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Nr. 213. 22. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Dienstag, 12. September 1905.

Parteigenoffen! Mittwoch ift Zahlabend in Berlin und den Vororten!

Partei- Angelegenheiten.

Die Lokalkommission sieht sich veranlaßt, von den nachfolgenden bedauerlichen Vorkommnissen Mitteilung zu machen. Eine Anzahl Arbeiterradfahrer der Provinz Brandenburg haben sich schwere Ber­stöße in bezug auf Innehaltung der Lokalliste zuschulden kommen lassen. Ein sportlicher Verband, welcher sich den schönklingenden Namen Arbeiter Radfahrerbund Freiheit" zugelegt hat, scheint auf diesem Gebiete erstaunliches zu leisten, wenn man sich folgende festgestellte Tatsache vor Augen führt: Der Radfahrerverein Brennabor " in Bernau , welcher dem erwähnten Bunde angeschlossen ist, beranstaltete am Sonntag, den 6. August, in dem gesperrten Lokale Kaisergarten" ein Vergnügen. Da die Parteigenossen von Bernau noch in letzter Stunde hiervon Kenntnis erhielten, segten sie alle Hebel in Bewegung, um dieses Vergnügen zu inhibieren; der Vorsitzende des Vereins, ein Zimmererpolier, von den Genossen darüber zur Rede gestellt, tat den denkwürdigen Ausspruch: Alle Lokale, welche Schultheißbier führen, sind frei!" Daß die Bundes­leitung, welche sich in Berlin befindet, Kenntnis von der Sache hatte, geht daraus hervor, daß dem Wirt versprochen wurde, daß etwa 500 Radfahrer aus Berlin zu dem Feste kommen würden, und daß ferner die drei Vereine Stern"-Berlin ," Boran"-Berlin und Komet"-Rirdorf programmäßig dazu bestimmt waren, auf diesem Feste Reigen zu fahren. Ferner kommt noch hinzu, daß die Führer des Bundes am Vormittag desselben Tages, an welchem das Fest stattfinden sollte, den Wirt zu bestimmen suchten, sein Lokal frei­zugeben. Der Wirt lehnte dieses jedoch ab. Die Bernauer Partei­genossen hatten aber doch mit ihrem energischen Eingreifen erreicht, daß die große Mehrzahl der aus Berlin erschienenen Radfahrer nach dem Korso nicht das gesperrte Lokal, sondern die für die Arbeiter schaft freien Lokale aufsuchten.

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Ganz anders liegt aber die Sache im nächsten Falle, welcher fich in Zehdenick abgespielt hat. Vor uns liegt die Nr. 191 des " Zehdenicker Tageblattes", bom Donnerstag den 17. August 1905. In diesem Blatte, welches sich als Amtliches Publikationsorgan" bezeichnet, ist folgendes Eingesandt zu lesen:

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" Bei dem am Sonntag hier abgehaltenen Stiftungsfeste des Radfahrervereins Zufriedenheit", an welchem zahlreiche auswärtige dem Radfahrerbunde Freiheit", Berlin , angehörende Vereine teil­nahmen, ereignete sich folgendes: Als der Korso die Moltkestraße passierte, stand daselbst der Schuhmachergeselle NI. aus der Damm­haststraße und rief den fremden Vereinen unter den unglaublichsten Gebärden fortwährend zu: Das Lokal ist gesperrt!" Die fremden Teilnehmer glaubten einen plößlich irrfinnig gewordenen Menschen vor sich zu haben. Wenn Herr Kl. glaubte, durch seine Zurufe die Berliner Vereine davon abzuhalten, das Schlegelsche Lokal zu betreten, so hatte er sich geirrt. Den Mitgliedern des Radfahrer­bundes Freiheit" ist es ganz gleich, ob ein Lokal gesperrt ist oder nicht, denn der Bund treibt keine Politik, am allerwenigsten solche, die Herr Kl. vertritt. Das hätte sich derselbe aber auch selbst denken können, da doch der vorauffahrende Bundesvorsitzende eine Schwarzweißrote Schärpe trug. Hauptsächlich war das Ganze wohl auch nur ein Racheatt gegen den Wirt Schlegel, weil dieser den Kel. aus seinem Lokale gewiesen hatte, da derselbe vor etwa einem Jahre in einem Faß Neunaugen, das auf dem Schanktisch stand, in Abwesenheit des Wirtes geangelt" hatte und die dafür ver­langten Gebühren nicht bezahlte. Trotz dieses Zwischenfalles ist das Fest sehr gut verlaufen, was die Einnahme in Höhe von 180 m. beweist.

7X25X1000-175 000 Schiveine. Dabei ist auf das Beifutter der]% 49 Uhr noch mußte sich der Hofkammerförster Theile telephonisch städtischen Abfälle noch gar nicht geachtet.

Die Forderung, um 100 000 Schweine zu züchten, war also äußerst mäßig! Legt man nicht die schlechtesten Annahmen zugrunde, sondern eine größere Annäherung an die günstige Wirklichkeit und dazu die Abfallverwertung, so tommt man ganz gut auf cine drittel Million für eine spätere Praris. Tun es die Vororte mit ihren Rieselgütern der Hauptstadt nach, so wird sich Groß- Berlin eine halbe Million Schweine selbst erzeugen, dreiviertel Million schlachtet es! Weiter schreibt Professor Dr. Ebert:

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Das Berliner Tageblatt" spricht der Berliner Gemeinde­regierung Mut zu, damit sie wagt, auf ihren 60 000 Morgen Land 6000 Schweine zu ziehen! Es meint, wenn sie" Courage" hat, wird sie es sogar wirklich tun. Es verspricht dafür 100 000 Mark Risikoprämie. Ist denn die Schweinezucht wirklich ein so gefährliches Handwerk?

Jeder Landpfarrer treibt sie, jeder Dorfschulmeister versteht sie, der sprichwörtliche Bauer, der die größten Startoffeln hat, hat die entsprechenden Schweine dazu! Wenn der Bädergeselle sich in der Provinz selbständig macht und sich ein Weib anschafft, schafft er sich auch zwei bis drei Schweine an; wenn der Maurer oder Zimmerer aus der Provinz nach der Großstadt zur Arbeit zieht, mästet daheim seine Frau unter den elendesten Lebensbedingungen ein Schwein oder zwei, die ihm das Rückgrat zum Streifen stärken; wenn der Hüttenbesitzer in Oberschlesien die Humanität kriegt und Arbeiterhäuschen baut, so baut er seinem letzten Karrenschieber einen Schweinestall dazu, damit dieser mit mindestens sechs Beinen an die Scholle gefesselt ist.

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Alle diese Dilettanten- und Amateurkräfte der Schweinezucht die Bauern eingeschlossen brauchen nicht erst Mut zu fassen dazu. Sie sind ihres Erfolges sicher! Denn das Schwein verträgt die zivedividrigste Haltung; es frißt sich durch und sogar fett dabei. mit seinen Tier- und Pflanzenphysiologen und Tierzuchtprofessoren Dann braucht Berlin gewiß feinen besonderen Mut. Berlin und Bakteriologen! Und vor allem mit seinen Staufleuten! Mit seinen Viehhändlern und Getreidehändlern! Der Mut soll die Angst überwinden. Aber nun ist die Schweinezucht sehr gewinn­bringend, und jetzt außerordentlich gewinnbringend. Dieses bei un­tauglichen Mitteln in ungeschicktesten Händen.

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Instruktionen erbitten darüber, ob das Eintreffen der Gerichtskom­mission noch für den Sonnabend zu gewärtigen oder ob Nachtwache zu stellen sei. Beim Scheine einer Bahnlaterne wurde schließlich Wache gehalten. Die Gerichtskommission aber traf Sonntag vormittag 9 Uhr ein, also volle 16 Stunden nach Anmeldung der Tat. Wie, wenn inzwischen ein starker Regenguß etwa alle Spuren verwischt hätte?

Um 10 Uhr vormittags war der Lokalbefund" beendet. Jetzt geschah auch, was bereits 16 Stunden vorher hätte geschehen müssen: der Tatort wurde abgesperrt, wenn auch nur durch eine Leine. Als eine Person aus dem zahlreich erschienenen Publikum in die Worte ausbrach: Endlich nach 20 Stunden!" begann auch die fieberhafte Tätigkeit der Behörde äußerlich bemerkbar zu werden. An das Publikum erging die Aufforderung, den Blaz zu räumen und auseinander zu gehen und zwar von der Trohung begleitet, daß anderenfalls der Gendarm stampfen" werde. Was dies Wort zu bedeuten hat, ist uns bei unserer geringen Kenntnis der behördlichen Terminologie nicht klar.

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Eine fleine Episode sei noch erwähnt, die für den Fall an sich nicht weiter in Betracht kommnt, aber zur Naturgeschichte des Be­amientums in nächster Nähe von Berlin immerhin als interessanter Beitrag gelten kann. Ein Freund unseres Blattes richtete an den vorhin erwähnten königlichen Forstmeister die Frage, ob Ver­treter der Presse bei dem Lokalbefund zugegen sein dürften. Nun ja," meinte der Beamte, das schon, aber nicht der Reporter jedes Wurst blatte 3. Welche Zeitung vertreten Sie denn?" war Den Vorwärts". Den Vor­weiter die Frage. Ausgeschlossen! Wochtmeister, entfernen wärts"? den Herrn!" Mit der beruhigenden Versicherung, daß er sehr wohl ohne Bemühung des Gendarmen seinen Weg zu finden wisse und der Bitte, diesen Beamten lieber zu not­wendigerer und nüßlicherer Tätigkeit zu verwenden, entfernte sich unser Gewähremann.

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Uns amüsiert natürlich die merkivürdige Auffassung vom Wesen preiszugeben die Freundlichkeit hatte. der Staatsrettung, die der Forstbeamte hier der Oeffentlichkeit Er scheint vom Geist des hochseligen Herrn v. Oppen noch in sich zu tragen. Vielleicht bedeutet ihm aber gelegentlich ein erfahrener Krimi­nalist, daß ein Mord denn doch eine ernste Sache ist, bei der es sich von selbst verbietet, die Presse von seinem staatsrettenden Stand­punkt aus zu behandeln.

Wieviel einträglicher muß sie sein bei sachverständiger Zeitung Der Maurer- und Zimmermeister John aus Fürstenwalde , welcher und bei den städtischen Vorteilen, den Weiden, tro das Futter dem häufig allzu üppiger Fülle ent bekanntlich an der Hedwigskirche in Berlin vor einiger Zeit einen Ueber Rieseltwirt in üppiger Fülle gegenquillt, den idealen Futterabfällen und den großen Abschlüssen! fall auf einen Kassenbeamtenbeging, aber wegen Geisteskrankheit nicht Diese Abschlüsse werden die Großviehhändler zu den äußersten zur Verantwortung gezogen werden kann, wird voraussichtlich in nächster Anstrengungen im Gemeindedienst locken bei Anschaffung des Mager- Beit als geheilt aus der Frrenanstalt entlassen werden. Der Bankier viehes, falls Exzellenz Podbielski die versprochenen Ferkel gerade so Koehler in Fürstenwalde , welcher der Konkursverwalter in dem liefert wie die versprochenen billigen Schlachtschweine auf September Johnschen Konkurs, bei dem viele Handwerker große Verluste er­und die Getreidehändler die Beschaffung des Körnerfutters. Wenn leiden, ist, machte diese verblüffende Mitteilung in einer Gläubiger­der kleine Mann beim Kleinen Händler eine kleine Portion Mais versammlung, die zu Fürstenwalde im Deutschen Hause" stattfand. fauft, so ist erfahrungsgemäß die Schweine zucht lohnend. Dann Es kam dabei zur Sprache, daß die Buchführung im Johnschen muß sie zur Goldgrube werden mit dem Beistand der Börsenleute, Baugeschäft eine derartige gewesen ist, daß sich niemand daraus Nun soll Georg John in nächster Zeit dem Beistand irgend eines von den gewiegten weitblickenden Stauf- zurecht finden könne. Auskunft über viele leuten, der in fünf Minuten 50 Kahnladungen Futtergetreide ab- persönlich nach Fürstenwalde kommen, um schließt, und im Durchschnitt so günstig, daß alle Agrarier schimpfen. Geschäfte zu geben. War man über den Jrrsinn von so furzer Dauer Wenn jemand da noch den Stadtgewaltigen Mut zuspricht, in den Gläubigerkreisen überrascht, so war man dies noch mehr über muß man lächeln. Welche Einschätzung der Gemeindelenker von die Mitteilung, daß beabsichtigt sei, mit den Verwandten des ihren nahen Freunden, wenn diese meinen, jene brauchten bei solcher Schuldners einen Vergleich herbeizuführen. Man griff den Direktor Sachlage noch zur Schweinezucht Extra- Courage! der Reichsbantnebenstelle zu Frankfurt a. D. an, weil er zugunsten einiger Gläubiger ein bei der Reichsbank von John hinterlegtes Depositum verwendet haben soll, statt solches der Masse zuzuführen. Wie hoch die Aktiva und Passiva in dem Johnschen Konkurse sind, hat sich nach allem bisher noch nicht genau feststellen lassen.

Mehrere Mitglieder des Radfahrervereins Zufriedenheit". Um die ganze Dreistigkeit dieser Erklärung zu verstehen, sei Der Resevefonds der Berliner Sparkasse betrug am 1. April d. J. mitgeteilt, daß der Schuhmacher Al. der Genosse Klammer, früherer Vorsitzender des dortigen Wahlvereins ist. Klammer hat nun in rund 25 Millionen Mark; die Zunahme stellt sich danach für das Gemeinschaft mit den übrigen Zehdenicker Parteigenossen vollauf Jahr 1904/05 auf rund 2 Millionen Mark bei einem Vermögen seine Pflicht getan, indem er den Berliner Radfahrern klar machte, der Sparkasse von rund 338 Millionen Mark nach dem Kurswerte daß das Schlegelsche Lokal gesperrt sei.( Frei ist nur das Lokal vom 31. März 1905 und einem Guthaben der Sparer von rund von Buchholz.) Nicht nur allein, daß die Berliner Radfahrer trok 310 Millionen Mart. Angesichts diefer günstigen Finanzlage haben der Warnung in dem gesperrten Lokal einkehrten, kommt man noch die Minister der Finanzen und des Innern genehmigt, daß ein Teil her und verhöhnt und verleumdet in einem Wurstblatt unsere Partei- der Ueberschüsse der Sparkasse zu allgemeinen Zwecken verwandt genossen, welche ihre Schuldigkeit getan haben. In der letzten werden dürfen. Nummer des" Freien Radler" vom 1. September( das Organ des " Freiheit"-Bundes) wird der Verein Zufriedenheit", Zehdenick , als neuester Bundesverein aufgeführt, mit dem Bemerken, daß sich das Vereinslokal bei Schlegel befindet. Was nun die Verleumdung in betreff der Neunaugen anbelangt, so sei bemerkt, daß der Genosse Klammer bereits Schritte unternommen hat, um die Verleumder zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Rotkrankheit hat in der letzten Zeit in Berlin , den Vor­orten und in der Provinz Brandenburg zugenommen. Es haben bereits eine Menge Pferde getötet werden müssen. Die sämtlichen Pferde des II. Brandenburgischen Dragoner- Regiments( Schwedter ), Kommandeur Prinz Heinrich Albrecht von Preußen, sind wegen Roß­verdachts auf dem Schießplatz in Jüterbog in Baracen untergebracht. Das Regiment kann weder am Herbstmanöver teilnehmen, noch in Wenn diese Vorkommnisse nun auch bereits einige Zeit zurück seine Garnison zurückkehren. Die Pferde sind vermutlich auf dem Tiegen( die Stommission hat erst jetzt davon Stenntnis erhalten), so Mariche angestedt worden. Die Fürstenwalder Ulanen fönnen eben sind wir der Meinung, diese Angelegenheit der Deffentlichkeit noch falls an den Korpsmanövern nicht teilnehmen, weil unter deren nachträglich unterbreiten zu müssen. Denn wenn man in Betracht Pferden die Brustseuche ausgebrochen. Aus all' diesen Gründen wird zieht, wie schwer es den Genoffen in der Provinz wird, ein freies iegt von der Veterinärpolizei eine scharfe Aufsicht über Pferde und Lokal zu erhalten, so ist es gar nicht zu begreifen, wie Berliner Rad- auch über verdächtige Stallungen ausgeübt. fahrervereine den schiversten Boykottbruch begehen können und so den Genossen in der Provinz in den Rücken zu fallen. Die organi­fierten Arbeiterradfahrer werden deshalb gut tun, sich einer der artigen sportlichen Vereinigung fernzuhalten.

Die Lokalfommission.

6. Wahlkreis. Sonnabend, den 16. September, feiern die Partei­genossen des Wedding und der Dranienburger Vorstadt in den Germania - Festfälen, Chausseestr. 103, ihr er 6 ft fest. Da das Programm sehr reichhaltig ist Gesangsaufführungen des Gesang vereins Nordwacht, Spezialitäten- und Theatervorstellungen der Volksfängergesellschaften H. Anke und H. Lewandowski, Konzert von zwei Kapellen der Zivilmusiker so ist allgemeines Amusement wohl vorauszusagen. Billetts find bei den Bezirksführern zu haben.

Berliner Nachrichten.

Berlin und die Fleischnot.

Professor Dr. Meinhard Ebert, der Verfasser des auch von uns erwähnten Artikels in Nr. 19 der Kommunalen Bragis", schreibt dieser von unserem Parteigenossen Dr. Südekum heraus­gegebenen Zeitschrift zu der Frage, wieviel Schweine Berlin auf feinen Rieselfeldern füttern fönne:

Berlin hat 60 000 Morgen Land. Das Berliner Tageblatt" rechnet, weil Kleinbetrieb, auf 10 Morgen ein Schwein und kommt fo auf 6000 Schweine. Das ist sicherlich viel zu wenig! Man muß nicht vergessen, daß auf den 10 Morgen noch sehr vieles andere geschieht als Schweine zucht, daß das Schwein nur Nebenerzeugnis ist, oft recht vernachlässigtes Nebenerzeugnis! Man muß zum Ver­gleich nicht unsere guten, sondern Schweinefarmen heranziehen. Nun rechnet man aber selbst in dem nördlichen und deshalb weniger fruchtbaren Kanada 25 Schweine auf 3% bis.7% Morgen nach einer amtlichen Enquete.

Was die Kanadier können, können die Berliner vielemal. Aber rechnen wir vorsichtig, ängstlich sogar und ganz ohne zu berücksichtigen, wieviel anders ein Morgen unter warmem Berliner Rieselwasser trägt als auf der fanadischen Prärie. Rechnen wir, daß von den 60 000 Morgen nur 50 000 zur Schweine zucht kommen und daß je 25 Schweine 7% Morgen beanspruchen, so gibt das

Die Prinzengasse, nicht zu verwechseln mit der Prinzen straße eine der ältesten Berlins , wird gänzlich eingehen. Die Prinzengasse verbindet den Schinkel- Platz mit der Niederlagstraße. Die Bank für Handel und Industrie( Darmstädter ) möchte zur Bergrößerung ihrer Geschäftsräume das ungefähr 300 Quadratmeter große Straßen­gelände zum Preise von rund 210 000 Mart vom Magistrat faufen und dann bebauen. Da die Prinzengasse feinen Verkehr hat, und weder die Tiefbau- Deputation noch der Polizeipräsident Bedenken wegen der Einziehung der Gasse haben, so wird der Magistrat der Stadtverordneten- Versammlung die Annahme des Angebotes empfehlen.

Die Wünsche der Fahrkartenansgeber. Unter den Fahrkarten ausgebern der Eisenbahn zirkuliert zurzeit eine Petition, die, mit den Unterschriften sämtlicher hiesigen Beamten versehen, dem Ver­tehrsminister überreicht werden soll. Sie bitten um die Bewilligung der Stellenzulage und bezeichnen sich selbst als eine übersehene Beamtenkategorie", indem sie hervorheben, daß fast sämtliche Be­amte der Eisenbahn in den letzten Jahren die sogenannte Stellen zulage erhielten, die sich in Höhe von 100 bis 200 Mark p. a. be wegt.

Ein Familiendrama. Den eigenen Sohn und dann sich selbst getötet hat die Arbeiterfrau Auguste Sädler. Sie warf gestern früh vor 5 Uhr ihren fünfjährigen Sohn Kurt aus dem Fenster ihrer im 5. Stockwerke im Quergebäude des Hauses Yorkstraße 75 belegenen Wohnung auf den asphaltierten Hof hinab, trant dann Lysol und stürzte sich selbst auf den Hof hinab. Beide Personen waren sofort tot. Die Belveggründe zur Tat dürften in ehelichen Zwiftigkeiten zu suchen sein. Die Leichen wurden nach dem Schauhause geschafft. Dazu wird noch von anderer Seite gemeldet:

Frau Sädler, geb. Schulz, stammt aus Salau im Kreise Militsch . Sie war mit ihrem Mann seit sieben Jahren verheiratet, lebte aber zuletzt von ihm getrennt. Die Schuld an den unglücklichen Ver­hältnissen, die zur Trennung führten, soll sie selbst treffen. Sädler, der als ein ordentlicher und fleißiger Mann geschildert wird, hatte auch die Ehescheidungsklage eingereicht. Lekte Ostern zog feine Frau, die nach der Trennung zunächst in Rirdorf wohnte, nach der Workstraße 75, wo sie von dem Bäder Kretschmannschen Ehepaar ein Zimmer abmietete. Ihren Sohn holte sie sich mit Erlaubnis des Mannes jeden Sonnabend abend von Mariendorf nach Berlin mit der Verpflichtung, ihn Sonntag nachmittag zurückzubringen. Das hatte sie bisher auch immer getan. In den letzten vierzehn Tagen wurde das Wesen der Frau, die ihren Lebensunterhalt durch Schnei­dern und andere Arbeiten erwarb, immer aufgeregter. Es hing das wohl damit zusammen, daß in der Scheidungsflage in dieser Woche eine Verhandlung stattfinden sollte. Die Frau ließ merken, daß sie sich scheute und am liebsten mit ihrem Stinde sterben möchte. Vorgestern war sie den ganzen Nachmittag sehr aufgeregt. Entgegen der übernommenen Verpflichtung behielt sie den Stnaben bei sich. Gestern morgen gegen 5 Uhr nahm sie ihn aus dem Bett, kleidete ihn und sich an und warf ihn dann aus dem Fenster ihrer Stube auf den asphaltierten Hof hinab. Der Milchhändler Bartsch, der in dem Hause sein Geschäft betreibt, hörte den Körper dumpf auf­schlagen. Bevor er sich noch umsehen konnte, vernahm er einen zweiten Fall. Jetzt fand er Mutter und Sohn tot daliegen. Frau Sädler hatte vor dem Todessturz auch noch Lysol getrunken. Einen Rest der Flüssigkeit fand die Polizei noch in einer Flasche in ihrem 3immer. Neben der Flasche lag ein langer Abschiedsbrief, den Frau Sädler vorgestern an ihren Mann geschrieben hatte. Die Wirtin der Toten, die im Wochenbett liegt, ist infolge der Aufregung schwer

erfrankt.

Aus der Praxis des Mörderfanges. Wegen Betruges, Urkundenfälschung und betrügerischen Bankrotts Zur Bluttat in Zeuthen , über die wir in einem Teil des Blattes wird der 33 Jahre alte Schneidermeister Karl Künstling steckbrieflich vom Sonntag berichtet haben, wird uns noch gemeldet: berfolgt. Der junge Meister arbeitete mit acht Gesellen für ein Ueber den Pflichteifer der Behörden bei der Suche nach dem großes Geschäft und lebte mit seiner Frau und einer sechsjährigen Mordbuben stimmen bürgerliche Blätter ein Loblied an; sie sind Tochter herrlich und in Freuden. In der Zimmerstr. 60 hatte er begeistert von den energievoll und mit Eifer betriebenen eine Wohnung, die 1700 M. Miete fostete. Seine Frau hielt sich Der Lokal- Anzeiger" wußte fogar bereits in auch ein Dienstmädchen. Sehr viel besuchte das Ehepaar Theater Nachforschungen ". feiner Sonntagsausgabe zu berichten, daß noch Sonnabend abend und Stonzerte. Zum 1. April ließ Sünstling seinen Mietsvertrag ab­spät eine von Stönigs- Wusterhausen erschienene Gerichtsfommission laufen. Schon am 7. März zabíte er die Miete, die erst anfangs April fällig war, zog mit Frau und sind aus, gab aber seine neue bei Fackelbeleuchtung" den Lokalbefund festgestellt habe. Was ist wahr, was bleibt übrig von der fieberhaften Tätigkeit" Wohnung nicht an. Erst später stellte sich heraus, daß er allen Grund hatte, das Weite zu suchen. Er hatte auf den Namen des der Behörden? Die Leiche der Ermordeten wurde aufgefunden am Sonnabend- Geschäfts ohne dessen Wissen eine Menge Stoffe bezogen und für nachmittag gegen 5 Uhr. Spätestens um 6 Uhr war die Amts- das Geschäft quittiert, wenn er sie unter der Hand sofort wieder anwaltschaft in Königs- Wusterhausen benachrichtigt: aber auf das verkaufte. Im Laufe der Zeit meldeten sich 80 bis 90 Gläubiger, Erscheinen der Gerichtskommission wartete die aufgeregte Bevölfe- darunter besonders auch Wein- und Delikatessenhändler, die alle be­rung von Zeuthen vergeblich. Und ungehindert konnte von jedem deutende Summen zu fordern haben, aber schwerlich einen Pfennig Jezt sucht das Landgericht I den durch einzelnen Neugierigen der Tatort betreten werden und unter Um- bekommen werden. ständen der Ort ein ganz anderes Aussehen gewinnen. Abends gebrannten Lebemann und Schwindler durch einen Steckbrief.

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