die Bergleute der berühmten Firma Siemens inDresden mußten, wenn überhaupt, doch sicher angesichts dieser un-geheuerlichen Verhöhnung der Arbeiter zur Vernunft kommen und,bekennen wir es ruhig, wir setzten darauf große Hoff-n u n g e n. Die Bergleute waren bisher die rückständigsten Wählerund sie find es leider geblieben trotz der glänzendsten Wahlparole!Wir wollen an einigen Orten zeigen wie die Bergleute gewählthaben:Soz. GegnerBarsinghausen 323 317Egestorf... 192 192tohenbostel.. 43 195irchdorf. 82 91Wennigsen 178 198Osterwald.... 78 140In diesen Hauptorten, wo uns 9/io der Stimmen zufallen mußten,haben wir von den 2334 Stimmen statt mehr als 2(XX> nur 900bekommen. Auch andere Orte mit Fabrikbevölkerung haben ent-täuscht— in der Stadt Hameln büßten wir 300 Stimmen ein.Gehen wir nun den Ursachen unserer Niederlage etwas nach, soist zu konstatieren, daß der Kampf der Gegner gegen uns ungleichheftiger geworden ist durch das Eingreifen deS Reichs-verbandes zur Bekämpfungder Sozialdemokratie.Das heißt nicht heftiger in sachlicher Beziehung, da schneiden diegewerbsmäßigen Verdächtiger der Sozialdemokratie regelmäßig schlechtab. Man hat nur halbwegs der deutschenSprache mächtige sog.„Arbeiter-sekretäre" wochenlang im Kreise herumgeschickt, die in Berlin gegendie Sozialdemokratie abgerichtet worden sind und außer ihremMemorierstoff von den politischen Verhältnissen keine blasse Ahnunghatten. Traten ihnen geschulte Redner unserer Partei entgegen,dann kamen sie mit sorgsam zusammengetragenen Zitaten aus allenmöglichen und unmöglichen Reden und Büchern und briisteten sichobendrein mit großer Literaturkenntnis innerhalb der Sozialdemo«kratte, die ihnen völlig mangelte. Unaufhaltsam schöpften dieseGegner mit unreinen Gefäßen aus den Dresdener Wässern,verfälschten dann mit Lüge, Verleumdung, Verdrehung undallem anderen diesen Trank und gössen den so gemischtenUnrat gleich kübelweise auf die Arbeiterbevölkerung mit der Er-klärung, das sei das kristallene Wasser des Jungbrunnens l 18 ver-schiedene Sorten Flugblätter, lediglich gegen die Sozialdemokratiegerichtet, hat man verteilt, und mangels von Lokalen war es nichtmöglich, alles zu widerlege».Unter solchen Umständen ist uns die Agitation ganz bedeutenderschwert, denn— wir wollen einen Ausdruck der hannoverschenLandbevölkerung gebrauchen— gegen ein Fuder Mist läßt sich nichtanstinken.Die Verleumdungen gegen die Sozialdemokratie können dieGegner nicht weiter übertreffen. Daß der positive Erfolg für sietrotzdem nur 500 Stimmen bettägt und dieser Erfolg obendreinnoch den Welsen zugefallen ist, während Bündler und National-liberale zusammen auf gleicher Höhe blieben, beweist, daß trotz derungeheueren gegnerischen Krastentfaltung für die„nationale" Sacheauch nichts erreicht ist.Das alle? kann und darf uns aber nicht darüber hinweg-täuschen. daß wir nichts erreicht haben, und Stillstand ist,namentlich bei unserer Partei— Rückgang I Unsere Agitation mußsystematisch betrieben werden, aber nicht schematisch. Wir versäumenzu oft die besten Gelegenheiten zur Agitatton, und es würde garnichts schaden, wenn d i e Genossen, die es so meisterhaft verstehen,durch ihre Bekämpfung der eigenen Partei-genossen den Gegnern Material an die Hand zu geben,einmal selbst in der Kleinagitation nicht durch überlegene Witze,sondern durch überzeugende Beweisführung Parteigenossen werbenwürden. Daß das letztere viel weniger geschieht als das erstere, ist nuneinmal Tatsache und wir muffen diesem Zustande ein gutTeil unseres Mißerfolges zuschreiben. Wo sind denn die Broschüren,mit denen man früher aufs Land hinauszog und Erfolge erntete.geblieben? Uns geht es in der Partei so wie es in der Gewerk-schastsbewegung gegangen ist. Einst waren wir am besten, mustcr-gültig organisiert. Dabei sind wir stehen geblieben.Als in der Gewerkschaftsbewegung die Arbeitgeber uns in derOrganisation überflügelten, geschah die Wendung zum bessere»,und aus den Niederlagen bei den Nachwahlen ist dieselbe Lehre fiirdie Partei zu ziehen. Wir können nur an unserer eigenen Parteiermessen, worum der hoffnungsreichste hannoversche Wahlkreis miteiner solchen Niederlage enttäuschte. Die Parteiorganisation auszu-bauen ist dringend notwendig, aber dazu gehören Leute, die nicht imNebenamt diese wichtigsten Aufgaben der Partei ausführen.Schulverschlcchterung in Württemberg.Man schreibt uns aus Stuttgart: Ohne alles Aufsehen hatsich in den letzten Tagen in Württemberg ein schulpolitisches Er-eignis vollzogen, daß in seiner Tragweite den vielbesprochenenpreußischen Schulkompromitz weit hinter sich läßt. Mit Hülfe derNattonalliberalen nnd der süddeutschen Volkspartei hat die in Schul-fragen vollständig unter kirchlichem Einfluß handelnde württem-bergische Regierung die Schulnovelle unverändert unter Dach gebracht,die, wie sich immer deutlicher herausstellt, in jesuitischer Weisedie Konfessionsschulen beseitigen hilft. Das Gesetz sollte in derHauptsache ein Besoldungsgesetz sein und den Lehren: dieErfüllung eines Teiles ihrer berechtigten Wünsche nach bessererBezahlung bringen; die Frage der Schulaufsicht sowie andereprinzipielle Fragen erklärte die Regierung mit Rücksicht aus diegroßen Schwierigkeiten zunächst ausscheiden zu müssen. Damit konnteman sich, wie die Dinge nun einmal liegen, zufrieden geben. Aberschon bei der Spezialdebatte über den Artikel 8 des Gesetzes trathervor, daß es keineswegs so harmlos ist, wie die Regierung eshinstellte. Der volksparteiliche Abgeordnete Betz wandte sich gegendie Fassung dieses Artikels, der SO Familien, die eine direkte Staats-steuer bezahlen, das Recht aus eine konfessionelle Minderheitsschule ausgemeindlichen Mitteln gibt, und beantragte einen Zusatz, der wenigstensmsofern einen Ausgleich schafft, als bei Vorhandensein von sechzigkonfessionslosen Familien auf Mehrheitsbeschluß derselben einekonfessionslose Minderheitsschule aus Gemeindemitteln er-richtet werden muß. Ferner solle den Eltern in Orten mit Schulenverschiedenen Glaubensbekenntnisses freigestellt werden, ihre Kinderin die eine oder die andere Schule zu schicken. Wie bereits berichtet.fanden diese Anträge nur bei den SozialdemokratenUnterstützung, während die Fraktionskollcgen des Antrag-stellers im Verein mit den anderen bürgerlichen Ab-geordneten sie niederstimmen halfen. Ja. das volkspartcilicheHauptorgan, der„Beobachter", kanzelte Herrn Betz tüchtig ab fürI9'ven„unzweckmäßigen und undurchführbaren" Antrag, dernicht an der Zeit gewesen sei, weil es sich in der RegierungS-Vorlage nur um eine formelle Anpassung an daS seit April diesesJahres geänderte Steucrrecht handele. Das ist aber mit Nichtender Fall. Nach dem b e st e h e n d e n Recht hatten nur 00 Familienvon Grundbesitzern oder Gewerbetreibenden An-spruch auf Errichtung einer konfessionellen Minderheitsschule: daaber die konfessionellen Minderheiten in Württemberg bei der strengenräumlichen Scheidung zwischen katholischen und protestantischen Landes-teilen in der Regel den besitzlosen Klassen angehören, konnten dieklerikalen Katnpfhähne beider Konfessionen in den meisten kleinenGemeinden die tatsächliche Simultanisierung der Volksschulenicht hindern. Gröber beantragte deshalb bei der vor einigen Jahrenangebahnten Versassungsrevision eine Erweiterung des'Recht? derkonfessionellen Minderheiten. waS damals mit dazu beitrug, daSKesormwerk zum Scheitern zu bringen; die Regierung wagte nicht, dieseForderung offen zu vertreten. Mit der von ihr seit Jahren gehandhabtenUmgehung des Schulgesetzes durch Subventionierung konfessionellerPrivatschulen in Orten, wo die gesetzlichen Voraussetzungen für öffentlichekonfessionelle Minderheitsschulen nicht gegeben sind, war der kleri-kalen Herrschsucht nicht Genüge getan. Deshalb wurde nun unterdem Mantel„formaler Anpassung" die tatsächliche Aenderung desmateriellen Rechts in die Schulnovelle hineingeschmuggelt. DieFolge dieser Gesetzesverschlechterung wird sein, daß in den nächstenJahren die konfessionellen Zwangschulen wie Pilze aus dem Bodenschießen werden. Wenn von 60 berechtigten Eltern die Mehrheit,also nur 31, eine solche Zwangschule verlangt, so müssendie anderen 29 Familien sich dem fügen, ob sie wollenoder nicht. Sie werden gesetzlich gezwungen, ihreKinder aus gutgeleiteten achtklassigen Schulen herauszunehmenund in einklassige Zwergschulen zu schicken. Vermehrte Ausgaben bei gleichzeitiger Verschlechterung der Schulesind der Effekt der württcmbergischen Schulnovelle. Die Annahmedes unveränderten Artikels 8 bedeutet aber zugleich die g r u n d-sätzliche Anerkennung der kirchlichen Schule unddie Verwerfung des Prinzips der konfessionslosen Staatsschule.Für die rückschrittliche Entwickclung der politischen Verhältnissein Württemberg ist bezeichnend, daß bei der Beratung desVolksschulgesetzes im Jahre 1830 selbst der Bischof von Rottenburgund die Prälaten sich dagegen verwahrten, konfessionellen Zwangausüben zu wollen. Nur vier Abgeordnete stimmten damals dafür,daß Eltern in der Wahl der Schule behindert werden, in die sieihre Kinder schicken wollen; heute stimmen außer den sechs Sozial-demokraten nur fünf Abgeordnete gegen einen solchen Zwang!Auch in dieser Frage zeigte sich wieder, wie berechtigt die gegen diederzeitige Führung der Volkspartei gerichtete Spitze der sozialdemo-kratischen Ostcrrcsolution war. Der Anhang der Volkspartei im Landeund die volksparteiliche Provinzpresse sind empört über die Hallung dervolksparteilichen Generale und ihres Stuttgarter Organs in der Schul-frage.So schreibt der volksparteiliche„Hohenstaufen":„In den Fragendes Militarismus und Imperialismus Konzessionen nach rechts,in Volksbildungsfragen auf der Seite der Ultramon-tanen— wer hat den Mut, das Liberalismus zunennen!" Aber die Herren Haußmann und Konsorten,die die VolkSpartci dirigieren, werden über diese Warnungs-rufe ehrlicher Demokraten ebenso zur Tagesordnung übergehen,wie sie es im Vorjahre gelegentlich der Prorestbcloegung gegen dieErste Kammer geran haben. Genau so wie damals werden imZentralorgan der Partei die diffentierenden Sttmmen totgeschwiegen. In dieser unehrlichen und terroristischen Artwerden die Meinungsverschiedenheiten im volksparteilichen Lagerausgeglichen!Hueland.Zur Marokko-�rage.Paris, 9. Juni. Die dem Ministerpräsidenten R o u v i e rwährend deS diplomatischen Empfanges durch den deutschen Ge-schäftsträger Botschafsrat von Flotow überreichte Note isteine Zirknlarnote, die von der deutschen Regierung an alle Mächtegerichtet ist. Die Note umfaßt nur etwa zwanzig Zeilen. Diedeutsche Regierung erklärt, sie stininie dem Borschlage dermarokkanischen Regierung zu, die Reformfrage einer internationalenKonferenz zu unterbreiten. Deutschland stützt sich dabei auf Artikel 17der Madrider Konvention, welcher in Marokko allen Vertrag-schließenden Mächten das MeistbegünstiguugSrecht zusichert. Rouvierbeschränkte sich darauf, die Note zur Kenntnis zu nehmen. Manglaubt, daß die Mächte, denen die Note zugestellt worden ist, bisjetzt ihre Antwort noch nicht erteilt haben.»Paris, 9. Juni. In parlamentarischen Kreisen hält man eSnunmehr für ziemlich sicher, daß Rouvier das Finanz-Ministerium abgeben und sich ausschließlich derLeitung der arlswärrigenAngelegenheiten widmenw e r d e. Als künftiger Finanzminister wird vielfach der gegen-wärttge Kolonialminister Clsmentel genannt, der entweder durch denfrüheren Kolonialminister Doumergue oder durch den DeputiertenHubert ersetzt werden soll.Von Blättern wird gerüchtweise gemeldet, daß MinisterpräsidentRouvier beabsichtige, den französischen Gesandten in MarokkoT a i l l a n d i e r wegen des Mißerfolges seiner Sendung ab-zuberufen und an seiner Stelle de» früheren Generalgouverneurvon Algerien Revoil ziz ernennen, welcher den Gesandtenposten inTanger bereits vor mehreren Jahren innehatte.Frankreich.Vom„Anarchismus" der Streikbrecher. Die nationale Ver-einigung der„Gelben"(daS sind nach dem„Wolffschen Tele-araphen-Bureau" die Arbeiter, welche für persönliche Freiheitbezüglich der Arbeit sind, während es sich in Wirklichkeit um dievom Unternehmertum und der Reaktion gegründeten Streikbrecher-organisationen handelt) hat an den Minister des Innern ein Schreibengerichtet, in welchem sie gegen die Hinderniffe protestieren, welcheder Freiheit bei der Arbeit durch die Gewalttätigkeit der den rotenSyndikaten angehörenden Arbeiter in den Weg gelegt werden. t„Dieroten Syndikate zwingen ihren Anhängern ihre Entscheidung in be-zug auf Ausstände auf", erläutert Wolffs Bureau höchst naiv). Sieerklärt, sie habe 400 000 Mitglieder, die in allen Fällen gerecht-ferttgter Notwehr von den Waffen Gebrauch machen würden. DasProtestschreiben weist besonders auf die Anariffe hin, unter denendie Gelben bei den Zusammenkünften der gelben Syndikate in Nantesund Havre zu leiden hatten.ES ist nett, daß das offiziöse deutsche Telegraphen- Bureau füreine Streikbrecherorganisation Sympathien äußert, die offen droht,daß sie unter der Freiheit der Arbeit die Freiheit des Schießensauf ausständige Arbeiter versteht, die ihre Brüder nicht ver-raten.—Belgien.Militärjustiz. Der Militarismus zeigt überall dieselben Blüten:Kadavergehorsam, Mißhandlung der Untergebenen, strengste Be-strafung der geringsten Vergehen der Mannschaften und äußersteMilde bei Beurteilung der oft scheußlichen Mißhandlungen, die sichVorgesetzte zuschulden kommen lassen. So hatte kürzlich das Kriegs-gericht von Brabant über zwei Fälle zu entfcheideu. Der 22jährigeSoldat Bouchar, der schon mit ftinf Monaten vorbesttaft ist, warangeklagt, einem Unteroffizier mit den: Stocke einen leichten Schlagversetzt zu haben. DaS Gericht zweifelte an seiner Zurechnungs-fähigkeit und überwies ihn zur Beobachtung dem Milttär-Lazarett.Die Militärärzte erklärten ihn aber für vollkommen gesund undBouchar wurde, obwohl die Verletzung des Unteroffiziers vomGerichtshöfe selbst als eine leichte anerkannt wurde, zu fünf JahrenGefängnis verurteilt. Dasselbe Gericht erkannte gegen einenSergeanten, der einen Soldaten, ohne hierzu provoziert gewesen zusein, dermaßen an der Hand verletzt hatte, daß dieser lange dienst-unfähig blieb, auf eine Geldstrafe von 20 Frank.—Der Protest der Semftwos.Der von Trepow„verbotene" Moskauer Kongreß derSemstwos und Stadträte hat eine Adresse an den Zaren ge-richtet, so schroff und schneidend, daß man davon reden kann,wie selbst in diese aus Konservativen und Liberalen bestehendenKörperschaften die Sprache der Revolution eingedrungen ist.Die Adresse lautet:In Anbetracht unseres großen Unglücks und der große»Gefahr, in der Rußland und Ihr eigener Thron schweben, habe»wir uns, unter Beiseitesetzung aller uns trennenden Meinung«»Verschiedenheiten und einzig und allein geleitet von heißer Lieb«zu unserem Vaterlande, entschloffen, uns direkt an Sie zu wenden.Majestät I Rußland ist durch die verbrecherischen Fehler und dieNachlässigkeit Ihrer Ratgeber in einen unheilvollen Krieggetrieben worden. Unserer Armee ist es nicht gelungen,den Feind zu besiegen, unsere Flotte ist vernichtet,und drohender als die Gefahren von außen beginnt derBürgerkrieg. Mit Ihrem ganzen Volke haben Sie alle Fehlerder unwiffcuden und gefahrbringenden bureaukratischen Organisationengesehen und beschlossen, diese Organisation zu ändern, und eineReihe von Maßregeln vorgeschrieben, die eine Reorganisation be-zwecken. Diese Vorschriften sind entstellt worden und auf keinemGebiete zu der gewollten Ausführung gelangt. Unter-drllckung der Person und der Gesellschaft, Unterdrückungdes Wortes und Willkürlichkeiten aller Art nehmen zu.anstatt daß, wie von Ihnen vorgeschrieben, der Zustanddes verstärkten Schutzes aufgehoben und die Willkür derVerwaltung beschränkt wird. Die Gewalt der Polizei wird ver-stärkt nnd die Polizei erhält unbeschränkte Vollmachten. Man ver-sperrt Ihren Untertanen den von Ihnen zu dem Zwecke geöffnetenWeg. daß die Wahrheit zu Ihnen gelangen könne. Sie haben sichentschlossen, Vertreter des Volkes zusammenzurufen, um gemeinsammit ihnen eine Reorganisation unseres Landes durchzuführen,aber Ihrem Worte ist bisher die Ausführung nicht gefolgt, trotzder drohenden Größe der Ereignisse, die sich abgespielt haben.Die Gesellschaft wird beunruhigt durch Projekte, welche eineKlasscnkonscrenz an die Stelle einer nationalen Vertretung setzen,welche die bureaukratische Organisation beseitigen soll. Majestät IBefehlen Sie unverzüglich, und ehe eS zu spät wird für das HeilRußlands, daß zur Festigung der Ruhe und des Friedens imInnern von allen Ihren Untertanen ohne Unterschied und mitgleichem Recht zu wählende Vertreter des Volles einberufen werden,die im Einvernehmen mit Ihnen die Lebensfrage entscheiden, obKrieg oder Frieden, die über die Friedensbedingungen entscheiden.oder den Frieden ablehnen und damit den gegenwärtigen Krieg ineinen nationalen Krieg umwandeln, und die allen Völkern einRußland zeigen, das aufgehört hat, von inneren Kämpfen zerrissenund erschöpft zu sein, das im Gegenteil, geheilt und mächttg inseiner Wiedergeburt, um eine einzige nationale Fahne geschart ist,und die im Einvernehmen mit Ihnen eine neue Organisatton desStaates herbeiführen. Majestät! In Ihren Händen liegen dieEhre und die Macht Rußlands und sein innerer Friede, von demder äußere Friede abhängt. In Ihren Händen liegt das Reich,das Sie von Ihren Vorfahren ererbt haben. Zögern Sie nicht,Majestät, denn groß ist in dieser Stunde furchtbarer nationalerPrüfung Ihre Verantwortung vor Gott und vor Rußland.Auf diese Forderungen antwortet der Zarismus vorläufigmitnebelhaften„Beratungen".:So wird ans Petersbura offiziell telearavkiiert:Die gestern stattgeh Gte erste Sitzung des Ministerrats zurBeratung der Einbe.ufung einer Votlsvertretirng wurde miteiner Rede des Vorsitzenden eröffnet, in welcher derselbe, wie„Ruß" erfährt, darauf hinwies, daß die schwierige Aufgabe nochdurch die Notwendigkeit lompliziert sei, die Frage gemäß demWillen des Kaisers und der gegenwärtigen Sachlage möglichstschnell zu entscheiden. Die dem P-ojekte Bulhgins zugrundeliegenden Prinzipien sowie andere Einzelheiten und der Vor-schlag, eine beständige Gosudar Awennaja Duma aus beti gewählten Volksvertretern zu bilden, wurden als geeignet anerkannt,die Bedürfnisse zu befriedigen. Die Artikel, welche die Wahlenbetreffen, die mit Hülfe der bestehenden SelbstverwaltungS- undder kommunalen Institutionen vorzunehmen find, wurden beratenund mit einigen redaktionellen Acnderungen angenommen.Das ist weniger als nichts.*Neue Judenhesien.,Minsk, 9. Jurn.(Offizielle Meldung.) Gestern abend durch»schwirrten Gerüchte von Unruhen die Stadt. Sofort wurden dieLäden und die Haustüren geschlossen. Wie sich ergab, hatten Mann-schaften der 40. Division Fenster eingeworfen und Israeliten miß-handelt, weil ein Israelit einem Soldaten einen Geldbeutel ge-stöhlen hatte.(??) Die angesammelten Israeliten gaben einigeRevolverschüsse auf die Soldaten ab, die sich dann nach demKathedralplatz begaben, wo Soldaten der 55. Brigade sich ihnen an-schlössen. In die anliegenden Häuser flogen nun Steine. DiePolizei erwiderte(?) die Schüsse der Israeliten, wobei viele ver»wundet und einer getötet wurde. Kosaken und Dragoner zerstreutenalsdann die Menge. Einige Schutzleute wurden verwundet, mehrereSoldaten verhaftet. Patrouillen durchziehen die Straßen.Der Krieg.Tokio, 9. Juni. Amtlich wird gemeldet: Nachdem die Japaneram Morgen des 7. Juni den aus mehr als einer Kompagnie In-fanterie bestehenden Feind aus seiner Stellimg auf den Hügelnnördlich von Lianschuichnan Vertrieben hatten, besetzten sie eine An-höhe östlich von dem vier Meilen nordöstlich von Chengchengtsu ge«legenen Ort Chapengan. An demselben Tage wiesen die Japanerrussische Angriffe auf Soupangtai nördlich von Changw sowie auchTaotun und Schistiuti zurück.Die russischen Schiffe vor Manila.Der Gouverneur der Philippinen machte dem Kriegssekretär Tostin Washington telegraphisch davon Mitteilung, daß die russischenSchiffe der Aufforderung, den Hafen innerhalb 24 Stunden zu ver-lassen, nicht Folge geleistet hätten und daß sie infolgedessender Bewachung deS Admirals Train unterstellt worden seien.Dieser habe die erforderlichen Schritte getan, um dieSchiffe zu internieren; dieselben befinden sich gegenwärtighinter dem Wellenbrecher im Bereich der Geschütze der amerikanischenKriegsschiffe„Ohio" und„Monadnock". Admiral Train werde dieMaschinen der russischen Schiffe gebrauchsunfähig machen und vonden Geschützen die Verschlußstiicke entfernen lassen. Offiziere undMannschaften sind gegen ehrenwortliche Zusage, nicht mehr amKriege teilzunehmen, freigelassen worden.—„Nach dem Willen des Höchsten".Petersburg, 9. Jmn.(Meldung der„Petersburger Telegraphen-Agentur".) Kaiser Nikolaus telegraphierte an AdmiralRoschdjestwenSky: Von Herzen danke ich Ihnen und allenden Offizieren deS Geschwaders, welche im Kampfe ihre Pflichtehrenvoll erfüllten, für Ihre Aufopferung in Rußlands und meinemDienste. Nach dem Willen deS Höchsten war eS Ihnen nicht be-schieden, daß Ihre Heldentat durch Erfolg gekrönt wurde, aber aufIhren unbegrenzten Heldenmut wird das Baterland immer stolzsein. Ich wünsche Ihnen baldige Genesung, auch daß Gott Siealle tröste.Znr FriedcnSfrage.Washington, 9. Juni.(Meldung dcS„Reuterschen VureauS".)Den: Vernehmen nach hat keiner der Besuche, die dem PräsidentenRoosevelt von hiesigen Diplomaten abgestattet worden sind, besondereBedeutiing gehabt, mit Ausnahme deS Besuches des japanischenGesandten Takahira, bei dem zweifellos von der AudienzMitteilung