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UcVer den Kameruner Zwischenfall Dringt dieNordd. Mg. Ztg." folgende amtliche Erklärung: Nach einer jetzt eingegangenen ersten amtlichen Mel- d u n g aus Kamerun über den Vorfall an der deutsch - französischen Grenze im Südosten des Schutzgebietes ist die deutsche Faktorei in Missum-Missum von Senegalesen widerrechtlich aufgehoben und beraubt worden. Der Chef des Grenzdistriktes, Hauptmann Scheunemann, der sich zurzeit in dem südlichen Teile seines Bezirkes aufhält, wurde bei dem Einmarsch in Missum-Missum beschossen. Bei der Ab- wehr wurden von seinen Leuten fünf Angreifer getötet und vier zu Gefangenen gemacht. Der Gouverneur von Kamerun hat nach Eintreffen der Nach- richt den Kommandeur der kaiserlichen Schutztruppe, Oberst Müller, zur Einlegung eines Protestes und zur Regelung der An- gelegenheit nach Gabun , dem Sitze des französischen Gouverneurs, entsandt. Gleichzeitig hat er sich mit dem Generalgouverneur des Congo franeais in Brazzaville in Verbindung gesetzt. Dieser schlug die baldige Entsendung einer Grenzkommission an Ort und Stelle bor. Der Gouverneur von Kamerun hat sich mit diesem Borschlage einverstanden erklärt, um weiteren Grenzstreitigkeiten vorzubeugen." Die französische offiziöse Darstellung stellte den Vorgang be- kanntlich ganz anders dar. Man wird also das Ergebnis der weiteren Untersuchung abwarten müssen. Ueber das gewalttätige Vorgehen der Händler in Kamerun schreibt dieKöln . Ztg.": Es sind in der letzten Zeit allerlei Gerüchte über örtliche Unruhen im Jem-Gebiet nach Deutschland gedrungen. Auch ging durch die Zeitungen der Brief des jungen Kaufmanns, eines An- gestellten der Firnia Wörmann, der auf seiner Faktorei im Jem- Gebiet von den Eingeborenen gefangen genommen, dann aber später nach schweren Mitzhandlungen von Eingeborenen zu einer Militärstation zurückgebracht wurde. Derartige beunruhigende Nachrichten über Angriffe der Eingeborenen gegen europäische oder auch farbige Händler pflegen meist ans dem Süden des Schutzgebietes zu kommen, und wir möchten annehmen, daß die solchen Nachrichten zugrunde liegenden tatsächlichen Vorgänge zurückzuführen sind auf den scharfen Wettbewerb, den sich im Süden die Kaufleute der Batanga-Küste untereinander oder gegen die Gesellschaft Südkamerun machen. Es handelt sich immer um Versuche, möglichst viel Kautschuk aus dem Lande herauszuholen, und um die Sucht, bei dem Vor- dringen in kautschukreiche, an sich noch gar nicht oder u n- genügend befriedete Gebiete sich gegenseitig den Rang abzulaufen. In diesem Kampfe aber lassen sich erfahrungsgemätz europäische und schwarze Händler grosie Uebergriffe gegen die Eingeborenen zuschulden kommen und, wenn die Verwaltung beim Ausbrechen von Unruhen unter den Eingeborenen und Angriffen auf Händler, Karawanen und Faktoreien, der Sache auf den Grund geht, ge- winnt sie sehr oft die Ueberzeugung, daß das Vorgehen der Eingeborenen als Vergeltung gegen die von der anderen Seite geschehenen Uebergriffe auf- zufassen ist. Auch in dem Falle des jungen Wörmannschen Faktoristen scheint die Sache deshalb so zu liegen, weil.die Eingeborenen diesen Neuling, der wohl kaum an Uebergriffen gegen sie beteiligt war, nicht ermordeten, sondern zu einer Station zurückbrachten. Ein besonderer Uebelstand bei dem Kautschukhandel in den weniger erforschten Gegenden Kameruns ist, daß die Händlerkarawanen nicht außerhalb, sondern innerhalb der Dörfer nächtigen. Die Eingeborenen werden dadurch in ihren Hütten gestört, und Uebergriffe gegen das Eigen- tum der Neger und gegen ihre Weiber sind gar nicht zu vermeide», weil der führende Europäer, auch wenn er Ausschreitungen der- hindern wollte, über seine in den Hütten umherliegenden Leute keine genügende Aufsicht führen kann. In Deutsch-Ostafrika hat man schon seit Jahren diesem Uebelstand durch scharfe Ver- ordnung über den Karawanenverkehr und durch Errichtung von Karawanenrasthäusern außerhalb der Dörfer abgeholfen. Auch der Vertreter der Verwaltung am Ngoko in Kamerun hat vor einiger Zeit beim Gouvernement beantragt, daß das Nächtigen in Dörfern verboten werden möchte." Hier wird also zugegeben, daß die bisherigen Unruhen in Kamerun durch die Gewalttätig ketten und Räubereien der Händler selbst provoziert worden find! Kommt es auch hier zu einem größeren Aufstand, so werden die deutschen Steuerzahler für die Unverschämtheit der Kolonialfreibeuter un« gezählte Millionen blechen müssen I Welch ein Segen der Kolonial- Politik I Hueland. DaS norwegische Volk soll gchärt werden, das ist insofern entschieden, als das Storthing am Freitag einstimmig mit den im Spezialkomitee beschlossenen Aenderungen den RegierungS- Vorschlag angenommen hat, wonach am 13. August von mittags 1 Uhr ab jeder Wahlberechtigte in ganz Norwegen seine Stimme darüber abgeben soll, ob er mit der stattgefundenen Auflösung der Union einverstanden ist oder nicht. Daß das Volk aber auch über die zukünftige Staatsform gehört werde, das ist leider noch immer eine Forderung, über die nicht e»t- schieden ist. Egede Nissen machte in der geheimen Storthings- sitzung, die die Volksabstimmung beschlossen hat, den Vorschlag, daß das Volk zugleich über die zweite Frage: Wünschen Sie, daß Norwegens zukünftige Staatsverfassung eine demokratische Republik sein soll", abstimme. Unser Parteigenosse E r i k s e n erklärte hierzu:Als Mitglied des SpezialkomiteeS habe ich die von Egede Nissen berührte Frage an- geregt. Ich habe inzwischen gefunden, daß es augenblicklich nicht das Richtigste wäre, darauf einzugehen. Aber ich bin in dem Grundgedanken mit Nissens Antrag einverstanden, daß wenn eine bindende Entscheidung über die zukünftige Staatsform des Reiches getroffen wird, dem Volke Gelegenheit gegeben werden soll, seine Meinung kundzugeben. Und ich meine, daß ich durch mein Verhalten im Komitee mir das Recht ge- sichert habe> solche Anträge zu stellen, wenn der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Diese meine Begründung dafür, daß ich gegen Nissens Antrag stimme, wird auch von den übrigen Mitgliedern der sozialdemokratischen StorthingSgruppe anerkannt." Egede Nissens Vorschlag wurde dann mit allen gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt. Im Spezialkomitee hatte E r i k s e n erklärt, daß er bei der außergewöhnlichen politischen Stellung, in die das Land durch die Ereignisse der letzten Zeit gekommen ist, eine Neutvahl des Storthings für notwendig erachte. Indem die konstitutionelle Königsmacht außer Tätigkeit getreten sei, sei die Macht wieder dem Volke zugefallen, und darum müsse dem Volke Gelegenheit gegeben werden, seinen Willen auszusprechen. Da jedoch der Gedanke, jetzt das Storthing neu zu wählen, keinerlei Zu- stimmung bei den übrigen Komitcemitgliedern gefunden habe, wolle er einen solchen Antrag nicht stellen, sondern sich dem Antrage auf Volksabstiimnung über die Unionsauflösung anschließen. Er könne das aber nur unter der ausdrücklichen Voraus- setzung, daß, soweit das dem König Oskar gemachte Angebot ab- gelehnt werde oder fortfalle, nicht versucht werde irgend we-'lche bindende Ab m ach ui:g über Norwegens zu- künftige StaatSform zu treffen, ohne daß die Wnhler in der einen oder anderen Weife Gelegen- h.?it erhalten, sich darüber zu äußern. Diesen 1 Einwendungen Eriksens schloffen sich drei Komiteemitglieder in der Weise an, daß sie die Entscheidung über die Staatsform von Neu- wählen abhängig gemacht wissen wollten, sokern nicht Rücksichten auf die Sicherheit des Staates eine so schnelle Entscheidung notwendig machen würden, daß ein Appell an die Wähler unmöglich werde. Zu Eriksens Haltung gegenüber dem Antrage NissenS bemerkt Social-Demokraten" unter anderem: Mit der alten Erfahrung über die Treulosigkeit der Bürgerparteien gegen das Recht der Demokratie hierzulande sind Egede Nissens Bedenken durchaus begründet. Wir wollen jedoch glauben, daß Eriksen in dem engen Kreis des SpezialkomiteeS bei der Konferenz mit dem Regierungschef hinreichenden Grund für sein Vertrauen darauf, daß das Volk über sein eigen Schicksal entscheiden soll, gefunden hat. Und das umsoknehr, als er im Spezialkomitee direkt den Beifall der Herren Kastberg, Hougen und Bryggesaa(die oben erwähnten drei) gefunden hat. Des weiteren auch deswegen, weil die Regierung und das Storthing durch ihr Schweigen in der Storthingssitzung von gestern abend indirekt Eriksens Voraussetzungen billigten. Dieses Schweigen war auch insofern für Dr. Eriksen sprechend, als es auch die frühere Konferenz des SpezialkomiteeS und der Rc- gierung zum Hintergrunde hatte. Im übrigen ergibt sich diese Auffassung daraus, daß Eriksen seine unbedingte Ueberein- stimmung mit dem Grundgedanken in Egede Nissens Antrag aussprach. Die Stellung muß nun also die sein, daß das Volk, und nur das Volk, entscheiden soll, ob das kommende Norwegen Republik oder Königreich sein soll. , Oesterreich-Ungarn . Die Arbeiter nnd die ungarische Krise. Die ungarischen Genossen scheinen jetzt mit aller Energie in den Kampf der ungarischen Opposition gegen die Krone eingreifen zu wollen. Sie beginnen eine Bewegung ins Leben zu rufen, durch die dem ungarischen Volke, das jetzt vom politischen Leben infolge des traurigen ungarischen Wahlrechts so gut wie ausgeschlossen ist, die fundamentalsten politischen Rechte erkämpft werden sollen. Wie wir mitteilten, erklärte ja dieser Tage ein Minister, daß ihm die Forderung des all- gemeinen Wahlrechts durchaus berechtigt und schließlich das einzige Mittel zu sein scheine, um dem Konflikt ein Ende zu machen. Diese Auffassung bezeichnete der Minister allerdings nur als seine individuelle, sozusagen private Ueber- zeugung. Andererseits ist es aber fraglich, ob die Rechte der Arbeiter in Kossuth und seinen Leuten ehrlichere und energischere Freunde finden werden. Angesichts dieser Situation ist es für die ungarischen Genoffen jedenfalls das richtigste, ihre Forderungen selbst mit allem Nachdruck zur Geltung zu bringen und das Volk zur Erkämpfung des allge- meinen Wahlrechts aufzurufen. Ein Anfang dazu ist gestern in Budapest gemacht worden. DasB. T." meldet: Zehntausend sozialdemokratische Arbeiter hielten eine Volks- V e r s a m m l u n g ab, die zugunsten des allgemeinen Wahlrechts demonstrierte. Die Koalition wurde scharf an- gegriffen, und die Versammlung beschloß, sie aufzufordern, die Armeeforderungen, deren Erfüllung jetzt aussichtslos sei, fallen zu lassen und die Durchführung des allgemeinen Wahl- rechts zu bewerk st elligen, da sonst die Arbeiter- schaft die Koalition bekämpfen werde. Italien . Die Eiscnbahnvorlage. Rom , 30. Juli. Die Deputiertenkammer setzte die erste Beratung der Vorlage fort betreffend die Zahlungen des Staates an die Eisenbahngesellschaften, deren Betriebe verstaatlicht sind. Schatzminister Larcano und Ministerpräsident Fortis verteidigten in beifällig aufgenommenen Reden die Vorlage. Fortis hob hervor, daß die mehrtägige Beratung die Angelegenheit sehr geklärt habe und daß die umstrittenen Betrüge verhältnismäßig gering seien. Die Regierung verlange ein Vertrauensvotum, sei aber enisprechend dem Vorschlage ihrer Freunde auf verschiedenen Seiten des Hauses zu einer versöhnlichen Haltung bereit. Gianturco beantragte hierauf folgende Tagesordnung: Die Kammer spricht dem Ministerium ihr Vertrauen aus und ersucht dasselbe, die Frage der Zahlungen an die Mittelmeer -, Ad ria tische und Sizilianische Eisen bahn gesell schaft nochmals in Erwägung zu ziehen, dabei die in der Debatte vorgebrachten Gesichtspunkte zu berücksichtigen und für die Zahlung der nicht umstrittenen Beträge zu sorgen. Fortis erklärte sich mit dieser Tagesordnung einverstanden. Der erste, das Ver- trauensvotum enthaltende Teil wurde in namentlicher Abstimmung mit 268 gegen 112 Stimmen angenommen, der zweite in einfacher Abstimmung durch Erheben von den Sitzen. Sodann vertagte sich die Kammer auf unbestimmte Zeit. Rom , 31. Juli. sPrivatdepesche desVorwärts".) Der A v a n t i" veröffentlicht heute über den Ausgang der Parlaments- Verhandlungen über die Eiscnbahnvorlage einen Leitartikel mit der UcberschriftDie Flucht des Ministeriums". Er begrüßt den Rückzug der Regierung als Sieg der sozialdemokratischen Partei, deren Obstruktion unbezwinglich gewesen sei, weil sie von der gesamten öffentlichen Meinung unterstützt worden sei. Der Avanti" halt das Ministerium für erschüttert. Ein heftiger Angriff derTribuna" gegen das Kabinett wird sehr kommentiert. Lebhafter Zwischenfall in der italienischen Kammer. Rom , den 29. Juli. sEig. Wer.) Am Ende der gestrigen Sitzung kam es im Parlament zu einer heftigen Szene. Der kouservativ-klerikale Ab- geordnete S a ntini beantragte, heute, am Todestage Humberts I., einen Kranz an der Gruft niederzulegen, als Ehrfurchtsbezeugung der ganzen Kammer"; bei dielen Worten fiel ihm Genosse Montemartini in die Rede:der ganzen Kammer nicht". Es entsteht darauf ein großer Lärm! die bürgerlichen Abgeordneten protestieren gegen die äußerste Linke, auf deren Bänken die Sozia- listen und die Republikaner sich erheben und mit ihrem:Nein, nicht der ganzen Kammer I" den Protest übertönen. Als der Präsident Maccora, der sich mit Mühe Gehör schafft, auch von einereinmütigen Trauerkundgebnng" spricht, wird die Unruhe größer. Die Konservativen und Liberalen rufen:ES lebe der König I" die Sozialisten und Republikaner antloorten:Es lebe die Republik I" Unter dem furchtbarsten Lärm wird endlich um 8 Uhr 20 Min. die Sitzung aufgehoben. Einen Einblick ins Schlaraffenleben des offiziellen Italiens ge- währt uns derAvanti", indem er mitteilt, daß vom 1. bis 28. Juki vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten 40 135 Gratis- billetts für die Fahrt auf den staatlichen Eisenbahnen gewährt worden sind. Auf die Art reisen die wohlhabenden Leute, die Ver- bindunaen haben, umsonst und das arme Pack zahlt die unerhört hohen Tarife. Und dann loundert man sich, wenn die Jahres- abschlüsse ergeben, daßeine Herabsetzung der Tarife noch nicht durchführbar" ist. Wenn alle Reisenden bezahlten, ginge es Der Achtstundentag in englische» RegienmgSwerkstättcn. London , 29. Juli. jEig. Ber.) Wie dieLabonr Gazette" bc- richtet, hatten 43 000 Arbeiter in Staatswerkstätten im Jahre 1904 den Achtstundentag. Die Verkürzung der Arbeitszeit hat weder die Kosten erhöht noch die Produktion vermindert. Ebenso ist die Lohn« höhe der Arbeiter, die gleiche geblieben. Sir Antony Mac Donncll. London , 28. Juli. (Eig. Ber.) Wir berichteten neulich, daß de» irische Untersekretär Mac Donnell von seinem Amte zurückgetreten ist. Wie diePreß Association" heute aus Dublin telegraphiert, ist Mac Donnell entschlossen, im Amte zu verbleiben. Serbien . Die neue Skupschtina. Belgrad , 31. Juli. Nach den gestrigen Nachwahlen wird die Skupschtina aus 80 Selbständig-Radikalen, 55 Gemäßigt-Ravikalen, 14 Nationalisten, 3 Liberalen, 4 Fortschrittlern, 2 Sozialisten und 1 Bauernparteiler bestehen. Asien . Zur Entwickclung des Kapitalismus in Japan . Wie daS Organ der japanischen SozialistenChokugen"(er- scheint im 2. Jahrgang jeden Sonntag in Tokio ) mitteilt, werden die großen Spinnereien Miye, Ctoati und Nagoga binnen kurzem eine Betriebsgesellschaft bilden; die erste Firma übernimmt die beiden anderen. Ebenso vereinigen sich zwei Firmen für elektrisches Licht nnd drei Brauereien. Die letzteren werden als eine Gesellschaft mit einem Kapital von 5 000 000 Jen ihre Geschäfte machen. Auch das Eisenbahnwesen entwickelt sich mit rapider Schnelligkeit. Im letzten Jahre waren in Japan 4495 Meilen(englisch ) unter Betrieb und 1290 Meilen waren im Bau begriffen. Von diesen 5705 Meilen waren 3608 Privatbahnen und der Nest Regierungs- bahnen._ Auf den Philippinen wird ein Telegraphen- und Telephon- verkehr eingerichtet. Die Regierungskommission hat mit einer Firma in San Francisco die Kontrakte für sofortige Ausführung dieser Neuerung abgeschlossen. Die russische Revolution. Kriegsgericht. Odessa , 30. Juli. Das Kriegsgericht, welches über die auf- ständischen Matrosen desGeorg Pobjedonoszew" aburteilen wird, tritt Montag, den 7. August, in Sewastopol zusammen. Die Gefangenen befinden sich auf dem SchiffePruth ". Und immer wieder Kommissionen! Petersburg, 30. Juli. (Laffan"-Meldung.) Der Zar ernannte eine Kommission zur Untersuchung der Ursachen der Demoralisation unter den Seestreitkräften in der Ostsee und im Schwarzen Meere. Admiral B i r i l e w, der neue Marineminister, wird den Vorsitz in der Kommission führen, die in Kronstadt , Libau und Sewastopol Erhebungen anstellen wird. Die Kommission wird sich u. a. beschäftigen mit der Frage der Disziplin im Offizierkorps und den Lebensverhältnissen der Mannschaft. Hochmut und Dementiereifer. Petersburg, 30. Juli. (Meldung derPetersburger Telegraphen- Agentur".) Auf ein Telegramm, in welchem die Geistlichkeit eines Bezirks des Orenburger Kreises im Namen der 33000 Köpfe zählenden Bevölkerung den Kaiser gebeten hatte, keinen schimpf- lichen Frieden zu schließen, machte der Kaiser den Vermerk: Das russische Volk kann sich auf mich verlassen; niemals werde ich einen schimpflichen oder des großen Rußlands unwürdigen Frieden schließen. Zum Stadthauptmann von Moskau ist der bisherige Gehülfe des Stabschefs des Gcnoanneriekorps Generalmajor von Medem ernannt worden. Petersburg, 30. Juli. DiePetersburger Telegraphenagentur" meldet: In der vergangenen Woche brachten ausländische Blätter eine Reihe von Meldungen über Unordnungen und Insubordination in der russischen Armee. Es wurde sogar gemeldet, daß ganze Truppenteile desertiert wären. Zur Kategorie dieser Meldungen gehört auch das einem Wiener Blatt aus Petersburg zugegangene Gerücht von einem blutigen Zusammenstoß zwischen dem litauischen Leibgarde-Regiment und Kosaken in Warschau . Wir können ver- sichern, daß diese Sensationsmeldungen aus der Luft gegriffen sind. Unruhen. Warschau , 31. Juli. Gestern nachmittag hatten sich Sozialisten in dem Walde bei Royominsk versammelt. Die Ortspolizei unter- richtete die Behörde, welche sofort eine Schwadron Dragoner ent- sandte. Dort eingetroffen, griffen die Dragoner die Sozialisten mit blanker Waffe an. Dabei wurden vier Arbeiter getötet und zwei schwer verletzt. In L o d z verbot der Truppenoberkommandant Schuttleworth das weitere Erscheinen der ZeitungGoniec" auf unbestimmte Zeit. Die Metallfabrik in Zawierce wurde geschlossen. » Aus Riga meldet dieKönigsberger Hartungsche Zeitung": Baron Bistram auf Nescheneeken wurde gestern von auf- rührerischen Bauern erschossen. Die Aufrührer plünderten die Güter. Aus Grobin sind Dragoner abgesandt worden. Der Krieg in Ostasien . Neuer japanischer Sieg auf Sachalin . Tokio , 30. Juli. Amtliche Meldung. Die Sachalinarmee be- richtet: Die selbständigen Ltavallcriestreitkräfte, die am Nachmittag des 27. Juli in Luikow einrückten, zogen sich infolge schwerer Un- ruhen, welche in der Stadt herrschten, in der darauffolgenden Nacht wieder zurück. Der linke Flügel der Armee begann am 23. Juli um 3 Uhr früh gegen Luikow vorzugehen, um es in seine Gewalt zu bringen. Die Vorhut und die Kavallerie zogen, nachdem sie den Feind auf der Nordseite von Luikow angegriffen hatten, in die Stadt ein, wo es zu Straßenkämpfen kam. Um 8 Uhr vormittags war Luikow vollständig eingenommen. Der rechte Flügel der japanischen Sachalinarmee hielt sich nach Besiegung der russischen Streitkräfte bei WedernikowSki hart auf den Fersen des Feindes, dessen Hauptmacht seit der Nacht zum 28. Juli in Unordnung nach Süden floh. Die zur Verfolgung abgesandten japanischen Truppen stießen am 28. Juli 8 Kilometer südlich von Luikow auf russische Infanterie in einer Stärke von 800 Mann, von denen 20» getötet und schließlich 590 Mann gefangen genommen wurden. Der Feind, der unserem rechten Flügel seit dem 27. Juli gegenüberstand, be- stand aus 3000 Mann Infanterie und acht Geschützen, während die feindlichen Truppen, welche dem japanischen linken Flügel gegen- überstanden, aus 2000 Mann Infanterie und vier Kanonen bc- standen. Scharmützel in ber Mandschurei . Petersburg, 31. Juli. (Meldung derPetersburger Tele- graphen-Agentur".) General Linewitsch meldet unter dem 29. Juli: Die Armee hält die Gegend von Heilungtschöng besetzt. Am 24. Juli hatte eine Armeeabteilung, die auf das Dcfilee von Vangooulin vorgegangen war, als sie sich Ehrdagou in östlicher Richtung näherte, ein Gefecht mit Chunchuscn. Unsere Abteilung besetzte daS Dorf nach einem Feuergefecht. Am 26. Juli rückte das Dctachement weiter vor, wobei es sich beständig im Feucrgefecht mit den auf das Dorf Malougoou sich zurückziehenden japanischen Vorposten befand. Die westlich des Dorfes gelegenen Hügel waren vom Gegner besetzt. Nach Beschießung der in mehreren Reihen an- gelegten japanischen Schützengräben gingen unsere Truppen zum Angriff über und erstürmten gegen 6 Uhr abends die japanische Stellung. Die Japaner zogen sich unter beträchtlichen Verlusten zurück. Das Dctachement trat nach Erfüllung seiner Aufgabe den Rückmarsch au.