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Arbeitsleistung deS Beamtenpersonals gegenüber 1894 ganz er- beblich gewachsen ist l So ist es denn ganz natürlich. daß noch immer die Arbeitszeit überaus verantwortungsvoller Beamtenkategorien 10, ja 11 Stunden täglich beträgt! Selbst das Lokomotibpersonal Hatzum guten Teil noch solche Arbeits- dauer aufzuweisen I Dazu sind die Ruhetage überaus dünn gesät. zahlreiche Beamte haben nur 12 Ruhetage im Monat! Daß da- durch Nervosität entstehen muß, unterliegt wohl keinem Zweifel! Diese sträflichen Zustände wurzeln in dem Sparsystem, die? aber hat seine Ursache in dem traurigen unsozialen Fiuanzsystem der Bundesstaaten. In Preußen brachten 1904 die direkten Steuern nur 217 Millionen Mark, dafür betrug der Reinüberschuß der Eisenbahnen 473 Millionen Mark! Um den besitzenden Klassen das lästige Steuerzahlen zu ersparen, muß aus den Eisenbahnen unter Verna chlässigung der Betriebssicherheit und Ausbeutung des Beamten- und Arbeitermaterials ein möglichst hoher Ueberschuß herausgewirtschaftet werden. Daß die in den Eisenbahnen angelegten nationalen Kapitalien sich ver- zinsen, ist ja natürlich wünschenswert, aber ist es denn nötig, aus diesem doch in erster Linie den Verkehrsinteressen dienenden Institut Wucherzinsen herauszuschlagen? Die Verzinsung des investierten Kapitals betrug indes 1894 4,93 Proz., 1903 aber 6.95 Proz.. also annähernd 6 Pro,.! Eine Verzinsung von 4 Proz. wäre schon durchaus ausreichend I Dann könnten jährlich 280 Millionen Mark auf Verbesse- rung der Verkehrswege, Anlegung neuer Gleise. Anstellung zahlreicherer Beamten und Entlastung des Beamtenpersonals verwendet werden. Freilich müßten dann die 280 Millionen von den besitzenden Klassen Preußens in Gestalt höherer Steuern aufgebracht iverden. Da man den armen Besitzenden eine solche Zumutung nicht stellen mag, wirtschaftet man munter nach dem Plusmacherschema weiter mögen dadurch auch solch furchtbare Katastrophen entstehen wie die in Spremberg I  Die Offiziösen mögen uns deshalb mit denunbegreiflichen" Zufälligkeiten vom Halse bleiben der wahre Verantwortliche ist das unerhörte Sparsystcm zugunsten der Kapitalistenklasse l Die Opfer der Plusmachorei. Getötet wurden nach amtlicher Meldung: Justizrat Rockau- Görlitz  ; dessen Sohn, ein Gymnasiast: Dr. N e e tz k e- Landeshut: dessen Frau und dessen sechsjähriger Sohn; Oberamtmann G r ü n i g- Görlitz; desseft Tochter Margarete; Heinrich PclaS Graf von Plauen  , ein Sohn des Prinzen Heinrich XXVI. Reuß jüngere Linie  , aus Jenkendorf  : Oberstleutnant a. D. C r e t i u s- Berlin: Witwe Gabriele Hielle aus Schönlinde bei Rumburg  in Böhmen  ; Hülfsschaffner Noack aus Ströbitz bei KottbuS  ; Lokomotivführer Weiden aus KottbuS  ; Heizer Walter aus Kottbus  ; Lokomotivführer Krug aus KottbuS  . �Verletzt wurden Heizer Fröse und Schaffner Hagen aus KottbuS  ; Packmeister Sch efter aus Hirschberg und Fräulein Hilde Rockau aus Görlitz  . Wie derMagd. Z t g." aus Kottbus   drahtlich gemeldet wird, hat der Kaiser durch den Regierungspräsidenten den Opfern deS Un- glücks telegraphisch sein Beileid ausdrücken lassen. Ferner habe der Eisenbahnmini st er zwecks augenblicklicher Unterstiitzung zahl- reicher Verwundeter und deren Angehörigen größere Geld- mittel, angeblich bis 100000 Mark, zur Ver- füg un g gestellt. Solche Unterstützungen sind freilich billiger als die not- wendigen Borkehrungen zur Verhütung solcher Kata- strophen I_ National-Zeitnng" und Fleischteuerung. DieNational-Zeitung", deren neue Redaktion sich allem An- schein nach darauf kapriziert, den nicht leichten Beweis dafür zu er- bringen, daß sie in intellektueller Hinsicht noch einige Stufen unter dem Niveau ihrer Vorgängerin steht, hat eine Entdeckung ge- macht, die sie mit dem bei gewissen Federvieharten üblichem Gegacker ihren Lesern alssensationelle Neuheit" vorsetzt. Sie hat herausgefunden, daß die Sozialdemokratie in der Fleisch« teuerungSftage eine große Schwenkung vollzogen und sich dem Standpunkt der Zentrale für Viehverwertung genähert hat; denn in der Resolution, die am Dienstagabend in den sozialdemokratischen Versammlungen angenommen worden fei, würde lediglich gefordert, daß eine unbeschränkte Einftlhr von ausländischem Schlachtvieh nach den Orten freigegeben werde, wo durch ausreichende Kontrolle des Schlachtviehes und durch gute Fleischbeschau Sicherheit gegen Ein- schleppung von Viehseuchen   und ansteckenden Krankheiten gegeben sei. So wie diese Schlußforderung lautet," meint das national- liberale Börsenblatt,kann sie nämlich auch der Vorsitzende der Viehzentrale unterschreiben. Ausreichende Kontrolle, gute Fleischbeschau, Sicherheit gegen Seuchen- und Krankheiten- einschleppuna, mehr Borbehalt darf man überhaupt nicht machen, wenn man sich nicht dem Verdacht aussetzen will, die Beschränkungen der Einfuhr im Interesse der Preishaltung zu verlangen; und diesen Verdacht weist ja auch Herr. Ring mit Pathos von sich. Es käme also jetzt nur darauf an, ob man sich über die Ausfiihrungsmaßregeln einigen könnte, die zur Verwirklichung jener Vorbehalte nötig sind, und, falls die Einigung nicht möglich sein sollte, auf wessen Urteil mehr Wert zu legen wäre, auf das der Sachverständigen in der landwirtschaftlichen Verwaltung oder auf das der sozial- demokratischen Autoritäten. Hier werden sich wohl die Wege wieder trennen. Doch es genügt für heute die Fest- stellung der Tatsache, daß das bedingungslose Ver- langen nachGrenzen auf!" von der Sozialdemokratie in Berlin   und den Berliner   Vororten desavouiert ist und hier in der radikalen Hauptstadt! ein Maß von praktischen Rücksichten anerkannt wird, das umsomehr überraschen darf, als es zu einer Zeit stch durchringt, in der die Teuemngspreise noch keineswegs nachzulassen scheinen." Die..Nationalzeitung" scheint danach in ihrer Einfalt bisher angenommen zu haben, die Sozialdemokratie verlange, daßb e- d i n g u n g s l o s", d. h. ohne jede Kontrolle und jede Aufsicht, ausländisches Vieh in Deutschland   eingeführt werden dürfe. Davon kann jedoch keine Rede sein; schon die Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiterschaft hindert die Sozialdemokratie an der Aufstellung einer derartigen Forderung. Aber sie verlangt, daß nicht unter Berufung auf die Seuchengefahr sogen, veterinärpolizeiliche Maß- nahmen eingeführt und aufrechterhalten werden, die lediglich dem Zweck dienen, zum Vorteil der Agrarier den deutschen   Markt von der fremden Konkurrenz abzuschließen und auf ihm die Preise weit über den Preisstand der sämtlichen Nachbarländer hinaufzutreiben. Wir verstehen unterausreichender Kontrolle" undguter �Fleisch- beschau" eben, wie auch derNationalzeitung" aufzudämmern' scheint, wirkliche Matznahmen zum Schutz der Volksgesundheit, nicht klotze PreiStreibungsmatzregeln, wie die konservativen und national- liberalen Agrarier; z. B. keine Verfügungen, welche generell jede Schweineeinfuhr in Deutschland   verbieten ohne Rückstcht auf den Seuchenstand in den Herkunftsländern und ohne datz man sich über- Haupt auf eine Prüfung der zur Einfuhr bestimmten ausländischen Schweine einlätzt. Wenn dieNationalzcitung" meint, es käme bei denAus- führungSmatzregeln" lediglich auf dieSachverständigkeit" an. so beweist sie damit nur, datz sie entweder diese Ausführungsmatzregeln nicht kennt, oder in verächtlicher Weise auf die Unkenntnis ihrer Leser spekuliert. Sie wird schwerlich einen Menschen, dessen Hirn noch nicht von ihrer Logik infiziert ist, davon zu überzeugen ver- mögen, datz zwar die Einfuhr von 70 000 russischen Schweinen jährlich in Oberschlesien   der deutschen   Volksgcsundheit nichts schadet, wohl aber die Einfuhr ebensolcher Schweine in Posen oder Ostpreußen  : und ebensowenig wird ihr ein vernünftiger Mensch glauben, die in dem neuen Viehseuchenabkommen mit Oesterreich-Ungarn   getroffene Bestimmung, datz vom Inkrafttreten des neuen Handelsvertrages ab jährlich 80 000 österreichisch-ungarische Schweine über die sächsische und bayerische Grenze eingeführt werden dürfen, gefährde den deutschen   Vichstand nicht, wenn aber so ein österreichisches Schwein über die preußische Grenze herüberkomme, würde sofort das ganze preußische Schwcinevieh verseucht. Möglich, datz dieNational-. zeitung" einen derartigen starken Seuchenglauben besitzt; aber sie wird nicht gut verlangen können, datz andere in dieser Glaubens- einfalt mit ihr wetteifern. Pre»chische Minister als Wahlrechtserleichterer. Wir teilten kürzlich an anderer Stelle eine Verfügung des Hauptsteueramtes mit, die den Unfug derPapierstimmen" bei den Gemeindewahlen etwas einzuschränken geeignet ist. Bekanntlich dürfen in den preußischen Gemeinden die Forensen durch Bevollmächtigte wählen. Ebenso haben die angesessenen Frauen das Gemeindewahlrecht, das sie durch Bevollmächtigte ausüben dürfen. Davon machen die bürgerlichen Parteien ausgiebigen Gebrauch in der Weise, daß sie sich Voll- machten verschaffen und diese dann nach Bedarf ab- geben, sobald sie sehen, daß sie mit ihren eigenen Stimmen nicht durchdringen. Vollmachten sind jedoch in Preußen stempelpflichtig. In Weißensee waren, wie in vielen solchen Fällen, die Vollmachten gleich von vornherein an den Wahlvorsteher abgegeben, dann aber, als sie sich als über- flüssig erwiesen, zurückgezogen worden; damit wollte man sie der Stempelpflicht(pro Stück 1,50 M.) entziehen. Unsere Genossen verfolgten die Angelegenheit und erreichten, daß sich das Hauptsteueramt durch Erklärung vom 28. Juni auf ihren Standpunkt stellte und von mehreren Personen sowohl die Stempelsteuer als auch die Hinterziehuugsstrafe einzog. Jetzt aber wird folgendes Rundschreiben des Finanz- Ministers und des Ministers des Innern bekannt, von dem wir im Augenblick leider nicht das Datum angeben und daher auch nicht sagen können, ob es eine Folge des Weißenseer Falles ist: Inhalts der auf meinen, des Ministers des Innern, Rund- erlaß vom 3. September vorigen Jahres erstattetcn Berichte ist das Verfahren, das hinsichtlich des Erforderns schriftlicher Voll- machten für Personen geübt wird, die Frauen in der Ausübung des Stimmrechts bei Gemeindewahlen vertreten, ein verschieden- artiges, indem in einer Anzahl von Kreisen regelmäßig, in anderen Kreisen nur in besonderen Fällen, in noch anderen niemals die ' Beibringung einer förmlichen, schriftlichen Vollmacht für den Ver- treter verlangt wird. Diese Verschiedenheit der Behandlung ist an sich unerwünscht. Da aber ferner bei der Ausstellung förmlicher Vollmachten Stcmpelkosten entstehen und die stimmberechtigten Frauen sich infolgedessen erfahrungsgemäß vielfach der Ausübung ihres Rechtes enthalten, ersuchten wir Ew. Wohlgeboren ergebensl, die beteiligten Behörden gefälligst zu veranlassen, daß sie«m all- gemeinen und vorbehaltlich besonderer Einzelfälle, die etwa ein entgegengesetztes Verfahren nach besonderen Vorschriften oder aus tatsächlichen Gründen erheischen, von der Forderung der Bei- bringuug förmlicher schriftlicher Vollmachten, die stempelpflichtig fem würden, absehen und sich damit begnügen, datz ihnen die Stellvertreter von den Vertretenen in anderer Form schriftlich oder mündlich auf zweifelsfreie Weise bezeichnet werden." Ein preußischer Minister des Innern, der für Erleichterung des Wahlrechts sorgt, ist ebenso reif fürs Panoptikum, wie ein preußischer Finanzminister, der sich die Möglichkeit der Er- langung von Steuern erschwert. Wir haben zwar nichts da- gegen einzuwenden, daß den Frauen oder überhaupt den Wählern das Wählen erleichtert wird, aber dafür gibt es ja das einfache Mittel, das gleiche, unmittelbare und geheime Wahlrecht für alle Einwohner einzuführen. Der von den preußischen Ministern eingeschlagene Weg ist nur ein Mittel, nicht das Wählen, sondern den reaktionären Parteien die Wahlmogelei zu erleichtern. Deutfebeö Reich. DaS Plötzliche. Wie allgemein das Gefühl der unsicheren und gefährlichen internationalen Lage ist, beweisen die wilden Kombinationen, die sich an das jähe Verschwinden des Prinzen Heinrich, des Bruders Wilhelms H, aus München  knüpfen. Ucber die Gründe der plötzlichen Abreise des Prinzen aus München   find, wie uns aus der bayerischen   Hauptstadt telegraphiert wird, die widersprechendsten und abenteuerlichsten Angaben im Um- lauf. Ein Blatt erzählt: Bald nach seiner Ankunft in München   er- hielt Prinz Heinrich ein dringendes Telegramm, daS feine sofortige Abreise veranlatzte, die dann mit dem Süd-Rord-Expretz erfolgte. Alan will wissen, es sei Plötzlich dieeng- lische Krise" akut geworden, andere dagegen behaupten, der Prinz sei vom Kaiser zurückberufen worden, um das englische Geschwader zu begrüßen usw. Wie dieMiiucheuer Neuest. Nachr." bestimmt mitteilen können, werde Prinz Heinrich vorerst nicht nach München   zurückkehren. Alle diese Gründe beruhen'natürlich auf leerem Klatsch und Tratsch. Es ist aber doch ein schlimmes Zeichen, daß jeder gleich« gültige höfische Vorgang derartige Befürchtungen hervorrufen kann. Es spiegelt sich darin nicht nur die nervöse Unruhe in der inter  - nationalen Politik, sondern zugleich auch das jämmerliche Schwäche- gefühl der öffentlichen Meinung in Deutschland  , die weiß, daß man über das Schicksal der Völker verfügt, ohne sie auch nur zu be- fragen, datz man den st u m m e n Käppen willkürlich spielen kann. Gerichtliche Feststellung der Bergarbeitcr-Mafiregelungen. DerLokal-Anzciger" meldet aus Bochum  : Die Strafkammer des Landgerichts verurteilte den sozial- demokratischen Redakteur Agnes wegen öffentlicher Beleidigung der staatlichen Untersuchuugskommission und der Direktion der Gewerkschaft Hibernia zu 200 M. Geldstrafe. Der Angeklagte behauptete, auf Shamrock III IV seien Bergleute wegen ihrer Aussagen vor der Untersuchungskommission entlassen worden. Die Beweisausnahme ergab, daß zwei Arbeiter wegen grob- beleidigender Angaben vor der Kommission entlassen worden sind. Bergaffessor Selbach erklärte als Zeuge, daß zwischen den Zechen- Verwaltungen des Ruhrreviers die Abmachung bestehe, daß Berg- leute, welche von einer Zeche nach dem Streik entlassen sind, bis zum 1. November 1905 nicht wieder angelegt werden. Außerdem bestehe unter den Betriebsführern eine weitere Abmachung, nach welcher keine Bergleute angenommen werden, deren Abkehr nich: auf den letzten des Monats laute. Einige Zechen im Ober- hausener und Recklinghausener Revier sowie fiskalische Zechen kehren sich nicht an diese Bekanntmachungen. Damit ist also in einwandfreier Weise festgestellt, daß Berg- arbeiter wegen ihrer Aussagen vor den staatlichen Unterjuchungs- kommiffionen gemaßrcgelt worden sind, daß die im Streik ent- lafsenen Bergarbeiter noch bis zum 1. Novembe'- zum Hunger ver» urteilt sind, daß alle Bergarbeiter zum Hunger verurteilt find, sa- bald es dem Unternebmer gefällt, sie vor dem letzten des Monats zu entlassen und datz Bülow recht hat, wenn er das Privateigentum als die Grundlage aller Kultur bezeichnet. Endlich! Nach einem langen überflüssigen Gewäsch hat sich die ZcntrumS-Korrespondenz" nun endlich zu der Einsicht bekehrt,� datz tatsächlich nach den ministeriellen Deklarationen, die übrigens nicht nur in der Kommission, sondern auch im Plenum des Herren- Hauses abgegeben worden sind es eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des neuen Berggesetzes ist, wenn die Arbeiter gestreikt und formell abgekehrt worden sind. Aber noch am Grabe pflanzt dieZentrums-Korrespondenz" die Hoffnung ans. Jetzt meint sie, datz bei dem letzten Streik die Abkehr und die Streichung aus den Arbeiterlisten formell nicht erfolgt sei. Wir wissen nicht, in welchem Umfang das geschehen ist. Angedroht ist es allgemein worden und wir vermuten, daß die Drohung auch in der Regel erfüllt worden ist. DieZentrums- korrespondenz" hofft, datz für den größten Teil der Belegschaft diese Formalität nicht erfüllt worden>ei. Für den kleineren Teil gibt also selbst dieZentrumskorrespondenz" bereits zu, daß sie nicht wählen dürfen- Nun, die ersten Ausschußwahlen werden ja zeigen, wie groß die Zahl der formell Abgekehrten ist, die nicht wahlberechtigt sind. Und nach dem nächsten Streik können wir sicher sein, datz die Unternehmer überall und durchweg auch die formelle Streichung derKontrakt­brüchigen" vornehmen werden. Für die Beurteilung des zcutrümlichen Bergarbeiterverrats ist es aber ganz gleichgültig, ob vielleicht für einen oder den anderen Streikcr diesmal daS ohnehin wertlose Wahlrecht wegen der unterlassenen formellen Streichung erhalten ist es wird in künftigen Fällen nicht wieder vorkommen. Die Ausschüsse sind durch das Zentrumsgesetz als Polizei- und Streikbrecherorganisationen des Unternehmertums ein für allemal festgelegt. Ein unsterblicher Schwindel. Seitdem vor Jahren ein pfiffiger Zeitungsschreiber entdeckt hat, daß die Sozialdemokratie Sammlungen unterschlägt", kehrt diesesgeistige Argument" bei jeder Gelegenheit loieder, obwohl es nicht nur jedesmal zertrümmert worden ist, sondern der Sachverhalt für jeden unmittelbar klar zutage tritt. So durch« kreiste nach Crimmitschau   das blödsinnige Marcheu die ganze bürger« liche Wurstpresse. So holt man es auch jetzt nach der Ruhr-Streik- sammlung munter wieder vor. In derKoblenzer Volkszeitung" finden wir wohl aus der Zentrumskorrespondenz stammend den ewigen Schwindel in der folgenden Form: Für die Bergarbeiter waren nach Beendigung des Streiks noch 2473,17 Mark eingegangen; diese Summe wurde jedoch nicht an ihre Adresse abgeliefert, sondern einfach dem Unterstützungsfonds der sozialdemokratischen Partei" überwiesen. Ein solches Verfahren streift hart an Betrug und Unterschlagung. Die sozialdemolratische Presse hat nach Beendigung deS Streiks wiederholt betont, daß in den Arbeiterkreisen in> Ruhrrevier große Not herrsche; trotzdem werden die Gelder, die für diese Leute ge- sammelt werden, nicht den Bergarbeiter-Verbänden oder dem Streikkomitee abgeliefert, sondern verschwinden in der sozialdemo- kratischcn Partcikasfe. Ein solches Verhalten steht auf derselben Stufe, als wenn ein russischer Großfürst oder Beamter Gelder. die für die Verwundeten in Ostasien   gespendet werden, in seine Tasche steckt; die sozialdemokratische Presse hat dies mit Recht Gaunerei" genannt; was sagt sie nun zu diesem Verhalten ihrer Parteileitung?" Es ist wohl nur der blinde RussenfanatismuS, der die Groß- fürstenpraxis mit der sozialdemokratischen vergleicht. Denn ein nach diesem Vorbild handelnder Großfürst würde erst auS eigener Tasche Zehntausende hergeben, um dann ein paar Mark aus fremden Sammlungen zuunterschlagen". Wir stellen dieser gemeinen Verleumdung der Zentrumspresse gegenüber wiederum-fest: 1. Hat der Parteivorstand 25 000 M. selbst für die Streikenden gegeben und von dieser Summe haben auch die christlichen Arbeiter profitiert. Er hätte also genau ein Zehntel der Summe unterschlagen", die er gespendet hat. 2. Beim Abschluß der Sammlung wurde öffentlich angekündigt, daß noch nachträglich eingehende Beiträge, sofern die Spender nicht eine andere Verwendung wünschten, diese dem allgemeinen Fonds überwiesen werden würden. 3. Trotzdem wurde zum Ueberflusse noch bei jedem Einzelnen. der einen größeren Betrag gesandt hatte, schriftlich das Einverständnis nachgesucht. Die Sozialdemokratie hat also nichtverdient", sondem im Gegenteil verloren, sie hat bei der verschwindenden Nestsumme alles mögliche getan, um ja nicht den Absichten irgend eines Menschen zuwider zu handeln. Wir verstehen freilich, daß die Zentrumspresse eine derartige Handlungsweise nicht kapiert. Ihr schwebt immer nur vor, wie der gute Magen der Kirche seine Nahrung rafft, und sie überträgt diese Praxis naiv auf die Sozialdemokratie. Wenn der keusche Pastor den Teufel sieht! Nr. 7 des laufenden Jahrganges desSimplicissimuS" enthält eine Zeichnung von Franz v. Reznicek, die einen nur mit den, Hemde bekleideten Mann darstellt; er ist im Begriff, aus einem Bette zu schlüpfen, wo eine in gleicher Weise bekleidete weibliche Person liegt, die ängstlich nach einem eben das Zimmer betretenden Herrn hinschaut. DaS Bild trägt die Unterschrift:Um Gottcswillcn, mein Manul Tun Sie. als ob Sie mich nicht kennen!" Dies Blatt hatte der protestantische Pfarrer Wendland in einer Buchhandlung in der Jabachstratze in Köln   ausgestellt gesehen. Er trat ins Geschäft, kaufte ein Exemplar und denunzierte den Buch. Händler der Staatsanwaltschaft wegen Vertreibens unzüchtiger Schriften. Zunächst wurde nun der Versuch gemacht, denSimpli- cissimus" selbst au seinem Erscheinungsorte, Stuttgart  , zu be» langen. Die Stuttgarter   Staatsanwaltschaft meinte jedoch, eine Anklage sei zwecklos, weil bei den dortigen Gerichtsverhältnissen keine Hoffnung auf Verurteilung des Delinquenten bestehe. Zu» versichtlichcr war die Kölner   Behörde und klagte den Buchhändler aus§ 184 Abs. 1 Str.-G.-B. an. Als einziger Zeuge lvar in der Strafkammerverhandlung, so berichtet dieRhein  . Ztg.", der Pastor Wendland   erschienen, der bei seiner Vernehmung zunächst seiner Entrüstung über das vor» liegende Blatt im besonderen Ausdruck verlieh und sich dann zu dem allgemeinen Satze verstieg:«DerSimplicissimuS" ist ein Blatt, von dem sich jeder Mensch mit Entrstswng abwenden muß." Der Staatsanwalt meinte, die Tat des Angeklagten sei 150 M. Strafe wert. Der Verteidiger des Angeklagten verttat die Auf- fassung, daß im vorliegenden Falle weder in objektiver Hinsicht eine unzüchtige Schrift vorliege, noch subjektiv dem Angeklagten das Be- wutzti'cin inncgewohnt habe, eine derartige Schrift feilzuhalten, da es sich um ein Kunstwerk handele, das unangefochten in tausendea Exemplaren verbreitet und bei abertausenden keinen Anstoß erregt habe. Der Angeklagte wurde freigesprochen, wefl das subjektive Moment nicht nachgewiesen sei. Luther   hat doch wenigstens nach dem Teufel eigenhändig das Tintenfaß geworfen. Seine Nachfolger aber suchen die Staats, anwälte für diese Würfe zu mobilisieren, wenn-sie stch von dem Unzuchtstcufel gepackt fühlen. Militärjustiz. Vor dem Kriegsgericht Nürnberg   hatte sich der Unteroffizier Paul vom 6. CheveauxlegerS-Regiment wegen Mitzhand- lung eines Untergebenen zu verantworten. Er war eines Abends w das Zimmer gekommen, wo er Zimmerältefter war, und hatte sofort mit den anwesenden Soldaten einen Krach begonnen, weil sein« Ansicht nach in dem Lokal nicht ordentlich aufgeräumt war. Den Soldaten Wieseck   schlug er mehrmals inS Gesicht und warf ihn auf das Bett. Als sich der Mißhandelte diese Behandlung verbat, ver» setzte ihm der Stellvertreter Gottes noch einige heftige Schläge auf den Kopf. Er kam mit zehn Tagen gelinden Arrest davon. Nach ihm wurde der Wacht», eister Heß von den Jägern zu Pferde wegen des gleichen Reates verhandelt. Dieser weckte aa einem