Said nach der Insel Diego Garcia , von wo eS südlichen Kurs nach Madagaskar nahm, wo damals der Wutki-Admiral mit der russisch- baltischen Flotte lag. Auf der Höhe von Madagaskar bemerkte die unruhig gewordene Besatzung, dasj die„Hanna" Signale mit Schiffen austauschte, woraus man schloß, daß das Schis mit der russischen Flotte in Verbindung stehe. Diese Ver- mutung wurde noch gestärkt durch den Umstand, daß die „Hanna" nach Batavia steuerte und daß ein Teil der Ladung sorgfältig vor den Augen der Leute gehütet wurde. In Batavia erklärte die Besatzung, daß sie nicht weiterfahren werde und verlangte, vor den Konsul geführt zu werden. Der Kapitän gab die Erklärung ab, das Schiff sei für den neutralen Hafen Saigon bestimmt. Der Konsul meinte, die Leute müßten mitfahren, was diese ablehnten mit der Bemerkung, das Schiff habe Konter- bände an Bord. Sie blieben in Batavia zurück und wurden auf Kosten der Reederei nach Hamburg befördert, um hier wegen Meuterei angeklagt zu werden. Was das Schiff eigentlich geladen hatte, kann nicht ermittelt werden, denn der Vertreter der Reederei bekundet, daß die„Hanna" zu damaliger Zeit von einer Petersburger Firma gechartert war. Was die Ladung anlangt, so könne er nichtss näheres darüber mitteilen, da sich das hiesige Bureau darum nicht zu kümmernbrauchte. Die Frage, ob die Angeklagten annehmen konnten, daß die„Hanna" Konter- bände an Bord hatte, beantwortete der Zeuge mit j a. Vor Gericht wurde noch ausgeführt, daß die Japaner gedroht härten, jedes mit den russischen Kriegsschiffen in Verbindung tretende Handelsschiff in den Grund bohren zu wollen. Trotzdem meint der Staatsanwalt, die Gefahr sei nicht zu groß gewesen, der gute Glaube mache die Leute nicht schuldlos. Den Angeklagten müßten aber die weitgehendsten Milderungsgründe zugebilligt werden, deshalb beantrage er gegen jeden nur 30 M. Geldstrafe. Der Verteidiger, Dr. Cordes, hebt hervor, daß es sich im vorliegenden Falle um keine Verletzung des schuldigen Gehorsams handeln könne, und die Angeklagten müßten auf Grund § 74 der Seemannsordnung in Verbindung mit den Artikeln 613 und 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches freigesprochen und ihnen eine angemessene Entschädigung für die unschuldig erlittene 72tägige Untersuchungshast zugebilligt werden. Das Gericht erkennt auf Freisprechung und Ersatz der notwendigen Auslagen. Die durch den„Mißgriff" so schwer geschädigte Mannschaft, welche die Kriegsartikeln ähnlich sehenden Bestimmungen der„revidierten" Seemannsordnung aus dem ff kennen gelernt hat, will ihre weiteren Ansprüche aus dem Zivilwege geltend machen.— Wie der Militärdienst verekelt wird, dafür lieferte eine Ver- Handlung vor dem Dresdener Kriegsgericht einen drastischen Beweis. Der Schütze K e h r e r von der 4. Kompagnie des Schützen-Regiments Nr. 168 hatte sich im Herbst 1964 freiwillig zum Militär gemeldet und wurde gern Soldat, wollte er dock als solcher zwölf Jahre dienen und seine Karriere machen, eine Idee, von der er infolge seiner Erfahrungen sehr schnell geheilt wurde. Wenig gewandt, fiel ihm der Dienst doppelt schwer, obgleich er sich die größte Mühe gab. Da er im Vergleich zu seinen Kameraden zurückblieb und auch zu Ausstellungen Anlaß gab, wurde er bald in der Korporalschaft unbeliebt. Indessen war seine Ungeschicklichkeit nicht die alleinige Ursache, daß K., namentlich was die Instandhaltung seiner Sachen anbelangte, niemals fertig wurde, er wurde vielmehr von seinem Korporalschafts- führer, dem Unteroffizier Druch in der unglaublichsten Weise schikaniert und mißhandelt. Wiederholt hat ihm der MarSjünger, angeblich weil nicht ordentlich geflickt war, absichtlich und mutwillig die Uniformstücke aufgerissen und die Nähte mit dem Messer aufgetrennt, worauf K. dann bis 11 Uhr abends die Sachen wieder inslandsetzen mußte. Einmal glaubte sich D. von dem Rekruten ausgelacht, was jedoch nicht zutraf. K. mußte nun Mantel, Waffenrock und Drillichhose herbeilhole», Sachen, die nun der Marsjünger bis fast zur Unkenntlichkeit aufschlitzte und zerfetzte, dann mußten sich die übrigen Leute der Korporalschaft an das Aus- bessern der Sachen machen, während K. in das UnteroffizierSkai ree kommen mußte. Hier zählte ihm der„Stellvertreter Gottes" dem nur mit Drillichhose und Hemd bekleideten Rekruten mit der Klopfpeitsche sechs bis acht Hiebe über den Rücken und befahl ihm dann— K. ist Nichtraucher eine Zigarre und ein Stück Lederriemen zu rauchen, so daß ihm hinterher schlecht wurde. Auf dem Rücken des Gemißhandelteir zeigten sich am folgenden Tage zahlreiche Striemen. Bei einer anderen Gelegenheit wurde K. vom Angeklagten in der Chargenstube am Halse gefaßt und gewürgt, so daß er keine Luft bekam. Die Beschädigung der Uniformsachen durch den Korporal geschah so oft und gründlich, daß dem Rekruten schließlich nichts anderes übrig blieb, als sie sich vom Schneider auf seine Kosten ausbessern zu lassen; oftmals kam er in total zer- rissenem Anzüge zum Appell. Der Unteroffizier versuchte es mit dem Leugnen, was ihm jedoch wenig nutzte. Aus der Zeugen- Vernehmung ergab sich, daß die vom Angeklagten an die Leute seiner Korporalschaft erlassene Anordnung, für K. die Sachen zu flicken, eine schon auf der Unteroffiziers- schule beliebte Erziehungsmethode ist, die gegen mißliebige Leute zu dem Zwecke angewendet wird, die Kameraden der Be- treffenden zu reizen und zur„Abfindung" aufzustacheln. Diese Methode scheint übrigens im vorliegenden Falle ihren Zweck nicht verfehlt zu haben. Eines Nachts im April hat nämlich der Schütze Jakob, ein„alter Mann", den Rekruten im Schlafe über- fallen und ihn ohne jeden Grund in der unbarm- herzigsten Weise mit den Fäusten bearbeitet, so daß K. am nächsten Tage ein blaues Auge und heftige Kopsschmerzen hatte. Dieser Fall führte endlich zur Aufdeckung des Treibens des Korporalschaftsführers und einiger Komplizen; gegen die letzteren schwebt noch die Untersuchung. D. wurde außerordentlich milde be- urteilt, das Kriegsgericht verurteilte ihn wegen Mißhandlung und vorschriftswidriger Behandlung in zwei Fällen zu sechs Wochen mittleren Arrest. AufDegradation wurde nicht er- kannt. Jakob erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung drei Wochen Gefängnis. Ein schneidiger Unicroffizier. Am Pfingstsonnlag hatte der Unteroffizier des 1. Trainbataillons Joseph Nepp in München Kasernen-TageSdienst. Nach beendigtem Abendstalldienst führte der Unteroffizier seine Kompagnie nach der Kaserne zurück. Da mehrere Soldaten das Putzzeug im Stall zurückgelassen hatten, ließ er die ganze Konrpagnie nach dem Stall zuriickmarschieren und mit der Mannschaft Exerzierübungen vornehmen. Der Wachtmeister vom Kasernen-Tagesdienst ermahnte den Unteroffizier, die Abteilung ab- treten zu lassen und die Leute, die das Putzzeug zrrückgelassen, einfach zu notieren, denn an einem Sonntag werde nicht exerziert. Der Unteroffizier scherte sich den Teufel um diese Mahnungen und be- antwortete die folgenden dienstlichen Befehle, die Abteilung doch abtreten zu lassen: Sie haben mir nichts zu befehlen, die Kompagnie führe ich I Da der Unteroffizier die Mann- fchaft weitere Marschübungen vornehmen ließ, übernahm der Wachtmeister die Führung der Kompagnie und kommandierte:„Halt!" Der renitente Unteroffizier kommandierte:.„Marsch I", so daß die Mannschaft im Zweifel war. welche Kommandos sie befolgeitffollte Den weiteren dienstlichen Befehl, die Abteilung so lange halten zu lassen, bis der Offizier vom Käsernentagesdienst komme, befolgte der Unteroffizier auch nicht und ließ die Leute ivciter exerzieren. Eine Stunde später frug der Wachtmeister den Unteroffizier, warum er keine Meldung über die Stallvisitation erstatte. Der Unteroffizier antwortete in einem patzigen Tone:„Wenn Sie Meldung haben wollen, können Sie ja selbst umeinander gehen I" Das Kriegsgericht der I. Division in München verurteilte den Unteroffizier Nepp wegen erschwertem Ungehorsam vor versammelter Mannschaft zu zwei Monaten 15 Tagen Gefängnis; von einer Degradation wrrrde abgesehen.—_ Der Angriff gegen Hendrik Witboi steht bevor. Amtlich wird gemeldet: Die Versammlung der Truppen zum Angriff auf Hendrik Witboi war am IS. August beendet. Es standen an diesem Tage: 1. die Abteilung Maercker(2. Kompagnie, 4 Geschütze) in Gegend von Maltahöhe. 2. die Abteilung Meister mit 2 Kompagnien. 4 Geschützen und 2 Maschinengewehren am unteren Hudup, mit 1 Konrpagnie in Gibeon, 3. die Abteilung E st o r f f mit 3 Kompagnien und 4 Geschützen am unteren Leberfluß, mit 1 Kompagnie und 2 Geschützen bei Asab. 4. die Abteilung Langerke<2 Kompagnien, 4 Geschütze) am Kanibeb bei Hornkranz. 5. die Abteilung Koppy(1 Kompagnie, 2 Geschütze) in Chamis. Geireralleutnanr v. Trotha ist in B e r s e b a eingetroffen und beabsichtigt, zunächst die Gegend zwischen dem Hadup und dem Kutip und Kanibeb sowie das Zarisgebirge mit Aufklärungsabteilungen abzusuchen. Die bisherige Aufklärung hat ergeben, daß die Gegend des Tsacheib, wo Hendrik Witboi zuletzt vermutet wurde, vom Feinde frei ist, dagegen weiter südlich sich zahlreiche Hottentottenbanden befinden. Major Traeger befand sich nach den Gefechten am unteren Fisch- fluß gegen Cornelius in der Gegend von Gaibes. Am unteren Fisch- fluß wurde kein Gegner mehr gefunden, dagegen zeigten sich westlich Warmbad zahlreiche Hottentotten. Major Traeger marschierte daher über Haib— Warmbad— RamanSdrift und erreichte endlich am IS. August in der Gegend südwestlich Gaobis eine feindliche Abteilung, anscheinend unter Cornelius und Morris, die er angriff und in sechs- stündigem Gefecht in der Richtung auf das Haib-Revier zurückwarf. Auf unserer Seite fielen 2 öffizicre, 1 Reiter; 3 Reiter wurde» verwundet. » Berlin , 26. August. Ein Telegramm aus Windhuk meldet: Vizewachtmeister Otto Freiherr von Speth- Schülzburg, geboren ani 26. Februar 1883 zu Schönthal , hat sich am 26. August 1965 bei Tsumrs infolge eigener Unvorsichtigkeit durch einen Schuß in den Unterleib verwundet. • Hamburg , 26. August. Der Dampfer„Professor Wörmann" ist heute mittag am Pctersenkai eingetroffen. Er brachte siinf Offiziere und 59 Mann, Kranke, Verwundete und Rekonvaleszenten, in die Heimat zurück. Der Transport lvurde von Hauptmann Böttlin ge- führt._ Trotha künftiger Kommandant der Kolonialarmee. Die„ N. milit.-p olit. Korr.", die durch hohe mili- tärische Stellen in Berlin mit Nachrichtennraterial versehen wird, weiß bereits zu melden, wie Trotha späterhin verwandt werden soll. Er sei auserfehen, an die Spitze einer zu schaffenden Kolonial- nrmce zu treten. Die genannte Korrespondenz schreibt: Ueber die nächste militärische Zukunft des Oberkonrman- dicrenden in Südwestafrika find seit der Ernennung des Gouverneurs von Lindeqnist zahlreiche Versionen verbreitet worden, von denen jedoch keine über den Wert einer— meist unwahrscheinlichen— Ausstreuung hinausreicht. Es dürfte fest- stehen, daß noch in diesen Tagen die von General - leutnant v. Trotha persönlich geleitete, konvergierende Aktion gegen die Aufständischen im Süden beendet sein wird, und daß der Draht in aller- nächster Zeit von einem größeren Gefecht berichtet. Die etwa notwendige Verfolgung des— wie man annimmt— geschlagenen Feindes sollte dann einzelnen Unterführern überlassen bleiben; der Oberkommandierende selbst wird nach Windhuk zurückkehren und die Heimreise nach Deutsch land antreten, noch ehe der neuernairirte Gouver- ireur in Swakopnrund eintrifft. Auch«ach einem längeren Erholungsurlaub würde, wie behauptet worden ist, Generalleutnant v. Trotha keinesfalls für den Posten eines kom- mandierenden Generals in Frage kommen, da er erst seit 1963 die Stellung eines Divisionskommandeurs inne hat und iin Dienstalter noch weit in der Liste der Generalleutnants zurück- steht. Eine viel größere Wahrscheinlichkeit dürfte eine Kombinafton haben, der zufolge General v. Trotha späterhiir an die Spitze einer zu schaffenden Kolonialarmee treten soll, obwohl ein solches Projekt noch nicht als spruchreif bezeichnet werden kann. Die Meldung der„N. milit.-polit. Korr." klingt gar nicht un- wahrscheinlich. Daß man demnächst an die Schaffung der schon längst projektierten Kolonialarmee herangehen wird, ist kaum zweifelhast. Die Situation für die Durchführung derselben ist ja so äußerst günstig. Zwar meint die„Voss. Ztg.". daß bei der Schaffung der Kolonialarmee doch auch der Reichstag ein„ge- wichtiges Wort mitzusprechen" haben werde, allein das sind nur hochtrabende Worte. Konservative, Nationalliberale und der weib- liche Freisinn sind von vornherein für eine Kolonialarmee zu haben und das ausschlaggebende Zentrum wird auch im letzten Augenblick wieder umfallen. Man wird die ultramontanen Herren schon mit Begünstigung der katholischen Mifsionstätigkeit zu ködern verstehen. Und Trotha wäre ja nach seiner südwestafrikanischen Tätigkeit gerade der rechte Mann für eine Kolonialarmee. Der„Schwöb. Merkur " hat seinerzeit den menschenfreundlichen Vorschlag gemacht, nach Ostasien eine Armee entlassener Sträflinge zu entsenden. Vielleicht macht das Blatt auch wieder für die Kolonialarmee diesen Vorschlag I—_ Sndwestafrikanische Indiskretionen veröffentlicht die„Zukunft". Die Tendenz des Artikels, dosten Spitze sich gegen Bülolv richtet und den Ausrottungsstrategeir Trotha in Schutz zu nehmen sucht, ist gleichgültig, einige Stellen des Artikels jedoch, die sich als wörtliche Auszüge aus Trothas Korrespondenz mit der amtlichen Berliner Stelle geben, verdienen Beachtung. Interessant für die Beurteilung der Lage in Südwestafrika ist z. B. die Stelle eines Trothaschen Schreibens, die lautet:„Die Lage ist durchaus nicht so, daß eine Beendigung des Aufstandes vor der Türe steht." Und diefes Schreiben soll von Ende Juli 1965 stammen! Ferner soll Trotha geäußert haben, daß nach Beendigung des Krieges noch 6000 Mann in steter Kriegsbereitschaft gehalten werden müßten! Ferner wird behauptet, daß in den ersten Septembertage» fchon wieder die vierfache Monatsrate der Ersatzmannschaft abgehen würde, also 566 Mann neuer Verstärkungen! Auch sei eS keineswegs ausgeschlossen, daß nach den Augustgefechten fdie ja jetzt für die nächsten Tage in Aussicht gestellt sind) Trotha nun wirklich Verstärkung sinr bülowofsiziösen Sinne Verstärkungen) und nicht nur „Ergänzung" der Schutztruppe verlange! Interessant sind auch die Hintveise auf die kolossalen Gewinn st e. die von den Reedern bei den Kriegstransporten eingestrichen werden. Die Firma Wörmann allein habe im Herbst 1964 für ihre in Siidtvestafrika auf Löschung wartenden Dampfer mehr als drei Millionen Mark Liegegelder erhalten. Daß die Reeder solche glänzenden Geschäfte gemacht haben, geht auch aus einem zweiten Artikel der Zeitschrift hervor, der Briefe eines in den Hottcntottenkämpfen gefallenen Offiziers wiedergibt. In einem dieser Briefe heißt es:- „Die Eisenbahn Swakopmund-Windhuk ist eine Feldeisenbahn, wie die Rübenbahnen an den großen Zuckerfabriken. Sie kann natürlich nicht annähernd die Güter zur Truppe bringen. Des- halb verdirbt der Proviant. Den Schiffen wird vom Staat für jeden Tag, den sie über vierzehn Tage auf der Reede liegen, eine hohe Konventionalstrafe gezahlt, die hoch in die Hunderttausende geht." Man versteht danach nur zu gut, weshalb gerade die hanseati- 'cheir Reeder und Pfeffersäcke so enragierte Freunde der Weltpolitik find. In je tollere Kolonialabentener sich da? Reich stürzt, desto üppiger blüht ihr Weizen I— Der Hunnenpastor Naumann gibt über die berüchtigten Trotha» Erlasse folgendes Urteil ab: „Wir haben nichts gegen Energie. Aber daß er Proklamationen ausgehen läßt, in denen er Weiber und Kinder bedroht, ist verwerflich. Er selbst nimmt im Truppenbefehl diese Pro- klamation zur Hälfte wieder zurück, aber was dann noch übrig bleibt, ist nur der Man», der gewaltig mit den Ge- wehren klappert und dessen Telegramme recht arm an Er- folgen sind." Wenn man Tausende von Frauen und Kindern in die Wüste treiben läßt, damit sie dort verschmachten, und wenn man befiehlt, wehrlose, waffenlose Eingeborene niederzuknallen, so ist das nur ein Klappern mit dem Gewehr! Der Hunnenpastor ist also seit dem China -Abenteuer der Alte geblieben!— Die„Breslauer Zeitung" teilt ihren Lesern nunmehr mit, daß der„Vorwärts" die überraschende„Mitteilung" gemacht habe, daß gerade der„schönste" von ihm zitierte Ausdruck„schmutzige Hnnde" statt„schmutzige Hände" ein Druckfehler sei. Das Blatt hütet sich aber, seine Leser durch Wiedergabe seiner ganzen„Schimpfliste" in den Stand zu setzen, sich über deren Schönheit und über die Un- geheuerlichkeit der Behauptung der„Bresl. Ztg.", der„Vorwärts" habe die Schimpfliste überhaupt gefälscht und die Buchstaben- Verwechselung sei nur ein B e i s p r e l der vom„Vorwärts" „sportlich" getriebenen„Fälschungen", selbst ein Urteil zu bilden! Die Polemik gegen solches Pretzgeziefer hat Heine einmal drastisch gekennzeichnet: „Doch der schrecklichste der Schrecken Ist der Kampf mit Ungeziefer, Das Dnell mit einer Wanze, Die noch stinkt, wenn man sie tottritt/ HuelancL Schwedische Stimmungen. Göteborg , 22. August.(Eig. Ber.) Kommt man von Norwegen nach Schweden hinüber, so fällt einem sofort auf, daß die Schweden keinen Sinn für eine„reine" Flagge haben: überall prangt noch das Unions- zeichen mit den Farben des Brudervolkes in der einen Ecke der blau-gelben Schwedenfahne. Für Schweden ist die Union nicht aufgelöst und man versteht es vielfach nicht, warum die Norweger dieses realpolitische Verhältnis ihrerseits gelöst haben, ein Verhältnis, das doch in der geographischen Lage der beiden Länder begriindet ist und offenbar viel dazu bei- getragen hat, daß sich beide Staaten wie kein anderes Land Europas nun fast ein Jahrhundert lang ungestörten Friedens erfteuen und sich den Werken der materiellen und ideellen Kultur widmen konnten. Hat doch selbst bei den jetzigen Konflikte der König sich so benommen, daß in Norwegen der Gedanke auftauchte, ihm dem Nobel-Friedenspreis, dessen Verteilung Sache Norwegens ist, zu überweisen. Eine gewisse Berechtigimg kann man dem Gedanken nicht absprechen, viel mehr berechtigt wäre es aller- dings, wenn man den Friedenspreis der Sozialdemokratie beider Länder überweisen wollte. Auf des Königs Friedens- wort pfeifen die„vaterländischen" Großschweden. Seine Macht erkennen sie nur an, wenn er ihren Willen tut, mit der Arbeiterpartei aber müssen sie rechnen wie mit einer wirklichen Macht, die über die gewaltigsten Mittel zur Ver- teidigung des Friedens verfügt. Hier in Schweden ist es eigentlich lediglich der unermüdlichen Friedensarbcit unserer Parteigenossen zu danken, daß die schmählichen Kriegs- Hetzereien der„Vaterländischen" ihre Wirkung verfehlen. Hoffentlich wird es auch der norwegischen Sozialdemokratte gelingen, ihrer Ansicht über die Schleifung der Grenz- festungen, verbunden mit einem sicheren Schiedsgerichts- verttag, zum Siege zu verhelfen, wenn auch der alte „Friedensapostel" Björnson die Forderung des schwedischen Reichstags„gewaltsam" nennt und eine schwere Kränkung der nationalen Ehre darin erblickt.„Die Schleifung der Grenzfestungen ist uns Schweden Millionen wer t", erklärte mir gegenüber gestern Redakteur L i n d b l a d vom hiesigen Parteiorgan„Ny Tid". Und das ist keine Ueber- treibung. Hunderte von Millionen werden die„Vater- ländischen" aus den Taschen des schwedischen Volkes ziehen, wenn die norwegischen Festungen bestehen bleiben, um Gegen- maßregeln zu treffen. Und mit demselben Recht können auch die Norweger sagen, daß sie viele Millionen sparen, wenn sie auf diese schwedische Forderung eingehen. Wie das offizielle Schweden mit der Forderung der Volksabsttmmung der Sache der Demokratie wider Willen einen guten Dienst geleistet hat, so nicht minder mit jener Forderung, die mrr zum Wohle beider Völker, dem Militarismus in beiden Ländern nur zum Schaden gereichen kann. Noch hat die Bourgeoisie in Schweden die unbeschränkte Macht in Händen, und hat man das schändliche System der polittschen Rechtlosigkeit, das hier herrscht und das die Bourgeoisie mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten sucht, erkannt, so ist es leicht verständlich, daß selbst unsere Partei- genossen in Norwegen sich für die Union mit einem derartigen Staatswesen schönstens bedanken. Im rrächsten Monat soll bekanntlich die Zweite Kanrnrcr des schwedischen Reichstags neu gewählt werden. Sie hat unter anderem auch die Aufgabe, dem schwedischen Volk ein neues Wahlrecht zu geben. Ob es bei der Wahl gelingen wird, eine größere Anzahl von Parteigenossen als bisher hineinzubringen, erscheint zweifelhaft. Die Bourgeoisie hält offenbar die große Aussperrung in der Metall- indrrstrie auch zu dem Zweck aufrecht, den Ausgesperrten die Zahlung ihrer Steuern unnröglich zu machen, Zehntausenbe, die sonst wahlberechtigt wären, wahlrechtslos zu machen. Es ist dies ein schändliches Verfahren, aber wie der Sozialdemokratte alles zum besten dient, jo wirkt auch diese Brutalität der Kapitalisten dahin, daß die Arbeiter erkennen, wer ihre Feinde sind und daß sie die Aufgabe haben, sich immer fester zu organisieren, um schließlich doch die Sieger zu bleiben. Frankreich . Die Krise der Pariser ArSeitSiörse. Paris , 23. August. sEig. Ber.) Der Seinepräfckt ist jetzt zur schneidigen Attacke übergegangen. Vor einigen Monaten hatte der Gelverkschaftsverband des Seine- departements die Gewerkschaft der weiblichen Typographen aus sehr guten Gründen— diese Organisation hatte Streikbrecherinnen in die Provinz geschickt— arrsgeschlossen. Die Administrativ-Koinmiffion der Arbeitsbörse ließ darauf daS Bureau dieser Gewerkschaft sperren. Der ausgeschlossene Verein reknrierte und erzielte in letzter Instanz beim Staatsrat eine günstige Entscheidung. Aber die Organisationen der Arbeitsbörs« ließen sie unbeachtet und die Typographinnen be- kamen ihr Lokal nicht zurück, bis sie sich an die eben ernannte provisorische Verwaltungskommission wendeten, die ihre Eingabe dem Präfekten übermittelte. Dieser, froh über den Vorwand zum gewalrsamen Vorgehen, beauftragte den von ihm bestellten Verwalter der Gebäude, den Thpographinnen ihr altes Bureau wieder zu über» geben. Als gestern diese Amtshandlung vorgenommen werden sollte» stieß der Beamte auf einen passiven Widerstand. Die Türe war
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