die Hand zu gehen, mir ihren Namen. Beruf ilnd Woh»aung u in gehend per Po st karte mitzutheilen.Drittens richte ich an alle Äerzte, Chemiker.Techniker. Statistiker und sonstige durch ihren Berufoder ihre Erfahrung Befähigten, welche Willens sind, sich mitihrem sachverständigen Rath und Hilfe an unserem Werke zu be>theiligen die Aufforderung, sich sofort mit mir in Verbindungsetzen zu wollen.Tie schreiendsten Uebelstände werden mir in unserem Partei-Organ veröffentlichen und uns von den städtischen und Polizei-Behörden, den Fabrikinspcktorcn und den parlamentarischenKörperschaften Beachtung und, soweit das innerhalb der heutigenGesellschaft möglich ist. Abhilfe erzwingen.Parteigenossen! Schon seit vielen Jahren verlangen dieVertreter der öffentlichen Gesundheitspflege eine regelmäßigeUebermachung aller sanitären Uebelstände in Berlin durch fach-verständige Gesundheits-Änsseher. schon seit Jahren trügt sich dieStadtverwaltung mit diesem Plane, aber bis heute verlautetenoch Nichts von seiner Verwirklichung, bis heute besteht die Ein-richtung nur ans dem Papier.Wohlan, zeigen wir den herrschenden Klaffen, daß die Ar-beiter im Stande sind, durchzuführen, wozu eS den städtischenBehörden anscheinend an Thalkrast mangelt, f o r in i r e n wireine Sanilätskolonne von Freiwilligen!Rüsten wir uns im Frieden, um im Kriegebereit zu seiniTr. Z a d e k, 3., Annenstr. 46.Eine Anzahl Genossen ans Wilmersdorf unternahmenam letzten Sonntag eine Agitationsreise nach mehreren Ort-schaften des Kreises Teltow. Des Morgens b Uhr wurde nachdem Anhalter Bahnhos Berlin abmarfchirt und von hier zuerstnach Großbeeren gefahren. Mit Munition, d. h. Broschüren,Flugblättern, Parteizeilungen u. s. w. hatten sich die Genossenzur Genüge verscheu. Das Wetter war dem Unternehmengünstig, das richtige„ßoheiizollcruwetier". Zuerst wurdeSputendorf„genommen". Um l) Uhr schon konnte dort mit derThätigkeit begonnen werden. Es gab eine ganz freundliche Auf-nähme, denn die Spntendorfcr sind auch schon angekränkelt vonden herrlichen sozialdemokratischen Ideen. Es war nicht noth-wendig, hier viel Munition zu verschwenden, die Leute sind mitgeeigneter Lektüre im Orte schon selbst versorgt, hier ist der An-sang längst gemacht und für das Weitere werden unsereSputendorser Freunde sorgen. In Schcnkendorf liegt unsereSache auch günstig. Eine drollige Episode passirteauf dem Wege nach Rudow. Der Herr Pastor kam unsin seiner vollen Würde entgegen gefahren. Wir traten an dasFuhrwerk heran und überreichten dem frommen Herrn in derhöflichsten Weise ein Exemplar des„Vorwärts" und einen„Wahren Jakob". Der Pastor war im ersten Augenblick etwas„paff", dann aber bequemte er sich dazu, die Zeitungen anzu-nehmen. Der Zufall hatte es gewollt, daß die Rückseite des„Wahren Jakob" gerade ein auf das selige Volksschul- GesetzBezug habendes Bild enthielt. Das wird sicher den HerrnPastor während der Dauer seiner Spazier- oder Amtssahrt an-gemessen unverhalten haben. Die Ortschaften Philipp-thal,Drewitz, Gütergotz und Stahnsdorf wurden nacheinander nachallen Regeln der Kunst„abgeklappert". Es war erfreulich, injedem dieser Orte schon Genossen anzutreffen, die in derivirkungsvollsten Weise vorgearbeitet haben. In diesen Gegendenbleibt für die Berliner kaum mehr viel zu thnn übrig. Die sindder schlimmen Sozialdemokratie mit aller Sicherheit verfallen.An der asiatischen Cholera ist gestern Vormittag imMoabiter Krankenlazareth auch der Kommis Kappel gestorben.Der Verlauf der Krankheit ist demnach hier ganz derselbe ge-wesen, wie in den übrigen fünf Fällen mit tödtlichem Ausgange;stets war dem Tode eine kürzere oder längere Periode des Bester-befindens vorangegangen. Was die vermuthete Ansteckung Kappel'sdurch ein Oberhemd des Kaufmanns Höuiger betrifft, so ist, wieans Ratibor berichtet wird, durch die dorligc Polizeibehörde jetztsestgestellt worden, daß Höniger in den lehren fünf Monaten inder That nicht in Hamburg gewesen ist. Doch hat ervon dort in der letzten Zeit Wein und Zigarren bezogenund thut das auch jetzt noch. Ob zwischen dieser That-fache und der Erkrankung Kappel's irgend eine Verbindungbesteht, wird sich schwer feststellen lassen. Erkrankungen untercholeraverdächtigen Erscheinungen sind der Sanitälskoinmissionvon gestern zu heule nur drei neu gemeldet. In allen diesenBällen liegt Brechdurchsall vor. Tasselbe ist der Fall bei einem.uartaner des Fricdrich-Werderschen Gymnasiums, wegen dessenErkrankung gestern Bormittag diese Klasse vorübergehend geschlossenwar. BesondereAufmerksamleit wird jetzt denWasserläufeii zugewandt.So ist aus Veranlassung des Reichs-Gesundheitsamts ein Dampferin Dienst gestellt worden, der mit einem Arzte an Bord auf derOberhavel beständig kreuzt, um die von Hamburg kommendenSchiffe und ihr Personal zu kontrolliren. Alle choleraverdächtigenPersonen werden in ein bei Havelhausen errichtetes Lazarethbezw. in das bei Oranienburg gelegene, zur Ausnahme vonKranken eingerichtete Menzel'sche Tanzlokal gebracht.lder<n»S Cholerafurcht plötzlich irrsinnig gewordeneGerichtsasseffor Hermann Kramer hat ebenso schnell seine Verstandes-kräste wiedererlangt und konnte gestern Abend als völlig geheiltaus der Charitee entlassen werden. Dies ist ein gewißseltener Fall.Jrsinnig. Nicht geringes Aufsehen erregte in der letztenNacht eine schivarzgekleidete Dame in der Dresdenerstraße. Sienannte sich Baronesse von Hohenstein und rief unausgesetzt nachder Kaiserin, deren Kousine sie sei. Als hierauf Polizeibeamteerschienen, theilte sie ihnen mit, sie habe plötzlich ihre Spracheverloren. Nun merkte man, daß man es mit einer Irrsinnigenzu thun habe. Sie wurde ans Anordnung des SanitätsraihsDr. Granier durch das L7. Polizeirevier der Charitee zugeführt.Die Persönlichkeit konnte noch nicht sestgestellt werden.Verhaftet wurde einer jener Schwindler, die mit Nepper-ringen operiren. Sie arbeiten gewöhnlich zu Zweien, kaufenTombakringe mit werthlosen Steinen und suchen diese in derNähe von Bahnhöfen Fremden als echte aufzuschwatzen. TerFestgenommene ist der Kellner Borchert.Ei« hiesiger Arzt ist wegen Verbrechens gegen keimendesLeben verhaftet worden.Schwindlern in die Hände gefallen ist wahrscheinlich am7. d. M. der Kutscher K. aus Westpreußen. Er war nach Berlingekommen, um Arbeit zu suchen und hatte vorläufig in der Pritz-walkerstraße Wohnung genommen. Am genannten Tage wurdeer auf dem Alexanderstraße von einem Herrn gefragt, ob er eineStelle suche. Auf die bejahende Antwort gab sich der Fragestellerals Bäckermeister zu erkennen und mielhete ihn als Kutschergegen ein Wochenlohn von 24 M. Der Dienst sollte sogleich an-getreten werden, und zur Sicherheit, daß dies geschehen würde,verlangte der Bäckermeister Uhr und Kette des Kutschers, diedieser auch unbedenklich hingab. Der neue Herr beauftragte danneinen in seiner Begleitung befindlichen angeblichen Hausdiener,dem Kutscher bei dem Transport der Sachen behilflich zu sein.K. holte aus der Pritzwalkerstraße seinen Koffer. Unterwegssiel ihm ein, daß er einen Rock zurückgelaffen habe und er batden vermeintlichen Hausdiener, auf ihn zu warten, bis er zurück-komme. Der Hausdiener war jedoch später mit dem 5ioffer ver-schwunden. Außer Kleidung und Wäsche enthielt der Koffer29 M. in Silbermünzen. D»e Wohnung seines„Herrn" hattesich K. nicht geben lasten.Von Krämpfen befalle» wurde gestern früh in der Hasen-Haide der Führer eines Steinwagens, er stürzte von seinem hohenSitze auf den Etraßendamm und entging nur mit Roth derGefahr, vom eigenen Wagen überfahren zu werden. Sein Gesichtzeigte eine blaue Farbe, so daß man einen Cholorafall konstatirenzu müssen glaubte. Der Bewußtlose, der sich in Schmerzen wand.wurde in das Kraukenhaus geschafft. Es wurde konstalirt, daßCholera nicht vorliegt.Feuer entstand in der letzten Nacht ans dem HamburgerNaugirbahnhof durch Entzündung eines Ballons mit Benzin,der auf einer Lowry stand. Man isolirte sofort den brennendenWagen.lieber ein gräßliches Unglück berichiet die„National-Zeitung" in ihrer Abendnnmmer vom 10. September:„Ineinem Glühofen verbrannt ist, wie erst jetzt bekannt wird, amMittwoch Morgen um 9 Uhr der Arbeiter Julius Thalmann beiden neuen Berliner Messtngiverken. In einem massiven Fabrik-räum befinden sich mehrere Glühöfen. Der Schlackcnfang, welcherdie durch die Roste fallenden Kohlen aufnimmt, befindet sich imKeller, während der obere Theil bis zum Rost zu ebener Erdeliegt. Der Cchlackenfang ist mit einer kaum einen halben Meterim Quadrat messenden Thür versehen und hat am Bodeneinen Wasserbehälter, der die herabfallenden Kohlenstücke zurVerhinderung von Feuersgefahr ausnimmt. Thalmannbesorgte an dem genannten Tage das Heizen einesOfens, der, obgleich rothglühend, nicht recht ziehen wollte undkroch, ohne daß es Jemand bemerkte, durch die enge Thür inden Schlackcnfang, um von unten durch den Rost hin-durch die Feuerung zu lockern. Die Folge davon war, daß diebrennenden Kohlen in Menge auf ihn hinabsielen, der sich in demengen Schachte kaum rühren konnte. Tie dumpf klingenden Hilfe-rufe wurden nun zwar gehört, doch Niemand ahnte, daß sie ausdem Ofen herauskommen könnten, und der von der Gluth über-schüttele Arbeiter erhielt keinen Beistand. Es blieb ihm nichtsübrig, als, am ganzen Leibe brennend und mit fast verkohltenGliedmaßen rückwärts langsam aus dem Loche zu kriechen, under hatte noch so viel Kraft, sich auf dem Hose unter eine Wasser-leitung zu stellen. Dann brach er zusammen. Im KrankenhauseBethanien ist er seinen furchtbaren Verwundungen erst nachfechsunddmßig Stunden erlegen.-Die Messing werke ver-l i e r c n in ihm einen sehr fleißigen und nüchternenArbeiter, der bei einem Wochenlohn von achtzehnMark mit der Hälfte davon seinen auswärtswohnhaften Vater unterstützte."Es ist von Interesse zu wissen, wie denn eigentlich dieFeuerungsanlage in jener Fabrik beschaffen sein mag. Da dasgransenhafte Unglück einem Arbeiter widerfuhr, den die�.National-Zeitung" selber als„nüchtern" bezeichnet, so wäre dieSache mit der üblichen Behauptung, das Unglück sei durch dei�„Leichtsinn" des Arbeiters verschuldet, diesmal jedenfalls nicht ab-gethan. Daß in der Aera der bürgerlichen Herrschaft ein Ar-beiter bei dem Bettlergehalt von 18 M. Leib und Leben riskircnmuß, ist uichls Neues, aber hier kommt das Mißvcrhältniß desArbeiterrisikos zum Risiko des Unternehmersdoch so erschütternd zur Erscheinung, daß selbst dem verbohrtestenOrdnungsfanaliker eine Ahnung davon aufdämmern muß, wiejämmerlich es um die vielgerühmte bürgerliche Wirthschasls-ordnung bestellt ist, in welcher der Eine, der bei der ArbeitGefahr läuft, sein Leben im Fenerosen einzubüßen, mit ein paarMark wöchentlich abgespeist wird, während der Andere, dervielleicht nicht einmal selbst arbeitet, sondern die Nebrigen für sichschaffen läßt, den unbegrenzten Gewinn einheimst. Hierin grttnd-liche Aenderung zu treffen, vermag nur der Sozialismus; alleanderen Vorschläge sind Rauch und Nebel.Nach Mittheilnng deS statistischen AmtS der StadtBerlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom28. August bis inkl. 3. September er. zur Anmeldung gekommen:221 Eheschließungen, 881 Lebendgeborne, 19 Tvdtgeborne,768 Stcrbefälle.Polizeibericht. Am 9. d. M. Vormittags slürzte in derMarkthalle XI, Ackerstraße 23—26, von einer zum Zwecke desAnstreichens der inneren Decke angebrachten Rüstung iiisolge einesNctzriegelbrnchs ein Theil des Bretterbelaas zusammen, in-folge dessen die auf derselben beschäftigten Arbeiter Beier, Halbeund Kindt aus einer Höhe von etwa 5 Metern herabfielen.Anscheinend erlitten dieselben nur leichte Verletzungen, wurdenjedoch nach dem katholischen St. Hedwigs- Krankenhause ge-hracht.— Vor dem Hause Linienstraße 98 glitt Vormittagseine Frau aus und erlitt durch den Fall einen Armbruch. Siewurde nach der Charitee gebracht.— Ein Maler versuchte am9. d. M. Vormittags auf dem Charitee-Kjrchhofe in der Müller-straße sich zu erschießen. Er wurde noch lebend nach demKrankenhause in der Müllerstraße gebracht.— Vormittags stürzteder Färberei-Arbeiter Mastmann auf dem Grundstück Stralauer-straße 39, anscheinend infolge eigener Unvorsichtigkeit von demZugang zuni Fahrstnhlschacht in der ersten Etage in den Kellerhinab und erlitt einen Schädelbruch, so daß er auf der Stelleverstarb.— Nachmittags gerieth ein Schlächtermeister in seinerWerkstatt in der Linienstraße mit seinein Gesellen in einen Streit,wobei Letzterer ihm durch einen Schlag gegen den Kopf mittelseines Kratzeisens eine bedeutende Verletzung zufügte. Dcr Thäterwurde verhaftet.— Ein Handelsmann erschoß sich Nachmittagsin seiner Wohnung in der Wadzeckstraße mittelst Revolvers.— Abends wurde ein Maurer in seiner Wohnung in derPappel-Allee erhängt vorgefunden.— In der Wohnungdes Tischlers Köhler, Koppenstraße 40, fiel Abends einePetroleumlampe zu Boden, wodurch mehrere Gegenstände inBrand geriethen und die Ehefrau desielben bedeutende Brand-wunden an der Hand davontrug.— Außerdem fand am9. d. Mts. aus dem Hamburger Rangirbahuhose ein kleinesFeuer statt.Gorickks�eikung.Die Ermordung der Postschaffuersfrau KarolineMunzel geb. Schmidt bildete heute den Gegenstand der gericht-lichen Verhandlung vor der VII. Strafkammer hiesigen Landgerichts I. Die auf Mord, Diebstahl und Hehlereilautende Anklage richtet sich gegen den Stuckateurlehrling OttoW a g e u s ch ü tz, den Arbeiter Otto N e u k a m, den SchneiderOtto Kropf und den Former Maximilian Alfred Winzer.Die 43 Jahre alle Postfchafsnersfrau Karoline Mnnzelwurde am 4. Mai in ihrer in der Gartenstr. 63 im dritten Stockbelegenen Wohnung ermordet vorgefunden. Ihr Ehemann, derPostschaffner Manzel, welcher die Eisenbahnzüge zwischen Berlinund Danzig begleitete, war am 2. Mai von hier abgereist undals er am 4. Mai zurückkehrte und in dem in seinem Hause be-legenen Schankgeschäst von Pusch einkehrte, machte ihm dieFrau des Maurers Wagenschütz— die Mutter des AugeklagtenW.— welche mit Frau Manzel freundschaftlich verkehrte,die Mittheilnng. daß die letztere trotz wiederholtenKlingelns ihre Wohnungsthür nicht öffne. Als darauf derEhemann mir der Frau Wagenschütz seine Wohnung betrat, botsich ihnen ein entsetzlicher Anblick dar. In voller Kleidung, mittandschuhen und Hut versehen, lag Frau Manzel über demette; das Gesicht war durch Schläge völlig entstellt, die Stirneingeschlagen und ein als Mordwerkzeug benntzter Feuerhakenabgebrochen. Die Ermordete hatte eine Wunde am Knie undwie später durch die Obduktion sestgestellt wurde, waren Herz,Lunge und Leber durchstochen. Zwei Spitzen von abgebrochenenMessern fand man in der Wohnung vor. Im Zimmer waren dieBehältnisse durchwühlt und ca. 170 M. gestohlen.Die Persönlichkeiten der Mörder waren lange Zeit in Dunkelgehüllt, obwohl verschiedene Leute am Tage des Mordes— alssolcher wurde der 3. Mai festgestellt— zwei verdächtige jungeMänner in dem Hause Gartenstr. S3 gesehen hatten. Daß dereigene Sohn der Frau Aagenschütz, welche der Ermordetenfreundschaftlich nahe gestanden, die entsetzliche That begangen,ergab sich erst am 10. Juni, und der Zufall hat bei der Fest-nähme des damals noch nicht 18jährigen Wagenschütz und seinesKomplicen Ncukam seine Rolle gespielt.Anfang Juni wurden drei Personen verhastet, welche am19. Mai einen Einbruch in ein Komtoir der Hussilenstraße aus-geführt, dabei aber nur eine Beute von 69 Pfennigen gemachtkalte». Es befanden sich darunter Kropf, Winzer undNeukam. Kropf, der durch irgend eine Veranlaffung aufNeukam schlecht zu sprechen war, ließ sich eines Tages demUntersuchungsrichter Fromme! vorführen und beschuldigte Neukamund Wagenschütz der Ermordung der Frau Manzel. Er erzählte,daß dieselben gleich nach dem Morde viel Geld gehabt, bei ihmneue Anzüge bestellt und auch 45 M. angezahlt hätten. In derTrunkenheit hätten sie dann von dem Morde gesprochen. HerrAmtsrichter Dr. Frommel ließ sich bald darauf den Neukam vorführen und brachte ihn in kurzer Zeit durch geschicktes Verhörzu dem Geständniß, daß Wagenschütz den Mord begangen under selbst Wache gestanden habe. Dann ereignete sich die in denAnnale» der Justiz nicht oft vorkommende Erscheinung, daß ohneBeihilfe der Polizei der Untersuchungsrichter in Beglettuiig desStaatsanwalls und dreier Gerichtsbeamten sich auf den Weg machte,und kurzer Hand den Wagenfchntz im Hause seines Lehrherrn,des Stuckateurs Schulz, Anklamerstr. 32, in Hast nahm. Wagen-schütz hat dann auch bald ein umfaffendes Geständniß abgelegt,wonach er von Neukam, der sich in Geldverlegenheiten befunden,aufgestachelt worden sei, unter allen Umständen von der ihm be-kannten Frau Manzel Geld herauszuholen und dieselbe zu diesemZweck zu ermorden. Das zum Morde benutzte Messer habenBeide am Vormittage des 3. Mai aus einem Schleissteiu ge-schliffen, der auf dem Hofe eines Baues stand, auf welchemWagenschütz beschäftigt war. Während Neukam unten Wachestand, hat sich Wagenschütz nach seinem Geständniß zur FrauManzel hinausbegeben und von ihr Geld erbeten und als ihm diegutmüthige Frau solches geben wollte, hat er derselben eine»Messerstich ins Herz beigebracht und sie dann noch mit dem Fencr-haken in fürchterlich Weise bearbeitet. Dies im Allgemeinen derThatbestaud.Die Verhandlung findet im großen Schwurgerichtssaale statt.Den Vorsitz führt Landgerichts-Direklor Bath, die Zlnklage vertrittStaatsanwalt Großpietsch. Ein Bertheidiger ist nicht zur Stelle.Ter in Gefängnißkleidung vorgeführte Hauptangellagte Wagen-schütz macht einen abstoßenden Eindruck; die Frechheit leuchtetihm ans dem Gesicht, und er mustert die als Zeugin in denSaal tretende Mutter ohne irgend ein Zeichen innerer Erregung.Dem Angeklagten Neukam sieht man den Verbrecher nicht an.Er ist bis jetzt unbestraft, befindet sich jedoch wegen eines mitden beiden letzten Angeklagten verübten schweren Diebstahls inUntersuchung. Wagenschütz ist am 9. Juli erst 18 Jahre altgeworden, Neukain wird erst am 31. Januar 18 Jahre alt.Kropf und Winzer, welche der Hehlerei angeklagt sind, sind be-reits vorbestrast.Das Jnquisitorium gestaltet sich wie folgt: Präs.: Ange-klagter Wagenschütz, stehen Sie aus und geben Sie mir Antwort.Sie heißen Otto Julius Wagenschütz und sind am 9. Juli 1674in Berlin geboren?— Ange kl.: Ja.— Präs.: WelcheSchule haben Sie besucht?— A n g e k l.: Die Kommunalschule.— Präs.: Bis zu welcher Klaffe sind Sie gekommen?— An gell-!Bis zur zweiten.— Präs.: Wann verließen Sie die Schule?~-A n g e k l.: Im 14. Jahre.— Präs.: Was wurde dann aus Ihnen?A n g e k l.: Stuckateur habe ich gelernt.— Präs.: KanntenSie die Postschaffners-Ehesrau Manzel?— Angekl.: Ja. �Präs.: Dieselbe war mit Ihrer Mutter befreundet?— A»-g e k l.: Ja.— Präs.: War es Ihnen bekannt, daß der Post-schaffner Manzel häufig verreiste?— Angekl.: Das Hab« ichgewußt, er war ja Postschaffner.— Präs.: Hatten Sie einenHaß gegen Frau Manzel?— Angekl.: Nein, nicht im ge-ringsten.— Präs.: Sie sollen sich geäußert haben, daß FrauManzel immer gut gegen Sie gewesen sei.— Angekl.lschliichzeud): Ja, das ist auch wahr.— Präs.: Wann habenäU Neu kam kennen gelernt?— Angekl.: O, den kannteich schon von Kindheit her, wir waren früher Nachbarn.—P r äs.: Wann sind Sie denn wieder mit ihm zusammen-getroffen?— Angekl.: Es muß im April gewesen sein.saß in einer Nestauration, als Neukam hereinkam und michmit den Worten anredete:„Wir kennen uns doch?" Dan«haben wir einige Tage darauf eine Landparthie nachBirkenwerder zusanimen gemacht. Neukain hatte kein«Arbeit und auch kein Geld.— Präs.: NeukaMsoll einen sehr schlechten Einfluß auf Sie ausgeübt haben?—'Angekl.: Ja, das hat er gethan. Ich lernte durch ihn denSchneider Kropf und den Arbeiter Winter kennen und ein ge-wisser Blerkamp war auch mit dabei. Sie sagten immer, man»lüßte einbrechen gehen und stehlen und ob ich nichts anskund-schaften könnte. Ich sagte, ich wüßte nichts, aber sie ließen nichtnach und da sagte ich zuletzt, es könnt« vielleicht bei der FrauManzel etwas zu holen sein. Von dieser Zeit an ließ NeukainMnicht nach, er kam immer nach der Arbeitsstelle, wo ich arbeiteteund lag mir in de» Ohren, daß ich bei der Manzel stehlen sollte.— Präs.: Was ist nun am 2. Mai passirt?— Angekl.:Während der Mittagszeit war mir meine Uhr abhanden gekommen und da hat Neukam gesagt: Da müßte man eineinAnderen auch gleich ein« Uhr klauben. Nun ist Alles egal, nungehst Tu zu Frau Manzel und stichst sie nieder.— Präs.: UndSie sind gleich auf den Gedanken eingegangen und haben sofortdas Messer geschliffen. Wie haben Sie das gemacht?— Angekl.:Es stand ein Schleifstein aufdemBauuiiddeiihatNeukaiiigedrchtundich habe geschliffen.— Präs.: Sie haben das Messer auch ausdem Rücken geschliffen, damit es ganz sicher Erfolg gewährte. �Angekl.: Ja, Neukam hat gesagt, ich soll es nur recht scharfmachen, sonst geht die Geschichte schief.— Präs.: Nun sind Si«schon am 2. Mai zur Frau Manzel hingegangen.— Angekl.:Ich dachte immer bei mir, wenn sie chöch blos nickt zu Haus«wäre, daß aus der Geschichte Nichts wird!— Präs.: Sie habraber nicht genau gewußt, welche Nummer Frau Menzel wohnteund sind in das Nebenhaus gegangen.— Angekl.: Ja, icksuchte das Haus ab, fand aber nicht den Namen Manzel»nvsagte zu Neukam: Komm, wir wollen man zu Hause gehe».Präs.: Nun wollte es das Uiiglück, daß, als Sie nach Hausekamen, auch Frau Manzel dort bei Ihrer Mutter war.-7-Angekl.: Ja, die Frau war da.— P r ä s.: Da habe» Siedenn erfahren, daß die Frau Manzel nicht Nr. 52, sondern 53wohnt.— Angekl.: Ja. Mein Bruder fragte denii auch dieFrau ob ihr Mann auf Dienst ist und sie sagte, ja, er koinmt erstam 4. Mai wieder.— P r äs.: Abends um V29 Uhr trafen SieReuka»,, was geschah iiuii?— Angekl.: Ich sagte ihm, wo die Frauwohnt.— Präs.: Was sagte Neukai»?— A n g e k l.: Ersagte: Na, den» ist's gut, dann könne» wir ja morgen hingehen-— Präs.: Ist dann weiter besprochen worden, was Sie nu»machen wolle»?— Angekl.: Neukaiin» sagte: Na, nun muhtDu sofort, wenn sie die Thür aufiiiacht, sie todt stechen.Präs.: Ist nun am anderen Morgen ein besonderer Plan ver-abredet worden?— Angekl.: Ja.— Präs.: Wo trugen S>«das Messer, als Sie am anderen Morgen den furchtbaren Gangantraten?— Angekl.: Ich trug es eingewickelt in Papiertüuten in der Hosentasche.— Präs.: Was haben Sie verab-redet?— Angekl.: Ich sollte Frau Manzel erzählen, daß mirmeine Uhr gestohlen sei und wenn sie es nickt glauben wollte. daN"follte ich ihr sage», mein Freund stehe draußen, der es ihr bestätig«�könne und dann sollte ich Neukam hereinrufen.— P r ä s.: virgingen nun zusammen in das Haus Gartenstr. S3?— Angekl.:Ja, wir gingen bis 4 Treppen hoch, er sah links und ich rechtsdie Schilder an und auf der vierten Treppe sagte ich: Hirrwohnt sie!— Präs.: Nun klingelten Sie und FrauManzel machte die Thür auf. Was geschah nun?An gel I,: Ich habe ihr von der Uhr erzählt, aber da»»ist mir die That doch ivieder leid geworden. Ich rief nach