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Nr. 167. 22. Jahrgang.

1. Beilage des ,, Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Neunte Generalversammlung des Verbandes der Lagerhalter und Lagerhalterinnen Deutschlands  .

Jm festlich geschmückten Saale des Etablissements Hamer zu Hamburg   trat am Montag die Generalversammlung zusammen.

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Donnerstag, 20. Juli 1905.

ungeachtet dieser Mängel für die sofortige Verwirklichung der Kasse Eine eventuell zu stellende Kaution darf die Höhe von 500 M. nicht

Sekretär des Verbandes deutscher Konsumvereine, Kaufmann- sofort an ihre Berwaltungen mit dem Antrag auf Beitritt zur Staff Die Freie Vereinigung der Krankenkassen der Proving

Brandenburg

Leben tritt, die Angestellten und Arbeiter in mehr als einer Hinsicht dergleichen gewährt wurden, sind Kompromisse zwischen den Ver­nicht befriedigt, so verkennt der Verbandstag doch nicht die waltungen und den Lagerhaltern auch ferner zulässig. Gründe, welche die Mehrheit des Genossenschaftstages veranlaßte, Die weiteren Bestimmungen regeln die Mantovergütung 2c. einzutreten. übersteigen, muß mündelsicher angelegt und zum landesüblichen Der Verbandstag erwartet, daß die Genossenschaften und ihre Binsfuß verzinst werden.- Die Konsumvereine sind verpflichtet, Angestellten gemeinsam bemüht sein werden, diese Mängel der Kasse ihre Lagerhalter gegen Unfälle zu versichern. Außer acht Vorstandsmitgliedern sind ein Ausschuß- und ein zu beseitigen, noch ehe deren Leistungen in Wirksamkeit treten, Die Entschädigung des Vorstandes wird für die zweijährige Revisionsmitglied und 40 Delegierte erschienen. Als Gäste sind an- und daß besondes die Organisationen der in Genossenschaftsbetrieben Geschäftszeit auf 1000 M. festgefeßt. wesend Umbreit( Generalfommission), v. Elm( Vertreter der tätigen Angestellten und Arbeiter unausgesetzt in diesem Sinne Nachdem der seitherige Verbandsvorsitzende auf eine Wiederwahr Produktion" und der Tabalarbeiter- Genossenschaft in Hamburg  ), tätig sind. verzichtet, wird Reinsdorff Leipzig zu diesem Amt gewählt. Heerm Hamburg  ( Vertreter des Bäckerverbandes) und Schulzki- Im Interesse einer möglichst raschen einheitlichen korporativen Der Siz des Ausschusses bleibt in Berlin  . Berlin  ( Vertreter der Transportarbeiter- Organisation). Aufnahme des gesamten Genossenschaftspersonals erachtet es der Der Verbandsvorsitzende, Pötzsch- Leipzig  , teilt mit, daß der Verbandstag zunächst aber als die Pflicht aller Verbandsmitglieder, Hamburg  , in einem Schreiben seinem Bedauern Ausdruck verleihe, heranzutreten und in Kollegenkreisen eine energische Agitation nach daß er der Einladung zum Erscheinen nicht Folge leisten könne, dieser Richtung hin zu entfalten. Die Mitglieder sind verpflichtet, weil dem Verbande nicht genügend Kräfte zur Verfügung ständen von den in dieser Angelegenheit getroffenen Entscheidungen der Ber­zur Beschickung von Spezialtongressen. Bözsch kritisiert dieses waltungen beziehungsweise der Generalversammlungen der Konsum hielt am Sonntag in den Arminhallen" in Berlin   ihre zweite Schreiben und meint, wenn Kaufmann Zeit habe zur Teilnahme an vereine die Bezirksverwaltung in Kenntnis zu setzen. Die Bezirks- Jahrestonferenz ab. Erschienen waren 56 Delegierte von anderen Kongressen, so müßte er auch Zeit übrig haben zum Er- verwaltungen sowie der Verbandsvorstand haben dieses Vorgehen 84 Orts- Krankenkassen mit 75 194 Mitgliedern, 2 Delegierte von scheinen auf der Generalversammlung eines Verbandes, dessen Mit der Mitglieder rechtzeitig vor Ablauf des Karenzjahres durch geeignete einer Betriebs- Krankenkasse mit 112 Mitgliedern, 3 Delegierte von glieder ausschließlich in Genossenschaftsbetrieben beschäftigt seien. Schritte zu unterstützen." 3 Hülfstassen mit 1005 Mitgliedern, 1 Delegierter von 2 Jnnungs­Den Geschäftsbericht, der gedruckt vorliegt, erläutert der Verbands- Die Statutenberatung endete mit der Annahme einer faffen mit 192 Mitgliedern, zusammen 62 Delegierte von 40 Kaffen borfizende. Die Mitgliederzahl ist im vergangenen Jahre von 1118 auf Anzahl Anträge, von denen folgende hervorgehoben seien: Der Bei- mit 76 503 Mitgliedern. Außerdem war die Zentralfommission zu 1346 gestiegen und beträgt jetzt 1500. In vielen Vereinen, namentlich trag pro Monat bleibt auf 1,25 m. bestehen. Die Gemaßregelten Forst vertreten. 87 Gäste wohnten den Verhandlungen bei. in Schlesien  , besteht noch das Prozent- und Tantiemenwesen, während Unterstüßung beträgt wöchentlich 15 M. und kann bis zur Dauer Simanowski gab den Geschäftsbericht. Die Vereinigung in Süddeutschland   viele Frauen beschäftigt sind, die sich zum großen Teil von 13 Wochen gewährt werden. Außerdem wird Umzugs- Unter- wurde im November 1904 gegründet. Es gehören ihr offiziell 16 ablehnend gegen die Organisation verhalten. Das Verbandsorgan stügung gewährt bis zum Höchstbetrage von 50 M. Der Preß- Stassen mit 38 700 Mitgliedern an. Vereinnahmt wurden 495,35 M., erscheint jest monatlich zweimal und es wird ein häufigeres Er fommission dürfen nicht Mitglieder des Vorstandes angehören. berausgabt dagegen 1357,50 M. Bezeichnend dafür, welche Auf­scheinen des Blattes gewünscht. Die politische Stellung und die Das Verbandsorgan," Die Monatsblätter". erscheint monatlich faffung behördliche Kreise von der Selbstverwaltung der Kranken­Tätigkeit für unseren Verband eines in einem von Hirsch- Dunckerschen zweimal, doch kann im Bedarfsfalle das Blatt öfter herausgegeben fassen haben, sei die Tatsache, daß die obere Verwaltungsbehörde, Verwaltungsmitgliedern geleiteten Vereins beschäftigten Kollegen werden. kurz nachdem die Einladung zu dieser Konferenz ergangen war, wurde auch diesem zum Verhängnis. Er wurde feiner Stellung folgenden Erlaß des Regierungspräsidenten zu Potsdam   den Kassen­enthoben, also gemaßregelt." Dieser sowie ein anderer Gemaß­vorständen zu erneuter Beachtung dringlichst empfahl: regelter find vom Verbande unterstützt worden. Den um eine beffere Lebenslage kämpfenden Porzellanarbeitern, Fleischern, Ver­goldern und Steinfegern sind aus der Verbandskasse Unterstützungen überwiesen worden.

Ueber die

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Die nächste Generalversammlung findet in Leipzig   statt. Die obligatorische Erhebung eines Extrabeitrages wird mit dem Hinweis bekämpft, daß es noch Vereine gebe, wo der Lagerhalter mit Weib und Kind bei sechzehnstündiger Arbeitszeit wöchentlich 15 m. verdiene. Der Antrag jou den Bezirken zur tunlichsten Be­rücksichtigung überwiesen werden. Mit der Haltung des Vorstandes und des Fachorgans ist man Die Abänderungen zum Statut sollen sofort in Kraft treten. im allgemeinen einverstanden, dagegen wird Klage erhoben gegen die Leitung des Handlungsgehülfen- Verbandes, die beim Werben von neuen Mitgliedern oft die gesteckten Grenzlinien überschreite. Revision unserer Mindestforderungen" Außerdem wird scharf gegen die von Kaufmann redigierte Konsum- referiert Friedrichs Leipzig, der den Entwurf der Kommission genossenschaftliche Rundschau" polemisiert, mit deren Ton gegenüber zur Annahme empfiehlt. Nach längerer Debatte gelangt der Entwurf den Bestrebungen des Lagerhalterverbandes man sich nicht befreunden in nachstehender Fassung zur Annahme: tann. Ein Delegierter wünscht eine prinzipielle Entscheidung darüber, ob bei Streitigkeiten mit den Verwaltungen die Kaufmannsgerichte oder die Schiedsgerichte, wie sie auf Grund des auf dem Genossen­schaftstage in Hamburg   gefaßten Beschlusses über ganz Deutschland  ausgedehnt worden sind, in Anspruch genommen werden sollen.

Empfohlen wird, bei Anlage des Verbandsvermögens äußerste Vorsicht zu gebrauchen, damit nicht, wie beim Zusammenbruch des Connewiger Konsumvereins, der Verband geschädigt werde. Aus dem Kassenbericht ist ersichtlich, daß die Bilanz für 1903 mit 22 509 M., die für 1904 mit 31 096 M. abschließt. Zinstragend an­gelegt find in 1903 13 111 m.

Ueber die Unterstüßungstasse des 8entral­berbandes deutscher Konsumvereine referiert Henker­Dresden, welcher die Vorgeschichte der mit dem 1. Januar 1906 ins Leben tretenden Kasse schildert und seiner Verwunderung Ausdruck verleiht, daß die maßgebenden Personen die Angestellten nicht zu den Vorarbeiten herangezogen hätten. Das Statut enthalte viele Punkte, welche nicht den Intentionen der Angestellten entsprächen. Redner vertrat sodann die in einer Resolution niedergelegten An­fichten.

In der Debatte über diesen Punkt warnt als erster Redner v. Elm vor dem Mißtrauen, welchem der Referent anfangs seiner Ausführungen Ausdruck gab. Es handle fich um ein Wert von großer Tragweite für die Angestellten. Wenn es vielleicht auch nicht allen Wünschen Rechnung trägt, so müsse später das Wert aus­gestaltet werden, wozu Gelegenheit auf den Generalversammlungen geboten werde. Um die Einrichtung nicht zu gefährden, bitte er, die weitergehenden Wünsche zurückzustellen. Nach kurzer Diskussion wird nachstehende Resolution angenommen:

" Der neunte Verbandstag der Lagerhalter Deutschlands   begrüßt den Beschluß des Stuttgarter Genossenschaftstages, eine Unter­stügungstaffe für alle Angestellten und Arbeiter der Genossenschaften ins Leben zu rufen, als die Erfüllung einer sozialen Pflicht. Wenn gleich der Entwurf, auf dessen Grundlage die Kasse zunächst ins

Die russische Inquisition.

"

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A. Geschäftszeit, freie Zeit und Umsag.

1. Einführung des Achtuhr- Ladenschlusses.

2. Geschäftsschluß an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen. 3. Eine wöchentliche Geschäftszeit von höchstens 60 Stunden. 4. Gewährung einer zweistündigen Mittagspause, während welcher die Geschäfte zu schließen sind.

5. Gewährung einer Ausgehezeit von mindestens zwei halben oder einem ganzen Tage monatlich und nicht unter einer Woche Urlaub jährlich, was fontraktlich festzulegen ist.

6. Die Höhe des Umfazes darf in Kolonialwarengeschäften, die ihre Waren vom Zentrallager erhalten, 2250 M. monatlich pro Arbeitskraft( Lagerhalter, Verkäuferin, Kassiererin, Arbeits­mädchen, Arbeitsfrau oder Markthelfer) nicht überschreiten. In Warenhäusern und in den Filialen der Vereine, die kein Zentrallager befizen, darf die Höhe des Umsages 2000 m. nicht überschreiten. Etwaiger Umsatz im Martengeschäft ist dabei nicht mitzurechnen.

B. Gehalt und Wohnung.

Die Zentralfommission der Krantentassen Berlins   und Ums gegend ist zu einer Freien Vereinigung der Krankenkassen Berlins  und der Provinz Brandenburg   erweitert, deren Verwaltung von der bisher an der Spize der alten Organisation stehenden Zentral­tommission und neun bon Krantentassen außerhalb Berlins   zu wählenden Mitgliedern geführt wird. Es steht zu erwarten, daß die Freie Vereinigung ihr Bestreben dahin richten wird, möglichst biele Krankenkassen an sich heranzuziehen.

Ich mache darauf aufmerksam, daß es sich hierbei nicht um einen Verband im Sinne des§ 46 des Krankenversicherungs­Gesetzes handelt und daß daher die Leistung von Beiträgen seitens der Krankenkassen an die Freie Vereinigung oder überhaupt die Berausgabung von Kassengeldern im Interesse der Vereinigung mit dem Gesetz im Widerspruch stehen würde.

Den Gemeindevorstand ersuche ich als Aufsichtsbehörde, mit Sorgfalt darüber zu wachen, daß im Falle eines Anschlusses an die Vereinigung den seiner Aufsicht unterstellten Krankenkassen jedenfalls daraus keine Unkosten erwachsen. Die Rechnungs­abschlüsse und besonders der Posten Verwaltungskosten" sind des. halb einer sorgfältigen Prüfung zu unterwerfen.

gez. b. d. Schulenburg. Natürlich wurde der Erlaß des Herrn Regierungspräsidenten von den Kaffenvorständen mit gebührender Hochachtung gewürdigt. Nach lebhafter Diskussion, in der vor allem die Notwendigkeit des Zusammenschlusses anerkannt wurde, um den Organisationen der Aerzte und Apotheken gewachsen zu sein, erklärte sich die Konferenz mit der Tätigkeit der Verwaltung einverstanden. Hierauf referierte Apotheker Staller über die neue Reichs- Arzneitage.

Die Entlohnung geschieht nach festen Gehaltssäßen, die von den Die Kaffen als die Hauptkonsumenten der Apotheker hätten Bezirken nach den örtlichen Bedürfnissen unter Zustimmung des ein dringendes Interesse daran, die Arzneiversorgung möglichst billig Vorstandes festzusehen sind. Die Steigerung des Gehalts muß zu gestalten. Sie müßten deshalb auch ihr Augenmerk auf die neue mindestens 60 M. pro Jahr betragen. Reichs- Arzneitare richten, durch die zwar für das ganze Reich an Außer diesem festen Gehalt ist eine Wohnungsentschädigung Stelle der einzelstaatlichen Tagen eine gewisse Einheitlichkeit tritt, nach den örtlichen Verhältnissen zu zahlen. Der Verband fordert, doch sei diese nur um den Preis einer weiteren Verteuerung er daß die Arbeitskraft der Frau des Lagerhalters vom Verein nicht in fauft. Der Referent schildert dann an verschiedenen Beispielen die Anspruch genommen wird. Dort, wo es trotzdem zeitweise unum- Wirkungen der neuen Arzneitare. Nach einer für Berlin   vor gänglich notwendig ist, ist eine Entschädigung für die geleistete Arbeit genommenen Umtagierung erhöhen sich die Ausgaben für Arznei in Höhe des Gehaltes der ersten Verkäuferin, oder, wo teine Ver- um 7 bis 9 Proz. Des weiteren weist dann Redner an dem Beis fäuferin angestellt ist, in Höhe der Hälfte des jeweiligen Einkommens spiel des Berliner   Apotheken- Boykotts nach, daß die Kaffen sich nur des Lagerhalters zu gewähren. Außerdem ist der Verein verpflichtet, durch eine straffe Organisation vor Schaden bewahren können. die Frau zur Kranten  -, Invaliden- und Unfallversicherung anzumelden. Ferner empfiehlt er den Kaffen dringend, eine ständige Revision der Bei bis jetzt üblich gewesenen Extraentschädigungen, wie solche in Rezepte einzuführen. Die Kosten dafür würden bei weitem durch einzelnen Vereinen bei guten Inventur- bezw. Jahresabschlüssen oder die erzielten Vorteile aufgewogen.

religiöse, gläubige Menschen: sie wollen beten, da es schon längst Jeden Abend kommen die reichen und wohlhabenden Leute im ein unentbehrliches Bedürfnis für sie geworden ist; aber es ist Theater zusammen; da beschließt Rachow, ohne viel zu überlegen, schwer, zu beten, wenn man jeden Augenblick das argwöhnische Auge ins Theater zu gehen. Er nimmt im Parterre Platz. Das Theater des wachthabenden Soldaten auf sich gerichtet fühlt. Der Gefangene war wirklich voll, fast alle Plätze waren besetzt. Schon während deckt, so gut es geht, die Deffnung an der Tür zu, bereitet sich zum der ersten Pause, sobald der Borhang fiel und das Publikum Gebet vor und überläßt sich ganz dem religiösen Gefühle, das über bereit war, sich von seinen Plägen zu erheben, wandte sich Rachow ihn gekommen ist da ertönt aber in diesem Augenblicke ein zu ihm mit einer glühenden Rede, in der er die Not und das Elend starkes Klopfen an der Tür und eine robe Stimme fordert mit der Vorstadt schilderte, und forderte die Gesellschaft zur unverzüg brutalen Schimpfwörtern, daß die Deffnung unverzüglich freigemacht lichen Hülfe auf. Rachow wird verhaftet. wird. Keine Bitten des Arrestanten helfen in solchen Fällen. Ich Bald darauf zieht er wieder nach dem Süden und wird ein fann nicht wissen, ob Du betest, oder ob Du die Wand untergräbst," Jahr später auf dem Etappenwege aus Kiew   nach seiner Heimat­sagen die Soldaten zu ihrer Rechtfertigung.( 62). stadt befördert. Als Nachow wieder nach Archangelst tam, ging er ganz in der Liebestätigkeit für die Nächsten im Geiste des reinen Christentums auf. Seine Devise war: Alles für die anderen, nichts für sich selbst." Er knüpft enge Beziehungen zu den armen Leuten, die in der Vorstadt leben, an und studiert aufmerksam und

Vor einiger Zeit erschien ein Buch, das den Titel Die In­quisition der russisch- orthodoxen Kirche" und den Untertitel Die Selostergefängnisse" trägt.") Der Titel mutet ganz entschieden sensationell an, wie heutzutage bei vielen Büchern, die einen gar mageren Inhalt haben. Und dennoch kann man nur selten in dieser Hinsicht eine so angenehme Enttäuschung erleben. Der gesamte In­halt des Buches deckt sich nicht nur mit dem Titel, sondern besteht buchstäblich aus aus wirklichen unbestrittenen und unbestreitbaren Inquisitionsgeschichten. Auch die Person des Verfassers ist für fenfationelle Erfindungen ganz und gar nicht geeignet. Cher alles In den Kasematten schmachten die religiösen Verbrecher und andere: ein Annalenverzeichner, ein Archivar, ein Grabwächter. Kezzer, die die herrschende Lehre der Kirche bekämpfen. Was will Schon die Schreibweise. Er schreibt, als wälze er massive angeblich die Lehre der Kirche? Liebe den Nächsten wie dich selbst ungeheure Steinplatten herunter, um verschollene Leichen aufzufinden. ist ihr Gebot. Man glaubt mitunter dieselben Tatsachen in unendlicher Wieder- Und die Kezer?... Hier ein Beispiel, das typisch ist: eingehend die Bedürfnisse dieser Menschen. Tagtäglich, vom frühen holung zu lesen. Sie sind einförmig. Die Namen und die Einzel- Im August 1902 wurde aus dem Susdalschen Klostergefängnisse Morgen bis zur späten Nacht, besucht er die Nachtasyle und ver heiten entschwinden und es bleibt nur derselbe Eindruck zurück, der Waffilij Affipowitsch Rachow, aus Archangelst gebürtig, entlassen, schiedene Herbergen, in denen Armut, Laster und Verbrechen peinliche, tribe, der dem Zahnschmerz nicht unähnlich ist. Erst nachdem nachdem er volle acht Jahre in der Einzelhaft in den Kloster- nisten, lehrt die Menschen das Gute, verteilt Bücher, hilft wo und man im Geiste das Gesamte überschlägt, wird man gewahr, daß fasematten gefeffen hatte. Vor zehn Jahren war Rachow, 22 Jahre wie er nur kann, versöhnt die Streitenden mit einander. Im Anfang man in einem ganz für sich abgeschlossenen düsteren Reiche weilte, alt, in einem Handelsgeschäft einer reichen deutschen   Firma in des Winter 1893 mietete Rachow in den zwei entlegensten Stadt­das seine Jahrhunderte währende Traditionen hat, daß die ein- Archangelst angestellt. Als Sohn wohlhabender Eltern und von vierteln, die von den ärmsten Leuten bevölkert waren, zwei Wohnungen, förmigen Tatsachen nur darum einförmig sind, weil sie das gleiche feinen Prinzipalen sehr geschäzt, war er an der Schwelle einer wo er täglich etwa hundert und mehr Menschen speiste. Diese Schicksal von tausend und abertausend Menschen schildern. In diesem glänzenden Laufbahn, als er plötzlich zum Entsetzen der Eltern und Tischgesellschaften begannen und schloffen in der Regel mit dem Reiche herrscht die Inquisition im buchstäblichsten, nicht im figürlichen zur nicht geringen Verwunderung der Bekannten die Stellung und Borlesen aus dem Evangelium und den Heiligengeschichten, die er Sinne. Man baut in diesem Reiche: ungeheure Klostermauern, inner- die Gesellschaft, in der er verkehrte, aufgab und verschwand. Einige erläuterte, und mit einem Gebet. Auch sonst tamen viele in halb deren Gefängnisse sich befinden, die aus einzelnen Bellen bestehen. Beit darauf finden wir ihn schon in einem kleinen Dorfe. Von Rachows Speisehallen aus Neugier, um zu hören, wie er spricht Wenn der Gefangene in die Zelle kommt, so wird davor eine Wache von Hütte zu Hütte wandernd, erteilt er dort den Bauernkindern Unters und vorliest. Da er aber keine Erlaubnis hatte, diese Speisehallen zwei Soldaten mit geladenem Gewehr aufgestellt. Die Belle ist richt im Lesen und Schreiben und in der Religion, den Erwachsenen zu eröffnen, so wurden sie geschlossen. Dann begann er von Haus unter Schloß und Riegel und mit einem Siegel versehen. Die Belle hilft er mit Rat und Tat und liest ihnen an den Abenden und zu Haus, von Hütte zu Hütte zu wandern. Und es gelang ihm darf nur ein kleines Fenster befißen, durch das Nahrung verabreicht Feiertagen aus Büchern religiös- ethischen Inhalts vor. Bu gleicher überall zur rechten Zeit zu erscheinen, als unverzügliche Hülfe und wird. Niemand darf die gelle betreten. Wenn der Gefangene trant Beit belämpft er eifrig die Trunksucht, Roheit und die anderen Fehler Trost erforderlich waren. wird und dem Tode nahe ist, so ist ihm nach der Beichte das heilige der Bauern, weckt mit Erfolg ihr Gewissen, so daß die Bauern Jm Winter verließ er, während es noch dunkel war, den Hof Eatrament zu spenden. Nur zu diesem Zwecke darf die Belle ge- förmlich aufleben. Nachow erscheint als willkommener Gast in jeder mit einem mit Mehl, Brot, Holz ustv. beladenen Schlitten. Er öffnet und das Siegel gebrochen werden; darauf aber ist die Tür Hütte; er ist Lehrer, Friedensstifter und Helfer zugleich. Die machte vor bestimmten Hütten Halt, ließ an deren Schwelle Mehl wieder zu schließen, mit dem Siegel zu versehen und streng zu be- Bauern geben das Trinken auf; die Bauernweiber, die von den oder Holz zurück und entfernte sich dann, ohne daß ihn jemand ge betrunkenen Männern so viel zu leiden hatten, preifen die fehen hatte. wachen.( S. 26). Man figt in diesen Zellen 10, 15, 20, 30, 40, 50 Jahre Vorsehung dafür, daß sie ihnen einen Menschen gesandt Rachow hatte auf die armen Leute und die Arbeiter der Stadt ( G. 42, 46); man fist ohne Angabe der Strafzeit, bis zum Tode, hat, durch den sie das Licht erblickten. Mehr als zwei einen wohltuenden moralisierenden Einfluß. Und dieser seltene bis man die Irrlehre und Kegerei bereut und Abbitte tut". Jahre vergehen, bis er wieder er wieder in seiner Heimat erscheint. Altruist, der sein ganzes Leben dem Jdeale des Evangeliums gemäß Man" berläßt die Belle, wenn man im höchsten Grade wahn- Man erfuhr, daß er inzwischen den ganzen russischen Süden aufzubauen suchte, wurde auf Veranlassung ber geistlichen Behörden finnig geworden ist", wenn alle Verwandten und Bekannten schon durchwanderte und in Palästina war. Endlich kommt er nach in die Klosterverbannung geschickt und acht lange Jahre in der tot, wenn alle Beziehungen zu der äußeren Welt verschollen find, Odessa  , dem Schauplage der letzten märchenhaftesten aller revolosterkasematte als Kezer gehalten. Die Verbannung des einzigen wenn der Gefangene flehentlich bittet, ihn in der Zelle, in der seine lutionären Eruptionen. Hier läßt er fich, wie er es gewohnt, in Sohnes, auf den die Familie alle ihre Hoffnungen gefeßt hatte, war Jugend, sein Leben, sein Verstand eingefargt wurden, das Ende einer Vorstadt nieder und kommit mit deren Bevölkerung, die aus ein harter Schlag für den alten Vater und die Mutter. Die lettere feiner Tage abwarten zu lassen. Arbeitern, Bettlern und Barfüßlern bestand, in Berührung. Er ist hielt es nicht aus: sie wurde krant und starb drei Monate darauf Man bewacht die Belle, damit die Gefangenen nicht toben und entsetzt über die fürchterliche Not, in der alle diese Menschen leben. aus Kummer". Nach dem Tode der Frau blieb der alte Mann Bitter, wenn auch ihrer Jrrlehre nicht huldigen. Die meisten Gefangenen find tief- Er beschließt, das zur Kenntnis der reichen Gesellschaft in Odessa   ganz und gar vereinsamt. ohne jede zu bringen, um ihre Teilnahme zu wecken und sie zur Hülfe zu Erbitterung flagte über ben schweren Schlag des *) Brugatin. Friedrich Gotheiners Verlag. veranlassen. Schicksals, der ihn getroffen hatte. Der unglüdliche

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