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THmaNalden ging, nicht einen einzigen Verlust hatte. Wäre auch nur ein Schwein krepiert, dann wären Lattmanns teurer geworden als die hiesigen. Er forderte pro Zentner 72-76 M. Dem unausgesetzten Drängen nachgebend, verstand sich Lattmann dazu, in Kassel vor den Innungen der Metzger und Gast- Wirte zu reden. Dieöffentliche Versammlung" fand Donnerstag nachmittag Vieri!) Uhr im Palais-Restaurant, dem feudalsten Lokale der Stadt Kassel , statt. Lattmann und seine Ge- treuen waren ganz unter sich. Er sündigte, um einiger- matzen bestehen zu können, wider den Bund derLand- Wirte, wider Bülow und den Landwirtschaftsheiligcn S t. P o d rn grausamer Weise und legte dann diese Resolutton vor: 1. Die autzergewöhnliche. alle Kreise der Bevölkerung beun- ruhigende und drückende Fleischteuerung erheischt unbedingt sofortige Abhülfe von feiten staatlicher und städtischer Be- Horden. 2. Bedauerlich ist die bei der Behandlung dieser Frage zutage getretene Teilnahmslosigkeit dses Reich skairzlers, sowie die wenig angemessene Art, wie der Land- wirtschaftsminister und der H a n d e l s m i n i st e r sich gegenüber den Vertretern des Gastwirte und Fleischergewerbes geäußert haben. 3. Im Interesse des Friedens der Gesamtbevölkerung wäre es gewesen, wenn von dem Landwirtschaftsnnnister schon längst Er- Hebungen über die Ursachen der Fleischnot angestellt worden wären. 4. Es muß gefordert werden, daß diese Erhebungen mit aller Deutlichkeit dem Volke die Ursachen der jetzigen Fleischteuerung klar- legen, damit eine die Lcuid- und Stadtbevölkerung in gleichem Maße aufregende Agitation ausgeschaltet wird. Die z u r B e- Hebung der ermittelten Ursachen der Fleisch- teuerung erforderlichen Maßnahmen sind ohne Verzug in Kraft zu setzen. 6. Vorab muß verlangt werden, daß von feiten der königlichen Staatsregierung für die Beförderung von Schlachtvieh die Tarife verbilligt werden, sowie daß die die Flcischpreise verteuernden städti- schen und Schlachthausabgaben beseitigt werden. 6. Zwecks� möglichster Ausschaltung des die Viehpreise der- teuernden Zwischenhandels ist mit allen kästen auf eine bessere Organisation der Viehzucht treibenden Landwirtschaft hinzuarbeiten, damit ein möglichst direkter Verkehr zwischen Landwirtschaft und Schlächtergewerbe angebahnt werde. Lattmanns getreueste Anhänger Pfiffen aber ihrem Abgeordneten was. Sie lehnten mit Neunzehntel-Mehrhcit seine Resolution ab und nahmen eine Resolution an, in der die Oeffnung der Grenzen gefordert wurde, von der Lattmann natürlich nichts wissen wollte. Diese Behandlung eines zöllnerischen Abgeordneten durch seine beste Schutztruppe darf wohl als shmptomatffch angesehen werden. Das Volk leidet entsetzlich unter der Fleischnot, aber am Tage der Abrechnung wird Heulen und Zähneklappern sein in den Kreisen der Miisterpolittkcr. Oberst a. D. Gädke schreibt imB. T." einen offenen Brief an den Kriegsminister, in dem er das Verfahren gegen ihn ironisch kritisiert und als Veranlasser des ihm geschehenen Unrechts das Militärkabinett bezeichnet, dem gegenüber der Kriegs- minister ohnmächtig sei. Der offene Brief sagt hierzu: Ich kämpfe für die verfassungsmäßige Freiheit der Feder, die durch das Militär- kabinett verletzt ist, Sie aber müssen dessen ungesetzliches Vorgehen decken, eine Aufgabe, die mit der Stellung eines kon- stitutionellen Ministers schwer in Einklang zu bringen ist. Ich bin und bleibe königlich preußischer Oberst a. D. und trage die Uniform, wo und wann es mir beliebt, und Sie müssen dem, ent- rüstet vielleicht, aber untätig, zuschauen. Sollten Sie aber ge- meint haben, mit der Veröffentlichung meines Schreibens die Angelegenheit endgültig erledigt zu haben, so muß ich Sie leider schmerzlich enttäuschen; ich werde sie nicht einschlafen lassen, bis der verfassungswidrige Mißbrauch der Ehrengerichte gegen Ver- abschiedete beseitigt und unsere staatsbürgerliche Freiheit gegen ungesetzliche Anfechtungen sichergestellt ist." Herr Gädke fühlt sich im Recht und darum als der Stärkere. Im Recht ist er gewiß, aber er wird vielleicht erfahren müssen, daß das Militäxkabinett stärker ist als ein widerborstiger Oberst a. D. Abschaffung des Religionsunterrichts. Die bremische Lehrerschaft hat der Schulbehörde die in letzter Woche be- schlosscne Eingabe übermittelt, welche die Entfernung deS biblischen Geschichtsunterrichts aus dem Lehrplan der bremischen Schulen wünscht und begründet. In der sehr umfangreichen Arbeit, deren Fertigstellung «ine von der Lehrerschaft gewählte Kommission von 32 Mitgliedern über ein Vierteljahr beschäftigt hat, wird auch auf alle gegnerischen Ansichten, wie sie namentlich in kirchlichen Kreisen geäußert worden sind, auS- führlich eingegangen. Die Eingabe fordert, daß die Erteilung des Religionsunterrichts, soweit die Eltern ihn fiir ihre Kinder loiinschen, den einzelnen Religionsgemeinschaften überlassen werde. Der S i t t e n u n t e r r i ch t soll ohne den bisherigen Anschluß an den Religionsunterricht weiter erteilt werden und im weiteren Sinne einer allgemeinen Welt- und Lebenskunde gefaßt sein, wie sie schon jetzt bei der Behandlung von sog. Musterstücken in der Lesestunde vermittelt wird. Der Sitten- Unterricht wird auf der Unter- und Mittelstufe im Anschluß an geistig, sittlich und literarisch hervorragende und im übrigen für die Stufe passende Stoffe der gesamten Weltliteratur erteilt. Im be- sonderen sollen auf der Unterstufe dem Unterricht Stoffe aus der Märchenwelt und allerlei dem geissigen Fassungsvermögen des Kindes angepaßte und seiner Umwelt entnommene Gegenstände zu- gründe gelegt und nach Art des Anschauungsunterrichts behandelt tverden. Auf der Oberstufe ist ein s y st e m a t i s ch e r Sitten- Unterricht einzuführen, der sich zu einer allgein einen Ge- setzeS- und Verfassungskunde erweitert. Um jedoch den Kindern die dogmatischen Anschauungen der verschiedenen ReligionS- gemeinschaften nicht ganz vorzuenthalten, sollen die Dogmen und daS Wesentliche deS Traditionsstoffes in einem neu einzuführenden Untcrrichtszweige, derallgemeinen Religionsge- s ch i cki t e", ihre Behandlung finden. Hier würde so schreiben die Verfasser der Eingabe eine objektive", d. h. wissenschaftliche Form der Darstellung möglich sein. denn den Gegenstand der Darstellung würden die Dogmen selbst bilden, nicht aber Stoffe und Geschichten, die von vornherein im Sinne eines bestimmten Dogmas geschaffen seien.Was den allgemein geistigen, sittlichen und literarischen Wert der hervor- ragendsten biblischen Stoffe und Stellen betrifft, so ist es selbst- verständlich, daß die christlichen Dokumente einer Weltanschauung, die nun zweitausend Jahre die Kulturwelt in der bedeutsamsten Weise beeinflußt hat, Beweise einer ihr eigenen Art von Genialität enthalten müssen. Hinzu kommt die meisterhafte, vielfach schöpferische Verdeutschung Luthers . Doch so glänzend, tief und genial viele Aussprüche der Bibel sein mögen, so sind sie doch aus eben diesem Grunde häufig nichts fiir Kinder. Aber auch im Leben der Erwachsenen haben sie nicht die Bedutung, die mancher ihnen im ersten Augenblick beimessen mag. Sittliche Lebensführung und Pflichterfüllung des einfachen Bürgers, wie der Staat sie verlangen muß, bauen sich nicht auf Bibelsprüchen auf, ebenso wenig wie auf den Aussprüchen unserer Klassiker, die dem einfachen Manne auch nicht geläufig sind. Wobei sich obendrein nicht leugnen läßt, daß unsere sittliche Lebensführung viel mehr von dem altklassischen Menschheitsideal, in dessen Sinne auch Goethe und Schiller dichteten, als von der Entsagungslchre des reinen Christen- tums bestimmt wird. Geniale Worte und Aussprüche sind eben geistige Nahrung für Augenblicke der Sammlung und Er­hebung, und die einfachen Männer werden solche Worte suchen, soweit ihnen nur Zeiten der Sammlung und Erhebung hinreichend gegönnt sind und ihre geistige Bildung hinreichend gefördert ist: sie werden sie suchen in der Bibel so gut wie in anderen klassischen Werken wenn anders ihnen die Bibel nicht einst durch den Zwangsunterricht der Schule verekelt und verdächtig gemacht worden ist." LandtagS-Ersahwahl. Für den verstorbenen Anwalt der deutschen Gewerkverereine Dr. H i r s ch, der im Abgeordnetenhause den Wahl- bezirk I B e r l i n flinkes Spree-Ufer, untere Stadt) vertrat, hat der Oberpräsident soeben die Termine der Ersatzwahl anberaumt. Danach werden die W a h l m ä n n e r- Ergänzungswahlen am 6. Dezember und die Wahl des Abgeordneten am 12. De- zember d. I. stattfinden. Zum Wahlkommissar ist der Stadtschulrat Dr. Gerstenberg, zu seinem Stellvertreter der Stadtrat K a l i s ch, beide in Berlin , ernannt worden. Viehhändler und Flcischteuerung. Königsberg , den 14. September. (Eig. Ber.) Unsere in normalen Zeiten viehreichc Provinz wird jetzt zur Zeit der Fleischnot von Viehhändlern geradezu bestürmt. Zu Dutzenden begegnet man sie fast in jedem Eisenbahnzuge. Auf der Landstraße trifft man sie zu Wagen, zu Fuß und auf dem Fahr- rade an, wo sie sich auf die Dörfer und Güter begeben, um von kleineren Besitzern(die Großgrundbesitzer halten sich meist die wandernden Händler fern), hier und da auch von einem ausnahms- weise gut gestellten Landarbeiter Schweine, Schafe, seltener ein Rind zu kaufen. Denn der auf diese Weise betriebene Viehhandcl ist immer lohnender als der auf Märkten, wo die Preise für auf- getriebenes Vieh durch die Konkurrenz in die Höhe getrieben und so der Verdienst geschmälert wird. Die kleinen Leute auf dem Lande wissen zwar längst, daß die Fleischpreisc hoch sind, jedoch sind sie nicht genügend unterrichtet, um von den in llcberrcdungskünsten geübten Händlern Preise zu fordern und zu halten. Nicht selten werden auch von skrupellosen Händlern Kunstgriffe angewendet, um einen nicht zustande ge- kommenen Kauf hinterher doch perfekt zu machen. Alles in allem genommen macht der Viehhändler auch bei den teueren Fleischpreisen und trotz der Fleischnot ein besseres Geschäft als in normalen Zeiten. Nur müssen sie sich jetzt etwas mehr rühren. Denn oft kommen sie jetzt auf Dörfer oder in die Ställe der Güter und finden dort, wie der Fachausdruck heißt:Alles ausgesucht". Sie müssen sich dann mit weniger Verdienst begnügen oder ohne Geschäft zu machen weiter ziehen. Im allgemeinen blüht aber der Vieh- Handel. Und in ihren Gesprächen wünschen die Händler und Kam- missionäre denn auch durchaus nicht die Oeffnung der Grenzen für ausländisches Vieh oder sonstige Maßnahmen der Regierung, welche ein Herabsinken der Viehpreise bewirken. Sie sprechen ganz offen den Wunsch aus, daß die Fleischnot, die ihrer Ansicht nach einfach darauf zurückzuführen ist, daß zu viele Menschen da sind, die Fleisch essen wollen, anhalten möge. Nicht einzelne Händler, sondern in ihrer Mehrheit sind sie, genau wie die meisten Junker, der Ansicht, daß nur der Fleisch essen solle, dessen Einkommen es ihm gestattet, auch die höchsten Preise dafiir zu bezahlen._ Mit der Frage der Fleifchteucrung beschäftigte sich am Donners- tag auch die Stadtverordnetenversammlung in Breslau . Ein freisinniger Antrag, der von der Regierung die Oeffnung der Grenzen verlangt, fand einstimmige Annahme, sämtliche klerikale und konservative Stadtverordnete stimmten f ü r den Antrag. Dagegen erhielt der Antrag unserer Parteigenossen, in Anbetracht der Teuerung die städtische Schlacht st euer ganz oder teilweise zu suspensieren, nur zehn Stimmen. Der Freisinn ist gegen die Fleischnot nur dann, wenn es ihm nichts kostet. Der Obcrhürger- meister erklärte, daß der Magistrat der Petition um Aufhebung der Grenzsperre beitreten werde. Kiel , 18. September. DaS Kriegsgericht des ostasiatischen Kreuzergeschwaders hatte am S. Mai 1903 den Torpcdo-Matrosen Lehndorf von derHansa" wegen tätlichen Angriffs auf Vorgesetzte, Widersetzlichkeit und Achtungsverletzung zu zwei Jahren, einem Monat Gefängnis verurteilt. Während der Strafvollstreckung traten Bedenken auf, ob Lehndorf zur Zeit der Verübung der Tat auch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen sei. Man ließ den Ver- urteilten in mehreren Nervenheilanstalten untersuchen und das Resultat war, daß dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens tattgegeben wurde. Vor dem Kriegsgericht der 1. Marineinspektion and heute die neuerliche Verhandlung statt. Sachverständiger Dr. Sievert-Halle a. S. gab sein Gutachten dahin ab, daß der Angeklagte sich zur Zeit der Begehung der Straftat in einem Zustande krank- haften Rausches befunden habe und für die Tat nicht verantwortlich gemacht werden könne. Das Kriegsgericht trat dieser Auffassung bei und sprach den Angeklagten, der bereits sechs Monate der erkannten Strafe verbüßt hatte, frei._ Gin Dorfgewaltigcr. Im Großherzogtum Hessen macht sich seit einiger Zeit das Bestreben der Dorfbürgernieister bemerkbar, das darauf abzielt, den sozialdemokratischen Gemeindevertretern die Ausübung ihres Amtes zu erschweren. Zu dem Zwecke werden die Sitzungen der Gemeinde- Vertreter zu so ungünstiger Zeit einberufen, daß die meist auswärts arbeitenden Arbeitervertreter einen ganzen Arbeitstag verlieren. So verfuhr auch der Bürgermeister von Urberach im Kreise Dieburg trotz entgegenstehenden Beschlusses der Gemeindevertretung. Als dann die'sozialdemokratischen Vertreter der Sitzung fernblieben, die dadurch beschlußunfähig wurde, verhängte der Bürgermeister über sie eine Ordnungsstrafe, die allerdings auf Berufung vom KreiSamt wieder aufgehoben wurde. Auch sonst verfuhr der Bürgermeister sehr selbstherrlich und es herrscht infolgedessen ein gespanntes Verhältnis, das kürzlich im.Offenbacher Abendblatt" scharf kritisiert wurde. Die Kritik verschnupfte und es folgte die übliche Beleidigungsklage, aber nicht vom Bürgermeister, sondern von einem seiner Schützlinge. In dem Artikel war nämlich gesagt, daß der Bürgermeister einen Mann, der wegen schwerer Körper- Verletzung und Sachbeschädigung mit Gefängnis bestraft und der Er- finder desheiligen Knüppels" sei, nicht nur als Stellvertreter des früheren PolizcidienerS benutzte und sich dafür vom KreiSamt auf Beschwerde hin die Anweisung gefallen lassen mußte, für diesen Posten einen Mann mitungetrübtem Leumund" zu nehmen, sondern daß dieser Mann auch vom Bürgermeister vor- geschlagen wurde alS Schöffe am Amtsgericht Langen . Es war dann noch die Bemerkung angehängt, daß bezüglich des letzten Falles böse Zungen behaupteten, daß dieser Schöffe als Sachverständiger des hessiichen Gefängniswesens dergeeignetste Mann" sei. Der Name des Betreffenden war nicht genannt, aber der gemeinte Mann klagte doch und erzielte auch die Vcrutteilrmg des Genossen S ch i l d b a ch vomOffenb. Abendbl." zu 30 M. Geldstrafe wegen formaler Be- leidigung. Vor Gericht wurde aber festgestellt, daß der Kläger tat- sächlich wiederholt wegen schiveren Roheitsdelikten bestraft wordeir ist und daß dem Bürger in eistet dieses be­kannt war, als er den Mann als Polizeidiener an- stellte und ihn als G e r i ch t s s ch ö f f e vorschlug. Das Urteil er- kennt an, daß dasO. A." berechtigte Interessen wahrte, als es den unter Anklage stehenden Artikel brachte: eS sei wirklich nicht an- gängig, wenn ein Mann mit derartig getrübtem Leumund Polizei- gewali und Richteramt übertragen bekomme. Also ist das Urteil in Wirklichkeit eine Verurteilung der VerwaltungSmaximen des Bürger- meisterS. Dieser Bürgermeister ist aber keine vereinzelte Erscheinung, vielmehr müssen imliberalen" Hessen in einer ganzen Reihe Gemeinden unsere Genossen wegen ähnlicher Vorgänge gegen Bürger- meister Prozesse führen. In Sachsen verschlechtert man einfach das Gemeindewahlrecht, in Hessen versuchen Bürgermeister von hinten herum die sozialistische Kritik tot zu machen. Gefechte mit den HcrcroS. Amtlich wird gemeldet: Major Meister ist aus der Linie Zaris Nam 45 Kilometer in westlicher Richtung vorgerückt. Am 11. Sep. tember erreichte er die Wasserstelle HaruchaS auf der Kriegskarte nicht verzeichnet die aber bereits vom Feinde verlassen war. Nach- dem durch Offizierspatrouillcn der neue, anscheinend weiter westlich gelegene Zufluchtsort des Feindes festgestellt war, setzte Major Meister den Vormarsch fort. Im Hakos-Gebirge, 50 Kilometer nordwestlich Rehoboth , hatten die Hereros in der letzten Zeit zahlreiche Viehdiebstähle verübt. Am 1. und 3. September gelang es deutschen Patrouillen, sie dort Wer- raschend anzugreifen. KO" HcreroS fielen, 13 wurden gefangen. Ferner gelang es am 2. September einer Untcroffizierspatrouille aus Rehoboth , eine Hererobande bei Autabib am Schaap-Revier, 70 Kilometer nordöstlich von Rehoboth , zu schlagen. Sieben He.reros fielen, 22 wurden gefangen genommen. Hudlatid.° Parlainentarische Possen«nd Volksdcmonstrationen in Ungarn . Das ungarische Parlament ist heute eröffnet und gleich- zeitig wieder geschlossen worden. Der Ministerpräsident Fejervary eröffnete die Silzung mit der Verlesung einer Erklärung, durch die dfls Kabinett seine Demission mit- teilte. Die Minister seien mit der provisorischen Fortführung der Geschäfte beauftragt, bis ein von der Krone aus den Reihen der Majorität gebildetes neues Kabinett auf der Grundlage eines annehmbaren Programms mit der Leitung der Geschäfte betraut sei. Das Parlament sei bis zum 1v. Oktober vertagt. Die Koalition beschloß hierauf auf An- trag Kossuths einen P r o t e st gegen die Vertagung. Dann wurde die Sitzung geschlossen, über deren näheren Verlauf das Wolffsche Telegraphenbureau berichtet: Budapest , 16. September. Abgeordnetenhaus. Im Hause herrscht große Spannung. Ministerpräsident Baron Fejervary verliest beim Beginn der Sitzung folgende Erklärung: Da es der Regierung unter dem zwingenden Druck der Verhältnisse nicht ge- lungen ist, die ihr von Seiner Majestät gestellte Aufgabe zu lösen, hat sie ihre Demission überreicht, die der König angenommen hat. Die Minister wurden mit der provisorischen Fortführung der Ge« schäfte betraut, Seine Majestät hat mich, so fährt Fejervary fort. zu der Erklärung ermächtigt, daß er den Wunsch hegt, aus den Reihen der Majorität auf der Grundlage eines annehmbaren Programms eine Regierung zu bilden, damit die koalierten Par- teien ihre eventuellen Vorschläge Seiner Majestät unterbreiten können. Das Abgeordnetenhaus wird mittels königlichen Hand- schreibens bis zum 10. Oktober vertagt.(Zurufe links: Altes Spiel!) Franz Kossuth wiederholt hierauf den Protest gegen die� Vertagung in ähnlicher Weise, wie dies Minister Banffy bei der letzten Vertagung getan hatte. Graf Tisza erklärt, er würde ge- wisse, auf seine Demission bezügliche Umstände besprechen, wenn er nicht der Ansicht wäre, daß nach Verlesung des allerhöchsten Handschreibens betreffs der Vertagung keine Verhandlung mehr zulässig sei. Ministerpräsident Fejervary verwahrt sich gegen den Protest, den Kossuth gegen die Vertagung erhoben hat, und sagt, dies sei mit der Ehrfurcht, die man dem König schuldig sei, un­vereinbar. Apponyi beruft sich darauf, daß bei früheren Gelegen- heiten nach der Verlesung des königlichen Handschreibens eine! Diskussion über dessen Inhalt stattgefunden habe, und führt aus,- er biete alles auf, daß in dieser schweren Zeit der Prüfungen die! Loyalität gegen die Krone unerschütterlich bewahrt werde. Er protestiere jedoch dagegen, daß sich eine Art der Loyalität ent« wickele, die verbiete, daß gegen den Mißbrauch königlicher Rechte, für den der Minister verantwortlich sei, ein Protest erhoben werde. Uebrigens beweise vie Anwesenheit des Ministerpräsidenten, daß er eine Diskussion für zulässig halte. Fejervary sagt, er müsse dem entschieden widersprechen, daß seine Anwesenheit dahin gedeutet werde. Er sei im Sihungssaale geblieben, um den Protest Kossuths zurückzuweisen. Die Minister verlassen hierauf den Saal. Nach längerer Debatte, an der Redner versihiedcner Parteien teil- nehmen, wird ein Beschlußantrag Kossuths, in dem dieser gegen die Vertagung Einspruch erhebt, angenommen und hierauf die Sitzung unter großer Bewegung geschloffen. Eine Deputation der sozialistischen Partei teilt den draußen harrenden Massen die Antwort des Präsidenten Justh an die Abordnung der Arbeiter und Bürger mit� und fordert die An- wesenden auf ruhig auseinanderzugehen; dies geschieht. Daß der Protest der Koalition gegen die Parlaments- Vertagung nicht tragisch zu nehmen ist, liegt auf der Hand. Der Protest ist nichts als eine Komödie, durch die das bevorstehende schmähliche Kompromiß der Kossuth-Leute mit der Krone ein wenig bemäntelt werden soll. Ileber ihre weiteren Absichten bewahrt die Koalition völliges Schweigen. Das offizielle Organ der Unabhängigkeitspartei veröffentlichte gestern einen Artikel, der über den zu schließenden Pakt mit der Krone nicht die leiseste Andeutung enthält. Dagegen kommen aus dem Lager der Koalition allerlei nichtoffiziöse Meldungen, die eine baldige BeendigungderKrise in Aussicht stellen, da vertrauliche Verhandlungen gepflogen würden, die ein für beide Teile befriedigendes Kompromiß erhoffen ließen. Ueber den Inhalt des Kompromisses kann gar kein Zweifel bestehen: Die Koalition verzichtet auf die 93 Kom- mandoworte unter der Bedingung, daß an der skandalösen Wahlentrechtung des Volkes nicht ein Jota geändert wird! Daß die Koalition an eine Wahlreform nicht im Traume denkt, beweist die gestrige Sitzung der Unab- hängigkeitspartei. Franz Kossuth führte in der- selben aus: Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung befinden sich zwei Gegenstände: der eine ist die Frage des allgemeinen Stimmrechts, der andere betrifft die Erhebung der Anklage gegen das Ministerium Fejervary. Der leitende Ausschuß der Koalition hat schon gestern bezüglich beider Fragen Stellung genommen. Der Präsident hofft, daß die Partei die vom Vollzugsausschusse der Koalition gefaßten Beschlüsse an- nehmen werde. Tie Frage des allgemeinen Stimm- rechts wurde vom Minister des Innern K r i st o f f y gemalt- sam hervorgezerrt und in den Komplex der Krise hineingeworfen. Das ist eine Frage, welch- wohl leicht aufgeworfen, der aber. wenn sie einmal auf die Tagesordnung gestellt ist, nur schwer ausgewichen werden kann. Die UnabhängigkcitSpartei hat auch gar nicht die Absicht, dies zu tun. um so weniger. als ja das allgemeine Stimmrecht in ihrem Pro- gramm enthalten ist. Die Partei will auch keineswegs über diese Frage zur Tagesordnung übergehen." Dieser rednerische Eiertanz bestätigt nur, wie unangenehm man die Aufwerfung der Wahlrechtsfrage empfindet und wie bereitwillig man diese platonische Programmforderullg bei dem Kompromiß mit der Regierung im Orkus verschwinden lassen wird! Wie sehr sich aber die arbeitende Bevölkerung der Not- wendigkeit bewußt ist, sich selbst das Wahlrecht zu erkämpfen, beweisen die gewaltigen Demonstrationen, die heute das Prole- tariat vor dem Parlament veranstaltete. Einem Berliner Blatte wird darüber gemeldet: Budapest . 15. Sevtember. In den meisten Gewerken ruht die Arbeit, da die Arbeiter vormittags an dem De- monstrationsaufzugc teilnehmen. Die Arbeiter marschieren in geschlossenen Reihen als dichte Massen auf mit den A b z e i ch e n, F a h n e n und Tafeln der e i n z ej n e n Gruppen. Ferner marschiert eine Gruppe unabhängi- ger Bürger auf. Die Polizei trennt die Gruppen durch einen starken Kordon. In der Nähe des Abgeordnetenhauses wurde ein Detachemcnt berittener Polizisten aufgestellt. Präsident Justh empfing eine Abordnung der neu organisierten Sozialisten. Der Führer der Unabhängigen M e z ö s i überreichte eine Petition mit einer halben Million Unterschriften und sagte: Seine Partei wolle erst die nationalen Forderungen erfüllt sehen, so- dann erst das allgemeine Wahlrecht einführen. Tie Unabhängigen sprachen ihr Vertrauen zur Koalition der Opposition aus. Die Sozialisten verlangen allgemeines Wahlrecht