Beilage zum„Vorwärts" Berlintt Volksbtatt.Zlr. 304.Donnerstag, drn 1. Srptruiber 1893.9. Jahrg.ge.Kou der Cholera.Dem kaiserlichen GesundheitsamtWeidete Erkrankungen und Todesfälle:Hamburg: am 30. August 425 Erkrankungen, 219 Todes-fälle.Berlin: am 39. August 3 Erkrankungen; die zuerst er-krankte Frau Frohnert ist am 30. August gestorben.� Im Kreise Uork, Regierungsbezirk Stade, in Este-brügge vom 21. bis 27. August 4 erkrankt, 3 gestorben, in Moor-ende in derselben Zeit 4 bezw. l(ein meilerer"Todesfall ereignetesich in Moorende am 30. August), ferner vom 21. bis 27. Augustin Hassehverder 6 und in Hove 1 Erkrankung; am 30. August inKönigreich 1 Todesfall.Regierungsbezirk Schleswig: Altona am 28.A»gnstnicht 15, sondern II Cholerafälle; am 29. August 20 Erkrankungen,8 Todesfälle; Wandsbeck 30. August 7 Erkrankungen, 1 Todes-fall; Poppenbüitel(Kreis Stormarn) am 30. August eineErkrankung, 1 Todesfall; Gut Grabau(Kreis Stormarn) am30. August eine Erkrankung, 1 Todesfall; Rendsburg am30. August 1 Todesfall; Arlewatt, Kreis Husum, am 30. August1 Erkrankung; Lauenburg am 30. August 1 Todesfall. ImLockstedter Lager, Kreis Steinburg, erkrankte am 30. August eineMilitärperson.In Magdeburg erkrankte am 29.. Augilst ein Boots-mann des Tampfers„Neckar" der Elbschifsfahrls- Gesellschaft,ivclcher ani Abend vorher aus Hamburg eingetroffen war; erstarb am 30. August. Von demselben Tainpfer erkrankte am30. August noch ei» Heizer.In Mecklenbürg-Schwerin sind zu Boitzenburg am28. August 2 Cholerafälle festgestellt, in Wendisch- Wehningen(Amt Dömitz) 2 dringende Verdachtsfälle vorgekommen.Zu Rositz im Herzogthum Sachsen-Altenburg starbam 30. August ein aus Hamburg zurückgekehrter Mann.Lübeck meldet 2 Eholera-Erkrankungen am 31. August beiPersonen aus Hamburg.—In,„R e i ch s- A» z e i g e r" liest nian:„Die von einerBerliner Zeitung als Korrespondenz aus Altona gebrachteMitlheilung, daß wegen der bestehenden Choleragefahr aus demGerichtsgefängniß in Altona auf Anordnung des Justizministers150 Untersuchungs- und Strnsgefangene— letztere unter Erlaßihrer Reststrafen— entlassen seien, ist dahin richtig zu stellen,daß wegen Ueberfüllung des Gefängnisses im Verlauf der letztenWoche nach und nach 12 Weiber und 9 Männer seitens desErsten Staatsanwalts aus der Strafhaft beurlaubt worden sind.Ein Erlaß der Reststrasen ist damit selbstverständlich nicht ver-bunden. Untersuchungsgesangene sind aus der gedachten Veran-lassung überhaupt nicht zur Entlassung gelangt. Der Gesund-heitszustand in dem Gefängniß ist durchaus befriedigend.Die gestern unter Mainz gebrachte Mitlheilung. daß diefür die Post bestimmten Packete aus Hamburg nach den Be-stimmungeil des kaiserlichen Gesundheitsamts desinfizirtwerde» sollen, bestätigt sich nicht. Vielmehr ist die Frage,ob sich die erwähnte Desinfizirung empfiehlt, vom kaiserlichenGesundheitsamt und auch von der Kommission, die am 27. und23. August im Reichsamt des Innern tagte, cnvogen und allseitigverneint worden, weil die Möglichkeit einer Verschleppungdes Ansteckungsstoffes auf diesen Wegen gegenüber den sonstigenGefahren nicht in Betracht kommt und eine wirksame Desinfektionohnehin bei dem gegenwärtigen Umfange des Postverkehrs un-durchführbar sein wurde.(Vgl. die gestern mitgetheilten, von derKommission beschlossenen Maßnahmen für den Fall des Aus-tretens der asiatischen Cholera unter Nr. 7.)"In der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" liest man:„Aus Antrag der Medizinalabt Heilung des Kriegs-m i n i st e r i u m s ist der vorhandene Vorralh des Zentralkomiteesder Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz an transportablenLazarethbaracken in den Besitz der Militärverwaltung über-gegangen, um im Bedarfsfalle der Unterbringung an cholera-erkrankten Militärpersonen zu dienen. Da die bisher mit derLieferung dieser Baracken allein befaßte Fabrik Christoph u. Unmackin Niesky im Augenblick infolge Vrandschadeus nicht vor EndeSeptember wieder licsernngssähig sein wird, so ist das Zentral-komitee nicht in der Lage, anderweitigen Gesuchen um Gewährungvon transportablen Lazarethbaracken sofort nachzukommen. InErsatz für die Fabrik zu Niesky hat die Firma L. Stromeyeru. Co. zu Konstanz in Baden es unternommen, unter besondererBefürwortung des Zentralkomitees, Militär-Lazarelhbaracken inmöglichst großer Anzahl mit Rücksicht aus den entstehenden Bedarf herzustellen."Hamburg, 30. August. Das„Hamburger Frcmdenblatt'stellt fest, daß die amtlichen Choleraziffern desMedizinal- J nspektorats bedeutend geringersind als die Angaben des Polizeichefs. Auchdie Cholera-Abnahme an, Sonntag sei unrichtig gewesen. DerFremdenverkehr stockt vollständig; gestern waren keine dreißigFremde in den Hotels. Gestern und heule(auch während derNacht) wurden gegen fünfhundert Choleraleiche nbeerdigt.(„Voss. Ztg.")Hamburg, 30. August. Die Ziffer der transportirtenKranken und Leichen betrug am 27. d. M. 806, am 28. d. M.684 und am 29. d. M. 650. Man schließt daraus, telegraphirtWölffchen, auf eine, wenn auch nicht sehr erhebliche Abnahme derEpidemie. Die Ziffer der heute Transportirten steht noch nichtfest. Auch aus Altona wird berichtet, daß ein Rückgang der Grkrankungen eingetreten sei. Verhältnißmäßig zahlreiche Cholerwfälle werden aus dem Vororte Barmbeck gemeldet.Hamburg, 31. August. Wie endgiltig festgestellt ist, sindam 30. Zlugust von Mitternacht bis Mitternacht 503 Kranke und263 Todte, zusammen also 776, transportirt worden gegen 650am 29. August. Die Standesämter sind bis Zlbends 10 Uhr undauch Sonntags geöffnet. Etwa 400 Leichen liegen u»beerdigtim Exerzierschuppen. Tie Herbeischasfung der Personalakten istbisweilen äußerst schwierig, da ganze Familien aus-gestorben sind. Viele Geschäfte der Krämer, Bäcker,Schlächter ,c. wurden polizeilich geschloffen, weil unter den An«gestellten Cholera-Erkrankungcn vorgekommen sind. Das preußischeKritgsministerium hat dem Altonaer Garnisonlazareth Befehlertheilt, 500 Betten an die Hamburger Krankenhäuser zu liefern.Aus Hamburg meldet das„Hamburger, Echo":„AusVerzweiflung ins Wasser gestürzt hat sich am Jscbekkanal einvierzehnjähriges Mädchen, nachdem es sämmtliche Angehörigedurch die lückische Cholera verloren hatte. Die sofort angestelltenRettungsversuche waren erfolglos. Man zog das Mädchen alsLeiche aus dem Wasser. Letzlere wurde auf.die Böschung nieder«gelegt und mußte, da es an Transportmitteln fehlte, leider längereZeit dort liegen bleiben.Die kg l. Eisen bahn-Direktion zu Altona er-läßt folgende Bekanntmachung:„Im Hinblick ans die sanitärenVerhältnisse in Hainburg-Zlltona machen wir zur Beruhigung derdie Nordseebäder auf Sylt. Föhr und Amrum besuchenden Reisen-den darauf aufmerksam, daß für den direkten Verkehr von Berlinnach den Seebädern ans Wyk, Amrum und Sylt und zurückKursivagen 1./2. Kl. Berlin Lehrter Bahnhof— Hoyer Schleuseinden Zügen Nr. 8/1006/1204(ab Berlin 11,20 Abends) undHoyer Schlezise— Berlin Lehrter Bahnhof in den Zügen Nr. 31/7(ab Hoyer 3,15 Nachm., an Berlin 11,37 Abends) auf dem Wegeüber Glückstadt laufen und die Benutzung dieser Kurswagen denin Hamburg und Altona zugehenden Reisenden bis auf Weiteresnicht mehr gestattet wird. Außerdem werden für die Folge zurBeförderung des Gepäcks der die Durchgangswagen benutzendenReisenden in den obenbezeichneten Zügen besondere Gepäckwagenvon Berlin nach Hoyer und umgekehrt durchgeführt, in welchein Hamburg und Altona kein Gepäck eingeladen wird. Die betr.Personen- und Gepäckwagen werden vor Abfahrt von Berlinbezw. von Hoyer Schl. gründlich desinfizirt und diese Wagenauf dem ganzen Weg von besonderen Schaffnern begleitet, die inBerlin stationirt sind und während des Aufenthalts im Ham«burg-Altona die ihnen zugetheilten Wagen nicht verlassen dürfen.— Reisende, welche in Hamburg oder Altona den Kurswagenverlassen, werden nicht wieder in denselben aufgenommen, son-der» müssen in anderen Wagen Platz nehmen.— Von diesenAnordnungen ist dem Berliner Polizeipräsidium Mittheilung ge-macht, um zu erreichen, daß die sanitätspolizeiliche Kontrolle beiAnkunft in Berlin für diese Reisenden gemildert wird."Aus Altona meldet unterni 31. August das„HamburgerEcho":„Nach amtlichem Ausweis sind in der Zeit vom Aus-bruch der Cholera bis vorletzte Nacht um 12 Uhr im Polizei-bezirk Altona 157 Choleraerkrankungen gemeldet worden, wovon64 tödtlich verliefen. Gestern, vom Anfang bis Ende desKalendertages, sind 20 Erkrankungen und 3 Todesfälle an derCholera zur Meldung gekommen. Gegen vorgestern, wo35 Krankheits- und 11 Todesfälle gemeldet wurden, ist eine Ab-nähme der Epidemie zu verzeichne». Trotz dieser Abnahme vonKrankheits- rcsp. Todesfällen ist die größte Vorsicht geboten.Läßt man letztere außer Acht, so können wir sicher sein, daß eineZunahme wieder eintritt.— Das Stadttheater, welches amI. September eröffnet werden sollte, bleibt aus Anlaß der Epi-demie bis zum 16. September geschlossen. Ob dann die Er-öffnung stattfindet, wird davon abhängen, ob die Choleragefahrvorüber ist."Hamburg, 31. August.(„V ossische Zeitun g.")Trotz Gewitterregens in der letzten Nacht ist nur eine geringeAbkühlung eingetreten. Tie Lage ist noch immer ernst. Einebürgerliche Sicherheitskommission unterstützt die Polizei bei derKontrolle der Häuserdesinfizirung, da den Behörden die Kräftemangeln. Im Uebrigen werden die sanitären Einrichtungentäglich bessere.— Die Cholera hat seit der letzten Nacht b e-deutend abgenommen, nachdem sie noch gestern Hundertehingerafft hatte. Die Nachbarstädte setzen Gefängnißstrafe aufdie Einfuhr von Hamburger sArtikcln. Berliner Militärärztewerden heute erwartet. Das Aussehen Hamburgs ist schrecklich,alles ist verödet. Nachts fährt eine ununterbrochene Reihe vonLeichenwagen durch die Straßen.— Nach offizieller Meldungsind von gestern bis heute Mittag 425 Erkrankungen und219 Todesfälle vorgekommen.Altona, 31. August. Nach Meldung aus dem LockstedterLager erfolgte die Jsolirung des 3. Bataillons vom 85. Re-giineut, weil ein Offizier und zwei Gemeine cholerakrank wurden.(„Voss. Ztg.")Lübeck, 31. August. Das Medizinalamt macht durchSäuleuanschlag und im Amtsblatt bekannt, daß heute in hiesigerStadt 2 Fälle von asiatischer Cholera an Personen, die aus Ham-bürg zugereist, festgestellt worden sind. Die Erkrankten seien in dieKrankenhans-Baracken übergeführt und die Häuser, in denen dieCholernfälle festgestellt, polizeilich geschlossen' worden.Posen, 31. August. Die„Posencr Zeitung" meldet: Derin Ruda bei Zduny, Kreis Krotoschin, an der asiatischen Choleraerkrankte, aus Hamburg geflüchtete Arbeiter ist gestern gestorben.Fünf weitere Erkrankiingsfälle in Ruda sind ärztlich festgestellt.Eine ärztliche Kommission aus Krotoschin hat sich nach Ruda be-geben.(„Voss. Ztg.")Seebad'Heringsdorf, 31. August. Die hiesigeSanitätskommission hat die gesundheitspolizeiliche Kontrollesämmtlicher nach Heriugsdors kommenden Reisenden, sowie dieZurückweisung aller aus cholcraverdüchtigen Orten kommendenReisenden angeordnet.B r e m e n, 30. August, Abends. Die widersprechenden Mel-düngen über die hiesigen Cholerafälle sinden in einer Mit-theilung der„Wcser-Zeitung" Ausklärung, nach welcher zwardurch den Direktor der Krankenanstalt durch mikroskopische Unter-suchungen Kommabazillen gefunden waren, indessen andere Acrztenoch das Resultat der Reinkulturen abwarten wollen, ehe siedie Fälle definitiv als asiatische anerkennen. Auf den Zweifelder letzteren beruft sich die Mcdizinalkouimission mit ihrer Mittheilung, daß die asiatische Cholera noch nicht konstatirt sei.Dr. Weiser aus Altona, eventuell Geheimrath Koch sollen dieLeichentheile untersuchen.Bremen, 31. August. Wie„Bösmann's telegraphischesBureau" erfährt, ist die Meldung einiger inländischer Blätter,daß der„Norddeutsche Lloyd" wegen der Choleragesahr in derPassagicrbeförderung eine Beschränkung habe eintreten lassen, un-richtig. Der„Norddeutsche Lloyd" befördert nach wie vor mitsänittitlichen Dampfern sowohl Kajüt- als auch Zwischendeck-Passagiere; ausgeschlosseii sind alle aus Rußland und anderencholeraverdächtigen Gegenden kommenden Personen. Die Dampf-schifffahrtsgesellschast„Neptun" hat ihre regelmäßigen Fahrtenzwischen Hamburg und Kiel wegen der Cholera bis ans Weitereseingestellt.Kiel, 30. August. DaZ königliche Eisenbahn-Betriebsamtmacht bekannt: Das Danipsschiff„Aurora" hat wegen derQuarantäneverhältnisse in Kopenhagen bis auf Weiteres dieregelmäßigen Fabrten zwischen Kiel und Kopenhagen eingestellt.— 31. August. Von dem Aviso„Greis" ist ein choleraverdächtigerMatrose ins Marinelazareth überführt worden. Auf dcni„Greis"ist die Qnarautäneflagge gehißt, und ist derselbe im Außenhasenverankert.Kiel, 31. August. Der Kapitän, der Steuermann und derKoch des von Hamburg kommenden Schiffe»„Eintracht", sowiedie Frau und die Kinder des Kapitäns sind als choleraverdächtig indie Quarantänebaracke gebracht worden. Ein Kind ist auf demTransport gestorben. Auch aus der Stadt werden wieder einzelneeingeschleppte Cholerafälle gemeldet.Stralsund, 30. August. Das kgl. Eisenbahn-Betriebs-Amt macht bekannt:„Seil 30. August 1392 ist infolge Cholerader Personen- nud Güter-Verkehr auf der Strecke Stralsund-Malmö-Kopenhagen bis auf Weiteres unterbrochen. Die Zügefahren bis Stralsund Hasen. Die Reisenden müssen in Neustrelihnmsleigen. Ter durchgehende Personen-Verkehr wird durch G e-l e g e n h e i t von Neustrelitz-Kopenhagen vermittelt und über dieLinie Neustrelitz-Warneniünde geleitet."Krotoschin, 31. August. In Ruda wurde ein Todesfallan asiatischer Cholera anitlich bestätigt.K ö n i g s b e rg i. Pr., 31. August. In einer gestern imRegierungsgebäude unter dem Vorsitze des Oberpräsidenten statt-gehabten Konferenz zur Bcrathung weiterer Maßnahmen gegendie Cholera wurde konstatirt, das infolge der von den Eisenbahn-Verwaltungen getroffenen Anordnungen der ZuznZ von russischenAuswanderern auf ein Minimum herabgeaangen und damit dieGefahr der Einschleppung der Seuche aus Rußland erheblich ver-mindert sei.Beuthen(Oberschlefien), 31. August. In Deutschneukirch,Kreis Leobschütz, ist die asiatische Cholera konstatirt bei einemMaurer, der in Hamburg gearbeitet hatte.Darmstadt. 30. August. Auf Grund des§ 66 Ziffer 2der Städte-Ordnung für das Großherzogthum Hessen verordnetdas hiesige Polizei-Amt, daß Jeder, der eine aus Hamburg oderUmgegend kommende Person in seine Behausung aufnimmt, ver-pflichtet ist, dem zuständigen Polizeirevier sofort und spätestensinnerhalb zwei Stunden nach Eintreffen des Gastes Anzeige zuerstatten. Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnung werdenmit Geldstrafen bis zu 90 M. geahndet.(„Franks. Ztg.")Halle a. S., 31. August. Die Polizeiverwaltung hat derCholcragefahr wegen bis aus Weiteres die Erlaubniß zu öffent-lichen Tanzlustbarkeiten überhaupt, sowie zu der Genehmigungunterworfenen Veranstaltungen am Sedantage versagt.Breslau, 31. August. Die Morgenblätter veröffentlichenden offiziellen Bericht über die am Montag Abend stattgehabteVersammlung des Breslauer Aerztevereins, welche sich höchst un-günstig über die bisherige Thätigkeit der Sanitätskommisston anS-sprach. Die von der letzteren getroffenen Maßnahmen seien theilsvöllig wirkungslos, theils durchaus ungenügend.B r e s l a u, 31. August. Der Regierungspräsident von Oppelnhat die Abhaltung von Ablaßfesten in Annaberg untersagt.München, 30. Zlugust. Ein von Helgoland zugereisterPriester ist unter choleraartigen Symptomen leichterer Art hiererkrankt und befindet sich in der Jsolirbaracke. Der Zustand desKranken hat sich bereits gebessert. Von sonstigen Cholera-Erkrankungen ist München bis jetzt vollständig frei.München. 30. August. General Helvig, der Koni-mandeur der 1. Division, liegt schwer erkrankt an Cholera nostraaim Garnisonslazareth.(„Frks. Ztg.")Würz bürg, 30. August. Die für hier ausgeschriebeneVersammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheits-pflege findet in diesem Jahre nicht statt.Stuttgart, 31. August. Am Montag ist hier ein Cholera-Todesfall vorgekommen.Wien. 30. August. Ein Erlaß des Ministeriums des In-neren ordnet an, daß alle Hunde und Katzen, welche überdie österreichische Grenze kommen, wo dieselbe mit verseuchtenGegenden des Auslandes zusammenhängt, oder welche in den anverseuchtes Ausland unmittelbar angrenzenden Bezirken herum-schweifen, getödtet und verscharrt werden sollen.R e i ch e n b a ch i. SS., 30. August. Die gestern in Tetschen-Bodenbach stattgehabte S a n i t ä t s k o n f e r e n z, welcher derLandes-Sanitätschef Dr. Pelz aus Prag, ein Delegirter desHandelsministeriums, Delcgirte der Postdirektionen in Wien undPrag, die Vertreter der politischen Behörden, Aerzte u. s. w. an-wohnten, beschloß, daß von heute ab das Gepäck aller auslän-dischen Reisenden, gleichviel ob aus Hamburg oder nicht, des-infizirt wird, desgleichen die Reisenden selbst. Die beantragteDesinfektion der Postheutel sowie die absolute Schifffahrtssperrewerden erst von der Statthalterei endgiltig entschieden werden.Der Touristenverkehr in der sächsisch-böhmischen Schweiz hat sehrstark abgenommen. Von Seiten der Reichenberger politischen Be-Hörde wurde als Kontrollstation für die Desinfektion der Reisen-den und deren Gepäckes von Deutschland nach Reichenberg viaZittau die letztere Station vorgeschlagen, ab Zittau nach Reichen-berg die Waggonsperre empfohlen und in Grottau zur strengstenUeberwachung des Grenzverkehrs auf der Zollstraße eine Sanitäts-kommission, sowie für alle Fälle eine Nothlazareth in Eohlandan der Grenze errichtet.Wien. 30. August. Die Bundesleitung deS„RothenKreuzes" errichtet in Wien ein C holer ad epot mit Aus-rüstung zur Erbauung von Barackenspitälern mit zusammen500 Betten.(„Franks. Ztg.")Prag, 30. August. Der mit Uebernahme der reichsdentschenPostsendiiugen betraute Expeditor des Pilscner Postamtes,Starcke, ist nach eintägiger Krankheit angeblich an Choleragestorben. Ärztliche Untersuchung des Leichnams und strengsteJsolirung wurde angeordnet.(Franks. Ztg.)G r a z, 30. August. Der Stadtrath verbot ans sanitärenGründen die Abhaltung des Juristentages.P e st, 30. August. Ter.Minister des Innern hat für dieaus Galizien, der Bukowina und Deutschland kommenden Reisen-den strenge Untersuchung und 5tägige ärztliche Beobachtung ver-fügt, und der Handelsminister für die von russischen Häfen, derOstsee, sowie von der Elbmündung kommenden Schiffe eine7tägigc Beobachtung angeordnet.Kopenhagen, 30. August. Gegenüber den Herkünstenans den deutschen Ostseehäfen, den französischen Häfen amAtlantischen Meer und am Kanal und den belgischen Häfen istheute eine Quarantäne angeordnet worden. Der Eisenbahn-verlehr zwischen Dänemark und dem Auslande erfolgt fortanüber die Stationen Vamdrup und Wedstedt. Die ärztliche Unter-suchiing der vom Auslande ankommenden Personen, welche am26. d."M. für Vamdrup aiUzeordnet wurde, ist nunmehr auchauf die über Wedstedt und aus der Landstraße über Eggebecknach Dänemark reisenden Personen ausgedehnt worden. AusLändern, die von der Cholera infizirt sind, kommende Per-sonen werden nach der Ankunft fünf Tage hindurch ärztlichbeobachtet.P a r i s. 30. August. Der Gesundheitsstand hier scheint sichheute gebessert zu haben, es wurden heute nur gegen 20 untercholeraähnlichen Symptomen erkrankte Personen in die Hospitälereingeliefert, wovon vier starben.Paris, 31. August. Durch ein Dekret der oberstenSanilätsbehörde wird angeordnet, daß alle Reisenden, welche dieNord- und Ostgrenze Frankreichs überschreiten, das Ziel ihrerReise anzugeben und bei der Ankunft an ihrem Bestimmungsorteinen an der Grenze ausgestellten Gesundheitsschein vorzuweisenhaben. Alle Personen, welche über die Nord- und Ostgrenzeherkommende Reisende bei sich ausnehmen, haben hiervon bei derBehörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. Die betreffendenReisenden werden einer fünftägigen ärztlichen Beobachtung unter-worfen. Alle verdächtigen Fälle müssen zur Anzeige gebrachtwerden. Die Einfuhr von Hadern, Lumpen, Bettzeug, Obst undGemüse aus Rußland, Deutschland und Belgien ist verboten.Die obigen Maßnahmen finden auch in den Häfen von Frank-reich und Algier für Reisende und für die bezeichneten Einfuhr-artikel aus Deutschland, Rußland und Belgien Anwendung.Paris, 31. August. Wie„XIX. Siäcle" meldet, sind unterden im Lager von Chälons befindlichen Truppen zahlreiche Er-krankungcn an Diarrhö und Ruhr vorgekommen. Das Journal„Autorito" giebt die Zahl der„choleraähnlichen" Erkrankungen,welche gestern Vormittag in den Hospitälern von Paris behandeltwurden, auf 274, die Zahl der im Laufe des Montags eingetretenenTodesfälle auf 21 an.H a v r e, 31. August. Die transatlantische Dampfer-Gesell-schaft verlegte den Dampferdienst von Havre nach Cherbourg, umdie Quarantäne in New-Aork zu vermeiden. Die Cholera isthier stationär, durchschnittlich sind täglich 50 Erkrankungen und20 Todesfälle.Havre, 31. August. Hier wurden gestern 71 Erkrankungenund 17 Todesfälle an der Cholera gemeldet.St. O u e n, 31. August. Gestern sind hier 3 Choleratodes-fälle gemeldet.S a r c e l l e s. 31. August. 4 Choleratodesfälle sind gesternhier vorgekommen.