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Der Freundschaft der lateinischen Völker sicher, konnte England ihnen ruhig Nordafrika   überlassen. Das Uebereinkoinmen zwischen Frankreich   und Italien   und zwischen England, Frankreich   und Spanien   in bezug auf das Mittelmeer   war eine Besiegelung des gegenseitigen Vertrauens, aber keineswegs die Einfädelung einer Intrige. Die Ausschließung Deutschlands   von Marokko   ist eine Lebens- frage für das britische   Reich. Sollte sich Frankreich   nicht stark genug erweisen, die übernommenen Pflichten zu erfüllen und deshalb Deutschland   in Marokko   Konzessionen machen, so wäre damit die Marokkofrage keineswegs gelöst. Sie wäre nur auf eine andere Macht übertragen. Es besteht für mich kein Zweifel, daß ein eigenmächtiges Vor- gehen Deutschlands   in Marokko   einen Krieg mit England zur Folge haben wird. Man soll sich in sozia- listischen Kreisen darüber nicht täuschen: Besteht Deutschland   auf seinem Verlangen nach der Erwerbung eines marokkanischen Hafens, so ist Krieg unvermeidlich. Da hilft kein Haager Schiedsgericht. Es handelt sich hier nicht um Meinungs- Verschiedenheiten und kleinliche Kolonialaffären, sondern um eine der wichtigsten maritimen Verkehrsstratzen. Was tun? Die vom Sultan   verlangte internationale Konferenz wird wahr- scheinlich zusammentreten. Wird sie die Aufteilung Marokkos   oder die Anerkennung der scherifischen Souveränirät beschließen, so wird die Kriegsgefahr nicht beseitigt sein. Das einzige Mittel wäre d i e Neutralisierung Marokkos   und die Anerkennung gleicher Handelsrechte für alle Nationen." . Soweit unser Korrespondent. Seine Darlegungen bestätigen den Ernst der auswärtigen Lage, sie geben offenbar die in einfluß- reichen, ja maßgebenden englischen Kreisen herrschenden Ansichten durchaus richtig wieder. Es ist notwendig, daß sich daS deutsche   Volk gründlich dieser Angelegenheiten annimmt. In keinem anderen Staate herrscht so viel Unbekümmertheit um die auswärtigen Angelegenheiten als in Deutschland  . Man läßt die Diplomatie schalten und walten; die bürgerliche Presse verzichtet auf jede eigene Urteilsbildung und be- gnügt sich, die offiziösen Informationen, die sie vom auswärtigen Amt erhält, kritiklos breitzutreten. Eine selbständige Meinung bekunden, abgesehen von der Sozial- demokratie, nur die Alldeutschen  , die Weltpolitiker, welche rastlos über neue Aufteilungen der Erdkarte spekulieren. Die Ansichten und Bestrebungen dieser Leute finden daher im Ausland weit.' größere Beachtung, als ihnen zukommt. Zwar darf man sie auch nicht unterschätzen, da nur zu oft schon und allzu sehr die Regierung diesen weltpolitischen Gelüsten sich verschrieben hat und da die weltpolitischen Neigungen des Kaisers bekannt sind. In England aber überschätzt man außerordentlich die Macht dieser Strömung in Deutschland   und macht sich deshalb recht falsche Anschauungen über die offizielle deutsche   Politik. Es ist bei dem Zickzack des deutschen  Kurses gewiß außerordentlich schwer zu sagen, welches dieGrund- gedanken" der deutschen   Politik sind. Wir glauben aber nicht, daß als solcher Grundgedankeder Aufbau eines Kolonialreiches" bezeichnet werden kann. Auch die Erwerbung der Rheinmündung, d. h. die Angliederung Hollands  , der Gewinn atlantischer Häfen und insbesondere eines Hafens in Marokko   spuken wohl in alldeutscher Weltphantastik, es kann aber nicht behauptet werden, daß das offizielle Deätschland dergleichen wilde Pläne ver- folgt. Andererseits hat die deutscheZRegierung allerdings durch ihre forcierten Flottenrüstungen dem Auslande Anlaß zu allerlei Verdacht gegeben. Es ist in diesem Augenblick nicht erforderlich, die völlige Ver- fehltheit einer Weltpolitik, wie sie in England der deutschen   Re- gierung zugeschrieben wird, nachzuweisen. Die gewaltige Mehrheit des deutschen   Volkes ist jedenfalls unendlich entfernt, phantasievollen Kolonialplänen nachzujagen, die nicht zu wirklichem Gewinn für unsere Nation führen können, wohl aber ungeheure Kriegsgefahr heraufbeschwören._ Zur Wahlbewegung in Bayern  . Aus Bayern   wird uns geschrieben: Nicht viel mehr als drei Wochen trennen uns vom Tage der Wahlmännerwahl, mit der sich das Interesse an den Wahlen im wesentlichen erschöpft, wenn auch diesmal die zahl- reichen Kompromisse die Politiker bis zum Tage der Abge- ordnetenwahl in Atem halten werden. Die Wahlbewegung ist in vollem Gange. Wenn auch das Interesse der Wähler zwar größer ist. wie bei den Wahlen vom Jahre 1899, so bleibt es noch immer weit zurück hinter dein bei den Rcichstagswahlen. Das ungerechte, unnatürliche, in mancher Hinsicht unverständliche Wahlrecht läßt eine richtige Freude an der Wahlagitation bei den Massen nicht aufkom- men. Dies gilt mehr oder minder für alle Parteien. Wenn nicht besonders populäre Redner eine Anziehungskraft bilden, so sind die Versammlungen der bürgerlichen Parteien selbst in den großen Städten schlecht besucht. Unsere Agitation hat mit großem Eifer auf dem Lande eingesetzt, wo eine unver- hältnismäßig größere Zahl von Wahlkreisen bearbeitet wird als jemals vorher. Die Versammlungen sind selbst in Gegen- den, wo der Boden für eine sozialdemokratische Landtagswahl- Agitation nicht vorbereitet war, sehr gut besucht. Die großen Fortschritte unserer Organisation in den letzten Jahren zeitigen ihre Früchte. Es ist ganz unmöglich allen Wünschen nach rednerischen Kräften zu entsprechen, weil uns auch die Agitation für die Reichstagsersatzwahl in Fürth  -Erlangcn- Hersbruck   stark in Anspruch nimmt. In den großen Städten München  , Nürnberg  , Augsburg   ist die organisatorische Arbeit längst vollendet, agitatorisch haben wir durch Flugblätter und durch unsere Blätter gewirkt, währeild wir mit Vcrsamm- lungen in voller Kraft erst einzusetzen haben, weil bisher das Interesse der Arbeiterschaft auf die Aussperrung des bayeri- schen Metallindustriellen-Verbandes konzentriert war. Ueber das Wahlergebnis hört man schon mannigfache Ver- mutungen: sie sind unzweifelhaft verfrüht, doch dürften die Liberalen trotz der ihnen auf den Leib zugeschnittenen Wahl- kreiseinteilung manchen Verlust zu gewärtigen haben. Ihre Organisation scheint nicht recht zu klappen und mit ihrer Einigkeit ist es nicht zum besten bestellt. Trotz ihres gemein- samen Programmes, trotz der Beschlüsse, einträchtig zusammen- zugehen, haben sie unter dem Uebcrfluß von Kandidaten zu leiden. Mannigfache Eifersüchtelei und getäuschte Hoffnungen vermindern ihre agitatorische Kraft. Ihre Zugeständnisse an Mittelstandspolitiker und Agrarier werden ihnen manche sonst sichere Stimme kosten. Ihr Bemühen, die Wiederwahl Bar- beck's zu sichern, nötigt sie zu Zugeständnissen an die Konscr- vativen, was die Hofsnungen der im Fürther   Wahlkreise nicht unbeträchtlichen Demokraten zerstört. Während bei uns über die Kandidatenfrage kein Streit und keine öffentliche Er- örterung besteht, sind die liberalen Blätter mit Kandidaten- fragen und Kandidatenschmerzen bis zum Ueberdrusse gefüllt. In der Zentrumspartci wird mit großem Eifer die Wahl Vorbereite: bemerlMMßlt ist- daß diese Partei« die bisher den Adel maichatlos gelassen hat, diesmal eine Anzahl Adelige auf- stellt, inohl um gesellschaftlichen Strömungen am Hofe Rech- nung'zu tragen. Bei der ganzen Zusammensetzung der Zen- trumsfraktion in der bayerischen Abgeordnetenkammer dürften sich aber diese neuen Abgeordneten mit der Rolle der Dcko- ration und gewisser Repräsentation zu begniigen haben. Die Daller, Pichler, Orterer und nicht zuletzt Dr. Heim werden die Führung behalten und an ihrem Einfluß nichts mindern lassen. Das von den Liberalen erzwungene taktische Zusammen- gehen zwischen Zentrum und Sozialdemokratie bei den Wahlen wird von den Liberalen immer wieder, aber immer mit dem gleichen Unrechte, als einBündnis" bezeichnet. Blätter, die sich sonst als gut informiert geben, taten in diesen Tagen so, als ob durch die Wahlabmachung in Augsburg  irgend etwas neues festgestellt wurde, als ob damit etwas zu- gestanden würde, was bisher von uns verhüllt oder verleugnet worden wäre. Wer die Beschüsse kennt, die der letzte Augs- burger Parteitag einstimmig gefaßt hat, weiß, daß wir überall dort unabhängig in die Wahl eintreten werden, wo wir Aus- ficht haben, unsere Kandidaten durchzubringen, daß wir aber jede Gelegenheit benützen werden, um liberale Wahlrechtsräuber zu Fall zu bringen. Die gegenwärtigen Wahlen stehen unter dem Zeichen der Wahlreform, diese durchzusetzen ist sowohl das Zentrum wie die Sozialdemokratie bestrebt. Beide Par- tcien werden auf die Einlösung des Versprechens der Rc- gierung beharren, daß nach Fertigstellung eines Etats und der Wahlreform Neuwahlen auf Grund des verbesserten Wahl- rechtes ausgeschrieben werden. Einer der Vorteile der Wahl- reform soll sein, daß künftig Wahlkompromisse ihre Bedeutung verlieren, daß sie nicht möglich werden. Sozialdemokratie und Zentrum wollen an ihrer prinzipiellen Gegnerschaft nichts geändert haben, sie werden sie auch in der Wahlagitation nicht verhüllen, sie werden beide froh sein, wenn dieses taktische Wahlabkommen ihr letztes sein wird. Diejenigen, die am meisten darüber zetern, die Liberalen, hätten es verhindern können, wenn sie nicht mit allen Mitteln die Wahlreform hintertrieben hätten. *** Nach dem Augsburger Wahlabkommen mit dem Zentrum sollen im Falle des Sieges bei der Urtvahl die zwei Mandate des Kreises einem Sozialdemokraten und einem Ultramontanen übertragen werden. Der Gauvorstand wandte sich in einer öffentlichen Erklärung gegen die Vereinbarung, weil sie beschlußwidrig ohne Zuziehung des Gau- Vorstandes abgeschlossen worden ist. In einer Versammlung des sozialdemokratischen Vereins in Augsburg   wurde daS Abkommen nach einem Vortrage Rollwagens einstimmig gebilligt. Deutsches Reieb. Ein Fürst gegen die Sozialdemokratie! Auf dem Schanmburg-Lippeschen Kriegerverbandsfest in Bücke- bürg hielt der F ü r st v o n S ch a u m b u r g- L i p p e, der Schwager des deutschen   Kaisers, folgende Ansprache: Kameraden! Vier Jahre sind vergangen, seitdem ich die Kriegervcreine des Landes zusammengesehen habe. Wie damals, kann ich auch heute meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß die Zahl der Mitglieder stetig gewachsen, der Geist in den Vereinen ein guter geblieben ist. Ich erwarte aber mit Be- stimmtheit, daß dieser gute Geist sich im öffentlichen Leben mehr und mehr betätige. Gelegenheit wird Euch dazu genügend geboten! Durch straffe Selbstzucht, durch Euer Vorbild, durch Ermahimng und Belehrung könnt Ihr viel und Ersprieß- liches leisten. Auch heute will ich auf die Bestrebungen der Umsturzpartei hinweisen, die darauf hinausgehen, die Grundlagen eines jeden geordneten Staats- und Gemeinwesens zu untergraben. Diese Partei kann nicht kräftig genug bekämpft werden. Es sei Euer Stolz, daß Ihr als alte Soldaten in erster Linie dazu berufen und verpflichtet seid. Laßt ihr ätzendes Gift nicht in Eure Vereine dringen, haltet Eueren Ehrenschild frei von häßlichen Flecken, gedenket Eueres Eides, Gut und Blut zum Wohle des Vater- landes einzusetzen: Treu bis in den Tod für Kaiser und Reich, Fürst und Vaterland! bleibe Euer Wahlspruch. Daß wir so denken, so fühlen, bekräftigen wir durch den Ruf: Der erhabene Schirmherr des deutschen   Vaterlandes, unser oberster Kriegsherr Se. Majestät der deutsche   Kaiser Wilhelm II.   Hurra!"_ Es sei der Sozialdemokratie fern, dem Fürsten   von Schaumburg- Lippe   mit der gleichen Münze heimzuzahlen, die er gegen eine große politische und kulturelle Partei auszugeben beliebt. Nicht weil der Fürst durch ein Sonderrecht gegen nachdrückliche Abwehr seiner Angriffe geschützt ist, sondern weil diese Angriffe der Sozialdemokratie auch nicht einmal die Haut ritzen. Vielmehr be- greift die Sozialdemokratie vollkommen die Anschauungen deS Fürsten  . Wer durch Erbgang sich an die Spitze eines Staates oder StaatchenS gesetzt sieht, ist natürlich geneigt, das Staats- und Gemeinwesen, dem er vorsteht, als eingeordnetes" anzusehen. Er ist ebenso natürlich geneigt, denGeist" der Kriegervereine, den wir anderen als Geist aller Rückständigkeit und Unterwürfigkeit zurückweisen, als guten Geist" zu feiern. Er ist vor allem auch geneigt,ätzendes Gift" in den Bestrebungen derer zu spüren, welche weder vor der Institution des monarchischen Erbganges noch vor den Privilegien der heutigen HeereSordnuug noch vor den Ungerechtigkeiten der heutigen Wirtschaftsordnung den geringsten Respekt in sich tragen. Nur ein Bedenken sollte dem Fürsten   bei seinem heißen Eifern wider die Sozialdemokratie aufstoßen. Bei der Reichstagswahl von 1903 gab es im Fürstentum Schaumburg-Lippe 9Sä6 Wahlberechtigte, von denen 7289 zur Wahlurne gingen. Unter ihnen wählten 2319 Wähler sozialdemokratisch, ihr Kandidat gelangte in die Stich- wähl, in der er 3241 Stimmen erhielt, während der nationalliberale Kandidat 45S2 Stimmen erhielt. Das zeigt, daß trotz desguten Geistes" der Kriegervereine dasätzende Gift" in Schaumburg-Lippe  weit um sich geftessen hat. Und der Fürst von Schaumburg- Lippe  , der doch auch der Vater oder das Väterchen seines Völkchens zu sein beansprucht, stellt sich, wenn er gegen die Sozial- deinokratie eifert, in schroffsten Gegensatz zu beinahe ' ch o n der Hälfte der Bevölkerung seines Ländchens! Wenn es ihm also behagt, wir haben nichts dawider! Die Beratung deS Berggesetzes findet am 28. Juni im Herren- hause statt. DieHamburger Nachrichten" bemühen sich mit folgenden Er- wägungen, die Herren doch noch zur Ablehnung zu veranlassen: Das Herrenhaus wird sich auch der Erwägungen nicht ver- schließen dürfen, daß im Deutschen   Reiche zurzeit überhaupt gar keine andere Politik mehr getrieben wird alS Arbeiterpolitik oder solche, die dem Zentrum gefällt. Daß andere Klassen und Stände ebenfalls ein Recht auf Schutz ihrer Interessen durch die Gesetzgebung haben, ist vollständig vergessen. Bequem ist ja diese Politik: sie vermeidet Kämpfe und Kvifen, denn die zurzeit benachteiligten BevölkerungSklaffeu sind nicht in der Lage, mit Revolution oder Attentaten zu drohen, oder, wie das Zentrum, eine kompakte Mehrheit in die Wagschale zu werfen... Bleibt das Herrenhaus fest, so wird es nicht nur dem eigenen Vaterlande einen großen Dienst erweisen, nicht nur der Regierung eine heil- same Lehre erteilen, sondern auch sein eigenes Ansehen her den besten Kreisen der preußischen Bevölkerung in hohem Maße heben. Das Herrenhaus würde sich nicht nur populär machen, sondern vor allen Dingen als roobsr de bronze etablieren, an dem das soziali- siercnde Narrenschisf unsrcr Zeit zerschellen könnte. Niemand aber kann wissen, wie dringend nötig der führende deutsche Bundesstaat seines Herrenhauses in der Zukunft bedürfen wird, nachdem es leider sicher erscheint, daß die Absichten der maßgebenden Stellen darauf gerichtet sind, schlimmstenfalls gege» Besitz und Bildung zu regieren und sich in Ermangelung der Zu- stimmung dieser auf die begehrlichen Massen zu stützen." Das Berggesetz alssozialisierendes Narrenschiff" ist eine prächtige Entdeckung. Wir sehen noch die Zeit kommen wo die Burgs- und Kirdorfer aus Verzweiflung über ihre Unterdrückung durch die fürstlich Bülowsche Massenpolitik sich auf die Fabrikation von Bomben legen. Die Bcrggcsctzkommission des Herrenhauses beendete am Donnerstag nachmittag ihre Arbeiten mit der Erledigung des Gesetz- entwurfes über die Sperre von Mutungen auf Steinkohle und Steinsalz für die Dauer von längstens zwei Jahren. Sie nahm daran eine Aenderung vor, die das Abgeordnetenhaus, falls das Plenum des Herrenhauses dieser Aenderung zustimmt, zwingen wird. sich nochmals mit der Vorlage zu befassen und damit die Dauer der LandtagStagung noch etwas weiter hinausschiebt. Die Regierungs  - vorläge, der das Abgeordnetenhaus zugestimmt hat, nimmt von der zeitweiligen Sperre alle diejenigen Mutungen aus, die auf Grund von Schürfungen eingelegt werden, welche vor dem 31. März 1995 begonnen worden sind. Auf An- trag des Fürsten Hohenlohe beschloß die Kommission mit zwölf gegen siebe» Stimmen an Stelle dieses Termins den Tag der Verkündigung des Gesetzes" zu setzen eine Er- leichterung für die Mutungsinteressenten. Dagegen lehnte die Kommission den Antrag W a ch l s r, die zeitweilige Sperre auf Steinsalzmutu ngen zu beschränken, mit 11 gegen 8 Stimmen ab. Gleichsalls abgelehnt wurde ein Autrag des Ober- bürgermcisters Marx- Düsseldorf, betreffend das Besteuerung o- recht der Gemeinden. In der Gesamtabstimmung wurde schließlich der durch die Annahme des Antrages Hohenlohe abgeänderte Gesetzentwurf mit 12 gegen 7 Stimmen angenommen. Die Fleischtcuerung, auf die wir seit Monaten hingewiesen haben, nimmt gemeingefährliche Formen an. Die Aufhebung aller Einfuhr- Verbote muß unverzüglich verlangt werden. Der Fleichwucher, den die edelsten Viehverläufer mit Hülfe der Gesetzgebung und der VerwaliungSmaßnahmen treiben dürfen, mutz wenigstens in etwas eingeschränkt werden. Ein Artikel derAllg. Fleischerzeitung" schreibt über die Kalamität u. a.: In Deutschland   sind selbst im Jahre der Fleischnot 1992 die Schlachtvichpreise nicht so hoch gewesen. Die Teuerung ist aus verschiedene Ursachen zurückzuführen. Unsere heimische Schlacht- Viehproduktion hat unter dem Futtermangel gelitten; aber auch in den Nachbarländern Oesterreich   und Dänemark   ist aus dem gleichen Grunde die Vieherzcugung zurückgegangen, und die Einsuhr hat dadurch und infolge der Einfuhrerschwerungen abgenommen. Eine Erleichterung der Einfuhr würde auf die Vieh- und Fleisch- teuerung ganz gewiß mildernd einwirken. Schon durch die Beseitigung der nutzlosen, ja schädlichen und kostspieligen Quarantäne für dänisches Rindvieh würde die Einfuhr bedeutend gefördert werden. Weshalb soll bei dänischem Rindvieh nicht zugelassen werden, was bei österreichischem möglich ist? Bei Schweinen würde die Oeffnnng der russischen Grenze zweifellos einen ganz erheblichen Prcisdruck bewirken. Die Frage der Fleischversorgung mutz um so schwerer genommen werden, als die neuen Zolltarife die Zölle noch ganz erheblich hinaufschrauben." Man kann nach diesen Erscheininigen vorausahnen, was wir erst erleben werden, wenn die Wucherzölle der neuen Handelsverträge in Kraft treten werden. Alle kleinen Errungenschaften, welche die Arbeiter unter unsäglichen Opfern an Lohnverbesserungen durchgesetzt haben, werden durch die Wucherpolitik mit einem Schlage wieder beseitigt, die Lebenslage der Arbeiter wird bedeutend verschlechtert. Wie daS Zentrum die Armen schützt. Die Stadtverordneten- Versammlung in Aachen   hat, so wird uns gesck, rieben, dieser Tage die Eingemeindung der Landbürgermeisterei Forst in die Gemeinde Aachen   genehmigt. In Aachen   bestehen noch die örtlichen Ver- brauchS steuern auf Fleisch, Margarine und Brennmaterialien. Die letztere belastet besonders die Industrie. Die Eingemeindung von Forst wäre wohl schon lange zustande gekommen, wenn nicht das dort maßgebende Hüttenwerk Rote Erde sich hätte die Brennmaterialstcner vom Halse halten wollen, da mit der Eingemeindung als Beigabe die örilichen Verbrauchs- steuern übernommen werden mußten. Aber man fand einen Ausweg: Die Stadtverordneten-Versammlung in Aachen  , in der das Zentrum die Mehrheit hat, genehmigte einen Eingemeindungsvertrag, wo- nach der neue Gemeindeteil alle in Aachen   bestehenden Steuern, Lasten und Verbrauchssteuern mit Ausnahme der Brenn- Materialien st euer übernimmt. Daraus ergibt sich das folgende: Der reiche Aachener Hütten-Akften-Verein Rote Erde, der jährlich drei bis vier Millionen Mark Reingewinn macht, wird von der Brennmaterialicnsteuer freigelassen: der armen Bevölkerung der Landbürgermeisterei Forst aber, die vielfach aus miserabel be- zahlten Arbeitern besteht, wird die Fleisch- und Margarinestcuer auf- geladen. So treibt man im Zentrum praktische Arveiterpoltiik und so schützt man die Armen! Husland. Die ungarischen Wirren. Ueber das Wesen des Ministeriums Fejervary, dessen Stäupung bereits in der ersten Sitzung des Reichstags vollzogen wurde, schrieb unser Korrespondent noch vor Eröffnung des Parlaments: Daß sich Baron Fejervary dem Ersuchen der Krone, die Regie- rung zu übernehmen, nicht zu entziehen vermochte, ist ganz begreif- lich i ist er es doch, der an den nun ins Riesengroße angewachsenen Schwierigkeiten in Ungarn   die Hauptschuld trägt. Fejervary war. als der ewige Honbed-Minister(Nationalminister), der alle Minister­wechsel überdauerte, der spezielle Vertrauensmann des Kaisers, eine Art Aufpasser in Budapest  , der darüber zu wachen und zu berichlen hatte, ob sich die Minister genügenddynastisch" aufführten. Als nun unter Szell   die Obstrullion ausbrach und die bekannte Militär- Vorlage, wodurch das Rekrutenkontingent unbeträchtlich erhöht werden sollte der Ursprung aller der nachfolgenden und gegenwärtigen Wirren in einem durch ein Jahr sich ergießenden Redestrom er- säuft wurde, war eS der Fejervary, der dem alten, für derlei Rat- schlüge allzeit empfänglichen Kaiser den Floh ins Ohr setzte, der verständige und milde Szell sei zu schwach und es müsse der revo- lutionären Obstruklion einestarke Hand" entgegengesetzt werden, als lvelche Hand sich die unglückliche des Grasen Stephan Tisza nachher so herrlich bewährte. Wenn sich nun Fejervary zu der Ueber- nähme bereit erklärte, ein Ministerium zu bilden was in Ungarn   nur die allergrimmigste Verachtung, außerhalb Ungarns   das lauteste Gelächter weckt, so war es nicht allein die soldatische Er- gebenheit, die ihn veranlaßte, einem Wunsche der Krone die Erfüllung nicht zu verweigern, sondern vor allem die Empfindung, durch seine einsichtslosen Raffchläge den alten Kaiser in diese gräßlichen Ver- legenheiten gebracht zu haben. Wie grundlächerlich aber dieses Ministerium ist, geht am beut- lichsten daraus hervor, daß der alte General nicht nur bloß die Rolle des Ministerpräsidenten und des Ministers, der nach der ungarischen Verfassungimmer um die Person Sr. Majestät" sein soll sdes Ministers am königlichen Hoflager), übernimmt. sondern auch Finanzminister wird obwohl er mit Finanzen nur in der Form von Wcchselschulden Bekanntschaft pflegt. Er mußte sich zu der natürlich rem formalen Leitung deshalb verstehen, weil Ende dieses Monats die Verfügung der Krone über die Quote sdas BeitragSverhältuis der beiden Staaten zu den gemein- samen Ausgaben) zu gegenzeichnen ist und diese politische Handlung der Regierung, die wohl ihre einzige sein wird, wegen ihrer verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit niemand anders vertreten mag und verantworten will. ' Faktisch tritt diese Regierung nur ins Amt, um sofort zu demissionieren. Politisch wird ihr Schicksal sofort besiegelt sein. In der Sitzung, in welcher sie sich dem Abgeordnetenhaus« vorstellen wird, wird ihr die Mehrheit des Hauses das schärfste Mißtrauen aussprechen.(Das ist inzwischen eingetroffen.) Es ist ausgeschlossen, daß diese Minister mit dem Parlament regieren- daß sie überhaupt