8t. 206. 22.2. Btilaje l» Lmilrk" fnliiut loMlattSonntag. 3. September IM.31./12.1903.Wirtschaftlicher Wochenbericht.Berlin, den 2. September IVOS.Japans Wirtschaftslage beim Friedensschluß.Die Börse und der Friedensschluß.— Kapitalistische Auffassung der russischenFinanzlage.— Japans Verschuldung.— Japans Budget und Zinslast.—Einlommen der japanischen Bevölkerung.— Industrielle Ansätze.— Rück-ständigkeit der japanischen Landwirtschast.— Japans passive Handelsbilanz.Arage der letzten Wochen:„Welches Ergebnis werdendie japanisch-russischen Friedensverhandlungen haben?" ist cnt-schieden. Ter Friede ist geschlossen. Mit einer stürmischen Haussehat die Börse aller wichtigeren� europäischen Handelszentren das Er-eignis begrüßt, obgleich sie schon vorher zuversichtlich auf einenbaldigen Friedensschluß gerechnet und diese Auffassung bereits inletzter Zeit mehrfache Kurssteigerungen der russischen wie japanischenWerte bewirkt hatte Am stärksten war die Aufwärlsbewegung inden russischen Staatspapieren und Eisenbahnprioritäten. Ihr Kursstieg am Mittwoch durchweg um lll-h bis 4 Prozent und hat in denletzten Tagen weiter angezogen, so daß sich z, B. für die wichtigstenrussischen Rentenwerte im Vergleich zum 31� Dezember des Jahres1903, als noch die Kurse sich völlig unbeeinflußt von dem am Horizontheraufziehenden Kriegssturm gestalteten, folgende Kursstellungen er-geben.;Diens- Mitt- Frei-tag woch lag29/8. 30./8. l./i).4proz. konsolidierte Anleihe(1880) 98,00 87,90 92,50 92,50g'/zproz. Goldrente(1894)... 93,00 80,30 83,90 86,253proz. Goldrente(1896).... 81,25— 76,00 79,254proz. lons. Eisenbahnanl.(1889). 98,60 87,80 91,30—Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich für die russischen Eisenbahn-Prioritäten. Im ganzen stehen heute die russischen Staatsrentenwi» die Eisenbahnwerte nur noch um 3 bis 7 Prozent unter demZhirs, mit dem sie in das neue Jahr 1904 eintraten.Weniger günstig hat der Friedensschluß auf die japanischenRentenwerte eingewirkt. Sie haben seit Dienstag ihren Kursstandnur um 1�4 bis 2 Prozent erhöht. Es notierten z. B.:a. 31. 12. Dienst. Mittwoch, Freitg.,1903 d. 29. 8. d. 30. 8. d. 1. 9.4-proz. Japaner von 1899 77 Wz 88'/« 89� 90»/,Neue 4'/g-proz.(Tabaks-) Anleihe— 93,30 94,60 94,90Beim Vergleich muß allerdings in Betracht gezogen werden, daßdie japanischen Werte schon während der letzten Monate nicht un-beträchtlich gestiegen sind. Der Kurs der 4 prozentigen Japaner von1899 fcntte z. B. am 31. Dezember letzten Jahres den Höhestand, mitdem er in das Kriegsjahr 1904 eingetreten war, noch immer nichtwieder erreicht; er stellte sich nur auf 7614 Prozent. Nachdem dannaber Japan mehrere bedeutende Erfolge errungen und auch Mulden,die mandschurische Kaiserstadt, in die Hände der japanischen Truppengefallen war. stieg bereits ultimo März dieses Jahres der Kurs auf8594 Prozent.Diese Bevorzugung der russischen Werte durch die Börse isthöchst charakteristisch dafür, wie man in kapitalistischen Kreisen dieFinanzlage beider Staaten und ihre wirtschaftlichen Entwickelungs-chancen einschätzt. Ruhland hat die Partie verloren; es hat seineRolle im Gelben und Japanischen Meer ausgespielt, die im-perialistischen Anstrengungen der letzten Jahrzehnte haben sich alsnutzlos herausgestellt und in seinem Innern gewinnt stetig die Re»volution an Terrain, trotzdem bewertet die Börse die russischen 4 pro-zentigen Werte höher als die Japans, das bewunderungswürdige B«»weise seiner inneren Festigkeit, seiner Energie geliefert hat, unddas durch seinen Sieg nicht nur Korea, ein wertvolles Ländergebietvon über 200 000 Quadratkilometern, sondern zugleich eine domi-nierende Stellung in den ostasiatischen Gewässern gewinnt.Zum Teil erklärt sich diese gute Meinung der Börse aus demEinfluß der an der Hochhaltung der russischen Kurse starkinteressierten Bankfinanz; doch kommt noch ein anderes wichtigeresMoment hinzu: die Unterschätzung der russischen revolutionärenBewegung in den kapitalistischen Kreisen Westeuropas. Nach derenAuffassung ist durch die Beendigung des Krieges die schwerste Gefahr.die den russischen Finanz- und Wirtschaftsverhältnissen drohte, glück-lich abgewendet. Die revolutionäre Gärung vermag nach dieserAnsicht wohl das heutige Regierungssystem, die Existenz des Abso-lutismuS zu gefährden, aber auf das Wirtschaftsleben und seineEntWickelung hat sie, wenn sie auch zeitweilige Störung einzelnerProduktionszweige verursachen kann, nur geringen Einfluß. Manhält in jenen Kreisen ein Fortwursteln der heutigen Bureaukratiefür unwahrscheinlich und rechnet ziemlich bestimmt mit der Ein-setzung einer sogenannten liberalen Regierung. Aber man sieht ineinem solchen Wechsel des Regierungssystems keinen Nachteil fürdie Gestaltung der Finanzlage, sondern einen Vorteil, indem manvon der Ansicht ausgeht, daß jede solche Regierung, mag sie nunetwas mehr oder weniger liberal sein, mag in ihr der Einfluß desliberalen Grundadels, der bürgerlichen Geschäftsleute oder desliberalen Advokaten- und Professorentums überwiegen, gar bald inRücksicht auf die Konsolidierung ihrer eigenen Herrschaft genötigtsein wird, das russische Reich auf eine bessere finanzielle Grundlagezu stellen. Jede solche Regierung wird sich alsbald vor die Aufgabegestellt sehen,— schon aus dem Grunde, um die wirtschaftlichenExistenz- und Erwerbsbedingungen der hinter ihr stehenden be-sitzenden Klassen zu sichern—. die Heeresmacht wieder herzustellen.eine neue Marine zu schaffen. Eisenbahnen zur Erleichterung derProduktenausfuhr zu bauen, die Goldwährung zu sichern, den Kreditzu heben usw. und als Mittel zu diesen Zwecken einerseits die Ver-geudung der Bureaukratie einzuschränken, andererseits neue Steuer-quellen zu erschließen. Der Sieg des konstitutionellen Gedankensbedeutet also Herstellung einer gesunderen Finanzlage, Ausbau derVerkehrsmittel, Vermehrung der Staatseinkünfte— und gegenderartige Revolutionserfolge hat die europäische Handels- undFinanzbourgeoisie absolut nichts einzuwenden, zumal bei der Durch-fuhrung dieser Aufgabe auch für sie mancher einträgliche Auftragabfallen würde. Deshalb auch die offene Sympathie fast der ge-samten westeuropäischen Handelspresse mit der revolutionärenBewegung in Rußland— soweit diese sich auf die Erringung einerliberalen Verfassung richtet, während die Streiks der industriellenArbeiter zur Durchsetzung spezieller Arbeiterforderungen und dieRevolten der Bauern gegen den Grundadel als unvernünftigeStörungen des Fortschrittes der Verfassungsbewegung empfundenund als blindes Wüten einer undisziplinierten Masse geschildertwerden. Ob diese Auffassung richtig ist, ob der Versuch einerliberalen Regierung, neue Steuerquellen zu erschließen, d. h. denArbeitern, Bauern und unteren bürgerlichen Erwerbsschichten neueLasten aufzuerlegen, nicht unter den gegebenen Verhältnissen zueinem Sturz des liberalen Regimes führen muß, darauf kommtes hier nicht an; Tatsache ist, daß der größte Teil unserer kapita-listischcn Kreise, soweit er sich überhaupt mit den russischen Finanz-Verhältnissen beschäftigt, von jenem Standpunkt auS die Frage betrachtet, und diese Ausfassung seine Stellung zu den russischen Vor-ganzen bestimmt.Tagegen wird von der Finanz, der deutschen wie der englischenund französischen, die Wirtschaftslage Japans ziemlich ungünstigeingeschätzt, wofür schon die Tatsache, daß Japan trotz seiner großenKriegserfolge für seine im März und Juli«ufgenommene 4'4pro.zentige 60 Millionen Pfund Sterling-Anleihe seine Einkünfte ausdem neugeschaffenen Tabakmonopol verpfänden mußte und doch fürnominell 100 Pfund Sterling nur 85>4 Pfund Sterling von den dieAnleihe übernehmenden Banken erhielt, einen genügenden Beweisliefert. Und diese Beurteilung der japanischen Finanzlage ist, wieblich mao auch immer die Energie des iapanischkn Volles M feineim Februar 1904,. Mai 1904„ Juni 1904., Oktober 1904„ Novemb. 1904„ Februar 1905„ März 1905„ April 1905„ Juli 1905späteren wirtschaftlichen Aussichten einschätzen mag, nicht nn-berechtigt. Japan tritt keineswegs unter günstigen finanziellen Be-dingungen in die neue Aera ein, die der vollzogene Friedensschlußeröffnet. Die Schuldenlast des wenig kapitalkräftigen Landes hatsich während der Kriegszeit enorm gehäuft, und auf die erhoffteKriegsentschädigung hat es verzichten müssen— leider, denn dieZahlung einer solchen Entschädigung würde das herrschende russischeSystem dem Abgrunde weiter entgegen getrieben, Japan aber seinehistorische Aufgabe, die Industrialisierung seines eigenen Gebietesund im weiteren Ostasiens, wesentlich erleichtert haben.Als der Krieg begann, hatte Japan eine Anleiheschuld von565 Millionen Jen(zirka 1186 Millionen Mark), von dieser Summekamen etwa 350 Millionen Den auf innere, der übrige Teil auf Aus-landsschulden. Der Krieg hat diese Schuldenlast beträchtlich erhöht,denn es sind folgende Anleihen aufgenommen worden:100 Mill. Den I. innere........100„„ n. innere öproz......10 Mill. Pfd. Sterl. 6proz. kurzfrist. Schatz-scheine London u. New Dort, auf Zölle80 SDiill. Den III. innere.......12„ Pfd. Sterl. II. 6proz. Schatzanleiheauf Zölle in London u. New Dork..100 Mill. Den IV. innere, 6proz.....30„ Pfd. Sterl. 4'/,proz. I. Tabakanleihe100„ Den V. innere 6proz......30„ Pfd. Sterl. 4'/,proz. II. TabakanleiheDurch diese Anleihen ist die Verschuldung Japans auf ungefähr1870 Millionen Den(3927 Millionen Mark) gestiegen. Davonschuldet es dem Auslande über 1000 Millionen Den, für die esjährlich etwa 53 Millionen Den(159 MillionenMark) zur Verzinsung aufwenden muß, und rechnetman die Zinsen für die innere Schuld hinzu, so ergibt sich eine Be-lastung des Budgets mit etwa 100 Millionen Den.Nun wird allerdings Japan, wenn auch keine Kriegsentschädi-gung, so doch von Rußland die Verpflegungskosten für die gefangengenommenen russischen Truppen zurückerstattet erhalten. China wirdferner voraussichtlich mit Hülfe Englands gezwungen werden, Japandie mit russischem Gelde erbaute mandschurische Eisenbahn abzukaufenoder ihm irgendwelche sonstigen pekuniären Vorteile zu gewähren.Außerdem hat Japan im Felde manch wertvollen russischen Besitz er-obert. Wie hoch sich für diese„Ertoerbungen" der Ertrag belaufenwird, läßt sich kaum abschätzen; einige hundert Millionen Den werdenschon herauskommen. Andererseits soll allerdings die japanische Re-gierung in letzter Zeit zahlreiche Bestellungen im Auslande gegensechs Monate laufende Wechsel gemacht haben, die natürlich eingelöstwerden müssen. Zieht man alles dies in Betracht, dann ergibt sichals Friedenszugabe immerhin noch eine Schuldenlast vonüber 394 Milliarden Mark und eine jährlicheZinslast von beinahe 200 Millionen Mark.Das ist für ein industrielles westeuropäisches Land nicht viel.Preußens Verschuldung beträgt reichlich das Doppelte; aber die Einkünfte seiner Bevölkerung und sein Nationalvermögen sind auch un-gleich größer. Japan hat während des Krieges durch stärkste Auziehung der Steuerschraube, ferner durch Einführung desTabaks-, Kampfer- und Salzmonopols seineEinnahmen aufs äußerste gesteigert, dennoch er-geben sich für die drei letzten Jahre nach den Budget-Voranschlägennur folgende Einnahmen:in Den1903/1904 1904/1905 1905/1906Ordentliche Einnahmen. 224 180 699 281 174 570 296 938 694Außerordentl. Einnahmen 36 040 059 12 326 367 8 728 496Gesamt-Einkünste 260 220 758 293 500 937 305 667 190Davon hatten zu liefern:Steuern und Zölle 146 163 363 194 041011 196 101 843Staatseigentum. 55 702 067 62192023 74112 893Rechnet man, daß Japan sich in nächster Zeit darauf angewiesen sehen wird, die Ausrüstung des Heeres und der Marinegrößtenteils zu ergänzen, so kommt man zu dem Resultat, daß selbstbei größter Sparsamkeit eine Einnahme von 300 Millionen Dennicht genügen wird, erfordert doch allein die Verzinsung der Staats-schuld zirka 90 Millionen Den, so daß für andere Zwecke nur noch210 Millionen übrig bleiben. Schon die Aufbringung von300 Millionen Den jährlich bedeutet aber eine B e-lastung des Einkommens der japanischen Be-völkerung mit mehr als 20 Proz. Nach der vom De-partement für Agrikultur und Handel für die Weltausstellung inSt. Louis herausgegebenen Schrift„.Japan at the bcginning oftlie 20t ti Century"(Japan am Anfang des 20. Jahrhunderts) be-trägt der Wert der gesamten landwirtschaftlichen JahresproduktionJapans 1000 Millionen Den, der Wert der industriellen Produktioni Handwerk-, Fabrik-, Bergwerksbetrieb, Schiffbau usw.) 644 Mill.Den, d. h. mit Einschluß des Wertes der verarbeiteten Roh- und Halb-stoffe. Rechnet man diese vom Gesamtwert ab und zieht ferner denVerschiß an Arbeitsmitteln in Betracht, so kommt man unter Hinzu-zählung der Erträge der Fischerei- und des Schiffahrtsbetriebes aufein Einkommen von höchstens 1400 Millionen Den. Der recht opti-mistische Graf Okuma hat denn auch jüngst in einer Berechnungnur ein Gesamteinkommen der japanischen Bevölkerung von 1500Millionen Den herausgebracht. Angenommen, diese hohe Summewäre richtig, so ergibt sich immerhin für die einzelne Person nurein Durchschnittseinkommen von jährlich 3394 Den oder7 0 M a r k, für eine Familie von fünf Personen 350 Mark. Davonhat aber diese allein an Staatsabgaben(ohne Lokalsteuern) zirka70 Mark zu tragen.Dazu kommt, daß, wie schon die obigen Zahlen beweisen, dieEntWickelung der Klein, und Großindustrie doch im ganzen nochimmer recht rückständig ist und sich außerdem nur mittelmäßigrentiert. Die Kohlenproduktion Japans beträgt z. B. noch nicht7 Proz. der deutschen Förderung, und die japanische Eisenproduktionnoch nicht 94 Proz. der deutschen. Selbst die japanische Schiffahrt,der Stolz der Japaner, hat nur infolge der großen Staatsunter.stützungen ihre jetzige Höhe erreicht. Die Handelsflotte bestand zwarzu Anfang 1903 aus 3977 Segelschiffen und 1141 Dampfern euro-päischer Bauart mit einem Gesamtgchalt von 944 458 Tonnen, er-reichte also fast die Größe der italienischen Kauffahrteiflotte; abersieht man näher zu, dann stellt sich heraus, daß die großen Reedereienin den letzten Jahren fast doppelt so viel an Subvention erhielten,wie sie an Dividende verteilt haben.Japan ist noch immer fast reines Agrarland; aber auch die land-wirtschaftliche Produktion ist bei aller Intensität im einzelnen eineprimitive und macht nur geringe Fortschritte. Der Anbau vonReiS, Gerste, Tee hat im letzten Jahrzehnt nur sehr wenig zuge-nommen, der von Indigo, Tabak, Baumwolle sogar abgenommen;beträchtlich vermehrt hat sich nur der Anbau von Kartoffeln, Batatenund Hülsenfrüchten. Dazu kommt, daß auch die Viehwirtschaft aufsehr niedriger Stufe steht. Nach der Zählung vom Jahre 1900 kamenauf je 100 Einwohner in Japan: 3,4 Pferde, 3,3 Rind«,1,8 Schweine, keine Schafe; in Deutschland 7,4 Pferde, 33,6 Rinder,29,8 Schweine, 17,2 Schafe. Trotz des starken Ueberwiegens derlandwirtschaftlichen Produktion führt denn auch Japan nur wenigAgrarprodukte auS; seine HauptauSfuhrartikcl sind Seide, Seiden-oewebe, Baumwollgarne, rohe Baumwollgewcbe und Mineralpro-»ukte. Daher die eiaenartiae Erscheinung, daß, während s»nst dieAgrarstaaten, z. B. Rußlan», Rumänien, Serbien, Mexiko, Argen»tinien, Chile, Australien usw. eine aktive Handeisbilanz haben,d. h. der Wert ihrer Ausfuhr den der Einfuhr übertrifft, JapansExport beträchtlich hinter dem Import zurück-bleib t. Nach der japanischen Statistik betrug in den Jghren1S96/1904 die Km- und A'lSfuhr des Jnselreichesi1896.1897.1898.1899.1900.1901.1902.1903.1904.Weder soll die Entwickelungsfähigkeit des japanischen Wirk»schaftslebens, noch die Bedeutung des japanischen Sieges für denFortschritt Ostasiens zum Kapitalismus bestritten werden; es sollnur gezeigt werden, daß vorläufig Japan noch immer ein halb-feudaler, selbst in agrikultureller Hinsicht wenig ent-wickelter Agrarstaat ist und deshalb jene Hoffnungen,die mit einer baldigen Herrschaft des Kapitalismus inOstasien rechnen, verfrüht sind. Solche Hoffnungen dürften baldebenso enttäuscht werden wie die großen Erwartungen, die bei derBeendigung des Burenkrieges vielfach in bezug auf die kapitalistischeEntWickelung Südafrikas ausgesprochen wurden. Porerst hat Japannoch mehr als genug zu tun, um seine eigene rückständige Pro-duktion und die des koreanischen Gebietes zu entwickeln: eine Auf-gäbe, die es kaum aus eigener Kraft ohne die Hülfe fremdep Kapitalslösen können wird. T»t.Vernrirchtcs.Die Cholera.lieber die von der Regierung getroffenen Mahnahmen zur Be-kämpfung der Cholera bringt der„Staatsanzeiger" folgende Mit-teilungen:Am 28. August hat im Kultusministerium eine Beratung überdie Bekämpfung der Cholera stattgefunden, an welcher Vertreterder Reichsbehörden und der zuständigen preußischen Ministerien teil»genommen haben. Es wurde die Einführung einer allgememen ge»sundheitlichen Ucberwachung des Schiffs- und Floßverkchrs auf derWeichsel, Brahe, dem Bromberger Kanal und der Netze bis zur Ein-mündung in die Warthe befürwortet. Die Ueberwachung ist auchsofort seitens der zuständigen Minister angeordnet, und der Ober»Präsident der Provinz Westpreußen zum Staatskommissar für daSStromgebiet der Weichsel und der Regierungspräsident in Brombergzum Kommissar für das Gebiet der Brahe, der Netze und des Brom-berger Kanals ernannt worden. Zugleich sind in den beteiligtenRegierungsbezirken die umfassendsten Bekämpfungsmaßregeln an-geordnet. Die Anzeigepflicht für Cholera- und choleraverdächtige Er-krankungen und Todesfälle ist in Erinnerung gebracht, die obliga-torische Leichenschau in den Stromgebieten der Weichsel, Brahe undNetze eingeführt, vor dem Genutz des Wassers der Ströme und vordem Baden in ihnen gewarnt, es sind die vom Bundesrat aufgestelltenRatschläge an praktische Aerzte und die gemeinverständlichen Be»lehrungen für die Bevölkerung und für Schifter erteilt und Strom-überwachungsstellcn unter Leitung von Aerzten an zwölf Stellendes Weichselstromes(Schilno, Schulitz, Kulm, Graudenz, Kurzebrack.Piecken, Dirschau, Einlage, Plehnendorf, Danzig, Marienburg.Platenhof) und an vier Stellen der Netze(Nakel, Weißenhöhe, lischund Czernikau) mit Unterkunftsräumen für Kranke und Verdächtigeeingerichtet worden. Bis zum 30. August sind insgesamt zwanzigcholeraverdächtige Erkrankungen gemeldet, von denenzwölf als Cholera bakteriologisch festgestellt wordensind, sechs davon haben tödlich geendigt. Je eine dieser Erkrankungengehört dem Gebiet der Warthe und Netze, die übrigen achtzehn ge-hören dem Weichselgebiet an. Die bisher festgestellten Fälle be-treffen Flößer, die in jüngster Zeit aus Rußland gekommen sind.sowie Personen, welche mit solchen Flößern in unmittelbarer Be-'rührung gestanden haben.Leider ist eine weitere Zunahme der Choleraerkrankungenerfolgt.Beim Jnfanterie-Regiment Nr. 21 in Thorn sindzwei Cholerafälle festgestellt worden. Ein 78 Jahre alter Greis inThorn ist an Cholera gestorben. In Schleusenau bei Brombergist ebenfalls ein choleraverdächtiger Fall gemeldet. Wie ans Marien-werder telegraphiert wird, ist bei einem in Neuenburg untercholeraverdächtigen Erscheinungen verstorbenen russischen Flößerasiatische Cholera festgestellt worden, ebenso bei einer vorgestern inKulm erkrankten Frau, bei einem dort erkrankten Kinde und beieinem auf einer Traft verstorbenen russischen Flößer. Neu erkranktist ein Flößer bei Jagowshöhe. Erst jetzt wird bekannt, daß der am28. August in Thorn verstorbene Ortsarme LaSkowski ebenfalls derasiatischen Cholera erlegen ist. Die in demselben Hause wohnendenPersonen befinden sich unter ärztlicher Kontrolle.Die Beförderung russischer Auswanderer überHamburg ist von der Polizeibehörde im Hinblick ans die vonRußland gemeldeten Cholerafälle bis auf weiteres untersagt. DieHamburg-Amcrika-Linie hat infolgedessen Anordnungen getroffen,daß russische Auswanderer bis auf weiteres nicht mehr nach Hamburggesandt werden.Von amtlicher Seite wird auS Hamburg mitgeteilt: Nebendem cholerakranken russischen Auswanderer, über den bereits be-richtet ist, war im St. Georgs-Krankenhause em Arbeiter unter-gebracht. Bei diesem ist, nachdem er isoliert worden war, ebenfallsCholera zum Ausbruch gekommen, doch scheint die Erkrankung nurleichter Art zu sein. Weitere Fälle sind nicht vorgekommen, Grundzur Beunruhigung liegt nicht vor.Von der amerikanischen Einwanderungsbehördeist eine Verordnung erlassen worden, nach welcher sich die nach denVereinigten Staaten von Amerika bestimmten ZwischcndeckSpassagiereder größeren Vorsicht halber 6 Tage vor Antritt ihrer Reise in denEinschiffungshäfen einzufinden haben.Lemberg. Die bakteriologische Untersuchung der im BezirkMielec erkrankten fünf Personen hat asiatische C ho le r a er-geben.Entdeckungen der GrsnlandSexpedition. Aus S t o ck h o l m wir«telegraphiert: Professor Nathorst hat einen Brief, datiert Reikjavik,den 24. August, von dem schwedischen Leutnant Bergendahl erhalten.welcher an der GrönlandLexpedition des Herzogs von Orleans teil»nimmt. Danach entdeckte man am 27. Juli, als man das Kap Bis-marck passierte, ein neues unbekanntes Land, auch zeigtesich, daß das Kap Bismarck auf einer großen Insel liegt, nicht aufdem Festland«, wie bisher angenommen wurde� Das Land wurdeso gut wie möglich kartographiert und erhielt den Namen Terre daFrance, darauf ging man weiter nordwärts bis zu 73 Grad 16 Mi-nuten. Weiter konnte mau nicht vordringen, worauf das Schiffwieder südofttvärts steuerte. Die Expedition wird am 10. Septemberin Ostende erwartet.Brandunglück. Freitag abend gegen 6 Uhr entstand im Kellereines Materialien- und Farbcngeschäftes in Köln eine schwerePetroleumexplosion. Von drei im Keller beschäfftgten jungen Leute»fand einer den Tod durch Ersticken, der zweite wurde schwerverletzt ins Krankenhaus gebracht und nur dem dritten gelang eS.noch rechtzeitig aus dem brennenden Keller zu fliehen.12v Jahre alt geworden ist, wie man dem„Giornaled'Jtalia" aus Mondrajona(Süd-Jtalien) schreibt, der Gr« smeindehirt des Ortes, Domenico Sciorio. Der Mann versah seine«'Dienst bis wenige Tage vor seinem Tode, lebte fast stets im Freienund ritt noch täglich etwa 14 Kilometer weit. Dem Alten, der aneiner akuten Krankheit gestorben ist, fehlte kein Zahn und er hattesich eine erstaunliche Sehschärfe bewahrt.