VauernvereinMatks vereinigen sich die Berichterstatter der übrigen Blätter(es waren deren drei) in der höchst auffallenden Absicht, den Namen des Herrn Giesberts zu unterdrücken— trotzdem aller Anlaß vorgelegen hätte, nicht nur wegen der Person, sondern auch wegen der Ausführungen deS Redners, seinen Namen dreifach zu unter- streichen. Man höre, was zum Beispiel die„Kölnische Volkszeitung" da- mals berichtete: „Ein anwesender Vertreter der Arbeiter verbreitete sich über die in Arbeiterkreisen herrschenden An- schauungen über Zollfragcn und ersucht den Vorstand, bei der Agitation für die Handelsverträge mehr die wirtschaftliche Seite der Frage zu berücksichtigen." Ein„anwesender Vertreter der Arbeiter"— und das von der «Kölnischen Volkszeitung" gegenüber Herrn Giesberts, dem ehe- maligen Angestellten des Hauses Bachem, dem damals schon be- kanntesten und genanntesten Führer der christlichen Arbeiter, dem Renommierarbeiter des Zentrums, der Leuchte der Gladbacher Jesuitenschule I Zugutcrletzt äußert sich nun in der„Rheinischen Volksstimme" auch noch Herr Schreiner , aus den sich Herr Giesberts berufen hatte. Er schreibt, daß er sich deS Gesprächs mit Giesberts nicht mehr er- innere. Dann heißt es: „In den Versammlungsberichten, die Herr Schreiner für die „Volksstimme" und den„Rheinischen Bauer" geschrieben Hätz wird allerdings der Name des Herrn Giesberts nicht ge- n a n n t, Ivährend alle anderen Redner, auch wenn sie nur ein paar Worte gesprochen haben, namentlich aufgeführt werden. Man könnte ja daraus schließen, daß Herr Giesberts gebeten habe, seinen Namen nicht zu nennen. Wenn aber Herr Giesberts das Gegenteil behauptet, so haben wir nicht den geringsten Anlaß, seinem Worte irgend- welchen Zweifel entgegenzusetzen." Man sieht, auch Herr Schreiner läßt Herrn Giesberts im Stiche. Auch er weiß für die auffällige Unterdrückung de-Z Namens keine andere Erklärung, als daß es auf Veranlassung von Giesberts geschehen ist. Nur weil Giesberts es abstreitet, will auch Schreiner annehmen, daß die Sache sich ander? verhält. Die übrigen Bericht- erstatter, darunter der von der„Kölnischen Volkszeitung", halten wohlweislich den Mund, wie auch Herr Giesberts fünf Jahre lang den Mund gehalten hat und ihn weiter halten würde, wenn ihm nicht die Kandidatur in Essen unter den Nägeln brannte. Stellen wir also zur Kennzeichnung des Essener Zentrums- kaudidaten noch einmal fest: Herr Giesberts, Führer der christlichen Arbeiter und bis vor kurzem selber noch Arbeiter, sucht eine Versammlung der Agrarier auf, versichert sie— im Widerspruche mit der Wahrheit— des Wohlwollens der christlichen Arbeiter und macht sie scharf in ihren Räuberplänen auf die Taschen des arbeitenden Polles. Herr Giesberts ist zu feige, die Verantwortung seines arbeitet- feindlichen und unehrlichen Verhaltens vor der Oeffentlichkeit zu über- nehmen und bewirkt von den Berichterstattern der Presse, daß sie seinen Namen verschweigen. Giesberts schweigt auf den dieserhalb wider ihn erhobenen Vorwurf der Feigheit und Hinterhältigkeit fünf Jahre und sucht sich jetzt durch Unwahrheiten von seiner Schuld reinzuwaschen. Herr Giesberts ist demnach eist würdiger Vertreter des jesui» tischen Zentrums, aber aus diesem Grunde kein Vertreter der.Essener Arbeiter im Reichstage. —_ Neuer Gesetzgeber. Es wird gemeldet: In das Herren- haus berufen ist der Rittergutsbesitzer, Generallientcnant z. D. Freiherr Karlo von Hanstein zu Hannover durch allerhöchsten Erlaß vom 18. Juli d. I. auf Präsentation deS Verbandes des alten und des befestigten Grundbesitzes im Landschaftsbezirk Eichsfeld-Hohen- stein ltu Stelle des am 2. August 1904 verstorbenen Landrats � des Kreiseö Heiligenstadtz Geheimen Regierungsrats Sittig von Hanstein.—- Aus dem Jahre 1822. Wir meldeten kürzlich, daß der reichs- ländische Karikaturist Zislin wegen eines von ihm herausgegebenen Witzblattes„Elsaß als Bundesstaat" auf Grund eines Gesetzes vom 23. März 1322 verhaftet worden ist. Der Zeichner ist nun inzwischen nach zweitägiger Untersuchungshaft wieder freigelassen Worden. Die sonderbare Angelegenheit hat aber nicht nur die Aufmerksamkeit darauf hingelenkt, daß die Rcichslande insofern vollständige preußische Sitten angenommen haben, als man auch dort, Was durch das allgemeine Strafgesetzbuch nicht bewerkstelligt werden kann, durch Verordnungen und Gesetze auS irgend welchen alten Scharteken zu ermöglichen versucht. Der Vorgang hat auch Wieder einmal über die Duldsamkeit der klerikalen Presse Aufschluß gegeben. Es War ein Zentrumsorgan, die„Oberländische Landes- z e i t u n g", die wohl als einziges Blatt diesen Vorstoß nicht nur gegen die Vernunft und die Freiheit, sondern auch gegen das all- gemeine deutsche Straf- und Prcßrecht gebilligt hat. DaS Organ schrieb: „Von maßlosem Chauvinismus zeugt das Titelblatt, das die zu Boden geworfene Alsace, blutend unter den Fängen des deutschen Aars, darstellt. In den folgenden Karikaturen wirkt noch ein Rest des harmlosen Humors aus den Anfängen des„Klapperstei" nach. Von ausnehmend abstoßender Häßlichkeit ist aber auch ein Tableau, daS katholische und evangelische Geistliche, Staatsbeamte� Polizisten und Juristen in dem elsässischen„Staatskarren" zeigt, der von keuchenden Proletariern mühsam geschleppt Wird. Solchen wahnwitzige» Auswüchsen gegenüber ist es nicht erstaunlich, daß dieses Preßerzeugnis konfisziert und der Herausgeber vor- gestern abend inhaftiert wurde." Bisher bewährte sich die klerikale Schciterhaufenpropaganda im wesentlichen in der Verfolgung„nackter" Kunsterzeugnisse oder anti- kirchlicher Anschauungen. Aus der Aeußerung des elsässischen Blattes aber sieht man, daß die tief im Wesen deS KlerikaliSmus Wurzelnde Intoleranz auch schon die rein politische und soziale Satirc, mit dem Stifte des Karikaturisten Wiedergegeben, als wahnwitzige Auswüchse verfolgt und die Konfiskation sowohl der Zeichner wie der Zeich- uungen befürwortet. Nach dieser klerikalen Auffassung darf also ein Karikaturist nicht einmal die Wahrheit darstellen, daß das Prole- tariat es ist, das, als Lasttier ins Joch gespannt, den Staat vorwärts schleppt. Es ist einmal die Rede davon gewesen, daß das Zentrum sich ein Witzblatt zulegen will. Der Titel„Scheiterhaufen' ist ja nach der Natur des Planes von vornherein gegeben. Die Absicht scheint indessen bisher leider nicht ausgesührt Worden zu sein. Das ist sehr schade; man würde dann einmal sehen, wie sich die klerikale Karikatur vor wahnwitzigen Auswüchsen zu hüten imstande sein wird. Sicher wird es cm besonderes Vergnügen sein, an diesem Witzblatt mitzuarbeiten, da jeder Künstler unerbittlich sich der Zensur der allein seligmachcnden Kirche in allen ihren Instanzen wird unterwerfen müssen, die nur eine Art von Wahnsinn duldet. Liberale Kostgänger der Jesuiten . Die„AugSburger Abcndztg.", wohlqemerkt: ein liberales oder— nach der Erklärung ihres Rechts- anwaltes:— d a s liberale Organ, brachte in den letzten Tagen unter der Ueberfchrift: Wer kommandiert die Sozialdemokratie? einen Artikel, der enthüllt, daß unter den deutschen und ausländischen . Führern der sozialdemokratischen Partei„geradezu typische Vertreter des Kapitalismus Waren und noch heute sind, Leute, die mit Wonne die wirklich armen Proletarier auf das zu verteilende Vermögen der anderen Bourgeois vertrösten, vom Verteilen der eigenen großen Besitztümer aber nie etwas verlauten lassen". Der ganze Artikel, der in der hinreichend bekannten blödsinnigen Weise verfaßt ist und deshalb zweifellos durch die ganze Ordnuiigspresse wandern wird, würde sicher keiner besonderen Erwähnung wert sein, wenn das liberale Blatt nicht schließlich selbst verraten hätte, wo es seine Weisheit herbezieht. Am Schlüsse heißt es nämlich:„Wer weiteres über diese Art Genossen- führer nachlesen will, dem e in p f e h l e n w i r die bereits in 30000 Exemplaren verbreitete Broschüre:„Die eigentlichen Führer der Sozialdemokratie", Verlag„Volksaufklärung", Warnsdorf, Böhmen ." Der Verlag„ V o l k s a u f k l ä r u n g" ist nämlich ein ultra- montanes Ulltcrnehmen und wird augenscheinlich hauptsächlich von— Jesuiten bedient. Die intelligente liberale Presse bezieht also ihre geistigen Waffen im Kampfe' gegen die Sozialdemokratie von „inferioren Ultramontanen", wie es sonst bei ihr heißt, und zwar gar von den sonst so gefürchteten Jüngern Loyolas. In diesem Falle kennt man also keinen Stolz. Nicht minder interessalit ist aber ein anderer Umstand. Die empfohlene, von einem anonymen Verfasser herrührende Broschüre verfolgt eigentlich antisemitische Tendenzen und bemüht sich in erster Linie um den Nachweis, daß die sozialdemokratische Partei völlig„verjudet" sei. Davon sagt die liberale„Augsburger Abendztg." kein Wort. Es ist eigentlich nicht recht begreiflich, Wes- halb sie nur so diskret antisemitische Propaganda treibt. Denn seit bei den letzten bayerischen Landtagswahlen ein den, Stamme Israels entsprungener, jetzt aber zum Christentum sich bekennender jung- liberaler„Führer" erst dann zum Landtag kandidieren konnte, als in der liberalen Presse seine Abstammung verleugnet wurde, weiß man ja zur Genüge, daß auch der Antisemitismus im geeinten Liberalismus zu den matzgebenden Faktoren gehört. Warum also plötzlich so genant?— Im Fencrk München , 31. Juli. (Eig. Ber.) Wegen Beleidigung des Prinzen Heinrich von Bayern hatte sich vor dem Kriegsgericht der 1. Division der Soldat des 1. Schweren Rciter-Regimeuts Friedrich Schmiot zu verantworten. Ter Prinz leitete am ö. Juni auf dem Exerzierplatz eine FcuergefechtSübung, Wobei sich der Soldat nach Ansicht des Prinzen„recht faul und un- aufmerksam" benonmien haben soll. Der Prinz nahm sich den Sol- daten aufs Korn und hielt ihm vor, daß weder der Feldwebel noch der Unteroffizier mit ihm zufrieden seien. Die„väterliche Mah- nirng" des Prinzen, etwas strammer im Dienste zu fein, beantwortete Schmidt mit der bekannten Aufforderung aus dem„G ö tz von Berlichinge n". Der Prinz War darüber selbstverständlich nicht sonderlich erbaut und erstattete gegen den„faulen und unauf- merksamen Soldaten" die Anzeige. Das Kriegsgericht verurteilte Schmidt Wegen Beleidigung eines Mitgliedes des königlichen Hauses zu zwei Monaten fünfzehn Tagen Gefängnis. Ein Wunsch des Fürsten Ferdinand von, Bulgarien. Man schreibt uns aus München : Fürst Ferdinand von Bulgarien weilt zurzeit bei seinen Verwandten in München , um sich vcrn den Strapazen seines schweren Berufes zu erholen. Am Montag erhielten die Redaktionen der Münchener Zeitungen von der Polizeidirektion folgende Mitteilung:„Die k. Polizeidirektion Wurde durch den Hof- Marschall des Fürsten von Bulgarien ersucht, zu verhindern, daß irgend eine Meldung von der Anwesenheit des Fürsten in die Tagespresse gelangt, da der Fürst verschiedentliche Belästigungen befürchtet." Der kleine ängstliche Ferdinand sollte wissen, daß sich die deutsche Presse Wenigstens vorläufig noch frei fühlt von einer Zensur ä la Rußland, die Polizei diesbezüglich also gar nichts zu verhindern hat. Ferdinand der Kleine Weilte schon oft bei seinem hohen Schwager in München , keine Seele hat sich um ihn gekümmert. Ferdinand scheint auch schon vom Bombenfieber gepackt zu sein.— Ein schneidiger Afrikaner. Die„Deiitsch-SüdWestafr. Ztg." erzählt folgende unglaubliche Geschichte: „Vor dem Bezirksgericht SWakopmund wurde eine An- klage Wegen Majestätsbeleidigung verhandelt. Ein von auswärts gekommener Arbeiter hatte in der Trunkenheit auf der Straße sich in unflätigen S ch i m p f e r e i e n er- gangen. Dabei nannte er auch die Person des Kaisers. Zeuge des trunkenen GebahrenS des Mannes war ein Haupt- mann, der gerade im„Hotel zum Fürsten Bismarck" saß: Als die Aeußerung über den Kaiser fiel, befahl er einem Schwarzen, einen Schanibock zu nehmen und den Mann damit zu schlagen. Dies geschah: auf den ergangenen Befehl wurde auf offener Straße, bei hellem Tage, der Weiße durch den Schwarzen mit dem Scham bock gehörig durch- geprügelt." DaS südwestaftikanische Blatt, und mit ihm inisere kolonial- freundliche Presse, findet das Ungeheuerliche des Verhaltens des Hauptmanns in der Verleugnung der Rasse nsolidarität: dadurch, daß er einem Schwarzen befohlen habe, einen Weißen aus- zupeitschcn. Werde der Respekt vor der Weißen Herrenrasse in der bedenklichsten Weise erschüttert. Wir unsererseirS erblicken das Un- geheuerliche darin, daß der schneidige Offizier sich einen solchen Ucbergriff überhaupt herausnahm. Seit Wann besitzen unsere Kolonialoffiziere denn das Recht der Prügelstrafe gegenüber Zivilisten? Ganz abgesehen davon, daß eine Maiestätsbeleidigung, die mit zwei Monaten als gesühnt erachtet Wurde, gerade keine ungeheuerliche gewesen sein kann. Hoffentlich hat der Geprügelte auch seinerseits Strafantrag wegen Mißhandlung und Mißbrauchs der Dienstgewalt gegen den Hauptmann gestellt I— Keine Spionage. Der unter dem Verdacht der Spionage am Sonnabend in Swincmünde verhaftete Oesterreicher , der vom Leuchtturm versucht hatte, photographische Aufnahmen der Befestigungs- werke zu mache», ist wieder freigelassen worden, nachdem die Berliner Fabrik die Angaben des Verhafteten, daß er für die Firma Aufnahmen gemacht habe, bestätigt hatte.— Hueland. Auf gnädigsten Befehl König OskarS. In der Abendsitzimg des Storthings am Sonnabend teilte der StorthingSpräsidcnt Berner mit, daß ihm vom schwedischen Justizministerium im Laufe deS Tages eine Ab- schrift deS schwedischen ReichstagsbeschlusseS über die Unionsfrage zugesandt worden sei. Der Präsident schlug vor, das Schriftstück der Regierung zu überweisen, und sein Vorschlag wurde auch eiiistimmig angenommen, jedoch erst nach einer heftigen Debatte, die von dem Radikalen K a st b e r g eröffnet wurde. Er erklärte, er zweifle daran, daß das vom Präsidenten vorgeschlagene Verfahren zweckmäßig sei. Der Beschluß des schwedischen Reichstages scheine ihm durch die darin enthaltenen Forderungen und Bedingungen als eine Abweisung deS Storthingsbeschlusses vom 7. Juni. ES feien darin Forderungen aufgestellt, auf die seiner Meinung nach Norwegen nicht eingehen könne. Am besten wäre es, diese Forderungen ohne weitere Beratung zurückzuweisen. Jedenfalls aber müsse daS Dokument einem Storthingskomitee überwiesen Werden, daS nach Beratung mit der Regierung eine Entscheidung vorschlagen solle.— Präsident B e r n e r erklärte, der schwedische Reichstag habe keinen Beschluß gefaßt, daS Schriftstück dem Storthing zu übersenden. DaS schwedische Justiz« Ministerium habe cS dem Storthing„auf gnädigsten Befehl" übermittelt. Die Herren würden Wohl verstehen. Was daS heiße. Jedensakls sei cS korrekt, wenn man es nun der Regierung über- weise.— Hiermit erklärte sich auch der Abgeordnete Konow ein- verstanden. Wenn Schweden die Sache nicht direkt der Regierung überwiesen habe, müsse es nun das Storthing tun. Die schwedischen Bedingungen seien unannehmbar, z. B. auch die Schleifung der Grenzfe sinn gen. Man könne nicht mehr über die Auflösung der Union verhandeln. Im weiteren Verlauf der Debatte bemerkte Kastberg, daß er nicht ab- solut dagegen sei, daß jetzt erst die Regierung über die Sache berate; er sähe es jedoch am liebsten, wenn sich das Storthing sogleich * darüber äußern könne. Der Präsident bemerkte darauf, die Fingt werde später, vorbereitet durch Komiteeberatung, dem Storthing zu gründlicher Erörterung vorgelegt werden. Auf eine wettere Bemerkung KastbcrgS, er glaube nicht, daß das Storthing oder das norwegische Volk auf etwas eingehen werde, das eine Äff- Weisung oder Nichtanerkennung des Beschlusses vom 7. Juni, die Unionsauflösung betreffend, enthalte, und ebensowenig auf irgend welche demütigenden Bedingungen, erklärte Berner:„Nein, das glaube auch ich nicht." Schließ- lich äußerste auch noch der Abgeordnete KarS , die Forderungen Schwedens seien derart, daß man wünschen müßte, daß sie ohne weiteres abgewiesen würden. Es ist leicht begreiflich, wenn der„gnädigste Befehl" König Oskars, dem Storthing und nicht der Regierung Norwegens das Schriftstück zuzustellen, auch als eine Weigerung Schwedens , die norwegische Negierung anzuerkennen, aufgefaßt wird. Einer ruhigen EntWickelung der Verhältnisse ist damit jedenfalls nicht gedient.—_ Italien . Wohnungsnot in Rom . Rom , den 29. Juli. (Eig. Ber.) Nach einer von der Stadtverwaltung organisierten Statistik besitzt Ron, Wohnungen für 42? 000 Einwohner, während die offizielle Einwohnerzahl der Stadt S10000 beträgt und die tatsächliche nicht weit hinter?T0 000 zurückbleiben dürfte, da bei der letzten Volks- zählung notorisch zahlreiche Aftermieter und Dienstboten nicht an- gegeben wurden, aus der im Volke verbreiteten Furcht, daß die Völkszählung fiskalischen Zwecken diene. Da die Stadt im Jahre um etiva 9000 Seelen wäckist und nicht entsprechend t gebaut wird. wird die Not immer dringender. Dieser Tage hat sich die Stadt» Verwaltung genötigt gesehen, 27 obdachlose Familien, die die Bau- Polizei exmittiert hatte, in städtischen Räumen unterzubringen.— Asien . Hiingersnot und Cholera in Indien . Madras , 4. August Eingeborene, vom Hunger getrieben, treffen seit einigen Wochen massenhaft hier ein, so daß zu ihrer Unterkunft Baracken gebaut Werden müssen. Die Regierung setzt täglich 3000 Rupien zu ihrer Ernährung aus, jedoch sind die zur Versorgung getroffenen Matzregeln unzureichend, da hier auch die Cholera epidemisch aufgetreten ist. Auf den Straßen Wurden zahlreiche Tote und Er- krankte aufgefunden. Die Krankheit herrscht besonders in den. Baracken. Es sind alle Vorsichtsmaßregeln getroffen Worden.— Amerika. Für.die russischen Freiheitskämpfer. Zugunsten der politischen Gefangenen auf Sachalin ist in Washington eine Bewegung ins Leben gerufen worden, sobald die Nachricht kam, daß die Japaner Sachalin besetzt haben. Dem Gesandten Japans soll eine Petttion übergeben werden, von Hunderttausenden amerikanischer Bürger unterschrieben, wodurch Japan ersucht wird, die Opfer russischer Unterdrückung und Gewaltherrschaft der Freiheit zurück« zugeben. Es wird daran erinnert, daß Männer und Frauen dafür bestrast wurden,„daß sie in Rußland dieselben Prinzipien menschlicher Freiheit zu verwirklichen suchten, die von Japan und allen anderen aufgeklärten Nationen geachtet Iverden". Die„New Yorker Volkszeitung" fordert die Parteigenossen auf. nach Kräften diese Bewegung zu unterstützen, um Japan zu zeigen, daß Millionen amerikanischer Bürger diese Wünsche teilen, und daß Japan « guter Ruf in Amerika gefährdet ist. wenn es dem Ersuchen der Petenten nicht nachkommt. ' Wie in Deutschland , so wird auch in den Vereinigten Staaten zur Unterstützung der russischen Revolutionäre Geld ge- sammelt, hauptsächlich in Parteikrrisen. Etwa?000 Dollar sind schon zusammengekommen.— Die Amerikaner in Peru . Auf das alte Jnkareich Peru , aus dem die Spanier goldene Schätze holten, haben es amerika » Nische Kapitalisten abgesehen. Zu den bisherigen amerika - nischen GeschäftSuntcrnehmilngen in Peru sind neuerdings wieder einige sehr wichtige gekommen. Für eine Million Dollar hat ein New Yorker Geschäftshaus Eigentum und Rechte der Jnkari Rubber(Gummi) Gesellfchast gekauft und für 80 Millionen will ein Syndikat die Chicagoer Bergwerke zur Ausbeutung übernehmen. Eine leitende Zeitimg in Peru schreibt, daß die Amerikaner inner- halb der nächsten fünf Jahre in Peru mehr Kapital angelegt haben werden, als in irgend einem anderen fremden Lande.— Australien . Ein Erfolg der Arbeiterpartei. Im Staate Süd- Australien hat die Arbeiterpartei im Staatsparlament einen Sieg errungen. Dem bisherigen Ministerium wurde auf Antrag von T. Price, dem Führer der Arbeiterpartei, ein Mißtrauensvotum mit 24 gegen 17 Stimmen erteilt. An die Spitze des neugebildeten Ministeriums trat darauf Price selbst und als erster Sekretär und Arbeitsminister Kirkpatrick, ebenfalls von der Arbeiterpartei. Die übrigen Mit» glieder des Kabinetts mußte Price aus den Rethen der anderen Parteien nehmen.-» Die rnssifche Revolution. Misternte und Bauernerregnng. Petersburg, 31. Juli. (Laffan-Meldung.) Da» Statistische Hauptbureau veröffentlicht einen Bericht über die Ernten i« 41 europäischen Gouvernements Rußlands . Eine völlige Mißernte ist zu verzeichnen in den Gouvernements Tula , Rjäsan, Saratow , Warschau und Kurland , während in zwölf anderen Gou« vernements teilweise Mißernte, teilweise gerade genügende Ernte zu verzeichnen ist. Zu dieser zweiten Klasse gehören die Gouvernements Samara , Tambow , Pensa und das Don-Kasakengebiet, die Kornkammern Rußlands . In 13 weiteren GouvernenientS wechseln gifte und schlechte Ernten ab. Gute Ernten sind nur zu erwarten in sechs polnischen Bouver- nements und außerdem i: den Gouvernements Grodno , Kiew , Wolhynien iind Bessarabicn. In zwei nördlichen Gouvernements rechnet man auf zufriedenstellende Ergebnisse. Die im Bericht nicht erwähnten Gouvernements liegen hauptsächlich im Nordosten und jenseits der Wolga , wo gute Ernten selten sind. Da die amtlichen Ernteschätznngen gewöhnlich sehr optimistisch gehalten sind, hält man die Ernteausstchien im Publikum für noch ungünstiger» als sie nach dieser Ausstellung sein würden, und rechnet mit einer crnstcn Hungersnot, welche die Unzufriedenheit unter der Landbevölkerung noch verschärfen und weitere Ruhestörungen hervorrufen müßte. In einem Briefe an den„Grashdanin" äußert sich ein kon« servativer Adliger folgendermaßen über die Lage: Die Bauern, die vor einem Monat noch ganz ruhig waren, befinden sich jetzt in höchster Erregung und wollen einem nicht ins Auge sehen. Zum erstenmal in meinem Leben beginne ich an ihrer Zuverlässigkeit zu zweifeln. Wir leben im Belagerungszustands. Schließlich werden wir unsere Güter verkaufen müssen. DaS Volk hat die Achtung vor jeder Autorität verloren." Nette„Autoritäten" l Darniederliegen des Handels. Man meldet aus Nischnij-Nowgorod : Am Freitag, den 28. Juli, ist hier, wie alljährlich, die allrussische Messe offiziell eröffnet worden. Die diesjährige Messe beginnt jedoch unter ganz ungewöhnlichen Bedingungen. DaS Angebot der Waren, iiisbesoudere der Manufakturlvarcn, die den Hauptgegenstand der Nischnij-Nowgoroder Messe bilden, ist derart gering, daß die Verkäufer schon jetzt Aufträge in Nota nehmen müssen. Fast in allen Abteilungen ist bedeutend weniger Ware eingetroffen, als w»
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