Nr. 207.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Kapitalismus und Staat.
Vor einigen Tagen zeigten wir an den Klaffenschlachten in Amerika und an dem Carmaux- Attentat der französischen Bourgeoisie, wie der Kapitalismus sich dem Staat gegenüber zu einer Sondermacht entwickelt hat, die über dem Staat steht, den Staat blos als Nachtwächter" anerkennt, und gegen den Staat sich auflehnt, wenn er ihr den Willen nicht thut.
Die Gesetze der modernen Staaten find zwar das Wert der Bourgeoisie und wesentlich der Ausdruck ihrer Klasseninteressen, allein es hat eine Zeit gegeben, wo die Bourgeoisie noch im Wahn lebte und leben konute, ihre Klasseninteressen feien eins mit den Volksinteressen, mit den allgemein menschlichen Interessen; so sind unter den Gesetzen manche, die der Bourgeoisie heute nicht mehr gefallen, und diese fälscht und estamotirt sie entweder heimlich, oder
tritt fie öffentlich mit Füßen.
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Sonntag, den 4. September 1892.
Das Gleiche gilt von allen Gesetzen, die in neuerer Zeit wider den Willen der Bourgeoisie, die doch noch nicht ganz allmächtig ist, auf sozialpolitischem Gebiet, zur Abstellung unerträglich gewordener Mißstände von den Regierungen erlassen werden mußten. Wie unsere deutsche Bourgeoisie die sogenannten Arbeiterschutzgesetze zu umgehen sucht, wie sie dieselben ignorirt, beugt, bricht, das ist jedem unserer Leser bekannt. Und in allen anderen Kulturländern verhält es sich ebenso. Der Kapitalismus betrachtet nur diejenigen Gesetze als bindend, die seinen Interessen entsprechen; die das nicht thun, sind ihm nicht bindend. Die Achtung vor dem Gesetz, welche der Kapitalismus predigt, ist nur für die dummen Arbeiter, nicht aber für den Kapitalismus, der über dem Gesetz steht, wie über dem Staat. Für diesen Gesetzessinn" des Kapitalismus liefern die Bereinigten Staaten jetzt wieder ein klassisches Beispiel. Der Kongreß die Volks- und Staatenvertretung der großen transatlantischen Republik nahm in der vorigen Session ein verbessertes Acht st un dengesetz Während die alte Achtstundenbill den achtstündigen NormalArbeitstag für die Werkstätten und Betriebe der Vereinigten Staaten - Regierung einführte, erweiterte die neue Bill jene Bestimmungen dahin, daß die Regierung der Vereinigten Staaten rechtsgiltige Kontrakte nur mit solchen Lieferanten abschließen darf, welche ihre Waaren entweder selbst bei achtstündiger Arbeitszeit herstellen, oder aus Betrieben mit achtstündiger Arbeitszeit beziehen. Das Gesetz zwingt die Personen, welche vertragsmäßig die Ausführung von Arbeiten für die Regierung übernommen haben, nur solches, Material zu verwenden, welches von Arbeitern hergestellt ist, die nicht mehr als acht Stunden per Tag arbeiten, und verbietet denselben, die von ihnen beschäftigten Arbeiter länger als acht Stunden per Tag arbeiten zu lassen, auch wenn dieselben über diese Zeit hinaus arbeiten wollen, um fich einen Nebenverdienst zu verschaffen. Der Unternehmer,
Feuilleton.
Nadbrud verboten.)
Die Waffen nieder!
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welcher gegen dies Gesetz verstößt, hat entweder 1000 Doll. Strafe zu bezahlen oder muß sechs Monate Gefängniß ab figen, oder er fann, je nach dem Dafürhalten des Gerichtes, zu beiden Strafen verurtheilt werden. Die Tragweite dieser Ausdehnung des Achtstundengesetzes springt in die Augen.
Mit dem ersten August dieses Jahres ist das neue Gesetz in Kraft getreten; und kaum hatten sich die Wirkungen gezeigt, so begann die amerikanische Bourgeoisie, welche der Bill vorher keine oder wenig Aufmerkſamfeit geschenkt zu haben scheint, einen Sturmlauf gegen das neue Gesetz. Unser amerikanisches Bruderorgan, das" Phila delphia Tageblatt" schreibt darüber, unter dem Titel Gefahr für das neue Achtstundengeset:
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Die ganze Preffe, republikanische wie demokratische, läuft Sturm gegen das neue Achtstunden- Geseh. Der hiesige Record" findet plöglich, daß wir zu viel regiert werden". Als ein demokratischer Kongreß eine Steuer auf Oleomargarin legte, nicht um einen finanziellen Ertrag aus derselben zu ge winnen, sondern um paternalisch" die Kuhbutter- Farmer vor den Ochsenbutter- Fabrikanten zu schüßen", war dem„ Record" dies nicht zu viel Regierung". Aber Arbeiter und Bauern find zweierlei! Dieser Ansturm der Kapitalspresse hat den Urheber des Gesetzes, Tarsney von Missouri, offenbar erschreckt, und arbeitet dem Generalanwalt bereits vor an der We ginterpretation seines eigenen Gesetzes. Alles hängt an dem Ausdruck public work"( öffentliches Wert",„ öffentliche Arbeit"). Das Gesetz bestimmt: daß die Dienste und Beschäftigung aller Arbeiter, welche jetzt oder später von der Regierung der Vereinigten Staaten , vom Distrikt Columbia oder von einem Kontraktor oder Unterkontraktor an irgend welchen öffentlichen Werken und Arbeiten der Vereinigten Staaten oder im Diftritt Columbia beschäftigt werden, hiermit auf acht Stunden an irgend einem Kalendertag, dringende Nothwendigfeit ausgenommen, beschränkt ist." An öffentlichen Werken" also- was ist darunter zu verstehen Zarsney erklärt in einem Interview: Viele Leute fürchten, dieses Gesetz werde die Kosten öffentlicher Werke das Gesetz nicht. erhöhen. Der Diese Leute verstehen Wortlaut desselben läßt ersehen, daß es sich nur auf Arbeiter und Handwerker an öffentlichen Werken oder Arbeiten, und nur auf diese, bezieht. Der Ausdruck„ öffentliche Werke oder Arbeiten" wie er in diesem Gesetze gebraucht wird, bedeutet nach meiner Meinung und nach der Ansicht Derjenigen, welche das Gesetz abfaffen halfen, Arbeit unter direkter Jurisdiktion( Rechtsprechung, Gerichtsbarkeit) der Regierung. Man fürchtet, das Gesetz finde Anwendung auf den Bau von Kriegsschiffen. Wie ich verstehe, ist Schiffsbau fein öffentliches Wert. Es ist Privatunternehmen solange, bis die Regierung das Schiff übernimmt. Mr. Cramp und der Vertreter einer Schiffsbauanstalt in San Franzisko waren vor dem Komitee, als über die Bill verhandelt wurde, und waren völlig überzeugt davon, daß sie ihre Geschäfte nicht betreffe. Das Gesetz findet Anwendung, wo Regierungsinspektoren direkte Aufsicht über die Arbeit haben, es fann aber nicht auf Kontrakte über die Lieferung von Material bezogen werden."
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Soweit Tarsney. Seine Darlegung ist, um es milde auszudrücken, fonfus und unlogisch. Er behauptet einmal, das Gesetz beziehe sich nur auf Arbeiten, unter direkter Jurisdiktion"
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Darum mußte der Krieg mit Italien ausbrechen?" Und wenn es meine Bestimmung ist, die Frau eines verhältnißmäßig jungen Generals zu sein-"
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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
der Regierung. Was unter„ direkter Jurisdiktion" verstanden werden soll, das wissen die Götter. Es kann nicht gemeint sein, wo die Regierung direkt Arbeitgeber ift, sonst wäre das Gesetz überflüssig. Außerdem spricht es ausdrücklich von„ Kontraktoren und Unterkontraktoren". Mr. Tarsney sucht, wie es scheint, seine nebelhafte direkte Jurisdiktion" dahin zu interpretiren: wo Regierungsagenten direkte Aufsicht über das Wert haben". Ein öffentliches Werk" ist also ein solches, welches die Regierung entweder direkt betreibt( seitheriges Gesetz) oder welches sie an Kontraktoren vergiebt und durch Agenten beaufsichtigt( jebiges Gesetz). Sehr gut. Aber dann fallen die Schiffs- Bauhöfe unter das Gefeß, obwohl Mssrs. Cramp der Ansicht sind, daß das Gesetz sie nicht betreffe. Denn in Cramp's Schiff- Bauhof, in Carnegie's Panzerplattenwerken, in den Bethlehem - Eisenwerken, sind beaufsichtigende Regierungsbeamte angestellt, so lange dort für sie Arbeit verrichtet wird, und es ist, dem Gesetze gemäß, ihre Pflicht, sich in jedem Stadium des Arbeitsprozesses davon zu überzeugen, daß die kontraktlichen Verpflichtungen erfüllt werden.
Läßt man also die Tarsney'sche Definition über den Begriff„ öffentliche Werke" gelten, dann führt der Kongreßmann aus Missouri sich selbst ad absurdum. Seine Definition ist aber zu enge. Oeffentliche Werke" sind nach unserer Ansicht alle folche Arbeiten für die Regierung und ihre Unterabtheilungen, welche auf Grund öffentlich ausgeschriebener Daß ein Kon" Proposals"( Vorschläge) vergeben werden. traktor sich dabei nicht salviren kann, indem er die Lieferung an einen Unterkontraktor weiter vergiebt, dafür ist durch die Einschaltung des letzteren Wortes im Gesetz gesorgt. Das war auch ganz nothwendig, wenn die Afte nicht zur Farce werden sollte.
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Man nehme zum Beispiel folgenden Fall an: die Regierung vergiebt die Herstellung von Postkarten. Zur Postfarte wird ein Stück Papier blos dadurch, daß ihm der Das der Regierung aufgedruckt wird. Stempel von Aufsicht Regierungs Inspektoren. geschieht unter Die Lieferanten fönnten nun Die Herstellung des Papiers, des Satzes auf der Frontseite, das Zuschneiden des Papieres in Kartenform an Unter- Kontraktoren vergeben, die, weil nicht beaufsichtigt, lange arbeiten lassen könnten. Das Achtstundengesetz hätte nur Bezug auf die geringe Theilarbeit des Druckes des Stempels. Das wäre handgreiflich abUntersurd, steht außerdem dem Wortlaut des Gesetzes Rontraktoren" diametral entgegen. Das Gesetz bezieht sich also flärlichst auf die Herstellung von Artikeln für den Regierungsgebrauch von Anfang bis zu Ende und die Frage Der Supervision"( Beaufsichtigung) durch Agenten hat gar nichts damit zu thun, um so weniger, als dann durch Akte der Verwaltung die Wirksamkeit des Gesetzes beliebig ausgedehnt oder eingeschränkt werden könnte. Eine solche Willfür auf dem Verordnungswege" giebt es aber vorläufig hier noch nicht.
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Das Gesetz ist gut und sein Bater Tarsney sucht es blos aus Angst vor den Kapitalisten schlecht und unfinnig zu machen. Das hat weiter keinen Werth. Wohl aber wird es darauf antommen, daß die Justizbeamten der Regierung nicht vorweg " Opinions "( Meinungen) ausgeben, welche es hinfällig machen. Es würde dann lange Zeit dauern, bis man von den Gerichten andere Opinions" haben könnte. Es scheint uns rathsam, daß die Arbeiter Gehör beim Generalanwalt verlangen. Jetzt, nicht weit von den Wahlen, wird der Herr wahrscheinlich für sie zu sprechen sein.
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Daran dächt' ich nie. Daran soll man nicht denken wenn es auch ein bürgerlicher Gutsbefizer, oder gar Inund es trifft ja doch nur die, denen es bestimmt dustrieller oder so etwas ist. Ich habe die Engländer nur ift.. So war es Deine Bestimmung, Herz, eine junge in der Tauchnitz- Edition gern... Haft Du ,, Jane Eyre" schon ausgelesen? nicht wahr, wunderhübsch? Wenn Wittwe zu werden." Beatrix zu sprechen anfängt, werde ich ihr eine englische Bonne nehmen... Mit der Französin des Xaver bin ich garnicht zufrieden... Neulich bin ich ihr auf der Straße So muß es nächstens zu einem Bölferkonflikt kommen, begegnet, wie sie den Kleinen ausführte, und ein junger damit Griesbach schnell avanciren könne? Du zeichnest der Mann anscheinend ein Kommis ging nebenher, Eine Lebensgeschichte von Bertha von Suttner . Weltordnung einen sehr einfachen Lauf vor. Was in angelegentlichstem Gespräche mit ihr. Plötzlich stand " Ich habe so etwas gehört aber jedenfalls ist das wolltest Du mir mit Bezug auf Lilli erzählen?" ich vor ihnen die Verlegenheit hättest Du sehen de l'histoire ancienne. Heute ist es eine allbekannte Sache, Daß Euer Vetter Konrad für sie schwärmt. Ich ver- sollen! Ueberhaupt, mit den Leuten hat man sein daß die Prinzessin für einen Burgschauspieler schwärmt. muthe, er wird nächstens um sie anhalten." Kreuz!... Da ist meine Jungfer, die hat mir gekündigt, es ist jetzt, wo ich sie gewohnt war Das bezweifle ich. Konrad Althaus ist ein viel zu weil sie heirathet Interesfirst Du Dich etwa für diesen Baron Tilling? Du wirst roth? Da hilft fein verneinendes Kopfschütteln flatterhafter und toller Bursch', um ans Heirathen zu nichts unausstehlicher, als neue Gesichter zum bedienen beichte lieber! Es ist ohnedies unerhört, daß Du so lang denken." Was? Du willst schon fort?" falt und fühllos bleibst... es wäre mir eine wahre Ach, toll und flatterhaft find sie ja alle und heirathen Ja, liebes Herz ich muß noch einige unaufschiebGenugthuung, Dich einmal verliebt zu wissen... Frei- doch, wenn sie sich vernarren Glaubst Du, daß er der bare Besuche machen... adieu." Und ich ließ mich nicht bewegen auch nur noch lich, eine Partie für Dich wäre Tilling nicht da haft Lilli gefällt?" Du glänzendere Bewerber fünf Minuten!" zu bleiben, obwohl die unaufschiebbaren Bes er soll gar nichts haben. Nun, Du bist selber reich genug- aber er ist auch" Er wäre eine sehr gute Partie. Wenn sein Onkel suche erlogen waren. Sonst hatte ich es doch stundenkang zu alt für Dich... Wie alt wäre jetzt der arme Arno?... Drontheim stirbt, so erbt er die Herrschaft Selavet. ausgehalten, solch inhaltloses Geplapper anzuhören und mitzuDas war doch gar zu traurig damals... den Augenblick Apropos Drontheim weißt Du, daß der Ferdi Dront- plappern- aber an diesem Tage widerte es mich an. Eine werde ich nie vergessen, da Du mir meines Bruders Brief heim, derselbe, der sein Vermögen mit der Tänzerin Grilli Sehnsucht ergriff mich:... Ach nur wieder so ein Gespräch vorgelesen. Ja, es ist doch eine schlimme Einrichtung, durchgebracht hat, ficht eine reiche Bankierstochter heirathen wie gestern Abends- ach Tilling- Friedrich Tilling... Die fjetzt der Krieg... für manche für andere ist er eine wunder soll? Nunwunder- soll? empfangen wird sie doch niemand... Wagenräder hatten also doch recht mit ihrem Refrain!... Es war ich war in eine andere schöne Einrichtung; mein Mann wünscht sich nichts sehn- Kommst Du heute Abend zur englischen Botschaft? eine Wandlung mit mir geschehen licher, als daß es bald wieder zu etwas tame; er möchte Wieder nicht? Eigentlich hast Du recht in diesen Gefühlswelt hinausgehoben; diese kleinlichen Intereffen, in sich fich so gern auszeichnen. Ich begreife dies wenn ich ein Gesandtschafts- Raouts fühlt man fich doch nicht so welche meine Freundin so ganz vertieft war: Toiletten, Soldat wäre, würde ich mir auch wünschen, eine Großthat ganz unter sich: es sind so viele fremdartige Leute Bonnen, Heiraths- und Erbschaftsgeschichten aus der Gedon denen man nicht sicher weiß, ob sie sellschaft das war doch gar zu nichtig, zu erbärmmachen zu können, oder doch in der Karriere vorwärts zu dabei, comme il faut find; jeder durchreifende Engländer, der sich lich, zu erstickend Hinaus, hinauf in eine andere Dder verkrüppelt oder todtgeschossen zu werden?" bei seinem Gesandten vorstellen läßt, wird da eingeladen- Lebensluft! Und Tilling war ja frei: die Bringeffin,
tommen
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Ich habe nichts bemerkt."
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