kochung bc5 Wassers für die Posener Reise ist doch nicht mehr von-nöten? Andere wichtige Dinge liegen nicht Nor. DaS bihchenSüdwestafrika, die internationale Spannung, die furchtbare Fleisch-not— das sind unwesentliche Dinge, die doch die Unterbrechung derFerienmusc nicht verlohnen.Aber vielleicht will er die„ausgetauschten" amerikanischenProfessoren empfangen, die kürzlich in Deutschland eingetroffenfind I—_Vor das Kriegsgericht mit Trotha!Wir haben gestern und vorgestern die beiden Trotha-Erlasse vom Standpunkt des Völkerrechts, der Kultur undHumanität aus betrachtet. Aber Trotha ist Kommandeureiner im Kriege befindlichen Truppe, er untersteht auch denKricgsartikeln, die durch Armee-Verordnung vom 17. Oktober1902 auch für die Schubtruppen Geltung erlangt haben, alsovon Trotha unbedingt respektiert werden mußten. Der Artikel 17aber lautet:„Im Felde darf der Soldat nie vergessen, daß der Kriegnur mit der liewaffncten Macht des Feindes geführt wird. Habund Gut der Bewohner des feindlichen Landes, der Verwundeten,Kranken und Kriegsgefangenen stehen unter dem besonderen Schutzdes Gesetzes..Ferner heißt es im Artikel 13:„Der Soldat darf seine Waffen nur in Erfüllung seines Be-rufcs oder in rechtmäßiger Selbstverteidigung gebrauchen. Rechts-widriger Waffcngebrauch wird streng bestraft..Generalleutnant v. Trotha— das Heroldsamt hat bisherdem General nicht, wie im Falle Busse, das Adelsprädikatbestritte»— hat in der denkbar gröblichsten Weisegegen diese Kriegsartikel verstoßen, indem er seinen Mann-fchaften befahl, keine Gefangene» anzunehmen, sondern auchalle nichtbewaffneten Männer niederzuschießen. Man kommenicht mit der faulen Ausrede, die Hereros seien ja keine krieg-führende Partei, sondern„Rebellen". Dadurch, daß dieKriegsartikel seit 1902 auch für die Schutztruppe eingeführtwurden, wurde eben gerade festgestellt, daß ihre Bestimmungenauch für die koloniale Kriegführung Geltung besitzen sollten.Bei kolonialen Kriegen handelt es sich eben immer um»Rebellen".Wenn also die Kriegsartikel nicht als unverbind-liche heuchlerische Dekorationen gelten sollen,ist Trotha unter allen Umständen vor das Kriegsgericht zustellen lDie Haltung der bürgerlichen Presse zum Fall Trothaspottet auch heute aller Kritik.Die beiden u l t r a m o n ta n e n Blätter Berlins,die„Germania" und die„ M ä r k. Volkszt g.",schwingen sich dazu auf, das Schießen auf Wehrlose„nichtgerade human" zu finden. Die ebenso frumbe Presse pro-testantischer Couleur wetteifert an christlicher Empfindung mitden katholischen Blättern.„ R e i ch s b o t e" sowohl wie„Reich", die sonst von widerlichem Wortchristentum triefenund gegenüber der Partei des praktischen Christentums, derSozialdemokratie. stets grimmig schmetternde Kampfcstönefinden, schweigen sich noch immer aus! Sie lassen sich be-schämen durch ein Blatt wie die„Berl. Neuest. Nachrichten",die den„Trothaschen Ausrottungs-Erlaß" ein Aktenstück nennen,„von dem man in der Tat nicht begreift, wie es ein gebildeterDeutscher niederschreiben konnte".—Uebrigens will es scheinen, als ob man tatsächlich Trothafallen lassen möchte. Darauf deutet wenigstens folgendeAuslassung der„Kreuz-Ztg." hin:Wir haben keinerlei Beziehungen zu Herrn v. Trotha undahnen nicht, wie er sich entschließen wird. Doch wissen wu, daßseine Gattin in einem hiesigen Krankenhause t o t k r a n kdaniederliegt, und eZ will uns nicht ausgeschlossenerscheinen, daß er selbst deshalb bald nachBerlin kommt. An und ftir sich branchie eine solche Reisenoch nicht als Verzicht auf seine jetzige Stellung angesehen zuwerden. Ihn abzuberufen, dafür dürfte jetzt, militärischbetrachtet, der ungeeignet st e Zeitpunkt sein.Wenn inan sich einbilden sollte, die Trotha-Schmach durcheine mehr oder minder freiwillige Rückkehr des Mannes ausder Welt schaffen zu können, so täuscht man sich sehr. Trothagehört vor das Kriegsgericht I Aber selbst eine AburteilungTrothas würde die deutsche Regiernng, würde Herrn Bülownicht von der Mitderantwortlidjkeit für Trothas Handlungenentlasten!—_Deutschtum ist Freiheit! Eine Majestätsbeleidigungdurch Wehrpflichtige bildete den Gegenstand einer Vcr-Handlung vor der 2. Fericnstrafkammer Berlin. Wegen MajestätS-Beleidigung war der 10jährige Maurer Wilh. Markusangeklagt. Im März d. I. fand in Mariendorf die Aus-Hebung der Wchrpflichiigen statt. Da bei dieser Gelegen-heit nach der Ausmusterung, insbesondere von den„Frei-gekommenen", ein großes Zechgelage stattfindet. befandsich bald die ganze Gesellschaft in sehr animierter Stimmung.Der Angeklagte beteiligte sich ebenfalls an einer vonmehreren für untauglich erklärten Wehrpflichtigen veranstaltetenKneiperei, bei welcher gehörige Mengen Bier und Schnapsvertilgt wurden. Mehrere der jungen Leute waren mitNadeln, die das Kaiserbildnis zeigten, und farbigen Rosettengeschmückt, wie sie von Händlern vor dem Musterungslokalaugeboten werden. In erheblich angeheiterter Stimmung entriß derAngeklagte einem Wehrpflichtigen eine Nadel mit dem Kaifcrbildnisund machte hierbei eine Bemerkung, die ihm die vorliegende Auflagewegen Majestätsbeleidigung eintrug.Ein in der Nähe stehender Gendarm hörte zufälligjene Aeußcrung. Er nahm den Angeflagten fest und erstatteteAnzeige...Der Staatsanwalt berücksichtigte die Jugendlichkeit und den an-getrunkenen Zustand des Angeklagten, als er die inkriminierte Be-merkung fallen ließ und beantragte dreiMonateGefängnis.Der Gerichtshof erkannte auf zwei Monate Gefängnis.Neue Verlustliste.Ein Telegramm aus W i n d h u k meldet: Unteroffizier KarlKöhler, geboren am 27. 12. 79 zu Hannover, am 12. August inder Krankensammelstelle Dawigneb an TyphuS g e st o r b e n.Reiter Georg Lefser, geboren am 20. 2. 83 zu Schmalkalden,hat sich am 11. August durch eigene Unvorsichtigkeit eine Schuß-Verletzung der linken Hand zugezogen.fihisUmi.Auch ein Sieg der Sozialdemokratie Norwegens.Kristiania, den 14. August.Die Volksabstimmung hat die kühnsten Erwartungen über-troffen. Noch in den letzten Tagen glaubten Leute, die dieVolksmeinung zu beurteilen wissen, daß man mit einigen 10 000Neinstimmen rechnen müsse. Und nun zeigt eS sich, daß, soweit dieNachrichten bis jetzt eingetroffen sind, nur zirka 190 Nein abgegebenworden sind, denen 300000 Ja gegenüberstehen. Auch die Be-teiligung war überaus stark und übertrifft bei weitem die an denletzten StorthingSwahlcn im Jahre 1903, bei denen von den457 K4S Wahlberechtigten nur 240 501 ihre Stimmen abgaben, dasProz. Die Zahl derer, die sich an der gestrigen Volks-abstimmung beteiligten erreichte dagegen wohl an 90 Proz. derStimmberechtigten.Das norwegische Volk hat sich also beinahe einstimmig von derUnion losgesagt. Die alten Bande, die die beiden Völker der skan-dinavischen Halbinsel 90 Jahre lang aneinander knüpften, sindnun endgültig zerrissen. Da? Ereignis ist früher eingetreten, alsman noch vor nicht langer Zeit erwarten konnte. Im Juli vorigenJahreS, nachdem die Union ihr 90. Lebensjahr vollendet hatte.schrieb„Sozialdemokraten":„Vor dem 17. Mai 1914 mußNorwegens volle, unverkürzte Selbständigkeitinnerhalb derUnion erreicht sein, oder wir feiernden Tag sdas Verfassungöfestl außerhalb derU n i o n." Seitdem ist kaum ein Jahr verflossen, und plötzlichsteht Norwegen frei und unabhängig da. Unerwartet schnell undüberraschend war selbst für manchen Norlvcger der StorthingS-beichluß vom 7. Juni. Man hatte nicht geglaubt, daß das unglück-selige Verhältnis in so kurzer Zeit gelöst werden würde. Daß dasVolk am Sonntag in derselben Weise entscheiden würde, das war jaselbstverständlich, überraschend war hierbei aber die ungeheureMehrheit derer, die dafür stimmten, die verschwindende Minderheitder Neinsager.Gewaltige Menschenmassen hatten sich gestern abend in derKarl Johans Gade vor den Lokalen von„Morgenbladet" und„Verdens Gang" versammelt, wo die Resultate der Abstimmung,lvie sie einliefen, sofort durch mächtige Plakate und Transparentebekannt gemacht wurden. Vis in die frühen Morgenstunden harrteman aus. Mit gewaltigem Beifallssturm wurden besonders dieNachrichten ans den Kreisen aufgenommen, wo hunderte von Ja-Stimmen und kein oder nur ein einziges Nein abgegeben war.Einem Volksleben, einer Volksbegeisterung begegnete man hier, dienicht leicht ihresgleichen findet. Was aber dem Fremden, der vonfrüherer Zeit die unglückliche Neigung im norwegischen Volk zumübermäßigen Genuß alkoholischer Getränke kannte, besonders auf-fallen mußte, war der llmstand, daß man nicht einen einzigen Be-trunkenen in der Menschenmenge gewahrte.Und auch am heutigen Tage hört man überall, von Leutenaller Parteien lebhafte Ausdrücke der Freude und innigen Be-friedigung über das Abstimmunasergebuis, und nicht zum wenigstenauch von unseren Parteigenossen. War doch die Sozial-demokratie, die erste unter den norwegischenParteien, die die Auflösung der Union verlangte,und zwar bereits vor mehr als 13 Jahren. Am1. Juli 1892 hatten unsere Parteigenossen in Kristiania eine Volks-Versammlung auf dem Ankertorv veranstaltet. Man sammelte sichum eine große Demonstrationsfahne mit der Aufschrift:Das Wohl der Brudervölker erfordert die Auflösung der Union.Diese Fahne aber wurde von der Polizeikonfisziert, der beabsichtigte Demonstrations-zug durch die Straßen wurde vom damaligenJustizminister Quam verboten und die Gardewar. ausgerüstet mit scharfen Patronen, in derKaserne konsigniert. Für das zu demonstrieren, was heutevon Regierung und Storthing durchgeführt ist, was nun vom ganzennorwegischen Volk gutgeheißen wurde, allgemeinen Jubel hervor-gerufen hat, galt zu jener Zeit als ein hochverräterisches Unter-fangen, dem mit der ganzen Brutalität der Militärgewalt entgegen-getreten werden sollte. Einige Tage nach jener Versammlung auf demAnkertorv zog eine gewaltige Menge Königstreuer vor das Schloß, umdem König, der veranlaßt durch den Konsulatskonflikt und die Minister-krise nach Kristiania gekommen war, ihre Huldigung darzubringen.Bei dem letzten Konsulatskonflikt, der nun zum völligen Bruchder Union geführt hat. zog es der König bekanntlich vor, bei seinemgetreuen schwedischen Volk zu bleiben. Wäre er hierher gekommen.man hätte ihm gewiß keinen solchen Empfang wie 1892 bereitet.Der Gedanke, den die Sozialdemokratie damals schon und scheinbarvergeblich propagierte, er hat gesiegt und Europa bewundert dieEnergie, die Tüchtigkeit und Weitsichtigkeit derer, die ihn jetzt durch-geführt haben.StaatSminister Michelsen prangt in Bildern als der BefreierNorwegens. Das Bürgertum ist scheinbar zufrieden mit dererrungenen„Freiheit". Aber die Männer der Regierung sindbemüht, einen neuen König herbeizuschaffen, der,wenn er die Interessen seines Standes wahrnehmen will, dochdanach trachten mutz, der Volksfreiheit Zügel anzulegen. DieSozialdemokratie aber agitiert für eine andere Forderung, die derRepublik, und steht damit scheinbar wiederum allein. Sollte es auch hierjahrzehntelanger Erfahrung bedürfen, bis das ganze Volk dem zu-stimmt. bis eine andere öiegierung. ein anderes Storthing einemneuen König wieder einmal kurz und bündig erklärt:„Das König-tum ist außer Wirksamkeit getreten"?Das norwegische Volk hat am gestrigen„Ja- Tage" bewiesen,daß es einmütiger Handlung fähig ist. Mit solchem Volke in Zwie-tracht zu leben, bekommt auch einem Könige schlecht.„So lange Norwegens Felsen stehen", schreibt„Social- Demo-kraten",„mögen kommende Geschlechter sich stärken in dem Gedankenan de» Ja- Tag, der einen Beweis dafür bietet, daß ein Volk, dassich berufen fühlt, das Recht der Demokratie zu ver-t e i d i g e n. unüberwindlich i st. Aber ebenso gewiß ist es,daß Gefahr für Norwegens lintergang als selbständiges Volk vor-handen sein kann, wenn wir dies auch nur einen Augenblick ver-gissen— vergessen zu bauen auf des Volkes Recht, in allen An»gelegenheitcn über sein eigen Schicksal zu bestimmen. DaS ist unserhistorischer Felsengrund. Der, der versuchen sollte, daran vorbei-zukommen, ist ein Verräter an der Zukunft Norwegens.Hier gibt cS nur einen Weg.---Ein einziger Fehlgriff kann schicksalsschwanger werden. Eni-weder müssen wir auf dem hohlen Grund der Könige bauen undnach den anderen Staaten hinüberschielen oder wir müssen bauenauf dem Recht der Demokratie in Norwegen— so bauen, wie Nor-wegen selbst auf Felsen gebaut ist.Hier ist es, wo sich die demokratische Republik als NorwegensRettungsplanke meldet. Es ist die Sozialdemokratie, die auch hierdie Forderung stellt, aber es ist keine parteipolitische Forderung.Im Gegenteil! ES ist eine Forderung, die sich mit Nortvegens Be-dürfnisseu deckt— auch mit den Bedürfnissen dcS bürgerlichenStaates.—Darum: nun hat das Voll über die llnionSfrage gesprochen,das nächste Mal soll es über die Frage nach Norwegens zukünftigerStaatSsorm sprechen.Je reicher und volltönender unsere Nutwort von gestern war. umso sicherer können wir sein, daß sie uns auch dem vollen Selbst-bestimmungSrecht in der zweiten Frage entgegenführt. Und die Ab-stimmung von gestern überbot die kühnsten Erwartungen. Es warförmlich ein Wettstreit der einzelnen Kommunen, welche wohl diegrößte Stimmenzahl und die allerwenigsten Nein aufweisen werde."—Spanien.Blaue Bohnen für die Hungernden.Catania, 10. August. Heute morgen fand in dem Dorfe Gram-michele eine Versammlung der Arbeitskammer statt. Nach diesergriffen die Versammelten, der Aufforderung eines Mannes folgend,die Vertreter der öffentlichen Macht an. schleuderten Steine undversuchten im Zivilklub, der im Erdgeschoß des Rathauses belegenist, Feuer anzulegen, indem sie die EingangStür zumRathause einschlugen. Nach den gesetzlich vorgeschriebenenAufforderungen und nachdem alle Mittel versucht wordenwaren, die Ruhe wieder herzustellen(??), feuerten diePolizisten, wodurch sieben Manifestanten getötet und mehrere andereverwundet wurden. Auch die Polizei hatte mehrere Verwundete.Der Untcrpräfekt eilte mit Verstärkungen herbei und stellte die Ruhewieder her.Asien.Ein Attentat auf die Kaiserin von China?Die. Frankfurter Zeitung" meldet auZ T i e n t s i n,auf die Kaiserin von China erfolgte ein Attentat auf dem Wege zumSommerpalast außerhalb des Nordwesttores. Der Täter war alsSoldat verkleidet, er wurde von einem regulären Soldaten mit demBajonett erstochen. Die Kaiserin in der Sänfte blieb u n-verletzt.Die russische Revolution.Auch die russische Erde revolutioniert gegen den Zarismus»Ein Hungerjahr steht bevor. Mißernte ist in großem Umfange!eingetreten. Und diese Epidemie des Hungers will man durch!milde Gaben bekämpfen, welche schließlich in dem Rachen der!Bureaukratie verschwinden. So lebt das ganze russische Reicht»»»Die Metzeleien in Riga.Nach bürgerlichen Telegrammen haben bei den letztenDemonstrationen in Riga die Soldaten 52 Arbeiter getötet!und 117 verwundet. Die Blutschuld des Zarismus wächst in'furchtbarer Schnelligkeit gen Himmel.Bialystvk, 14. August.(Eig. Ber.) Seit zwei Tagen wollte>ich Ihnen genaueres über das bei uns verübte Blutbad berichten,.tat es aber nicht bis heute, weil die meisten Briefe bei uns gegen»wärtig auf der Post visitiert werden. Heute erst habe ich die Ge»legenheit, Ihnen zu schreiben.Für den 12. d. 2)i. erwarteten wir die langerhoffte Verkündigungeines Manifestes der Konstitution. Wir wissen noch nicht, was vor»gestern in Petersburg vorgefallen ist, hier in Bialystok hat diePolizei im Bunde mit der Soldateska uns ein Mutbad migerichtet.Ich will Ihnen keine Urteile, sondern ganz nackte Tatsachen wieder-'geben. Für vorgestern, den 12., wurde vom Bialystoker Komiteedes„Bundes" ein Meeting angesagt. Die Versammlung sollteum 3 Uhr auf der Arbeiterbörse<Surashcrstraße> stattfinden. Die�Versammelten waren alle friedlich gestimmt, sie waren nichteinmal bewaffnet. Gegen 3 Uhr schoß ein auf Posten stehender!Soldat von der Patrouille(ohne daß die Stadt in Belagcrungs»zustand erklärt wurde, durchziehen fortwährend Patrouillen di«!Straßen) einen Arbeiter ohne weiteres nieder. Das war einsjProvokation, die von der Polizei ausging. Die Versammelten'gingen bald auseinander, es wurde in der ganzen Stadt eine Panik'hervorgerufen. Gegen 3% Uhr, also eine halbe Stunde später,wurde von unbekannter Hand eine Bombe in eine Patrouille ge-schleudert. DaS schienen die Soldaten nur erwartet zu haben.Im Augenblick begann das Blutbad. Die Soldaten und die Schutz-leute schössen wild drauf los, ohne zu achten auf wen. Sie schösse»!auf unschuldige Passanten, sie schössen in die von Juden bewohntenHäuser, sie schössen und säbelten Alt und Jung nieder, wer nurzufällig auf den Straßen war.— aber das waren nur und aus»!schließlich Juden. ES gab S8 Tote und gegen 209 schwer und leicht!Verwundete. Zumeist sind es Greise, Frauen und Kinder. Unter!den Toten befindet sich ein Offizier, der aus Versehen durch einen'Fehlschuh seitens der Soldaten fiel.<Ein wild gewordener Soldat wütete ganz tierisch. Er schoßsieben Menschen nieder; seine Augen waren voll Blut und ge-blendet, so daß er auch einen vorbeiziehenden Soldaten niederschoß.Merkwürdig ist es, daß einige Tage vorher ein Offizier deS�Uglitsch-Regiments dieses Blutbad gerade zum 12. angekündigt hat.!ES unterliegt keinem Zweifel, daß das Blutbad von der Polizeiorganisiert und vorbereitet wurde. Sie wollen und wollten durchaus'eine Judcnhetze hervorrufen, doch da die hiesigen christlichen Arbeitersich zu solchen schändlichen Massakern nicht hergeben wollten, so ver-anstaltete die Polizei mit dem Garnisonsbcfehlshaber an der Spitzeein Judenmassaker�auf ihre Art. Sie stellte sich den Zweck— wiein allen anderen Städten des jüdischen Ansiedelungsrayons—, dieOrganisation des„Bunde S" auszurotten, in Blut zu ertränken,aber daß ihr das n i ch t gelingen wird, daran zweifelt schon längstniemand bei uns.Die Erfolge der Trepow, Netkafchidze, der Shitomirer, Usakner,Lodzer, Nifhny-Nowgoroder Mörder lassen unsere Behörden nichtruhen. Und so leisten sie sich auch eine Judenschlächterei. DerDivisionsgcneral Walujcw hat unserem Stadthauptmann ausdrück»lich gesagt, daß, falls noch ein einziger Soldat von der Handder Revolutionäre fallen wird, er die ganze jüdische Bevölkerung derWillkür der Garnison ausliefern wird.Der Krieg in Ostasien.Vom mandschurischen Kriegsschauplatz.Petersburg, 16. August. General Linewitsch telegraphiert unterdem 14. August: Am 13. August beschoffen japanische TorpedobooteLazarewo. Ihre Versuche, Truppen zu landen, sind zurückgewiesenworden. Nach Berichten aus Korea ging am 6. August eine japanischeAbteilung von Kopungsan aus gegen eine bei Tschakeri stehenderussische Abteilung vor, wurde aber durch Gewehrfeuer zurückgeworfen.Die Offensive des Feindes wurde am 6. und 7. August erneuert,jedoch zurückgewiesen, gleichzeitig gingen die Japaner gegen eineandere russische Abteilung vor, wurden aber auch dort zurück-geworfen. Die Japaner flohen und ließen eine Anzahl Tote sowieweggeworfene Munition zurück.Am 10. August fand ein Kampf bei Onghi statt; die russischeAbteilung ging zum Angriff über, trieb die Japaner in südlicherRichtung zurück und erbeutete Waffen und Munition.In einem zweiten Telegramm meldet Linewitsch: Nach Berichtenaus Korea haben die Russen nach Kampf daS Dorf Kopungsanbesetzt. Das Gewehrfener bei Lazarewo hörte am Morgendes 13. August auf. Die japanischen Torpedoboote haben sich'entfernt.Die Besetzung Kamtschatkas.London, 10. August.„Daily Telegraph" meldet aus Tokio unterdem 15. August: Die Besetzung von Kamtschatka wird bald verkündet!werden. Seine Garnison bestand nur aus einem Bataillon und warohne Verbindung mit anderen russischen Streitkräften.Hiiö der Partei.Zur Tagesordnung des Parteitages beschloß die KreiSkonferenzfür Wittenbera-Schweinitz, den Parteivorstand um An»fetzung des Punktes„Wandlungen in der Weltpolitik" zuersuchen.Die Reichstagskandidatur für Hagen-Schwelm hat zu Differenzenin der Organisation des Kreises geführt. Von einer dazu gewähltenKommission wird Genosse Robert Michels als Kandidat in Vor»schlag gebracht. Der Beschluß steht der Kreiskonferenz zu. In einer'Generalversammlung des sozialdemokratischen Vereins m Hagen»die zur Kreiskonferenz Stellung zu nehmen und Delegierte zuwählen hatre, wurde am Sonntag eine Protestresolution gegen die'Kandidatur Michels beschloffen und die Delegierten beauftragt, gegenMichels zu stimmen.Bon der schweizerischen sozialdemokratischen Partei. Der Berichtder Parteileitung über das Jahr 1904 bot zwar dem Parteitage inLausanne keine Veranlassung zur Diskussion, aber er enthält dochmanche bemerkenswerte Partien, die in der in- und ausländischenPartcipresse Erwähnung verdienen. DaS gilt namentlich von deneingehenden Betrachtungen über daS Verhältnis der Parteizur Gewerkschaftsbewegung. ES wird da zunächst anden Beschluß des Parteitages von 1903 erinnert, nach dem dieParteiorganisationen und Organe mit allen Kräften fürdieAusbreitung der Gewerkschaftsorganisationenwirken sollen, besonders an Orten und in Bezirken, wo dieGewerkschaftsorganisatiouen bisher aus eigener Kraft nicht Fußfassen konnten. Die Partei wurde verpflichtet, für den Schutz desPereinsrechtes einzutreten. Die Parteileitung und das Bundes-tomitee deS Gewerkschaftsbundes haben gemeinsam einenAufruf an die Parteigenossen, betreffend den Anschlußan die Gewerkschaften, erlassen:„Jeder gewer!-schaftlich organisierte Arbeiter hat sich auchpolitisch zu organisieren, und jeder Berufs-arbeiter. der Mitglied einer politischen Organi»sation ist, hat auch seiner Gewerkschaft anzu-gehören. Das ist der Grundsatz, dem wir nachleben müssen,wenn wir unseren Gegnern die Spitze bieten wollen. Dieser Grund-satz hat letzte? Jahr Fortschritte gemacht; auch eine schöne Zahl von